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r» Sahrganv. Re. 320 Svnnabent, s. guli 1932 kN Dreck «. Nntagl Steps» 4 Net»«dt, Dresden. Postschee-Ato. 10«» Dre«deir Hochdruck nur mit deut!.Quellenangabe <Dr«edn. dtachr.) «ulälitg. Unverlangt« Schriltitück« werde» »lcht aulbewadrt Drahtanschrtftl Dechrtchle« Dresden Kernlurecher-Eammetnummeri »«Ist Nur tür siachl-espriche! Nr. »0011 EchUsNeUun» «. Hauptseschiistsstellei Dresde» - U. », e»«tenftrat« s»/1> Gegründet 18S6 DrNiMrMr bet tck-Nch »weim»II,er Zustellung monatlich I.»» Dit. setnschllebllch 7« Pfg. ftie Drstge» lohn», durch Poftbeeug ».Ist «N. einichlletlich »I Big. vostgebühr lohn« Vostsustellungsgebüdr» bei 7 mal wstchenllichem Sers and. Mnjelnummer 10 Psg., außerhalb «achlen» I» Psg. »nseigenpreil«! Di« «tnspaltig« »0 mm breii« Zeil« «S Psg., sstr auswlirts «0 Psg., di« «a mm drei«« «evameseile »0» Psg., «udechald »»st Psg. ad», ttrilenadschlig U. Darts, ganiillenan»eigen und Stellengesuch« ohne Nada» 1» Psg., austerstalb 7» NI». Ollertengedühr »0 Psg. «luswstrtige «lustrstge gegen vor«u»be»adlung. Das Alvutabkommen von Lausanne Drei Milliarden SMßralilmig Lausanne, 5. 3utt. Die Führer der Abordnungen der sechs einladenden Machte traten am Areilagnachmittag 4 Uhr unter dem Vorsitz Macdonalds zur abschließen den Beratung des Vertragstexte» zusammen. Um 21 Uhr fand eine geheime Vollsitzung unler Teilnahme sämlltcher Mächte statt. Die feierliche Schluß sitzung der Konferenz, in der das Tributabkommen unterzeichnet werden soll, ist für Sonnabend vormittag 10 Uhr im Hotel Beau Rivage vorgesehen. Ser rlulbau US Lausanner Abkommens vrnUtdertodt nnnor«» nnvk I-aoaann« »ntvancktvn IV.-U.-Soneivrdvrtvdtorvtnttvr» Lausanne, 8. Juli. Gegen 2 Uhr war allgemeiner Auf bruch im Hotel Beau Nivage. Herrtot und Macdonald wurden von allen Selten beglückwünscht, während die deutschen Minister den Ort der Verhandlungen sehr still verliehen. Herriot lieb es sich sogar nicht nehmen, ein deutsches und ein französisches sungcS Mädchen, die in seiner Nähe standen, „symbolisch" z« umarmen und z» küssen. Gleichzeitig wurden Einzelheiten über den soeben in asten Haupttctlen abgeschlossenen Lausanner Vertrag bekannt. Mit grobem Erstaunen wirb die deutsche Oessentlichkett hören, daß man sich schließlich ans ble Summe von drei Miliarben, also «ns HerrlokS letztes Angebot, geeinigt bat. Daö VertragSwerk sieht in der bisherigen Fassung eine polnische Erklärung astgemeinen Charakters sowie das Tributabkommen selbst vor, das aus 1l Paragraphen und einer Schlusserklärung besteht. Die allgemeine Erklärung politischen Charakters, die von dem Abschluß des ReparationSsystemS und -em Beginn eines neuen Kapitels der Beziehungen zwischen den Völkern spricht, ist seht aus der Präambel herausgenommen und zu einem besonderen Teil des Vertrags werkeS gemacht worben. Einen Hinweis auf Teil VIII des Ver sailler Vertrages ober ans die deutsche Gleichberechtigung enthält die Erklärung nicht. Neber ein« gewisse Aende- rung der politischen Erklärung im Sinne des deutschen Standpunktes wird bis znm letzten Augenblick noch verhandelt. Die finanzielle Regelung ist folgend«: Während der ersten drei Jahre nach der Ratisi« ziernng des Abkommens besteht ein vollständiges Zahlungsmoratortum für Dentschland. Die Ab« fchlnstzahlung DeutichlandS beträgt«nominell 8 Mil, Narben Mark; sie wird jedoch im Hinblick ans den A«S» gabeknrs der Bonds von 80 v. H. nur mit S,7 Milliarden bewertet. Die Abschlustzahlung erfolgt in flinfprozentigen Schuldverschreibungen des Deutschen Reichs, zuzüglich 1 vH. Amortisierung. Die Schuldverschreibungen, die erst nach Ablauf des dreijährigen Vollmora tor in mö auSgegcben werden dürfen, werden bet der BIZ. als Treuhänderin hinterlegt. Die endgültige Sperrfrist, nach der di« bis dahin nicht ausgegebenen Schuldverschreibungen annul liert werden, ist jetzt aus IS Jahre festgesetzt. Der AuSgabckurS von v» v. H. gilt einheitlich sür die ge samten Schuldverschreibungen. Eine Herabsetzung des AuSgabekurscS kann nur durch eine Zweidrittelmehrheit des VerwaltungSratcS der BIZ. erfolgen. Die Schuldverschreibungen gründen sich ausschliesslich auf den deutschen Kredit, ohne Beteiligung des Auslandes. Die bisherigen Abmachungen und Verträge über die Repa rationszahlungen Deutschlands kommen damit Fortfall. Aus diesem Grunde wird das Golddepot der Rcichsbank bet der BIZ. in Höhe von 85 Mist. NM., sowie die von der Reichs- bahn bet der BIZ. hinterlegten Obligationen in Höhe von 4M Mill. RM. frei. Die zukünstigen Verpflichtungen Deutschlands würden theoretisch 18ü Mist. NM. jährlich auS- machen. Da jedoch die Schuldverschreibungen nach dem dreijährigen Bollmoratorium von IMS an nur in Abschnit ten auf den internationalen Markt kommen und die ganze Frage der Aufnahme dieser Schuldverschreibungen aus dem internationalen Kapitalmarkt vollständig unübersichtlich ist, kanu die tatsächlich 1035 eintrctende finanzielle Belastung Deutschlands gegenwärtig noch Par nicht bestimmt werben. Die gesamten Schuldverschreibungen des Reiches in Höhe von 8 Milliarden, werden im Falle der normalen Tilgung nach 87 Jahren getilgt. Weiter bestehen bleiben dicsenigen Verpflichtungen, die auch von dem Hoover-Moratorium nicht berührt waren, also die Verzinsung und Tilgung der DaweS- und ?)oung- anlethcn in Höhe von insgesamt 15g Mill. NM., die jähr lichen BesatzuugSkostcn in Höhe von 21 Mill. NM., daS belgische Markabkommen mit 22 Mill. NM. und die so genannten Mircd Claims in Höhe von 41 Mill. NM. jähr lich. Diese Belastungen in einer Gesamthöhe von 2 34 Mill. NM. jährlich werden somit von dem Lau sanner NeparattonSabkommen nicht berührt. Zuzüglich der rechnungsmäßig vorgesehenen 180 Mill. RM. würde sich künftig eine rechnerische Belastung von 414 Millionen jährlich ergeben. — Das VertragSwerk, dessen juristische Durcharbei tung erst in den heutigen Abendstunden endgültig fertig gestellt wird, sieht folgende fünf Teile vor: 1. DaS Tributabkommen der Gläublgermüchtc mit Deutschland; 2. UcbergangSbcstimmungcn für die Regelung in der Zeit zwischen dem Abschluss der Lausanner Konferenz und der Ratifizierung des Abkommens; 3. die Regelung der ost- enroväischcn Reparationen; 4. ost- und mitteleuropäische Wtrtfchaftssragen; 5. Entschließung des Wirtschaftsaus schusses der Lausanner Konferenz über die Vorbereitung der Weltwtrtschaftökonferenz. Der Wortlaut des BerlraMerkes Lansanne» 8. Juli. Das umfangreiche VertragSwerk von Lausanne besteht zunächst aus einer allgemeinen geschicht liche» Darstellung der Vorgänge, die zur Einberufung der Konferenz geführt haben. Es gibt sodann die Moratoriums erklärung der Gläubigermächte vom 1». Juni, wieder. Das NeparationSabkommen mit Deutschland beginnt mit einer Präambel, in der die Negierungen von England, Belgien, Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika, Indien, Frankreich, Griechenland, Japan, Portugal, Polen, Numä- ulen, Tschechoslowakei, Südslawicn und Deutschland fest stellen, daß die Ncchtsgttltigkctt der Haager Abkommen vom 2». Januar 1N3N nicht zur Verhandlung stehe, daß jedoch im Hinblick ans die großen wirtschaftlichen Krisen und Schwie rigkeiten und, von dem Wunsche geleitet, das notwendige Vertrauen für die normalen wirtschaftlichen und finanziellen Bedingungen zu sichern, die unterzeichneten Mächte folgen des Uebereinkommcn getroffen haben: Die politische Erklärung Die unterzeichneten Staaten des gegenwärtigen Ab- kommens sind in Lausanne zusammengetreten, um eins der Probleme des Weltkrieges mit dem ehrlichen Wunsche zu regeln, zur Bildung einer neuen Ordnung bctzutragen, die die Schaffung und Entwicklung des Vertrauens zwischen den Völkern im Geiste des gegenseitigen Entgegenkommens, der Zusammenarbeit und der Gerechtigkeit fördert. Die Mächte sind nicht der Ansicht, baß das in Lansanne geschaffene Werk, das vollständig den Reparationen «in End, bereitet, genügt, um den Frieden z« erreichen, den die Völker wünschen. . Jedoch hoffen sie, baß diese Erkenntnis in sich selbst so be deutend ist und so große Bemühungen notwendig gemacht hat, baß sie von allen friedliche» Elementen Europas und der Welt verstanden und richtig geschätzt werben, und baß tzeue Werke folgen werben. Diese Taten werben um so leichter bnrchzustthren sein, als die Völker diesen neuen Schritt zu einem wahren Frieden unterstützen, der, um voll ständig zu sein, sich gleichmäßig auf die wirtschaftliche und politische Ordnung beziehen mnß, wie sie auch jeden Appell zu Gewalt oder zu den Waffen znrückwciscn. Die Untcr- zeichnermächte des gegenwärtigen Abkommens werden sich daher bemühen, die gegenwärtig gestellten Probleme oder diejenigen Probleme, ble später gestellt werden, in dem gleichen Geiste zu löse», der dieses Abkommen beseelt. Der finanzielle Lett -er Abmachungen Artikel 1 regelt die von der bcutschen Negierung im Gesamt beträge von 3 Milliarden Goldmark auf der Grundlage der gegenwärtigen Währung anSzngebenden Schulbverschrei- bungen zu b Prozent, sowie in neun Punkten die näheren AuSgabebedtngungen. Bemerkenswert ist Punkt S, wonach tm Falle, baß die Reichsregieruna im AnSlande mit oder ohne ihr« Garantie Anleihen auslegt, sie bis zu einem Drittel b«S Nettoeinkommens dieser Anleihen -um Rückkauf der Schuldverschreibungen verwende« mnß. Gegebene Vorschüsse für die gleiche Zeit oder für weniger als ein Jahr bleiben davon unberührt. Punkt 7 besagt, falls zu irgendeinem Zeitpunkt die BIZ. der Ansicht ist, daß der Kredit der deutschen Negierung wtcderhergestellt ist, jedoch die Anleihekurse unterhalb des Mindestpreises der Emission liegen, so kann eine Zweidrittelmehrheit des verwaltnngsrates der BIZ. den Mindestpreis ändern. In allen andern Fragen sPunkt 8) faßt der VerwaltungSrat der BIZ. seine Entschließungen mit Stimmenmehrheit. Die letzten Artikel enthalten weniger wichtige Formalitäten über Austausch der NatiftkätionSurkunden usw. Eine Enttäuschung Die Nachricht vom Abschluß eines Kompromisses in Lausanne, das den Gläubigern eine bedingte deutsche Schluß zahlung unter Verzicht auf unsere politischen Forderungen zugcstcht, bringt allen Deutschen ungeheure Enttäu schung, die mit gläubigem Vertrauen die Arbeit der deut schen Delegation beobachtet und ihre Bedenken gegen deren schwankende VcrhandlungStakttk zurückgestellt hatten. Wenn jetzt die NcgicrungSkrcise das Ergebnis als das „Ende der Reparationen" auSdeutcn wollen, weil die Schlnßzahlung nichts weiter sei als die ansgeschobcnc Hooverannuität der Zett bis zum 1. Juli 1032 mit einem Zuschlag für den europäischen Wiederaufbau, so werden sie nach ihrer ursprünglich gegensätzlichen Stellungnahme wenig Gläubige in Deutschland für diese Auslegung finden. Wir waren nach Lausanne gegangen mit der Versicherung, daß wir nichts mehr zahlen könnten und zahlen würden, und dieser Standpunkt ist in dem Kompromiß leider aufgegeben worden. Die Abordnung ist im letzten Augenblick weich geworden, nur um die Konferenz nicht ausilicgen zu lassen; sie hat wieder Versprechungen gemacht, die das deutsche Volk aller Voraussicht nach nie erfüllen kann. Dafür haben wir kein Verständnis und sür diesen Abschluß sind wir ntchtzu haben. Unsere Ablehnung ist um so entschiedener, weil tm Lau sanner Abkommen von den politischen Forderungen Deutsch lands, abgesehen von einigen unverbindlichen Redensarten in der Schlußerklärung, keine Nedc mehr lein soll. Wenn e i n Teil des nationalen Deutschland Len LoSkaus von der Tri- butpfltcht in den letzte» Tagen in Erwägung gezogen hatte, dann nur unter der Voraussetzung, daß die Forderung nach der politischen Gleichberechtigung Deutschlands durch rechtS- verbiubliche Streichung der diskriminierenden Bestimmun gen deS Versailler Diktates erfüllt wird. Aber auch davon iH keine Rede mehr. Und die Versicherung Berliner „politischer Kreise", daß wir doch wenigstens in diesen Fragen einen moralischen Erfolg bavongctragcn hätten, weil außer Frankreich kein Staat der Welt mehr an der Krtegöschuldlüge fcsthält, nützt gar nichts. Daß eben Frankreich daran sesthält und daß wir trotz- dem einen neuen Tribntvertrag unterschreiben, daS ist das Unmögliche an dem Lausanner Ergebnis, über daö wir nicht HInwegkommcn. Die Schuld liegt, wie hier schon wieder holt dargelcgt wurde, an dem falschen Start in Lausanne und an der falschen VcrhandlungStakttk tm zweiten Ab- schnitt der Konferenz. In dem Augenblick, in dem der klare Standpunkt der Tributverweigcrung verlaßen und die Suche nach „Kompensationen" begonnen war, setzte jene von den Franzosen so meisterhaft gehandhabte Konsercnzregie ein, die alle schwebenden politischen Probleme verkoppelt, verschachtelt und verzahnt, um ein unübersehbares Durch einander zu schaffen und den Gegner scstzulegen, wenn er sich irgendwo zu einem Zugeständnis bereit zeigt. So mar schierten gegen die deutschen politischen Forderungen, die die Voraussetzungen sür einen wirklichen Frieden in Europa schaffen sollten, nacheinander französische Gegenfor derungen nach Burgfrieden, osteuropäische Hilfeleistung, Saarvergttnstigungcn, -um Schluß sogar solche inucrpolttt- scher Art auf, bis man sich, des Streitens müde, darüber einigte, die politischen Forderungen gegeneinander aufzu heben, so daß als praktisches Ergebnis nur die „Restzah lung" blieb, gegen die wir uns verschworen hatten. Wir glauben nicht, daß sich irgendeine der nationalen Parteien, deren Vertrauen die Negierung Papen braucht» au diesem Geschäft beteiligen will und kann. Was un« be sonders daran schmerzt und woraus wir in Erwartung näherer Einzelheiten über das materielle Abkommen näher cingehen möchten, das ist die Art, wie der tiefgreifende Kampf um die Beseitigung der K r i e g S s ch » l b l ü g e aus genommen und nach kurzem Versuch wieder anfgegeben worden ist. AuS der Tatsache, daß v. Papen und Herriot sich in diese Ehrcnfrage so verbissen hatten, daß Ne um ihretwegen das KonserenzcrgcbuiS eine Zeitlang in Frage stellten, kann man entnehmen, welche politische Bedeutung der Krtegöschuldlüge und ihrer Be kämpfung zukommt. Besonders In Deutschland war dieses Thema bisher unbeliebt, obwohl wir nach den Ergebnissen der internationalen KriegSschnldforschung ein gutes Ge- wißen und beste Ansicht haben, einen unparteiisch geführten Prozeß um diese Frage zu gewinnen. Trotzdem wurden bet uns diejenigen, die sich dafür einsetzten, von den so- genannten Realpolitikern als hoffnungslose Phantasten ge ringschätzig über die Achsel angesehen. Der Kampf gegen die KrtegSschuldlüge galt als das Steckenpferd von einigen nationalen Verbänden, die mit dem Blick nach rückwärts von der Vergangenheit nicht loskommen können. Aber für die Gegenwart und Zukunft,sagt man uns, sei das keine„vraktische" Politik, und man komme damit nicht weiter. Auch jetzt, anläßlich der Lausanner Verhandlungen, konnte man in der LIlikSpresie von „gefühlsmäßigen Werten" und „Imponde rabilien" lesen, die leider tu den Mittelpunkt der Erörterung gerückt seien, obwohl Ne an Bedeutung hinter der matert- cllen Seite weit zurtickständen. Unter diesen Umständen kann eS nicht wunbernehmen, daß bisher auch alle deutschen Regierungen, die auf die Linke irgendwie Rücksicht nehmen mußten, davor zurück^