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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.09.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140907026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914090702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914090702
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-09
- Tag 1914-09-07
-
Monat
1914-09
-
Jahr
1914
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-lbea- - Ausgabe kür Lei»»«, UN» v»r»rt» »ur» unser, LrSarr VuIU » - UN» Speötteur« LmaltüsUch tn» tzou« gedrachtr monatlich i rr M., vlrrtryührUck» 3.73 M. Set »er SetchäftageU«, unsern Ziltateu un» stusgabesteUen adgehait: monatlich >M.,»t»rt»liährltch»M. durch »l« poftr tnnrrhatd veutschlan», un» »er »eusschen Rolouteu «ouatlich 1^» M., vierteliührUch ».»» M.. auoschlteßllch postdegeUaet». da» Leipziger Lagedlatt erschein» Werktag» rmai,S»nn»u.Zetrrtag»tmal. S« Leipzig, »en Nachbarorten un» »en Orten mit eigenen Ziliolrn wir» st» Nbrn»ou«gad» noch am tzdrn» Seo erscheinen» in» Yau, geliesert. »,rltn»rN»SaM»u:Sa»»nZ,lteni7,;rrnspre»»flnschluS: Sans« Nr.»»7. /irrrtsblackt des Rates und des poUreüuntes der Stadt Lcwzrg Ne»aktiou ou» Sisch«st»st»ll»r )»hanni»gaff, Nr.». » Zerusprech.AuschluS Nr. 1»d»r, >»»43 un» >4»»4. ISS. Jahrgang ÄNLsknsrrnr'skf»» kür r»s»rat, au» Leipzig an» Umgebung »«, » Ispaltig»p»tit,etl,rrps..»I,Neklameeetl,lM.. von au»wärt» 3» ps., Neklamen l.ro m., Klein, sinzeigen »lepetit,eil» nur ropf.b.wteberbol.Nad., Inserat, von S«i>0r»«n im amtltchenLeil »i« Petit, zetl, 3» ps. Seschäftoanzetgen mit piaftoorfcbrtst im Preis, erhöbt. Nabatt nach ilarts. veilagea r Sesamtausl. S M. üa. Lausen» au.schl. poligebühr. Kn,eig»n,s»uaahme: 1»t>aant»,oN»«. bet sämtlieben rtltalea »«» L«tp,«,«» ilagedlatte» un» ollen stnnoncen-Expebitionen »e» Ja» un» Ku«laa»e». S«schSst»ft»ll, sllr Serlin u. »t, pr. Sran»«ndurn: direkttonwalte, Zliegei, Serita S.l», dr,<»,n»retra>ie47. ZernspreO-sinschiuZ: Moribplah l»3r> Nr. 455. Monttlg, »en 7. Srplrmder. 1914. Fürst Bülow über -io Lage. Wer will unter die Soldaten? — Der Reichskanzler an die amerikanische presse. — Kriegsbilder aus dem Osten. — Meuterei in einer Marseiller Kaserne. — Der Verkehr Paris — London gesperrt. — )m Lager der verbündeten Gefangenen in Königsbrück. Zürst Sülow über Sie Lage. Fürst Bülow hat den Herausgeber der Zeit schrift „Norden" im Hotel Adlon in Berlin empfangen und sich mit ihm über die allgemeine Lage unterhalten. Wir entnehmen dem sehr um fänglichen Bericht über diese Unterredung folgende Stellen: „Wir werden oben bleiben. Mit uns ist der Geist unserer Väter, der Geist von Schiller und Kant, von Schleiermacher und Fichte. Er geht unsern Heeren voran, er weist uns die Wege. Wenn Goethe wieder unter uns weilre, er würde lächelnd und be friedigt manches zurücknehmen, was er über deutsche Untugenden gejagt und geklagt hat. Wenn Bismarck und Richard Wagner wieder amstündcn, sie würden zufrieden sein mit ihrem Volk. Mit uns ficht aber nicht nur der Geist der deutschen Vergangenheit, wir fechlen nicht allein für das geistige Erbe unserer Väter, wir kämpfen auch für die europäische Kultur, ihren Fortbestand und ihre Zukunst. Unser Sieg sichert Gerechtigkeit und Ordnung, Wohlstand und Bildung für Europa und für die Welt. Wenn wir russi - lcher Herrschsucht, englischer Schel jucht, französischer Rachsucht erlägen, müsste der Genius Europas sein Haupt verhüllen. Napoleon hat auf St. Helena gesagt, die Welt werde in 10!) Jahren kosakisch oder republikanisch sein, lieber die Vorzüge dieser oder jener Regierungsform wollen wir uns jetzt nicht den Kopf zerbrechen. Ich persönlich glaube felsenfest an die Ueber- legenheit und Dauerhaftigkeit vernünftiger monarchischer Institutionen für unser deutsches Volk. Das aber steht fest, der Ausgang dieses Krieges wird darüber entscheiden, ob deutscher Geist und deutsche Kultur belebend und befruchtend auf die Welt wirken werden oder ob diese der Barba rei, Verderbtheit und Verknechtung zum Opser fallen soll. Und darum werden wir das Schwert nicht aus der Hand legen, bis wir unser Land gegen die Wiederkehr eines so ruchlosen Ueberfalles gründlich und für lange hinaus gesichert und dis wir in Europa einen Zustand hergestellr haben, der die Mögtichkcir frieolichen und ruhigen Nebeneinander lebens der Böcker im Interesse der Förderung ihrer materlellcn und geistigen Wohlfahrt wirklich ge währleistet. Fürst Bülow trat an das Fenster, aus dem man auf den Pariser Platz sieht: „Sehen Sie", auszerte er, „ich möchte nicht, dast Sie es für Ruhm redigkeit hielten oder für den Ausdruck ein- leitiger Beurteilung, wenn ich sage, wie grost steht gegenüber seinen Feinden jetzt das deutsche Volk da! Sehen Sie, wie die deut schen Heere im Westen und Osten alles vor sich niedcrwersen. wie sie aunnarschicrt sind, wie in diestm Millionenhecr jeder den ihm angewiesenen Platz ausfüllt, jeder freudig seine Pflicht erfüllt, sehen Sie, mit welcher Sicherheit und Pünktlichkeit Tausende von Eisenbahnzügen von früh bis spät die Truppen nach dem Westen und Osten befördern, wie die Vecwaltunosmaichine ohne Störung noch Siocken weiterarbeiter, sehen Sie das ruhige friedliche Bild, das die Millionenstadt Berlin auch heute noch bietet, sehen Sie (der Fürst wies aus dem Fenster nach dem Tiergartens wie der Rasen dort im Tiergarten heute ebenso gepflegt ist wie in tiefster Friedenszeit, wie die Rosen im Rosengarten an der Charlottenburger Chaussee blühen und prangen wie immer, sehen Sie die ruhige, gesittete, im wahren Sinne vornehme Haltung dieses Volkes, wo jeder seine Schuldigkeit lut, ohne Prahlerei noch wüsten Lärm, wo Sie kein hässtiches Geschrei auf den Strafzeit hören, sondern nur, wenn wieder eine Siegcsnachricbt eingetroffen ist, eines unserer schönen nationalen Lieder, schauen Sie auf das Bild, das in diesem Augenblick nicht nur die Reichshauptstadt sondern ganz Deutschland bietet, und ich dan wohl sagen: Sie blicken aus ein großes Volk. Fürst Bülow kehrte zum Schreibtisch zurück, vor dem wir gesessen hakten, und wies auf ein vor ihm liegendes Wiener Blatt: „Nicht nur in Deutschland hat der Krieg erhebend gewirkt, auch über Oesterreich-Ungarn ist er wie ern rei nigendes Gewitter hingegangen. Alle Völker der alten Donaumonarchie, die nach einem bekannten Wort erfunden werden müsste, wenn sie nicht existierte, Haden das gleiche Interesse an dem Fortbestand des Habsburgischen Reichs „Und Italien?" war meine weitere Frage an den Fürsten. „Ich glaube", erwiderte der Fürst, „dass das italienilche Volk den schwersten Fehler seiner Geschichte beoehen würde, wenn es sich durch englische, französische und rustische Ein- flüsterungen und Hetzereien verleiten liefie, eine fein dl ich e Hal tun g gegen üb erOester- reich-Ungarn einzunehmen Ich weiss wohl, was zwischen Italien und Oesterreich steht: Die Er innerung an langjährige und erbitterte Kämpfe, die lebhafte Teilnahme des italienischen Volkes an dem Ergehen seiner Stammesgenossen in Oesterreich. . . . Aber der Kern der Sache ist, daß ebenso sehr wie das Schicksal Oesterreichs die Zukunft Italiens von dem Siege unserer Waffen abhängt. Zwischen dem Werdegang und den Lebensbedingungen des italie- nischen Volks und unserer deutschen Entwickelung be steht eine Gleichartigkeit, die nicht nur äußerlicher Natur ist " „Und wie steht es mit Skandinavien?" — „Ich will Sie nicht daran erinnern, wie warme Sympathien in Deutschland für Skandinavien immer bestanden haben, an die Aufnahme, die der Genius skandinavischer Dichter, eines Ibsen, eines Björnson, eines Strindberg, auf deutschen Bühnen und im deutschen Volke gefunden haben, an die vielen Deutschen, die Ihr Land besuchten und Liebe zu Ihrem Lande von dort mitgenommen haben, an die vielen Beweise von Liebe und Verständnis, die unser Kaiser Ihrem Volk gegeben hat. Ich frage Sie nur das eine: „Welche Gefahr sollt« Norwegen, sollte irgend einem skandinavischen Land, sollte irgend einem unserer friedlichen Nachbarn von Deutschland drohen? Wir denken natürlich auch heute nicht daran, die Sicherheit und Unabhängigkeit derjenigen Länder zu bedrohen, die in Frieden und Freundschaft mit uns leben wollen. Die Schweiz und die Niederlande, Schweden, Nor wegen, Dänemark, sie alle wissen, daß wir nichts Böses gegen sie im Schilde führen. Brauche ich Sie an die sorgsame Pflege unserer Be ziehungen zu den Vereinigten Staaten zu erinnern, zu dem amerikanischen Volk, für dessen große Leiten unser Kaiser ein so richtiges Ver ständnis besitzt? Wenn heute Millionen deutscher Soldaten im Felde stehen, so kämpfen sie für die Sache des künftigen Friedens, der Zukunft und der Freiheit der Völler. Wofür kämpft Frankreich? Für die Stillung seines Rachedurstes, dessen Besriedigung nur möglich wäre, wenn das deutsche Schwert am Boden läge, wovor uns Gott in Gnaden be wahren wird. Wofür Rußland? Für die panslawistischen Ziele, für eine russische Weltherrschaft, die ein Greuel sein würde, wenn sie nicht eine Utopie wäre. Die Geschichte wird sagen, daß der tapfere Generaloberst von Hindenburg, als er die Rusten bei Tannenberg aufs Haupt schlug, sich ein ebenso großes Verdienst um die europäische Zivilisation er» warb wie in alten Tagen Herzog Heinrich von Liegnitz, als er sich den Mongolenhorden entgegenstellte. Und England? Der bisherige Minister John Burns, der lieber zurücktrat, als daß er die Ereysche Politik mitmachte, hat es offen ausgesprochen: Aus brutalem Konkurrenzneid ist es uns in den Rücken gefallen. Es hat uns das irreoeführie und töricht geleitete Belgien zu dessen eigenem Unglück ent- gegengemorfen, hat uns Japan auf den Hals ge hetzt, das seinem deutschen Lehrmeister so viel ver dankt und diesen Dank jetzt dadurch abstattet, daß es unser aufblühendes Tsingtau heimtückisch überfällt. Das war ein Hochverrat an der weißen Rass e. Es wird viel Wasser die deutschen Ströme herabfließen, bis der Deu.sche das England vergißt, dessen Freundschaft von uns, und in erster Linie van unserem Kaiser so beharrlich, so ehrlich gesucht wurde, mit dem wir so gut in Frieden und Freundschaft Hütten leben können, wenn England uns nur den Platz an der Sonne gegönnt hätte, auf den das deutsche Volk ein Recht hat, den es sich, und wenn die Welt voll Teufel wäre, nicht nehmen lasten wird. Es wird sich am deutschen Volk das Wort des Psalmisten erfüllen, das der greise Oberhosprediger Dryander bei dem Kriegsgottesdienst im Dom seiner Predigt zugrunde legte: „Ich werde nicht sterben, sondern leben " lver will unter <tie Senaten? trug land braucht Soldaten. Die Ein. führung der allgemeinen Dienstpflicht wurde zwar seit zwei Jahrzehnten und länger immer wieder von den militärischen Fachleuten ge. fordert, unzählige Pläne wurden zu Papier gc. bracht, aber cs liegt nun einmal im Volke eine starke Abneigung gegen jeden militärischen Zwang, die nicht zu überwinden war. Mit dem alten Wcrbesystcm und der Miliz, die, zur Lan desverteidigung bestimmt, nur theoretisch die Wehrpflicht bis zu einem gewissen Grade durch, führt, glaubte inan auskommen zu können. Der dienende Soldat blieb ein notwendiges Uebel. So schlecht die Erfahrungen waren, die man mit dem Heere im Burenkriege machte — zu einer grundlegenden Neuerung kam es nicht. Es mußte, tröstete man sich, auch s o gehen. Nun ist England durch seine eigene Schuld in einen Krrcg geraten, wie es noch keinen erlebte. Soldaten her! Das ist jetzt der Ruf, der durch ganz England geht. Das verbündete Frankreich verlangt Hilfe. Die erste Sendung war ein vergebliches Opfer. Die Schlacht von St. Quentin hat die Aussicht auf einen rühm, kichen Anteil der englischen Hilfstruppe ver. nichtet. Wie nun den weiteren Verpflichtungen nachkommen? Und selbst wenn man Frankreich ant worten könnte: Der gute Wille war da, mehr zu leisten ist unmöglich, so muß inan dennoch Soldaten schaffen, weil heute mehr als je die Furcht vor einem Angriff im eigenen Lande die Gemüter bewegt. Daher der Ruf: Zu den Waffen! Daher die verlockenden Anpreisungen des Heeresdienstes in den Blättern. (Neun Schil- ling in der Woche!) Mau predigt Äriegsbegeiste- rung. Sie soll aus dem Volke kommen; sre soll Wunder tun. Aber es steht schlecht damit. Schon die Art, wie man diese neuen Truppen zusammenbringt, läßt darauf schließen, das; Keicgcbegeistcrung und Kampfesmut nicht zu den Tnebjedern gehören, die die Mehrzahl der Leute um das Banner des Bereinigten Königreichs scharten. Schon die Einsetzung eines parlamentarischen Rekrutic- rungsausschusses, an dem alle Parteien teil- nehmen, ist ein Anzeichen der Lauheit, auf die der amtliche Aufruf, sich in das Heer cinrcihen zu lassen, gestoßen ist. Daß Kriegsminister Lord Kitchener solche Aufrufe täglich verfaßt und darin den Arbeitern die Meldung zum Heeres- dienst fast beschwörend nut Wendungen wie: das Vaterland brauche jeden Mann, niemand dürfe sich zurückhalten — nahclegt, spricht gleichfalls für die Abneigung, Kriegsdienste zu nehmen. Immerhin bedeuten die Aufrufe des Kriegs ministers und die Einsetzung eines parlamentari schen Rekruticrungsansschusscs ernsthafte Maß nahmen, um dem Truppcnmangel abzuhelfcn. Ins Komische aber fallen die englischen Blätter, die die weibliche Jugend Großbritanniens auf fordern, sie sollte von ihren Bräutigamen den Eintritt ins Heer verlangen! Solche Komik er- scheint indessen ungleich sympathischer als der moralische Zwang, den Londoner Ge schäftsinhaber zugunsten des „freiwilligen" Ein tritts in das Heer ausübcn, wenn sie ihre An gestellten vor die Wahl stellen, entweder ent lassen zu werden oder sich für den Kriegsdienst zu melden! Wo solche Mittel angewandt werden müssen, da kann für die Masse des Volkes von Kriegs, begcisterung und Kampfesinnt unmöglich di" Rede sein. Die Versimcrnng des Premierministers Asquith in einer Guildball-Rede, Kitcheners Aufruf habe schon die Einstellung von nahezu ZOO 000 Mann ergeben, ist unter solchen Um. ständen fragwürdig. Der Glaubwürdigkeit die. ser Angabe kommt cs auch nicht zustatten, daß ihr eine Anzahl faustdicker Lugen vorang. schickt wurde. Hat doch der Premierminister in dem offenbaren Bestreben, hinter Sir Edward Grey nicht zurückzustchen, den frechen Schwindel ver. breitet, daß die Verletzung der belgischen Neu. tralität durch Deutschland der erste Schritt einer wohlerwogenen Politik gewesen sei, deren Ziel die Vernichtung der Uuabh ingigkeil zunächst Bel. giens, dann Hollands, schließlich der Schweiz sei. Es paßt zu diesen Verdächtigungen, wenn Asquith die unerläßliche Besinnung der Stadt Löwen als Ausfluß eines blind-barbarischen Zorns bezeichnet. Wäre jedoch Asquiths Angabe über das Ergebnis der englischen Rekrutierung auch nur annähernd richtig, dann Wierde die eng lische Stimmungsmache betreffs der angeblichen Kricgsbegeistcrung englischer Kolonien unvcr- stündlich sein. Diese Stimmungsmache beschränkt sich nicht au> Kanadier und Australier, sondern schildert auch die Basulo Rhodesias als vor Verlangen brennend, den Briten gegen Deutsck). land beizustehen? Ein Heer, das ans solche Weise zusammengetrommelt wird, kann unmöglich die Hoffnungen Englands erfüllen. vom österreichischen Kriegsschauplätze Von unserem nach dem österreichischen Kriegs schauplatz entsandten Kriegsberichterstatter er halten wir folgende, vom Kriegspreßquartier ge nehmigte Telegramme: I. Warum Lemberg geräumt wurde. Oesterreichisches Kriegspreßquartier, 5. September. Heute sind beim Oberkommando keinerlei Nach richten über Kämpfe in Lstgalizien eingelausen. Aus dem nördlichen Operationsgebiet wird bei Lublin gekämpft. Dagegen trat gestern beim Zentrum um Lemberg ein Stillstand der Kämpfe ein. Das ist das beste Zeichen dafür, daß einerseits die Rücknahme unserer Truppen sich planmäßig und in vollster Ordnung vollzogen hat, und anderseits der Feind viel zu er schöpft ist, um uns zu folgen. Die aus höheren taktischen Rücksichten erfolgte Räumung Lembergs zwingt daher zu ruhiger Betrachtung der Eesamtlage. Es waren für das Aufgeben Lembergs militärische Rücksichten maßgebend, hinter den«« ,n diesem Falle andere Wünsche zurücktreten mußten. Nach meinen privaten Informationen ist die Stimmung sehr zuversichtlich, da die Räumung Lem berg» die Operationen so gestaltet, daß sie hoffent lich zu endlichem Siege führen werden. II. Keine größeren Operationen in Ostgalizien. Oesterreichisches Kriegspreßquartier, K. September. Vom großen Operationsgebiet liegt heute nichts Neues vor. Zwischen den beiderseitigen Aufklärungs truppen nnd Vorposten finden nur kleine Zusammen stöße statt. Für die nächsten Tage sind meiner Mei nung nach keine großen Ereignisse zu erwarten. Ernst Klein, Kriegsberichterstatter. Kriegsbilder aus Sem Osten. i. Unsere Landwehr im Osten. Aus dem Hauptquartier im Osten, 2. Srpt. Sie ist die Nacht durch marschiert, liegt im Schutz»ngcaben und jchicßt, zielt ruhig, läßt die Kugel nicht fliegen, bevor der Rufs, nämlich der eine, ganz bestimmte Kerl da vorn genau vor dem Visier sitzt. Der Landweyrmann hat die nötige Ruhe. Er weiß, es kommt nicht darauf an, daß es knallt, sondern daß es trifst. Ucberhaupt der Landwehrmann, von dem ich red«! Er ist schon die paar Sprünge vor wärts und schießt uneder. Aber die drüben schießen auch, und so kommt es. oaß dem Landwchrmann plötzlich zwei Finger der rechten Hand weggerissen werden: der Zeigefinger und der Mittelfinger. Der Landwehrmann schießt weiter. Ein paarmal hat der Leutnant, der neben ihm in der Schützenlinie liegt — auch mit der Flinte im Arm —, schon herüber geschielt. Endlich ruft er: „Mensch geh n Sie doch zurück und lasten Sie sich verbinden". Darauf der Landwehrmann: „Nee, Herr Leutnant, zurück bat dohn wir nich". Ladet, zielt und zieht mit dem Ringfinger den Abzug durch. Anderntags um vier geht das Knallen wieder los. Der Leutnant — ebenfalls Landwehr — liegt mit seiner Knarre in der Schützenlinie, oder vielmehr er ficht hinter einem Baum. Denn sie rücken hinter einer Kosaken abteilung im Walde her. Die Entfernung beträgt kaum 100 Meter. Der Leutnant hat es auf drei Kosaken abgesehen, dort hinter den Kiefern, zielt sorgfältig, holt einen herunter, dann noch einen. Den dritten packt die Wut, daß er ebenfalls sorgfältig zielt und den Leutnant in die rechte Backe trifft, die hinter dem Stamm hervorsieht. Die Kugel dringt vor dem Backenknochen ein und fährt hinten aus dem Halse — denn der Leutnant hat beim Zielen den Kopk oorgestrcckt — wieder hinaus. Er blutet fürchterlicb. Es ist die Schlagader, denkt der Leut nant. Schade, so früh am Morgen. Reißt aber doch ein Verbandpäckchen aus der Tasche und läßt sich von seinem Nebenmann verbinden, wobei er auf das Umfallen wartet. Füllt aber nicht um. Fühlt sich überhaupt gar nicht so übel nach dieser Maulschelle, zieht die Flinte wieder hoch und schießt. Der Tausend, cs geht ja ausgezeichnet! Und so drückt er hinter den Kosaken her und kommt mit Linientruppen ins Ge fecht, kommt aufs freie Feld hinaus. Sieht die Sonne hochgehcn und sinken. Abends um neun geht es auf den Verbandplatz. Jetzt sitzt er mit ver bundenem Kopf in Osterode, schwärmt von seiner Landwehr und schimpft auf das faule Leben. Aber nicht lange mehr. In zwei, spätestens in drei Tagen liegt er wieder in der Schützenlinie. Der Mann ist Oberlehrer. Machts ihm nach, ihr Jungens. Und
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