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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.10.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-10-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19141019010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914101901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914101901
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-10
- Tag 1914-10-19
-
Monat
1914-10
-
Jahr
1914
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rnoruss, 19. Oktober lS14. Leiprig unü Umgebung Lelpri«, IS. Oktober. der letzte Tag -er Sugra. Der gestrige Sonntag, der letzte Tag der Bugra, ovachte der Ausstellung einen wahren Massenbesuch. Schon in den Vormittagsstunden begann die Völker wanderung. Die weiten Hallen durchflutete den ganzen Tag eine enorme Menschenmenge, die noch einmal alle die vielen kostbaren Schätze besichtigte. Obwohl die Ausstellung rund sechs Monate geöffnet war, konnte man doch gestern beobacbten, daß so mancher Besucher verschiedene Abteilungen überhaupt noch nicht gesehen und das Versäumte nun schnell noch nachholen wollte, was allerdings gestern im Hinblick auf die Kürze der Zeit wohl kaum möglich gewesen sein wird. Tausende drängten sich besonders in der Halle der Kultur,' ebenso war die Kriegsaus stellung das Ziel ungezählter Menschen. Wer die Hallen der feindlichen Staaten vor Ausbruch des Krieges nicht kennengelernt hatte, konnte das natür lich auch gestern nicht mehr nachholen, denn ihre Pforten sind bereits seit dem Tage der Kriegs erklärung geschloffen. Eines lebhaften Besuches hatten sich ferner die verschiedenen beliebten Ver gnügungsstätten zu erfreuen, die „Stammgäste" hielten es für ihre Ehrenpflicht, dort, wo ihnen, namentlich in der ersten Hälfte der Ausstellungdauer, so oft angenehme Stunden bereitet worden waren, am Schlußtage nochmals Einkehr zu halten. Nach mittags und abends spielten zudem nicht weniger als vier Kapellen, das Willy-Wolf-Orchester und die Kapellen Günther Coblenz, Gustav Curth und Alfried Röth. Sie wurden alle mit anhaltendem Beifall bedacht. Um 0^5 Uhr nach mittags trat außerdem der Leipziger Lehrer verein auf der geräumigen Freitreppe zu einer Gesangsaufführung großen Stils an, dem viele Tau sende zuhörten und lebhaften Beifall spendeten. Sehr bald senkten sich dann die Schatten des herein brechenden Abends auf das weite Ausstellungs gelände, dessen wohlgepflegte Anlagen in buntem Hcrbstschmuck prangten. Bei Eintritt der völligen Dunkelheit erhellten nochmals die Tausende von bunten elektrischen Lichtern Wege und Anlagen und zu der festlichen Beleuchtung kamen noch die farben prächtigen Strahlen des Wafferspringbrunnens. Als dann in später Abendstunde die Fluten der Besucher den Rückweg antraten, da warf so mancher rück schauend einen letzten Blick auf das gigantische Werk, auf die vielen Hallen, deren im Lichterglanz er strahlenden Konturen sich scharf von dem dunklen Nachthimmel abhoben. Don heute ab werden die vielen Ausstellungsgegenstände, die mit beispiellosen Mühen aus allen Gegenden der Erde zu einem Ganzen in Leipzig vereint worden waren, wieder die Rückwanderung in alle Richtungen der Windrose an treten und alsdann die Spitzhacke die letzten sicht baren Spuren der Bugra vernichten. Es war ein mal . . . * Das Eiserne Kreuz erhielten Leutnant d. R. Gerhard Fähndrich im Reserve-Grenadierregi ment Nr. ION (der Vater, unser Mitbürger Ludwig Fähndrich, ist Inhaber des Eisernen Kreuzes von 1870); der Vizewachtmeister d. R. Kurt Schröder im Reserve-Feldartillerieregiment Nr. 24, Sohn des Buchhändlers Georg Schröder; Schulamtskandidat Oswald Brauer, kommandiert zum Stabe des Infanterieregiments Nr. 106, Sohn des Kaffenboten Brauer beim Leipziger Tageblatt. — Die mit dem Eisernen ausgezeichneten Hauptmann Ebner und Rechtsanwalt Oberleutnant Harich erhielten das Ritterkreuz 2. Klaffe des Kgl. Sächs. Albrechtsordens mit Schwertern. * Liebesgaben unserer Schulen. An Liebesgaben, zunächst für drei hiesige Regimenter, Inf. 107, Artil lerie und Train, wurden heute von der IX. Bürger schule, Oststraße, abgeliefert: 160 Paar wollene Strümpfe, 47 Paar wollene Müffchen, 4 Schals, :>4 Pakete Schokolade, 1 Paar Kniewärmer und eine Leibbinde. Die Strümpfe, Müffchen usw. sind haupt sächlich von Mädchen der drei oberen Klassen unter Anleitung ihrer Handarbeitslehrerinnen gestrickt worden. Das hierzu gehörige Garn wurd: teils von den Schülerinnen selbst, teils von Mitgliedern des Lehrerkollcaiums gestiftet. * Jubiläum. Heute, am 19. Oktober, kann der Expedient Herr Julius Heidrich, das Jubiläum Vie hundert Lage. 89s Roman aus dem Jahre 1815 von M. von Witte». Otto erfasste das alles mit einem Blick. Wie mar das alles genau so, wie er es sich nach Toslas Beschreibung vorgestellt hatte! , Totenstille herrschte in Haus und Hof und Garten. Gewiß! Sie war nicht hier! Er atmete auf — Und doch war seine Seele plötzlich von einer tiefen Traurigkeit befallen. Er zog die Klingel. Der blecherne Klang verwehte in der Stille der Nacht. Da regte es sich im Baumgang. Als ob ein Schatten sich erhöbe. Eme Stimme fragte: „Wer ist da?" Otto durchfuhr's wie ein Dolchstoß. Diese Stimme! Diese weiche, süße, verführerische Stimme, die aus dem Himmel stammen mußte und doch in die Hölle führte! Da war sie nun doch ! " , Er biß die Zähne ineinander — kniff die Augenlider krampfhaft zusammen — Und noch einmal fragte es: „Wer ist da?" Er riß sich zusammen. „Ich bin es! Oefsne!" Hart wie klingender Stahl sprangen die Worte. „Ich bringe dei nen Dater. Sterbend." Ein leiser klagender Schrei — ein Huschen über den kiesbcstreuten Weg — ein Schlüssel knarrte — die Torflügel flogen auf: Mann und Weib blickten einander sekundenlang tief in die Augen. „Du —? Du —?" brachte sie endlich stam- melnd heraus. Weiter kam sie nicht. „Ja — ich! Mich hättest du hier wohl zu allerletzt erwartet!" hohnlachtc er. „Aber auch ich dürste vielleicht erstaunt sein, dich hier wiederzusinden. Heut mittag als Landmädchen m Frischermont — heut nacht in Gcnappe als vornehme Dame?! Alle Achtung vor solcher Berwandlungsfähigkeit." Leipziger Togedtatt Nr. S32. Moryen-Nusgave. Sette 7. ununterbrochener 25jähriger Tätigkeit bei der Firma Gebr. Sens, Briefmarkenhandlung, begehen. * Kirchennachrichten. Die nächste Kriegsbet stunde in der Matthäikirche findet kommen den Mittwoch abend Uhr, der nächste Ge meindeabend kommenden Donnerstag, abends 8 Uhr im Eemeindesaale, Lessingstraße 5«, statt. — Nächsten Dienstag abends ^9 Uhr findet im „Deut schen Haus" zu L.-Lindenau wieder ein „Offener Abend" der Nathanaelgcmeinde statt. Herr Dr. phil. Max Kuhn wird einen Vortrag halten über das Thema: „Um was wir kämpfen". * Kreiskirchentag. Der nächste Kirchentag (Diöze- sanversammluna) der Ephorie Leipzig 1 findet Mitt woch den 21. Oktober, abends 7'/. Uhr, unter Vorsitz des Superintendenten I>. Cordes im großen Saale des Evangelischen Vereinshauses, Noßstraße 14, statt. Herr Buchhändler Leopold Hage mann wird u. a. das Thema behandeln: „Weiche Ausgaben stellt die Kriegszeit den Kirchenvorständen und ihren einzelnen Mitgliedern zur Förderung und Vertiefung des Gemeindelebens? Jedermann hat Zutritt. * Vaterländische Abende in Leipzig-Ost. In dm Stadtteilen Leipzig-Sellerhausen-, -Reusellerhausen und -Stünz haben sich Vertreter d>r verschiedenen Vereine (Turner-, Sänger, Militär, Hausbesitzer und politische Vereine) zu einem Ausschüsse vcr- nnigt, der in oolksbildendcn Abenden alle Kreise der Bevölkerung in ernster Stimmung zusammen führen will. Der erste Abend findet am 01. Oktober im „schützcnhaus" (Leipzig-Sellerhausen) statt. Der Rnnertrag fließt zur einen Hälfte der Kriegs- notspcndc zu und zur anderen Hälfte wird er bei besonderen Kricgsnotfüllen in diesen Stadtteilen verwendet. * Helft unseren Seeleuten! Der Flottenbund Deutscher Frauen und der Deutsche Flottenoerein er lassen im Anzeigenteil der vorliegenden Nummer einen Ausruf, den wir nochmals allseitiger Beachtung empfehlen. * Lrchesterverein Leipziger Post- und Telegraphen beamte». Ein Wohltätigteitskonzert, das sich würdig der Reihe ähnlicher Veranstaltungen unserer Zeit oinfügte, hielt der genannte Orchestervereiu am Frei tag im Festsaale des Zoologischen Gartens ab. Unter stützt wurde er hierbei von dem rührigen Leip ziger Männerchor, der unter Leitung seines Ehrenchormeisters Königt. Musikdirektor Wohl- gemuth zeitgemäße Lieder prächrig zu Gehör brachte und dafür mit Beifall überschüttet wurde. Auch Frau Rose Gärtner, die die Solopartie in Franz Schuberts „Allmacht" mit bestem Gelingen sang, erntete wohlverdiente Anerkennung. Frohe Zuversicht und Siegesgewißheit verkündete alsdann die begeisterte Ansprache Pastor Paul Wer- manns. Wenn man bedenkt, wie viele sittliche Kräfte draußen auf dem Echlachtfelbc und in der Heimat der Krieg ausgelöst habe, so könne man nicht anders, als von riner neuen Gesundung und Kräfti gung unseres Volkes sprechen. Aus dem millionen fachen Leide, das uns betroffen, werde doch endlich «ine neue einzigartige Zeit geboren. Im weiteren Verlauf des Abends gab das starkbesetzte Orchester der Leipziger Post- und Telegraphenbeamten unter Leitung seines tüchtigen Dirigenten Alfred Drescher erfreuliche Proben eifrigsten Strebens und Schaffens. * Das Konzert des Leipziger Männerchors im Bölkerschlachtdenkmal am gestrigen Sonntag erfreute sich, trotz der vorhergegangenen Feier, wieder eines regen Besuches. Es war ^6 Uhr, statt 5 Uhr, wohl um den Nachzüglern cntgegenzukoinmen, als unter des König!. Musikdirektors Gustav Wohlgcmuth trefflicher Leitung die Klänge der „Hymne" von Eduard Kremser erklangen, deren Sopransolo Frau Konzertsängerin Rose Gärtner übernommen hatte. Hieran schloß sich zum Gedächtnis der gefallenen Hel den Friedrich Silchers ergreifendes „Stumm schläft der Sänger", dem Franz Liszts Vertonung „Die All macht" folgte, deren Sopransolo wieder von Frau Gärtner gesungen wurde. Eine erhebende Stimmung brachte das im Bölkerschlachtdenkmal schon öfter er klungene „Graduale" aufs neue hervor. Den Schluß bildete in würdiger Weise an diesem Tage das von allen Anwesenden kräftig gesungene Lied „Deutsch land, Deutschland über alles". Auch dieses Konzert wird dazu beitragen, daß die Veranstaltungen im Völkcvchlachtdentmal sich eines immer regeren Be suches erfreuen können. * Der Preußische Eisenbahn - Berein zu Leipzig hat für die K r i e g s f ü r s o r g e bis Anfang Oktober über 14 000 unter seinen Mitgliedern geiammelt und aus seiner Vereinskasse noch 6000.« beigesteuert. Hiervon sind durch Beschluß der Hauptversammlung verteilt worden für Familien gefallener, verwun deter oder sonst durch den Krieg bedrängter Ver einsmitglieder 5000 für die bedrängten Ostpreußen 5000.«, davon 1000.« an Eisen bahner im Bezirk Königsberg, für die deutschen Elsaß-Lothringer 2000 davon 500 .« an Eisenbahner der Neichslande, für die allgemeinen Londesnotspenden in Preußen tzOM^l, in Sachsen 1000.«. in der Stadt L e i pzi g 1000 für b,. dürftige Auslanddeutsche 1000 ferner zu Liebesgaben des Roten Kreuzes an die Trup pen lm Felde 2000 ./, wobei die Gaben durch den Leipziger Wirtschaftsverband beschafft werden. Außerdem hat der Verein für 500 X Liebes gaben an die zum Felddienst einberufenen Eisen- bahner verteilt, 100.« für Lazarettbüchereien, 100^1 für den Leipziger Jugendbund zur Kriegsfreiwilligen fürsorge, 10 > .«. jür das Kinderheim in Wahren ge geben Aus dein Rest der Sammlung werden noch etwa 1000.« für Familieniiirsorge an den Nationalen Frauendienst und andere Vereine in Leipzig und Umgegend zur Verfügung gestellt Es sind also an 22 000 « aulaewenoet worden wobei zu berücksichtigen ist, daß die Mitglieder bereits durch ihre Fachvereine und Sonderverbande namhafte Beträge zur Kriegs- nolspende beigesteuert haben. Trotzdem sind weitere Sammlungen angeregt worden, an denen sich die Eisenbahnbeamten und Arbeiter hoffentlich wiederum so reichlich beteiligen werden. Gedenkfeier am Völkerschlachtöenkmal. Im Zeichen der großen Zeit, in der wir leben, stand die gestrige vom Deutschen Patriotenbund ver anstaltete Gedenkfeier am Völkerschlachtdenkmal. Es war keine Feier, wie wir sie in anderen Zeiten er leben, kein bloßes Rückblicken auf die Taten der Väter, sondern es war eine festliche Kundgebung, ein begeistertes Bekenntnis zur Gegenwart wie zur Ver gangenheit unseres deutschen Volkes. Die Feier war schlicht, echt und markooll wie das Denkmal, an dessen Fuße sie begangen wurde, ernst und lauter wie die Monumentalgestalt des heiligen Michaels, der über ihr thronte. Ein grauer Oktoberhimmel breitete sich rings, aber er wirkte nicht niederdrückend, sondern das Denkmal ragte um so schwerer in seinen Ernst hinein. Es waren Tausende gekommen und säumten in langen Zügen den Platz und den Ring um den Teich. Unter den Anwesenden bemerkten wir Angehörige der Reichs-, Staats- und städtischen Behörden in großer Zahl, weiter viele Offiziere, unter ihnen auch unseren Leipziger Reichstagsabgeordneten Oberleut nant d. N. Justizrat Dr. Junck. Krieger und Turner, Sänger und Innungen waren mit Abord nungen vertreten und ihre Fahnen leuchteten festlich. Zur Eröffnung der Feier stimmte der Leipziger Gausängerbund unter Gustav Wohlgemuths bewährter Leitung das von ihm selbst vertonte Lied „Für Kaiser, Reich und Volk" an und weihevoll tönte der Gesang ins Weite. Dann folgte die Festrede des Reichstagsabgeordneten Felix Ma rau art. Mit warmer Begeisterung gedachte der Redner jener unvergeßlichen Weihcstunden vor Jahresfrist, da die Siegessonne durch Lktobernebel brach und einen schimmernden Glanz auf das herrliche Bild dieses deutschen Festes warf. Er pries dann die Waffentat von 1818, hob die entscheidende Bedeutung der Schlacht bei Leipzig hervor, die Napoleons stolzes Reich zertrümmerte. Der Gott aber, der den Vätern geholfen hat, ist auch mit uns. Die jüngsten großen Taten unseres Heeres zeugen für unsere gerechte Sache. Der Redner gedachte der Tat Bismarcks. Sein Geist muß im deutschen Volke lebendig bleiben. Wir haben gesehen, wie das Ausland uns für die Gast geschenkt, die ihnen unsere Kultur gegeben hat, dankte. Die schwere Zeit aber hat uns das Große, den nationalen Zusammenschluß unseres Volkes, ge bracht. Er hat uns den Glauben an unser Vaterland wiedergegeben. Begeistert schilderte der Redner jene von ihm miterlcbtc einzigartige Neichstagssitzung, in der die deutsche Einheit so herrlich siegte über Par teienhaver. Er feierte unser Volk und rühmte die Art deutscher Männer und Frauen. Seine Rede klang in nachstehenden Worten aus: „Deutschland wird nicht untergeben! Wir blicken in dieier großen schweren Zeit zurück auf unsere wechsclvolle, an Leid und Freude reiche deutsche Geschichte. Wir erinnern uns der Zeit, da die Römer in unserem Lande ge boten haben, da die Fremdhcrrscbaft Napoleons I. sieben Jahre lang auf unserem Lande lag. So spricht der Gott, der uns auf diesen Fluren den Sieg gegeben hat: Solche Zviten haben mein Volk ost tief ge- beugt. Aber nur kraftvoller, einiger, treuer noch ge- worden, ist es dann den Gefahren entgegengegangen. Es ist an uns Deutschen, aber auch an vielen von uns ein mahnendes, tröstendes herrliches Wort: Wen lbott lieb hat, den läßt er nicht immer im Sonnen schein gehen. Dem gibt er auch Wetter und Sturm, daß sein Herz stark werde und daß das Auge, weithin leuchtend, überschau das wunderbare Leben. Ein sturmgeprüftes und sturmerprobtes Volk wollen wir auch den Stürmen dieses Krieges entgegen: Im Herzen den festen Glauben an Gott und das Vater land, im Herzen den festen Glauben: Deutschland wird siegen!" Das hierauf vom Redner ausgebrachte Hoch auf Kaiser und König, auf Volk und Heer fand tausend fältigen begeisterten Widerhall. Dann einte die weite Versammlung der Gesang der Nationalhymne; die Feier schloß mit dem Gesang des Altniederländischeß Dankgebetes: „Wir treten zum Beten vor Gott den Gerechten". Als die Tausende sich zum Heimweg an schickten. kreuzte grüßend zu Häuptcn ein Zeppelin. Jubel schallte zu ihm empor, und siegeszuversichtlichs Äugen blickten ihm nach. . . Elngesan-t. Ter Donk der Ersavreseroisten. Nun, Franzmann, stimme deine Geigm, Ein neuer Tanz wird aufgeführt. Ein neues Heer zeigt seinen Reigen, Ob der dir wohl gefallen wird? D.'in Angesicht wird wohl erblassen, Wenn dröhnend im Kolonnenschritt Schon wieder nahen große Massen. Versteck auch du dich, frecher Brit'! Vom Luftdruck schon weicht rückwärts feige Der Nussenkerl, der falsche Wicht. Sein Lebenslicht geht auf di: Neige, Bald naht das große Strafgericht. Die gelben Katzen, die gestohlen Mit großer Frechheit deutsches Gut, Auch sie wird einst der T:ufel holen, Ersäufen sie im eignen Blut. Die deutsche Heimat uns zu schützen. Rückt jetzt Ecsatzreserve an. Und unterm Schutze der Haubitzen, Geht s frischen Mutes drauf und dran. Gilt es doch all die Schmach zu rächen, Die man uns allen angetan. Jetzt sollen unsre Waffen sprechen, Nun mutig vorwärts! „Kott voran!" Noch eins — :h wir von Leipzig scheiden Um unser schönes Standquartier, Da war'» wir wohl zu beneiden. Im Künstlerhause lagen wir. Mit väterlicher Sorgfalt immer, War unser Wirt für uns bedacht. Die schönen Säle, großen Zimmrr, Sie schützten uns in rauher Nacht. Für unser leiblich Wohl indessen. Schien unsrer Wirtin erste Pflicht. Sic sorgte stets für gutes Essen; Und so etwas vergißt man nicht! Der Liebe und der Freundschaft Bande. Der frohen Tage Sonnenschein, Sie sollen auch im Feindeslands, Uns immer unvergeßlich sein. Nun Bürger Leipzigs, eine Bitte, Geht auch mal hin ins Künstlerhaus. Dort herrscht noch gute deutsche Sitte, Da fühlt sich jeder wie zu Haus! D . . . . Unteroffizier d. 8. Kunstkalender. Battenberg-Theater. Heute: „Deutschland über alles!", vaterländisches Schauspiel von Dreyer. — Morgen und folgende Tage: „Deutschland über alles!" Vergnügungen. A I l n a l I v <1 l a si T l, c >1 l e I Loztlck Kunnlervorüek- Iilnq unft Auf'ühruna des oatcrläildi>a»en BoUsstückes „Ter .Kaiser ries . . ." Im Knitalloalast-Kasseehaus finden täglich Konzerte der Berliner Mekrovol-Zbavelle unter Leitung von A. ldrunou) stall. — In der L>einlvirlschnit konvertiert ollabend' lich das vorzügliche surtMle »ünsllelouarlekk. Barietee Battenberg. Ein wirklich vorzügllches Programm, das allabendlich auhcrordenllich gefallt, ist zurzeit im Bankier Battenberg vervNichlcr. ,lm besonderen wirken, dem Ernst der Zeit angepasst, „Tcs verwundeten Kriegers Traum" in Dort und Bild sowie das vaterländische Zeitbild von Pro'. Anton Ohorn „Vorwärts mit <yvlt". das besonders den griegsteilnekmern, denen freier Eintritt gewährt wird, gefällt. Sein Ton überschüttete sic wie mit giftiger Lange. Da waren die Ulanen heran. Toska rührte sich nicht von der Stelle. Zn ihrem langherabsliefienden Gewände stand sie wie versteint. Mit den großen jammerstarrcn Augen einer Niobe. Ein Wink von Otto. Ein kurzer Befehl: „Tragt den Herrn General hinein in das Haus. Madame wird mit euch gehen, um euch anzuwcisen, wo ihr ihn hinbetten sollt" Die Bahre schwankte an Toska vorüber. Gespenstisch tanzte das üb r Plülivp von Eures schmales, vom Tode gezeichnetes Ge. sicht. Ta bebte ein Schluchzen durch ihren Kör- ver. Es war, als wolle sie sich mit herzbrechen dem Schrei über den heißgeliebten Barer stür- zen. Aber im nächsten Augenblick stand sie auf rechter als zuvor. „Geht voran, Leute. Tas Haus ist offen!" sagte sie, indem sie sich mit fast übermensch licher Anstrengung Gewalt antat, aber mit einer Stimme, die er nicht kannte, nm die cs ivic ein rauher Schleier lag. „Ich folge sofort. Ich möchte von Herrn von Jäger nur noch eine Erklärung erbitten — — —" Tie Ulanen schritten weiter auf das Land haus ZU. „Und welche?" fragte Otto brüsk. Einen Augenblick noch schwieg das unglück liche Weib. . Wie mit sich ringend. Wie nach Worten suchend. Dann quoll es hervor: „Wie kommt es, daß du — gerade du, meinen Va ter --?" Er lachte gellend. „Tie Geschichte ist einsach, Madame. Ganz einfach. Ohne alle romantische Nebenumstände." Mit der grausamen Wollust einer Tigerkatze, die ihr sicheres Opfer umlauert, lag sein Auge auf ihr. Tabei sog er förmlich ihre mondumflossene Schönheit in sich hinein — zu seiner brennenden Qual. „Napoleon ist geschlagen. Wir verfolgten sein Heer. Tie brandenburgischen Ulanen an der Spitze. In Genappe trafen wir aus die Bagage des flüchtenden Imperators. In seinem Rcise-- wagcn fand ich — sand ich Herrn von Eure." Toska stand noch immer wie angewurzelt am Tore. Ihre Hände rangen sich ineinander. Ihre Angen, ihr todbleiches Gesicht waren mit einem ganz unbeschreiblichen Ausdruck zu Otto empor gewandt. „Und — du — du — brachtest ihn mir?" Ta schoß Otto altes Blut zu Kopf. Als fühle er sich bei schwerem Unrecht ertappt. „Herr von Eure verlangte nach Hause! Um in den Armen seines Kindes zu sterben!" Er schrie sie geradezu an, ivie einer, der schon scbuld- überführt, sich um alles in der Welt noch rein waschen will. Sie hörte nicht diesen seltsamen Klang in seinen Worten. Sie blickte nur unentwegt zu ihm auf mit jenem unbeschreiblichen, halb starr ungläubigen, halb jubelnd-glückseligen Ausdruck in den Zügen. „Du — du — hast das getan?" „Ja, ich! Leider ich!" äffte er voll Hohn. Wie tötende Geschosse trafen sie die Worte. Tabei war er selber wie in Schweiß gebadet. „Ich! Und nicht der Graf Tuboit. Aber der war nun einmal leider nicht zur Stelle!" Er riß sein Pferd herum und sprengte davon. Tas Mondlicht verblaßte im Archer. Die junge Morgenröte glomm herauf. Wie mit blühenden Rosen war der Morgenhimmel über schüttet. Etwas abseits der großen Straße erblickte man zwei Reiter neben ihren todmüden Pfer den. Ganz allein in der weiten Flur. Bei der nnlden Jagd durch Dörfer und Felder waren sie wohl den Ihren zu weit vorangeeilt und etwas von ihnen abgekommcn. t Ter eine von ihnen, ein lwgercr, blonder Unteroffizier der Freiwilligen Jäger, lag ausge streckt, die bleichen Lider geschlossen, am Boden. Es war, als sei er vom Pferde gestürzt. Ter andere, ein Ulanenoffizier, beugte sich mit dem Ausdrucke Heller Herzensangst über ihn und hatte ihm die grüne Uniform auf? Ta schien es, als ob das Rosenrot des Himmels sich auf dem Antlitz des Unteroffiziers widerspiegelte. Tie bleichen Wangen überzog ein feines Rot. Er schlug die Augen auf. „Erdmuthc! Erdmuthe!" jubelte der Offi zier. Ein wundersam, tiesglückseliges Frauen, lächeln ging wie eine Morgcnsonnc auf dem stillen Antlitz aus. „Ulrich!" Tic Augen schlosst sich wieder. „Erdmuthe hast du dich beim Fallen ver- ' letzt? Hast du Schmerzen?" „Nicht die leisesten." „Fühlst du dich wohl!" Ta öffnete der Unteroffizier Schneider wie der die Augen. „Unbeschreiblich wohl! Und so glücklich! Ss wunschlos glücklich!" Ulrich Erlen war neben ihr hingekniet. „Mein Weib! Mein liebes einziges Weib!" quoll es aus seiner Brust herauf. Er nahm ihr Haupt m seinen Arm und bedeckte ihre Lippen mit einem heißen, langentbehrren Kuß. „Ach! So glücklich!" wiederholte sie flü- sternd, sich weltvergessend in seine Arme schmie gend. „Fast zu viel des Glückes Diese herr liche Schlacht geschlagen, Napoleon vernichtet — unser Vaterland frei — und du lebst! Du lebst!" „Und auch du, Erdmuthe — auch du bist mir geblieben!" Er umschließt mit seinen bet- den Händen ihre Rechte wie in gemeinsamem Ge- bet. „O Gott! Wie dank ich dir!" Sein Blick sucht den Himmel. Tann schließt er ihr die Lippen noch einmal mit seligem Kuß. Eine Lerche steigt jubelnd zum blauen Aelher empor Sie singt ein Lied des Tankes, ein Lied der Liebe — nach allen Todessctmuern ein Lied quell tiefen, yimmelchochjauchzenden Lebens. r lFortsetzim- in der Llxndau^abe.)
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