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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.10.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-10-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19141028010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914102801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914102801
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-10
- Tag 1914-10-28
-
Monat
1914-10
-
Jahr
1914
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veue 2. Nr. 549. Msrsen-Nusgsve. Leipziger Tageblatt. Offiziere und Mannschaften. Dabei wurden ein« fliegerabteilung und ein in einem fron- zösljchcn Schloss« eingerichtetes Genesung,heim besucht. Di« Mittagsstunden verbrachte der König im Hauptquartier eine» Armeeoberkommando». Fürsorge sürNorüostungarn un- Slawonien Budapest, 27. Oktober. Das Amtsblatt veröffent licht ein königliches Handschreiben an den Minifterprafidenten Grafen Tisza, durch das die Ne gierung beauftragt wird, den durch die nunmehr ab geschlagenen teindlichen Angriffe verursachten Schä digungen der Bewohnerschaft Nordost-Ungarns und Slawoniens besondere Sorgfalt zuzuwen- dcn und Maßregeln zu treffen, damit die Bewohner- tchast in den Stand gesetzt wird, ihre wirtschaftliche Tätigkeit wieder auszunebmen und den erlittenen Schaden wcrtzumachen. fibcrmals deutsche Luftfahr zeuge über Warschau. Krakau, 27. Oktober. Tie Leitung „Nprzod" meldet aus Lodz: Neber Warschau find heute neuerdings deutsche L n ft f a I» rz e u g e rrschieneu. Mehrere Bomben haben den Haupt bab n h o f fast ganz , crstör t, »vobei 7 Personen getötet nnd II oertvnndet wurden. verzweifelte Lage -er Deutschen in Niga. Ein Privatblief. der mit einiger Berspütung dem „B. T." aus Niga zugcht, schildert die Lage des dortigen Deutschtums als trostlos. Es sei in Gefahr, mit Stumps und Stil ausgcrottet zu werden. Kasso, der berüchtigte russische Unter- richtsministcr, hätte sich in Deutschland beim Kriegs ausbruch schlecht behandelt gefühlt und, kaum nach Petersburg zurückgekehrt, sein Nachewerk ausge nommcn. Sämtliche vom Deutschen Verein unter haltenen Schulen seien geschlossen. Am schlimmsten daran seien die rcichsdcutschen Eltern und .Kinder, da diese überhaupt in keiner Schule ausgenommen würden. Der rcichsdcutsche Verein hätte sich klugerweise s c l b st a u s g c l ö st, uni das noch vor handene Kapital zu retten. Man befürchtet, das; eines Tages das Vermögen deutscher und öster reichischer Nci<l)sairaehöriger konfisziert wer den könnte, Ihre Automobile und Pferde sind be reits lxü Kriegsbeginn beschlagnahmt worden. Von anderer Seite wird dem ,,B. T." sodann noch mitgetcilt, das? die aus den baltischen Provinzen stammenden Soldaten in sibirische Regi menter eingereiht wurden. Offiziere nnd Kame raden erhielten Befehl, sie sofort zu erschienen, falls sic sich bei Zusammenstössen mit deutschen Truppen ergeben wollen oder sich nicht an dem Feuer be teiligen. Vie rutsche Zwangsherrschaft in Finnlan-. Wien, 27. Oktober. Die „Korrcjpondcnz-Rund- sclxtu" meldet: Die Zwangsherrschaft der russischen Behörden in Finnland gc haltet sich immer arger. Mit der grössten Rück sichtslosigkeit beginnt man die Rekrutierung durch- zuführen. Trotzdem zi.'ht man die Wehrstcucr mit aller Strenge ein. Die Befestiguugsarbei- ten in Finnland erregen in den skandinavischen Ländern .rnst« Beunruhigung. Die Spionen- riechcrci übersteigt alle Grenzen. Die finnischen Beamten werden fast durchweg entfernt und durch russische ersetzt. Vas ftbwanken-e Portugal. Mailand, 27. Oktober. (Eig. Draht meld.) Nach Meldungen aus Madrid sollen der Kriegs- m inistcr und der Ministcr des I n n ? r n dem Präsidenten per Republik Portugal ihre Entlassung nngeboten haben. Es wird hieran die Vermutung geknüpft, das; Portugal infolge des Drängens der Engländer sich am Kriege bet.'iligt Vie Wirren in Lissabon. London, 2ti. Oktober. Die „Westminster Gaz.-tt«" meldet aus Lissabon: Aus Rache für die Zer störung der Büros der monarchistischen Blätter am letzten Mittwoch wurde das G«bäud-r der j o zi a l i st i s che n Zeitung vernichtet. Englische Entenzucht. Düsseldorf, 27. Oktober. (Eigener Draht bericht.) Von der holländischen Grenze wird ge meldet: Die britische Gesandtschaft im Haag verbreitet heute «in Telegramm des Mi nisters des Auswärtigen aus London, das lautet: Das deutsche Pressebüro behauptet, daß die indischen Truppen aus Aegypten zurückgezogen seien, weil man ihnen nicht traue. Dies ist unwahr. Die indischen Truppen brenn«n darauf, mit ihren britischen Mitbürgern und den Verbündeten gegen den gemeinschaftlichen Feind zu kämpfen und aufs neue die ruhmreiche Ueberlieserung des indischen Heeres hochzuhallen. Di« Deutschen berichten auch, das; England die spanische Provinz Kastilien den Portu giesen als Entgelt für Portugals Hilfe ver sprochen habe. Dies ist unbegründet. Die „Köln. Ztg." bemerkt hierzu: Die Engländer dichten sich Sachen, denen sic «in gar nicht vorhandenes deutsches Pressebüro vor schieben, um, was ihnen gerade patzt, in die Welt zu setzen. Die Muselmanen gegen Englanü un- Frankreich. Konstantinopel, 27. Oktober Mehrere verschiedenen muselmanischen Rationen angehörende Persönlich keiten versammelten sich heute in der Redaktion der hier erscheinenden Zeitschrift „Dschni Istam" (Isla mitische Welt) und beschlossen, Einspru ch dagegen zu erheben, datz von Frankreich und England zahl reiche Muselman e n aus Indien, Algerien und anderen Gebieten nachdem Kriegsschauplatz enisandt und auf diese 'Weise zum Tode verurteilt würden. Moritz geschlagen! kl. Kopenhagen, 27. Oktober. Der Burenoberst Maritz soll nach einer englischen Meldung ge- schlagen und verwundet auf das deutsche Ge biet geflüchtet sein. Sjörn Sjörnson über üie Lage. Kopenhagen, 26. Oktober. Einem Mitarbeiter des „Extrabladct" gegenüber sprach sich Björn B j ö r n- son über seine Berichterstattung aus und betonte deren Unabhängigkeit. Er erklärte, er ver schweige darin auch nicht, was ihm an Deutschland nicht gefalle. Was ihm aber Bewunderung abzwinge, sei der froh« Glaube an den Sieg, der das deutsche Volk beseele und zu einer Ein heit mache. Es sei seine innerste, tiefste Ueber- zengung, datz das Volk den Krieg nicht gewollt habe. Aber als er kam, stand es einig da. Dies« allgemeine Begeisterung verspreche Gutes für die Zukunft. Nach dem Kriege werde das deutsche Volk in den Vordergrund treten vor das Heer mit Bajonetten, wohinter es sich bisher verborgen habe. Er glaul>e bestimmt, datz Deutschland gegen Ost und West erfolgreich jein werde. Die Deutschen, die Antwerpen in zwölf Tagen nahmen, würden auch Paris nehmen und Eng land zu Boden werfen. Di« Ruhe und das Selbstvertrauen der Deutschen seien eine Hälfte ihrer Stärke, die andere bestehe darin, datz sie für eine Idee kämpften. Auch Frankreich kämpfe für jein Land, wie Deutschland für feine Selbständigkeit: aber entbehre nicht der Kampf der Russen jedes ethischen Moments? Das Bündnis zwisck-en Frankreich, Ruß land und England sei ungesund. Die Franzosen feien früher niemals englandfreundlich gewesen und hätten England auch nichts zu danken. England habeden Krieg gewollt. Rußland hätte den Krieg niemals ohne England im Rücken gewagt. Frankreich werde früher oder später einsehcn, datz es von England hinters Licht geführt worden sei. Opfer -er Minen. Rotterdam, 27. Oktober (Eig. Drahtm.) Das englische Hafenamt in Hüll gibt die dritte Ver lustliste der in der Nordsee durch Auslaufen auf Minen gesunkenen Schiffe bekannt. Sic umfaßt die Zeit vom 1. bis 15. Oktober und weist 17 Schiffe, einschließlich 8 kleinerer Aischdampser. auf. Die Nationalität der Schiffe wird nicht mehr angegeben. Vas Eiserne kreuz für -ie Könige von Sapern un- Württenberg. Der Kaiser hat dem König von Württemberg als Anerkennung der tapferen Leistungen der württem bergischen Truppen das Eiserne Kr«uz «rster Klasse verliehen. Das Eiserne Kreuz zweiter Klasse hat der König bereits im Kriege 1870 erworben, den er im Hauptquartier des Kronprinzen von Preußen mitmachte. München, 27. Oktober. Die „Korrespondenz Hoff mann" meldet: Der Kaiser hat, veranlaßt durch die hervorragenden Waffentaten der bayrischen Truppen in dem großen Kampf um Deutschlands Zukunft und Ehre, König Ludwig mit einem Hand schreiben das Eiserne Kreuz 1. und 2. Klass: übersendet. Eiserne Kreuze. Das Eiserne Kreuz wurde verliehen: dem Offizier stellvertreter im Reserve-Jnfanterie-Regiment 32 Werner Müller, dem Lackierermeister Unter- offizier der Reserve im 1. bayr. Reserve-Jnfanterie- Regiment Alfred Sch inidt aus Gera, dem Ober leutnant der Reserve Dr. med. Leupold aus Plauen, dem Leutnant der Reserve A lb ert Hetz, dem Leut nant der Reserve Ratsassessor D ö n i tz, dem Leut nant der Reserve Fritz Weitz, der leider ichon vor dem Empfana des Ehrenzeichens siel, sämtlich aus Plauen, dem Unteroffizier im Reserve-Jnfanterie- Regiment 94 Karl Pie hier, dem Gefreiten im gleichen Regiment Ernst Ullrich, der zwei französische Fahnen erbeutete, dem Fahnenjunker Unteroffizier im Infanterie Regiment 69 Richard Schmidt, Sohn des Direktors Schmidt der Düssel dorfer Kammgarn-Spinnerei, dem Hauptmann von Germar vom Infanterie-Regiment 76 (von 1893 bis 1897 im Infanterie-Regiment 9ttt, dessen Großvater bei Waterloo und Vater bei Metz die gleiche Auszeichnung erhielten. Von der Familie Heydenreich erhielten das Eiserne Kreuz der Major und Abteilungs-Komman deur im 5. Kgl. Sachs. Feldart.-Neg. Nr. 64 Fritz Heydenreich. Hessen Großonkel der süchj. Oberstleutnant der Artillerie Adolph Heinrich Heydenreich als blutjunger Leutnant in den Freiheitskriegen den preußischen Orden „pour Iv m6rilv" erwarb, ferner der preußische Artillerie - Hauptmann und Ordonnanz - Offizier im Oberkommando der IV. Armee Franz Heydenreich und der Leutnant im 3. Kgl. nächst Feld-Art.-Regt Nr. 32 Bernhard Heydenreich. Der Großvater der beiden letzteren, der sächs. Generalmajor der Art. Bernhard Heyden reich war durch den Sächs. Militär-St. Heinrichs- Orden und das Eiserne Kreuz von 1870 ausgezeichnet Fürs vaterlan- gefallen. Wie aus den Familiennachrichten der vorliegenden Ausgabe unseres Blattes ersichtlich ist, starb den Heldentod fürs Vaterland: der Oberleutnant der Landwehr im Infanterie-Regiment 181 Ratsassessor Dr. jur Hermann Windiich, Mitglied des Vereins Sächsischer Gemeindebeamten: die Beamten schaft des Kaiser!. Telegraphenamtes Leipzig zeigt an, datz der Telegraphenafsistent Martin Lucke. Gefreiter der Reserve im Infanterie-Regiment 179. auf dem Felde der Ehre gefallen ist. Ferner fielen auf dem Felde der Ehre: der Mus ketier im Infanterie-Regiment 93 Lehrer Hans Schirrmeister, der Gefreite der Reserve im In fanterie-Regiment 107 Mechaniker Walter Stein hardt, der Soldat im Infanterie-Regiment 104 Karl Patze, der Soldat im Reserve-Jnfanterie- Regiment 107 Arno Keil, der Unteroffizier der Reserve im Feldartillerie-Regiment 40 Oekonomie- Inspeltor Fritz Sturm, der Gefreite Tam bour Willy Heuer, Inhaber des Eisernen Kreuzes, der Kanonier im Feld-Artillerie-Regiment32 Franz Zeuner, der Reservist im Infanterie- Regiment 107 Moritz Georg Menzdorf, der Leutnant der Reserve im Infanterie- Regiment 133 Finanzassessor Dr. jur. Karl Hahnemann, der Oberleutnant und Kompanie führer im Jnfanterie-Regiment 129 Botho Borris Inhaber des Eisernen Kreuzes, der Leutnant der Landwehr im Jnfanterie-Regiment MErnst Fried rich Albert Ecke, der Hauptmann und Batterie chef der Landwehr im Reserve-Feldartillerie-Regt. 53 Bruno Wiinschmann, der Unteroffizier im Inf.- Regiment 107 Zollajsistent Hans Bittrich, der Unleroffizier im Jnfanterie-Regiment 134 Hermann Rödel, alle drei aus Plauen, der Grenadier im Grenadier-Regiment 100 Arthur Lorenz aus Schönberg, der Unteroffizier der Reserve Hermann Paul Hertel aus Greiz Ehre ihre ni Andenken! Weitere Mel-ungen. In der türkischen Muster schule in Fark Istambul ist der Unterricht der deutschen Sprache cingeführt worden. Bisher war die französische Sprache die einzige Fremdsprache, die in den türki schen Schulen gelehrt wurde. Die Volksstimmung in Antwerpen un- Srüstel. Brief eines Johanniters. Brüssel, 2v Oktober 1914. Die Gelegenheit, in einem Auto über Antwerpen nach Brüssel zu gelangen, bot sich mir gestern früh, und bei nebeligem Witter traten wir die Fahrt an. Rian fährt ungefähr 2s^, Stunden bei gutem Wetter, aber wir mußten des Nebels wegen vorsichtig, also langsamer fahren und brauchten 3 Llunden. Ais wir Charleroi verlassen hatten, passierten wir bald lange, ewig lange Gepäckwagenzügc und dann Reiterei, und jo schnell wie möglich fuhren wir unserem Ziele zu durch die entzückende herbstlich gc- ichmiickte Gegend. Belgien hat das englisch nebelige >;lima und die englischen wundervollen Parts. Hcrr- lickie Baume, Wiesen, Parkanlagen und Wohnsitze zieren den Weg, den wir durch.'ilten, und boten einen Icharfcn Gegensatz zu einem Dorf, auf dem deutsche militärisck>e riergcltungsmaßregeln schwer gelastet habe», als wenn ein Erdbeben die Häuser durchein ander geschüttelt und ganz oder teilweise nieder gerissen hätte. Dann kam Fort Waelhem an der äußersten Linie von Antrverpen, dann Fort Contich der mittleren, schließlich Fort Berchcm der inneren Linie. Schützengräben, in den Straßengräben Unter künfte ans Stroh und Lehm, Wolfsgruben, Draht hindernisse, Feldbefestigungen, mit .inein Wort das Bild des modernen Kampsscldes. Jetzt friedlich di« deutsche Flagge als Mihrzeicheu unserer Siege iührend, passierten wir die innere Linie und waren kurz darauf in Antwerpen. Die Stadt hat verhält nismäßig wenig gelitten, dicht bei der Place vert« ist ein« Häuserreihe durch unsere Geschoße nieder- gerisien und auf dem Platz sind zwei Häuser ausge brannt. Nach und nach kommt wieder Leben nach Antwerpen, die Flüchtlinge weiden von den Zurück gebliebenen wohl erfahren, datz wir Deutsche friedlich sind, wenn man uns nicht angreift, und daß deutsches Geld so gut ist wie belgisches. Seit etlichen Tagen unrasiert, spürte ich den Kulturhungcr nach einem Friseur. Ich fragte ein junges Mädchen aus dem Volk auf französisch nach einem Barbier. Sie verstand mich nicht. Dann ver suchte ich es plattdeutsch und hochdeutsch, ging auch nicht. Darauf versuchte ich es mit der Zeichensprache und ahmte das Rasieren mit dem Zeigefinger nach. Der Effekt war unerwartet. Offenbar hatte ich den Finger zu tief auf die Gurgel gelegt, denn das kleine Mädchen aus dem Volke sah mich ans braunen Augen entsetzt an. Glaubte sie, daß ich ihr oder mir die Kehle durchschneiden wollte? Ich weiß cs nicht und wiederholte die Zeichensprache in verständlicherer Form. Da lachte das gute Ding mit den braunen Augen und zeigte ihre Zähne, die so aussahen, als ob sic bei dem Versuch, 42-Zcntimcter-Granaten zu kauen, aus Widerstand gestoßen seien. Dann brachte sie mich zu einem Friseur, der den deutschen Barbaren barbieren sollte, und schenkte mir eine Walnuß. Sie bat gewiß ein gutes Herz, das klein« Flamcnmädchen, nnd ich will die Rutz in Ehren ballen, als wenn sie ein köstlirbes Geschenk wäre. Der Friseur sprach deutsch, wie ein Holländer, aber sein Messer war schärfer als sein Witz und oer richtete saubere Arbeit. Seine Frau schien mit dem Statusquo zufrieden. Sic waren während der Be lagerung in der Stadt geblieben nnd hatten keinen Schaden gelitten. Ich zahlte mit deutschem Gelde und srug, ob si« cs annähme. „Natürlich", sagte sie, „wir ünd ja jetzt Deutsche." Bevor ich den Barbier verließ, verfehlte ich nicht, darauf hinzuweisen, datz Antwerpen und ganz Belgien noch so gut wie neu sein würden, wenn die Belgier klug genug gewesen wären, nicht aus englische Hilfe zu rechnen. „Ja," sagte die Frau, „alles Unglück kommt von England!" hoffentlich wird dieser Glaube bald Gemeingut aller Belgier. * Der 6afen van Antwerpen zeigt wenig Leben Die Schelde fließt unbeschäftigt und gelang weilt dahin. Sie sah aus, als wenn sic vor lauter Langeweile gähnen möchte, und sie hat recht. Sie ist weiblich, die Schelde und alle Frauen langweilen sich, wenn man sic nicht beschäftigt. Der Hafen hat eine sehr große Ausdehnung und man begreift beim Anblick der fast endlosen Kran reihe, welchen Verlust die Stadt und das Land durch die Unterbindung der Schiffahrt erleiden. In friedlichem Nebeneinander las ich am Kai die Namen Wocrmanu-Linie, Canadian Pacific-Linie, Norddeutscher Lloyd usw. Kein Krieg dauert ewig, und wenn der Friede seine segnenden Hände wieder ausstreckt, dann wird auch das bunte Leben und Treiben der großen Hafenstadt wieder seinen Lauf nehmen und die Vertreter aller Linien werden eine Friedenspfeife rauchen und einen Friedenstrunk trinken und cs wird Friede herrschen. -x- Ich fragte einen alten Herrn nach dem Hotel Wcbcr; «r war sehr freundlich und begleitete mich. Aus Dankbarkeit gab ich ihm einige Proben meines politischen Glaubensbekenntnisses. Die Saat fiel auf guten Boden. „Herr," sagte er mir, „ich habe bei Ausbruch des Krieges allen meinen Freunden und Bekannten gesagt, datz die Engländer uns jo wenig wie möglich helfen würden, aber niemand wollte cs glauben. Nun sehen alle ein, datz ich recht hatte." Der alte Herr war auf dem linken Ohr taub; ich nützte die Chance aus, ging an seiner rechten Seite, und was ich ihm in das rechte Ohr sagte, das sagte ich langsam und eindringlich und er war zufrieden, und da in das linke Ohr nichts hineingcht, geht auch wohl nichts heraus. Wir schüttelten uns beim Ab schied die Hand, und ich hoffe, datz «r seinen Freunden und Bekannten alles wieder erzählt, was ich ihm am Kai von Antwerpen in seinem rechten Ohr auf speicherte. Kleine Jungen bestaunten mich Ich fand :n der Rocktasche Schokolade. Da rief ich die kleinen Kerle, hieß sie den Schnabel aufjperren und jeder bekam einen süßen deutschen Gruß. Sie lachten mich aus fröhlichen Augen an, ganz ohne Angst, voller Ver trauen. Ich will die Jugend von ganz Belgien mit Schokolade gewinnen, wenn sie freundlich gegeben wird. Ich will ganz Belgien gewinnen mit Schoko, lade und politischer Aufklärung. Langsam, Schritt für Schritt. Mittwoch, 28. Oktober 19l4. Der National st iftung für die Hinter» bliebcnen der im Kriege Gefallenen sind u. a. von Henry Stoman, Beilin, Post Zehno. Meck lenburg, 100 000 L überwiesen worden. Weitere Spenden, auch gute Staatspapiere und Obligationen nehmen die bekannten Zahlstellen sowie das Büro der Nationalstistung, Berlin 40, Alsenstraßc 11, entgegen. Zu der auch von uns erwähnten Berichtigung d«s Abgeordneten Dr. Liebknecht an das „B. T." bemerk: die sozialdemokratische „Chemnitzer Volksstimme": „Liebknecht macht in letzter Zeit viel mehr von sichreden.alsderPartei nützen und ihrer großen Mehrheit lieb sein kann. Daß er aber neuerdings die bürgerlich« Presse aus die Meinungs verschiedenheiten in der preußischen Landtagsfraktion mir der Nase stößt, ist eine ganz besondere Gescheit heit." * Aus Wien wird telegraphiert: Matejkos Gemälde „Die Schlacht bei Grünwald" wurde von Warschau nach Moskau gebracht. Die Brüder Buxton sind von den Verletzun gen, die sie bei dem am 15. Oktober verübten Anschlag erlitten hatten, wieder hergestellt. Sie be geben sich demnächst nach Rußland. Tie Hasenpräfektur von Konstantinopel kündigt amtlich an, daß von heute abend ad das rotierende Leuchtfeuer vonAnatolKavak, unweit der Einfahrt in den Bosporus, gelöscht sein wird. * Einem Teheraner Blatt zufolge sind bei Me- sched russische Kosaken gewaltsam in ein Frau en bad eingedrungen. Sie überfielen eine Anzahl Frauen, die entsetzt flüchteten. Zum verleumüungsbericht -er Schwester 3onp. Die französische Schwester vom Roten Kreuz Mar- telle Zony hat unter dem Angebot eidlicher Er Härtung vor dem Gericht zu Nancy zu Protokoll ge geben, bei Ausübung ihres Berufs auf dem Schlacht selbe von Monccl sur Seille sei sie Augenzeugin ge w«sen, wie ein bayrischer Offizier und ein/ Soldat verwundeten Franzosen dick Ohren abgejch nitten hätten. Mit zwei Begleiterinnen, alle drei in Schwesterntracht, lei si« den unglücklichen Opfern zu Hilfe geeilt, da habe der Offizier geschossen und sie am Arm verwundet, ihr« beiden Begleiterinnen aber getötet. Die Beschuldigung klingt so unerhört, wagt die Ehre des deutschen Offiziers und der deutschen Soldaten in einer so krallen, nie dagewesenen Art anzugreifen, datz man sic selbstverständlich von vornherein als un sinniges Zeug zurückweist. Aber über die psychologische Möglichkeit ihres Entstehens zerbricht man sich doch den Kopf. Ist sie wirklich nur das Hirngespinst einer hysterischen Frauenzimmerphantasie? Dann müßt: es sich schon um vollendeten Wahnsinn handeln, und die französischen Richter würden dies sicherlich erkannt und ehrlicherweise auch wohl offen zugestanden haben Ist's aber eine Lüg«, rein aus „patriotischer" Ber leumdungssucht, so wird es immerhin schwer, an io unendlich viel Bosheit und Gemeinheit eines mensch lichen Wesens zu glauben, zumal eines weiblichen, das sich für den aufopferungsvollen, Freund und Feind nicht unterscheidenden Beruf des Samariter tums entschließen konnte. Eine Erinnerung von 1870, die uns Theodor Fon tane aufbewahrt hat, gibt vielleicht den Schlüflet des Rätsels. Fontanes Bericht geht auf ein Kriege protokoll zurück, das unmittelbar nach dem Ereignis im Feldlazarett Saaralben ausgenommen ist. Ec lautet: „Rittmeister Freiherr von Fürstenberg, vom 11. Husaren-Regiment, lag in der Nacht vom 18. auf den 19. verwundet auf dem Schlachtfelde von Eorze Als er nach einer Ohnmacht gegen Morgengrauen zu: Besinnung kam, sah er, wie Gestalten geschäftig um- herhuschten. Als eine derselben näher kam, crkanme er deutlich das Kreuz der Johanniter auf dem linken Arm. Er wollte den einen um Hilfe anrufen, aber die Stimme versagte ihm bei dem Anblick, der sicb ihm darbot. Der Mann mit dem Johanniterkrcu' winkte die drei andern Gestalten zu einer Grupp- Verwundeter und Toter heran. „Ich erkannte deut lich", so lautete die Aussage des Rittmeisters, „einen Mann im Feldpriesterornat und zwei Johanniter Als die Männer bei der Gruppe angekommen, bc gannen sie mit Messer und Schere die Uniform mir der Brust jedes einzelnen zu öffnen. Wenn sich am der Brust nichts fand, schritten sie dazu, die Taschen Es muß zum Dogma werden, daß England kein Recht hat, die ganze Welt für sich in Anspruch zu nehmen, und daß 68 Millionen Deutsche zustr min desten dieselbe Luftsäule zum Atmen für sich in An spruch nehmen dürfen, wie 46 Millionen Engländer. Es muß zum Dogma werden, daß wir die besten Be schützer Belgiens, die besten ihrer Handelsfreunde sivd, und daß wir nicht nur Stahl und Eisen, sondern auch Schokolade haben und sie gern umsonst denen geben, die si« verdienen. x- Nachmittags traf ich in Brüssel ein. Die Welt ist doch sehr klein. Als ich abends in ein Restaurant ging, traf ich nicht weniger als drei Bekannte in fünf Minuten. Was der belgischen Hauptstadt heute ihr beson deres Gepräge gibt, ist das deutsche Militär. Im übrigen sehe ich selbst nicht weniger Menschen in den Straßen, als vor Ausbruch des Krieges. Die G« fühle der Brüsseler uns gegenüber sind keine sonder lich freundlichen, aber ich habe auch keine Unfreund lichkciten erlebt. Wenn immer ich um eine Auskunft bitte, erteilt man sic mir in liebenswürdiger Form Ich habe auch nirgends Verzweiflung oder auch nur ostentative Trauer gesehen. Wo auf meinem Wege von Charleroi nach Antwerpen auch immer die Fol gen harter Kämpfe zu sehen waren, boten die Men scheu nicht mehr den Anblick der Verzweiflung. Unsere Truppen stellen die telephonisch« Verbindung zwischen Antwerpen und Brüssel wieder her. und was getan werden kann, um in ganz Belgien völlig geregelte Post-, Telegraphen- und Eiscnbahnoerhältnisse her- zustellen, das wird geschehen. Das belgische Volk wird hoffentlich nach und nach zu uns Vertrauen gc winncn: wir müssen gemeinsam die Wunden, die der von England angezettelte Krieg schlug, heilen. Handel und Wandel kann in gewohnt« Bahnen gelenkt wer den und darüber hinaus eröffnen sich zu gemeinsamem Handeln gute Aussichten. Ostende ist m deutschem Besitz. Nun kann die Kriegsfackcl in Belgien wohl schnell erlöschen. Dan» an die Friedensarbeit in großem Still
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