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Dresdner Nachrichten : 09.07.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-07-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-193207096
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19320709
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19320709
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-07
- Tag 1932-07-09
-
Monat
1932-07
-
Jahr
1932
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 09.07.1932
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Sonnabend. 0. IuN 1-S2 Erkliirungen ». PapkNS und LerriolS Der Kanzler an das deEe Volk Nächtliche Nollsttzunv -er Konferenz Lausanne, 8. Juli. Die angekünbigt« Vollsitzung der Lausanner Konferenz wurde heute abend pünktlich um 8 ilhr im groben Saale deö Hotels Beau Rivage durch den Vorsitzenden der Konferenz, Premierminister Mar don a l d, eröffnet, aber sofort um eine Stunde vertagt, da eine Reihe von Dokumcutcn noch nicht serttggestellt war. Um l» Uhr wurde die Sitzung wieder ausgenommen. Mae- donald richtete an die anwesenden Delegierten Glückwünsche über den Stand der Arbeiten. Macbonald erinnert« daran, daß morgen nur die einladenden Mächte das Abkommen unterzeichnen würden, da die nichteinladenden Mächte noch nicht genügend Zeit gehabt hätten, die BertragStexte zur Genüge zu studieren. Macdonald verlas nun die eluzekne« Delle der Abkom» men nach ihren Punkte«. Der erste Teil enthalt« d«S Reparationsabkommen mit Deutschland. Macdonald ries bann die verschiedenen Delegierten auf, ihre etwaigen Vorbehalte zu den verlesenen Dokumenten bckanntzugcben. Da in der Reihenfolge deS französischen Alphabets Deutschland zuerst aufgerusen wurde und «S zu den beiden ersten Dokumenten keine Ein wen- d u n g c n zu machen hatte, wies Macdonald launig darauf bin, dast das ein gutes Beispiel für die einladen den Mächte sei. GS wurden auch im weiteren Verlauf keine Einwendungen erhoben. Am Schluß der ganzen Prozedur gaben der Reihe nach die Vertreter der ein geladenen Mächte Erklärungen ab, wonach Ne nicht in der Lage gewesen seien, die Dokumente recht zeitig zu prüfen und ihren Regierungen zu über mitteln, weshalb Ne in bezug auf ihre Unterzeichnungs bereitschaft Vorbehalte machen müßten, obwohl Ne dem Sinne nach durchweg ihren guten Millen zum Ausdruck bringen wollten. Tann ergriff der französische SMntftervrüst-ent Srnlot zu einer kurzen Rede das Wort. Er führte u. a. auS: Die französische Delegation sei sehr über das Ergebnis der Lausanner Konferenz erfreut. Ein nicht geringer Teil dieses Erfolges sei ihrem Präsidenten, dem englischen Premierminister, zu verdanken. Er sei besonders er ¬ den Artikel 281 doch gezeigt, baß die bisherige deutsche Zurückhaltung im Kampf um die Krieg», schuldlüg« falsch war, und baß wir in der nächsten Zeit sehr auSgiebig von den Argumente« Gebrauch machen mtisien, die un- die KriegSschuldsorschung an di« Hand gibt. Denn nicht nur die Tributsorberungen gehen auf Art. SSt zurück, sondern auch alle übrigen Diskriminierungen de» Versailler Frieden», die einseitige Abrüstung, der Raub der Kolonien und die Zerstückelung der Grenzen. Alle» ist mit der Behauptung begründet, daß Deutschland sich al» ein reißende» Tier erwiesen habe, argen da» man sich nur aus diese Weise schützen könne. Solange da» Versailler Diktat besteht, so lange wird auch der Kampf gegen die Krieg», schuldlüg« eine Hauptmasse dagegen sein. Nur auf dieser Grundlage ist eine erfolgreich« Führung der deutschen Außenpolitik überhaupt möglich. Unsere Verpflichtung« n au» dem Hoover- fahr bis zum 1. Juli 11132 wurden von unS anerkannt und werden geleistet. Dazu tritt «in gewisser Beitrag für den europäischen Wiederausba«, alles zusammen bis zu einer Maximalhöhe von 8 Milliar den Mark. Diese Verpflichtungen werden aber nicht etwa gezahlt in festen Jahresraten wie bisher, sondern durch besondere ReichSschuldverschreibungen, die nur dann auf den Weltmarkt aufgelegt werden dürfen, wenn da» wirtschaftliche Gleichgewicht Deutschlands vollkommen wie- derhergestellt ist. Vorher beginnen weder ZtnSlauf noch Tilgungen aus diese RctchSschiildvcrschrelbungen. Von besonderer Wichtigkeit ist eS, daß, soweit innerhalb einer Frist von 1!i Fahren die Begebung dieser Schuldverschreibungen aus den auswärtigen Märkten nicht beginnt, der nicht begebene Restbetrag völlig ver fällt. Tie endgültige Beseitigung der Repara tionen stellt unsere Unabhängigkeit in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht vollkommen wieder her. Ne be seitigt alle Bindungen, die bisher noch aus dem Voung- plan bestanden. TaS Reich gewinnt die volle . Souveränität über NeichSbahu und ReichSbauk zurück. In wirtschaftlicher Hinsicht wird diese Lösung den deutschen Kredit neu fundieren und damit eine der wesentlichsicn Voraussetzungen für die Erholung der deutschen Wirtschaft schassen. Wir haben zu keiner Zeit irgendeinen Zusam menhang zwischen Tributzahlungen und den tnter- allii erten Zahlungen anerkannt, und «» ist deshalb selbstverständlich, daß diese Lösung nichts mit der Be reinigung der interalliierten Zahlungen zwischen den Ver- einigten Staaten und ihren Gläubigern zu tun hat. Poli tisch bedeutet das Ergebnis der Lausanner Konferenz den Beginn einer neuen Nera unter de« Völker«. Die von der deutschen Regierung gemachte Endanstrenaung hat den Sinn, einen letzten Beweis unseres festen Willens zu geben, für die wirtschaftliche Wteberaufrichtung der Welt unsere Kraft einznsehen, unsere Kraft, soweit eS die eigene Lage uns gestattet. Aber, das spreche ich in dem vollen Bewußtsein meiner hohen Verantwortung als Regierungs chef aus, diese letzte Kraftanstrengung wird nur dann ihren Sinn und ihren inneren Mert haben, wenn die wetteren Auswirkungen der hier getrossenen Vereinbarungen zu einer Klärung dersenigen politischen Fragen führen, welche die Rechte des deutschen Volkes heute noch ein engen. Fm Namen Deutschlands melde ich schon heut« erneut den Anspruch vor der ganzen Welt an, al» Volk mit gleichen Rechten und mit gleichen Pflichten in der gan zen Welt behandelt zu werden. Diese Fragen, insbesondere di« der Kriegsschuld und der Mchrsreiheit, sind zwischen den Staatsmännern eingehend erörtert worden. Wenn heute auch noch nicht alle Rationen zu einer Anerkennung unserer Recht« b«, reit sind, so sind diese, die denlsche Ehre betreffenden Fra gen, nun vor dem Weltforum aufgeworfen. Der neu« Zeitabschnitt, der heute für da» deutsch« Volk beginnt, die nun wieder hergeftellte wirtschaftliche Kreiheit und di« Unabhängigkeit von den anderen Ländern «erde» e- der deutschen Regierung ermöglich««, nun auch die poli tisch« Freiheit zu «rkämvsen. Unter Weg von der heut« erreichten «irtschastlichen Liquidierung des Krieges wird und muß zum Frieden tnShren führen. Darum weiß sich beut« di« beutsch« Regierung mit de« ge samte« deutschea Volk einig. Lausanne, 8. Juli. Reichskanzler v. Pap en sprach heute abend im Rundfunk über die Ergebnisse der Lausanner Konferenz. In der Rede, die über alle deutschen Sender verbreitet wurde, führte er auS: TaS deutsche Volk hat das Recht, von dem verantwortlichen Regierungschef auf dem schnellste« Wege über das Ergebnis der Lausanner Konferenz unterrichtet zu werden. In dieser historischen Stunde ist für Partcipolitik kein Raum. Tenn je größer das zu behandelnde Problem ist, um so freier, um so höher muß der Standpunkt sein, von dem aus man an die Lösung einer so schweren Ausgabe hcrantrttt. In Lausanne geht es um nicht mehr und nicht weniger als um das Schicksal des deutschen Volkes und mit ihm um die Zukunft der abendländischen Welt. Wir gingen an die Arbeit in dem festen Bewußtsein eines geschlossenen und starken Willens der deutschen Heimat, in dem Bewußtsein, Führer eines Volkes zu sein, das um seine wirtschaftliche und nationale Freiheit einen siegreichen Kamps zu führen bereit ist. Ist dieser Kamps «rsolgreich gewesen? Sie, meine deutschcn Landsleute, sollen das Urteil fällen, wenn Sie meine Ausführungen gehört haben. Sie sollen Ihr Urteil fällen, nachdem Sie gehört haben, was wir wollien und was wir erreicht haben. Schwerste Krisen waren in Lausanne zu Überstehen. Oit schien kaum ein Ausweg möglich. Tie Folgen eines Scheiterns dieser Konferenz — die völlig hoffnungslose Zerstörung des letzten Vertrauens in den gesunden Sinn der Staatsmänner —, diese Folgen waren aber so groß und unübersehbar, daß immer wieder zerrissene Fäden neu geknüpft werden mußten. — An dieser Stelle meiner AuS- sührungcn habe ich das Bedürfnis, der Heimat den Dank der deutschen Regierung auszusprcchcn. TaS mustergültige Verhalten deS gesamten deut schen Volkes in dielen schweren Wochen hat uns die Urast und den Mut gegeben, unverzagt, unser Ziel vor Augen, zu kämpsen. Wie schon so ost in der deutschen Geschichte hat der feste Glanbe an eine bessere Zuknnft sich bewährt. Hierfür dem deutschen Volk zu danken, ist mir in dieser Stunde ein ernstes Bedürfnis. Eine Bewertung der Lausanner Er gebnisse macht eine kurze Betrachtung der Folgen eines möglichen Scheiterns der Konserenz notwendig. Ter Bruch dieser Konferenz würde jeden wirt schaftlichen Aufschwung in Tcutschland unmöglich gemacht haben. ES bestand die Gefahr weitestgehender Schrumpfung des deutschen Wirtschaftslebens, weiter steigender Arbeitslosigkeit mit allen ihren Folgen für die sinanzicllc Lage in Reich, Ländern und Gemeinden und für eine ungeheure Vermehrung der sozialen Spannung. Tie Nichtbercinigung der Reparationsfrage hätte die Ab- hängig kett vom Auslande fortbcstehen, die Mög- lichkett von Sanktionen osfengelassen und jede politische Befriedung insbesondere zwischen den beiden Hauptbcteiligtc», zwischen Deutschland und Frankreich, un möglich gemacht. Ti« sich daraus ergebenden inner- und außenpolitischen Schwierigkeiten würden Deutschland in den Abgrund gestoßen, die Schuld des Scheiterns den Ring der Siegermüchte wieder um uns geschlossen haben. Hier das Ergebnis: Das Ziel der Lausanner Konferenz, di« völlige Besel- tignng der Reparationen, ist erretcht. In keiner wie immer gearteten Form wirb Dentlchland vom 1. Juli IE ab Reparationen auszubrtngen haben. Der Uoung- plan ist gefallen. Zahlungen von über »8 Milliarden Mark, mit Jahresleistungen von rund 2 Milliarden M, stad beseitigt. der Einsicht getragen sind, baß ma« nicht aus die Dauer mit der Lüge gegen «ine allgemein anerkannte Wahrheit bestehen kann. Solche Blätter, wie „BolontS" und „Rs- publiaue", erklären, daß sie »war für die Streichung de» den Deutschcn aufgezwungenen und daher moralisch nicht gültigen KriegSschuldparagraphen seien, baß es aber un klug von Deutschland sei, die Streichung diese» Paragra phen für Geld zu erkausen. Denn die Wahrheit sei nicht z« kaufen. Der Artikel 281 müsse eine» Tage» gestrichen werben, aber durch ein« einseitige Handlung der ehemaligen Sieger, und vor allem Frankreich». Diese» Argument hat etwa» sür sich; die hier vorgeschlagene Lösung hat nur den «inen Nachteil, baß wir sie ohne unser Zutun nie erleben würben. Ganz abgesehen von der Lausanner Nichtlosung dieser Fragen haben die dortigen Verhandlungen um Nr. 320 Selk« 2 geschreckt sind, dtescS heiße Eisen entschlossen anzngreifen. Einmal, vor dem Eintritt in den Völkerbund, war aller dings ein amtlicher Widerruf der KriegSschuldlüge ge- p l a n t. lieber die Gründe der NichtauSsührung geben bi« Tagebnchaufzeichunugen EtreseniaunS in seinem „Vermächt nis" interessante Ausschlüsse. Sofort nach der Ankündigung der Absicht im Reichstag kamen die Botschafter der Feind mächte gestürmt und brachten bringende Warnungen vor. Macdonald sagte sür den beabsichtigten Schritt „katastro phale Folgen" voraus. Frankreich und seine Vasallen er klärten sich entschlossen, den Schuldsvruch von Versailles er neut bekräftigen zu lassen. Deutschland, sagten sie alle, werbe nur schärfste» Mißtrauen ernten und seine „bis herigen Erfolge" verlieren. Damals war das zweite Kabi nett Marx am Ruder. ES ließ sich natürlich sofort einschüch tern und verzichtete aus den Widerruf des Artikels 281. Gerade die Empfindsamkeit der Versailler Interessenten zeigt aber, welchen Wert ein solcher Schritt gehabt hätte. Solange wir uns vor dem bloßen Wutgeheul der Urheber der KriegSschuldlüge fürchteten, war aller Kampf um das deutsche Recht vergeblich. Darum war es an und für sich «in Verdienst der deut schen Vertreter in Lausanne, daß sie die KriegSschuldsrage zum erstenmal in ihrem ganzen Umfange aufaerollt haben. Um lo bedauerlicher ist eS, daß sie den Kampf nicht durch gehalten und nach der französischen Ablehnung die Verhand lungen nicht abgebrochen haben. TaS standhastere Verhalten der Franzosen hat jedenfalls gezeigt, daß sie den KriegS- schuldparagraphen nicht aiS eine akademische Frage betrachten. Tie anderen ehemaligen Kriegsgegner haben sich allerdings längst der Wucht der über die KriegS- vcrautioorluug enthüllten Tatsachen gebeugt. Bezeich nend dafür «xrr eine Auslassung der Londoner „Times", die der Konferenz empfahl, sie solle Herrn v. Papen ruhig „die Leiche der KriegSschuldlüge" mit nach Berlin nehmen lassen. Aber Hcrriot hat lieber aus Hundert« von Millionen verzichtet, wohl wissend, daß daS Versprechen jeder ein zelnen bei der notorischen ZahlungSnnsähigkeit TeutschlandS ein unerwartetes Geschenk des Himmels ist, als daß er den Artikel -'81 auS dem Versailler Vertrag streichen lieb. Sein äußerstes Zugeständnis wäre eine Formel gewesen, die eS den Deutschen erlaubt hätte, sür ihren Hausgebrauch die Streichung der KriegSschuldlüge herauSznlescn, ohne Frankreich dieser juristischen Stütze sür das Versailler Silstein tatsächlich zu berauben. Darauf haben sich di« Deut schen mit Recht nicht eingelassen. Warum aber diese Hartnäckigkeit der Franzosen in der Verteidigung' einer These, die längst unhaltbar geworden ist? Weil eben die französische Oefsentlichkeii ihre praktisch politische Bedeutung viel schärfer erkannt bat als die deutsche. Ihr ist es, vierzehn Jahre nach dem Kriege, weniger um die moralische Seite der Frage zu tun, als nm die politischen Folgerungen und ihre mög lichen Rückwirkungen. Man fürchtet in Paris, daß Deutsch land nach der Annullierung deö Artikels 281 eines Tages seine früheren Tributzahlungen zurückverlangen könnte, weil sie auf der Kriegöfchuldthese basieren. Diese Schwie rigkeit hätte sich vielleicht auSränmen lassen, wenn die deut sche Delegation sich mit der Formulierung begnügt hätte, die feststellt, daß man die KriegSschuldlüge nicht weiter a u s r e ch t e r ü a l t c n wolle, juristisch gesprochen, daß man sie ox nunc, nicht ox tune aushebe. Aber die französischen Befürchtungen, genährt von der ewigen Angst vor dem Rätsel Deutschland, gehen noch weiter. Sie sehen voraus, daß Deutschland nach dieser ersten Bresche in den Ver sailler Vertrag ein Stück nach dem andern herauSbrcchcn würde. Um daS zu verhindern, soll die Lüge von der deut schen Kriegsschuld verewigt werden. Nur ganz vereinzelt und wirkungslos hört man aus Paris Stimmen, die von freut öarüver, daß man, obwohl die Meinungen in vielen Punkten manchmal auSeinanbergegangcn seien, sich auf eine Formel habe einigen könne», die von einem neuen Geist diktiert worben sei, der sich nun Bahn brechen würde. Man habe der Leidenschaft die Tür geschlossen und der Gewalt die Vernunft vorgezogen. Jeder Staat habe zwar seine berechtigten Interessen verteidigt, aber er habe auch zum Wohle der Allgemeinheit große Zugeständnisse ge macht. Nun sei man auf dem besten Wege, zu einer Lösung de» europäischen Problem» zu kommen. Die Kon ferenz von Lausanne habe ihr Programm auSgeführt. Es handle sich nunmehr darum, daß di« Völker auch ihr Teil an der allgemeinen Zusammenarbeit beitragen, um die leidende Welt durch Geduld und Güte zu heilen. I« de« letzten Woche« habe er in tiefer Erschüttert»«« von den Leibe« de» deutschen Volke» gehört. Sr könne deshalb nur wiederholen, daß setzt die Zeit gekommen sei, nm alle Völker mithelsen müssen, «m eine« «enen Geist der Versöhnung z« schassen. Ein« neue Aera sei nun angebrochen, ein neuer Geist sei da, der Geist von Lausanne, der allen al» Richt- schnür bienen müsse. Man habe bisher nur immer aus die Verschiedenheiten zwischen den Völkern hingewiesen. ES sei nun die Zeit gekommen, auch diese Verschiedenheiten zu ver gessen und aus die Züge hinzuwcisen, die allen Völkern ge- mcinfam seien. Man müsse nun die neuen LebenSkräste, sei es auf materiellem, sei eS auf geistigem Gebiete, ent- wickeln, man müsse ein neues Vertrauen schassen. Herriot schloß mit dem Hinweis ans jene Worte, die er als die tiefsten und menschlichsten bezeichnete: „Friede auf Erden den Menschen, die guten Willens stndl" Nach Herriot sprach noch der englische Schahkanzler Ehamberlaiu, der gegen 11 Uhr bereits Lausanne ver- lassen mußte, um nach London zurttckzukehren. Er sprach den anwesenden Konferenzteilnehmern seinen Dank für ihre Mitarbeit aus und hoffe, daß man den Hauptzweck der Kon ferenz, nämlich den „Millionen leidender Menschen zu helfen", nie auS dem Auge verlieren werde. Alsdann ergriff der deutsche Reichskanzler v. Vapen da» Wort zu folgender Rede: Der Bedeutung dieser Stunde, in -er wir un» hier versammelt haben, bin ich mir in voll stem Maße bewußt. Ich bin tief bewegt von den sympa- thischen Worten, die ich von dem Herrn sranzvsischen Ministerpräsidenten und dem Herrn britischen Scbatzkanz- ler soeben gehört habe. Ich glaube und hoffe, -aß die Ent scheidungen, die wir In Lausanne trafen, einen Wendepunkt in der Geschichte Europas un- in Ler Geschichte Ler Welt bedeuten, nicht nur in Len Beziehungen Ler Völker untereinander, sondern auch auf -em Gebiete der Wirtschaft, in allen jenen Zweigen des nationalen und internationalen Wirtschaftslebens, die heute eine ständige Sorge aller verantwortlichen Staats- männer bilden. Ich bin mir auch bewußt, -ab für da» Land, das ich hier vertrete, die Konferenz in Lausanne un- ihre EntscheiLungen von ganz besonderer Bedeutung und Trag- weite sind. DaS erste Ziel dieser Konferenz war, eine end gültige Lösung der NeparationSfrag« zu sin- den. Ich bin glücklich, seststellen zu können. Laß diese» Ziel erreicht ist. Da» Reparationsproblem ist endgültig beseitigt. Diese Konferenz hat für Deutschland das Ende berpoli- tischen Zahlungen gebracht. Ein wesentliches Hinder nis, das der Entwicklung der politischen und wirtschaftlichen Bedingungen »wischen unseren Ländern rntgegenstand, ist nunmehr aus dem Wege geräumt worden. Ich glaube und hoffe, baß n>ir hie/mit die stärkst« Wurzel der Weltwirt- schaftökrise, die gegenwärtig auf un» lastet, durchgeschlagen haben, un- daß eS un» gelingen wird, wenn wir in -er hier eingeschlagrnen Bahn sortsahren. der Uebel, die all« unser« Länder bedrohen, Herr zu werden. Unerläßlich ist es frei lich, daß wir den hier begonnenen Weg sortsetzen. Zwei Voraussetzungen find «S, bi« ich al» wesentlich ansehe, wenn unsere Bemühungen von einem »oll- ständigen Ergebnis und dauerndem Erfolg« gekrönt werben sollen. Einmal müssen tatkräftig und entschlossen die wirtschaft- lichcn Hemmungen beseitigt werden, die aus der Krise geboren sind, und ich hosfe, daß die Weltwirtschaft», konscrenz, deren Vorbereitung wir hier in Lausanne eingelcitet haben, dieses Ziel verwirklichen wird. Die zweite ist, daß die politische Entspannung, die Voraus- setzung aller wirtschaftlichen Prosperität und erfolgreichen Zusammenarbeit der Völker, sortschrciten und auSgcvaut wird. Politische Fragen, die hier bereit» zur Erörterung gestanden haben, und alle Programme dieser Art, die künftig auftauchen, müssen in demselben Geiste de» Entgcge- kommenS behandelt und gelöst werden, der un» hier bei der Losung des Reparationsproblems geleitet hat. Die Lösung, die wir hier gesunden haben, hat Opfer verlangt, und ich erkenne an, daß die Gläubiger Deutschland» Opfer gebracht haben, um die endgültige und voll- ständige Beseitigung des Systems der Reparationen zu er möglichen. Auch «n» Deutschen ist bi« Annahme desseu. «a» da» Lausanner Abkommen «ns anserlegt, nicht leicht geworben. Wir sind uns bewußt, an die äußerste Grenze dessen ge gangen zu sein, wa» wir verantworten konnten. Sie und wir haben aber diese Opfer gebracht in der Ucberzeugung, baß wir durch Herbeiführung einer endgültigen Lösung mehr gewinnen, als wir verlieren, und baß die geldlichen Opfer mehr als ausgeglichen werben durch die Vorteile, die un» allen auf wirtschaftlichem Gebiete zuwachsen müssen. Ich sprech« hier ganz osfe«, baß wir «n» ««r mit schwerem Herzen haben entschließe« können, di« i« Leu» Lansanner Abkommen niedergelegte« Ber« pslichtnngen z« übernehme«. Wir haben deshalb geglaubt, die» tun zu können, weil «S sich bei den Leistungen, bi« von un« gefordert werden, nicht mehr um Reparationszahlungen, sondern um einen „Beitrag" handelt, Len Deutschland -um wirt- schastlichen Wiederaufbau der Welt leistet. Die Einigung, Li« wir erzielt haben, ist bi« Frucht einer gemeinsamen Er» kenntni», nämlich Ler, Laß jeder konstruktive Gedanke für
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