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Dresdner Nachrichten : 12.06.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-06-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-193206126
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19320612
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19320612
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-06
- Tag 1932-06-12
-
Monat
1932-06
-
Jahr
1932
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 12.06.1932
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' Ar. 27Z Selke 4 Sertliches und Sächsisches Der Las erwacht In tiefem Schlaf liegt Dresden. Die Turmuhren ver- künden, daß es 2 Uhr ist. Heil und klar tönen die Schläge durch die kühle Inninacht, die einen leichten, dunklen Mantel nm die ruhende Großstadt geschlungen l>at. Wie eine Perlenschnur ziehen sich die mattleuchtenden Laternen der Bergstraße dahin, um sich dann im jähen An- stieg in der Dunkelheit zu verliere». Eine Fernsprechzelle wartet in strahlender Helle der Kunden, und drüben am Bauplatz malt eine rvte Petrvleumlainpe bunte Vierecke auf das rvhe Holz des Bretterzaunes. BoNkvmmen windstill ist die Stacht. In dicken, schweren Dolden häuaen die Blüten des Holunders über die Zäune: cs riecht nach sriscbaemähtem Heu, und am Volkspark rauscht und aluckst, weithin vernehmbar, ein Wasser. Aus dem Wege aber zur BiSmarcksäle tummeln sich wilde Kaninchen nach Herzenslust. Da unten liegt Dresden. In der klaren, durchsichtigen Stacht flimmern und glitzern seine Lichter mit den Sternen am Firmament um die Wette. Hoch über dem Häusermeer die erleuchteten Zifferblätter des Rathauses. Unzählige kleine senrige Punkte flankieren ihn zu beiden Seiten, bald einzeln, bald in dichtem Gewimmel, sie sinden sich in der Lößnitz und in Loschwitz zu langer Kette zu sammen. Inmitten der Stadt aber, das Ange anziehend, liegt ivie ein strahlender 'Rubin das rote Stevnlicht eines Transparentes. Feierlich ruhig ist cS. Bon weit her tönt das Nattern -eS dahinbrausenden EisenbahnzugeS, sein Pfiff durch schneidet die Morgenstille, und lange und unbeweglich hängt eine weihe, quellende Nanchsahne in der Lust. Die Lichter der schlafenden Stadt verlöschen, einzeln, schlagartig, nacheinander. Schärier und immer deutlicher schälen sich die Umrisse der Türme und Schornsteine Dresdens heraus. Im Osten, über der Hügelkette, hängt ein rosa leuchtender Wolkenstreifen in unsagbar seinem und zartem Farbentvn. lind dann glüht es auf in sattem, tiefem Not, und rasch und siegbringend schiebt sich die Fenerscheibe der Sonne heraus, einen neuen, prächtigen Iunitag verkündend. Noch schläft Dresden, und ein feiner, hauchdünner weiher Schleier liegt nm seine Schultern. Aber über seinen Ka minen steigt schon hässlicher, dunkler Nanch «aus, noch kurze Zeit, und der Niese Großstadt wird dröhnend einher schreiten. U. b'. Die Stimmlisten für -ie Retchstagswahl Der NcichSinnenminister veröffentlicht eine Verordnung, nach der die Stimmlisten und Stimmkarteien für die am 81. Juli stattsindeude NeichotagSivahl vom 10. bis 17. Iuli auözulegcu sind. — Der neue Präsident der Brandversicherungskammer. Bekanntlich tritt der bisherige Präsident der Sächsischen BrandversichernngSanstalt Dr. Lotze wegen Erreichung der Altersgrenze am 1. Juli in den Ruhestand. Wie die Sächsisch- Böhmische Korrespondenz von unterrichteter Seite erfährt, Ulanka und Cerevis Es verdrehte der Früksabrssonnenschein Den Modedamen die Röpfe. Sie wollten einmal Soldaten sein, Trugen Schnüre und silberne RnSpfe. Doch kaum hatte man sich'» angeschaut, Dies weibliche Militär, Da war'» schon wieder abgeflaut. IVas andres musite her. Man stülpte sich hinten schief über» 2>kr Ein Hütchen, rin Räppchen — wie süß! Und mimte ein sorschcs Studcntlein vor Mit -em schneidigen Tcrevis. Zum Ewigmännlichen bekennt Man wieder sich einmal. Es wird Soldat, es wird Student Zum Mode-Ideal l Luginsland kn den „Dresdner Nachrichten" Bewag und Nachdruck nur mit vieler Quellenangabe gestattet. ' — „Dresdner Nachrichten" — hat die Regierung in Aussicht genommen, den bisherigen Krelshauptmann von Bautzen, Dr. Waentig, zum Nach folger Dr. LotzeS zu ernennen. Er habe sich bereits damit einverstanden erklärt. — Nach einer Mitteilung der Nach richtenstelle der StaatSkanzlei ist eine Entscheidung noch nicht getroffen. — Pfarrerjnbilttum. Pfarrer Lut Hardt konnte am st. Juni sein 25 jährigeS A m t S j u b i l« n m feiern. Er hat in Niesa, Avernau i. E. und in Niederau Pfarrämter bekleidet und amtiert seit 1026 beim Stadtveretn slir Innere Mission in Dresden. Auf diesem groben Arbeitsgebiet hatte er als erste Ausgabe die Neuorganisation des WvhlfahrtSdiensteS durchzustthren. Weiter fiel in seine Amtszeit die Uebernahme der Arbeit des Magdalenen- Hilssvereins in den Bereich der Stadtmission. In der un geheuren Notzeit ist das Amt eines Geistlichen, zumal bet der Stadtmission, ein sehr verantwortungsreiches und schweres. Pfarrer Luthardt wurde schon am frühen Morgen durch den Pvsauncnchvr ein Ständchen gebracht. In den Morgenstunden wurden ihm Glückwünsche von den ver schiedensten Seiten dargcbracht, darunter von Superinten dent Ficker. Am Abend sand eine kleine Feier im Kreis der Mitarbeiter statt, bei der der Vorsitzende des Stadt- vereinS, v. Gras Vitzthum v. Eckstädt, Pfarrer LuthardtS Tätigkeit würdigte nud ihm den Dank und die Segens wünsche des Vorstandes zum Ausdruck brachte. — Verbote linkSradtkaler Blätter. Wie das Presseamt des Polizeipräsidiums Dresden mitteilt, ist die in Dresden erscheinende, von der Freien Arbeiter-Union DentschlandS lAnarcho-Snndikalistens heranSgcgebenc Zeitung „Der Arbeitslose" ans die Dauer von drei Monaten verboten worden. Die VcrbvtSversügung stützt sich aus 8 2, Absatz 2, Ziffer 2, und Absatz 8 der Zweiten Notverordnung des Reichspräsidenten zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 10. August 1081 sGefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung!. Die gleiche Maßnahme ist kurze Zeit vorher gegen das ebenfalls in Dresden erscheinende Organ des Spartakusbundes „2 partakn s" aus Grund des Republik- schutzgesctzeS vom Polizeipräsidium Dresden verfügt worden. — Die Bezirks, und Ortsgruppe Dresden des Stahl helm-Frauenbundes hielt, alljährlichem Brauche folgend, ihr Lommerfcst im Knrhanü Vlasewitz ab. Bunte Wimpel» und Fahnenkcttcn durchzogen den Garten. Was Kamerad schaftsgeist und Opsersinn zusammengetragen hatte, wurde aufgebant zur Verlosung, daneben lockte ein Glücks rad zum eifrigen Drehen, in einer Schießbude sollte Treffsicherheit gezeigt werden. Die S t a h l h c l m k a p e l l e eröffnete mit kräftigen alten Märschen das Fest. Bald fanden sich auch unsere Kleinsten zum lustigen Spiel zu sammen und zogen mit niedlichen Preisen beglückt zu Ihren Angehörigen zurück. Ein frohes, kameradschastlicheS Leben durchflutete den Garten, bis ein plötzlich stark einsetzcndcr Regen alles in das Hauö trieb. Kinder und Jugend tanzten in sroher Abwechslung, bis die Kinder das Feld räumten, es der Jugend allein überlassend zu fröhlichem Tanz nach den Weisen der bewährten Ltahlhelmkapelle. — „Zerreibt die Tributverpslichtungen!" Ans Einladung -es D e u t s ch n a t i v n a l c n Handlungsgehilfen- 2< erbau des, Zweigverein Neustadt, spricht am Dienstag 20 llhr im 'Ballhaus, Bantzner Straße, der national sozialistische Landtagsabgeordnete Erich Kunz, Zwickau, über die in diesen Tagen stattsindenden Lausanner Ne- parationskvnsercnz. Eintritt frei. Das ReichSbunteSorchvster Dressen in -er Ausstellung Anläßlich der LandeSverbandStagung des Freistaates Sachsen konzertierte am Freitagnachmittag und -abend das Reichsbundesorchester Dresden der ehemaligen Mili- tärmnsiker Deutschlands unter dem Letter M. Hartmann im AnSstellungögartc». Der sonnige Nach- mittag gab der leichten Beschwingtheit irischen Musizierens bei gutem Besuch die richtige Stimmung, die in lebhaftem Beifall besonders zu dem Zug der Frauen zum Münster, zur „Tell"-Ouvertüre und zu einer großen Schreincrschen Melodiensammlung „'Bon Gluck bis Wagner" Ausdruck sand. Auch ein Straußscher 'Walzer und ein paar schmissige Märsche wurden mit lebhafter Zustimmung ausgenommen. — Am Abend zog freundlich die lächelnde Sichel des Mondes über das KugelhauS, als sich am ersten schönen Abend nach garstiger Regenzeit der weite Garten mit einer recht zahl reichen Besucherschar füllte. Fühlung zwischen dem dar bietenden Orchester — etwa 160 Mann — war vom ersten Stück an da: sie steigerte sich rasch bei der „Obcron"- Ouvertüre und gewann ihren ersten Höhepunkt bei einer großen Fantasie ans -er „Eavalleria", die erfreulicherweise einmal nicht mit -em Intermezzo, sondern mit dem wirk lichen Schluß der Oper endete und ebenso, wie später die „Zweite Ungarische", besonders dem starken Holzbläser- Körper Gelegenheit gab, sich hervorzutnn. Ein Lied „Sei deutsch" von Karl Pretzsch wurde ebenso beifällig ausge nommen, wie einige Märsche, denen das Heer der Musiker Schneid und Fülle verlieh. — In der neuen Tanzdiele Sonntag. 12. Juni 1SZ2 ' „Mücke" war, wie allabendlich tauch bet schlechtem Wetters, munterer Betrieb. Später wurde auch noch im Saale getanzt. Aulo-tebesbanöe vor Gericht Mit umfangreichen Autobiebstählen, die von einer zehn- köpfigen Bande vom Sevtember 1081 bis zum April 103z in Dresden mit beispielloser Dreistigkeit auSgestthrt wur- den, beschäftigte sich am Freitag in einer bis in die Abend- stnnden dauernden Verhandln«» das Dresdner Gemeinsame Schöffengericht. Die gemeingefährliche Bande stahl insgesamt etwa KO Automobile «nd Motorräder, um sie zu Vergnügungsfahrten zu benutzen. Die Bande bildete immer mehr den Schrecken der Automobilisten, denn an keiner Stelle, selbst nicht in verschlossenen Garagen, waren die Wagen vor ihr sicher. In den verschiedensten Stadtgegenden, meist von Parkplätzen, fuhr die Bande, die unter Führung des am 22. März 1018 geborenen, Burk- hardtstraße in DrcSden-Iohannstadt wohnenden Auto schlossers Karl Georg Johannes Thomas stand, die «n- beaussichtigten Wagen fort. Meist wurden mit ihnen ausgedehnte Ausflüge unternommen, die nach Stolpen, Bischofswerda, Pirna, Sebnitz und sogar bis nach Leipzig führten, und bei denen die Mitglieder der Diebesbande, die sämtlich keinen Führerschein besaßen, nicht gerade pfleglich mit den Wagen umgingen, so daß häufig beträchtlicher Sachschaden entstand. Die Bande führte aber nicht nur Antodiebstählc aus, sondern stahl auch sonst, wenn sich gerade die Gelegenheit bot. Die gestohlenen Wagen wurden von der Bande stets herrenlos stehen ge l a s s c n und in zahlreichen Fällen vorher noch regelrecht auSgcpllindert. Wie sich ans der Verhandlung ergab, standen die An geklagten fast ausnahmslos in dem jugendlichen Alter von 18 bis 22 Jahren. Sie wohnten fast alle in DrcSdcn-Jv- hannstadt in der Nähe der Psvtenhaucrstraße und kannten sich seit längerer Zeit untereinander. Die gestohlenen Wagen, die einen Wert bis zu 18 000 Mark batten, wurden in der Siegel von dem Angeklagten Thomas oder einem bereits vom Jugendgericht abgenrteilten Mitglied der Diebesbande gesteuert. Bezeichnend für die Dreistig keit, mit der die Angeklagten vorgingcn, ist, daß zwei von ihnen zu der Gerichtsverhandlung gegen ihre Spießgesellen, zu der sic als Zeugen geladen waren, mit einem gestoh lenen Auto am Landgericht am Münchner Platz vor fuhren und sich nach der Verhandlung mit dem Wagen wieder entfernten. Mitunter stahlen die Angeklagten gleich zwei Wagen, nm alle unteracbracht zu sein. Wiederholt landeten die Angeklagten mit den Wagen in Straßengräben oder fuhren gegen Zäune und Mauern. In Gang gesetzt wurden die Wagen mit Anlasserschlttsseln, die sic bei jeder sich bietenden Gelegenheit stahlen. Den Wagen eines Arztes stahlen die Angeklagten im Verlauf von einem Monat zweimal. Die kostbarste 'Beute bildete ein ganz neuer hnndertpfer- diger Wagen, der später in arg beschädigtem Zustande ans- gcfnnden wurde. Unterwegs gaben die Angeklagten an Tankstellen im Wagen Vorgefundene Gegenstände in Zah lung, ober aber sic schritten zur Selbsthilfe und erbrachen die Tankantomaten. In Pirna entwendeten sie aus einer Garage in der Neuen Dresdner Straße, die sie erbrachen, außer einem Auto noch zwei Motorräder. Wagen, die sie nicht branchten, beschädigten sie mutwillig, zertrümmerten die Fenster oder zerschnitten die Verdecks, nm dann Mäntel, Brieftaschen und andere Gegenstände daraus zu stehlen. Sogar dann setzten einige der An geklagten ihre Diebstähle noch fort, als sich ein Teil der Bande schon hinter Schloß und Stiegel befand. Das Gericht verurteilte den Hauptangcklagten Tho mas, der allein in rund 80 Fällen beteiligt war, zu zwei Jahren Gefängnis, fünf Angeklagte zu Gefängnis strafen von vier Wochen bis zu zwei Monaten einer Woche Gefängnis und drei Angeklagte zu Geldstrafe» von zehn bis fünfzig Mark. Ein Angeklagter wurde freigesprochen. Goethe Ausstellung Dresden 1932 Goethes Leben un- Erscheinung Ausgangs- und Mittelpunkt der großen Dresdner Goethe-Ausstellung auf -er Brühlschen Terrasse ist natürlich die Person des Dichters. 'Betritt man die Ausstellung, so scheint sie zunächst eine Gemäldeschan zu sein: In allen Räumen umziehen Bilderreiheu die Wände, und der Haupt saal besonders macht -en festlichen Eindruck einer Ausstel lung deutscher Malerei um 1800. Wir haben schon in unserem Vorbcricht erklärt, daß hier ein ganz richtiger Grundgedanke gewaltet hat: vor allem Anschauung der Welt Goethes zu geben. Und zu dieser gehört die bildende Kunst als ein wesentliches und großes Stück seines Lebensinhaltes. Ebenso sind die zahlreichen Bildnisse und die Abbildungen der Gocthestätten das herrlichste Anschauungsmaterial zn jeder literarischen Beschäftigung mit Goethes Leben. Obwohl also die bildnerische Seite stark, vielleicht überwiegend betont ist, enthält die Ausstellung doch so viel Persönliches vom Leben und Werk Goethes selbst, daß man auch an unmittelbaren Zeugnissen seines irdischen Daseins eine Fülle findet und dadurch ganz nahe an ihn herangeführt wird. Der Katalog der Ausstellung ist vorzüglich durchgearbeitet: er wird als wissenschaftliches Hilfsmittel den 'Verwaltern aller Werte um Goethe nncntbchrltch wer den. Für den Betrachter der Ausstellung bildet er den über sichtlichsten belehrenden Führer, und da Uber die Gegen stände keine Kritik zu geben ist, wird cs von Wert sein, an seiner Hand den Geist des Ganzen nnd die Bedeutung deö einzelnen hier und da zu unterstreichen und aus be sonders fesselnde Dinge hinznweiscn. Von Goethes Leben und Werk ist aus den hier vorhandenen Zeugnissen ein fast lückenloses, wenn auch natürlich kein vollständiges Bild zu gewinnen. In der Abteilung „Bildnisse des Goethe- kreiseS" kommt, wie der Katalog betont, die ursprüngliche Absicht der ganzen Ausstellung, „zu vereinigen, was sich in Dresden und näherlicgcndem sächsischen Besitz an Goethe- denkwttrdigkeiten befindet", vielleicht am deutlichsten zur Geltung. Aus dem Besitz der Familien Gras Brühl ans SeiferSdorf, v. H c n g e n d o r s s, Fritsch auf Seehausen, Jacobi nnd vor allem aus dem Frommannschen HauSarchiv, da» sich im Besitz des Urenkels des Buch händler- Frommanu, Amtshauptmann Dr. Hermann Vogel, Nitter von FrommannShaiiscn, in Oschatz befindet, stammen die wertvollsten Sachen. Der kleine Raum ist ein Kabinett geistiger Größen. Am bedeutsamsten Platze hängt das große 'Bildnis Karl Ang n st s , das Hcinri ch Kolbe 1822 gemalt hat und das bis 1025 unbekannt und vergessen war und hier zuerst öffentlich gezeigt wird. Ein Stück repräsentativer Malerei und doch voll intimer Züge. Auch das von F. A. Ti s ch b e i n gemalte Bildnis Her ders von 1700 wird znm ersten Male gezeigt lFrommann- scher Familienbesitzi: cs gibt den Dichter und Denker in noch ungetrübter Lebcnosrische. Im Sctserödorscr Park hat die Büste der Herzog! n Amalie von Klauer als Eisenguß aus Lauchhammer gestanden: die Technik hat wohl Einfluß ans die scharfe Strenge des Ausdrucks gehabt. Gratis 'Bildnis des Ministers v. Fritsch stellt den an fänglichen Gegner Goethes im Geheimen Konscil zn Wei mar als großen Herrn des Rokoko und Kleinstaat Absolu tismus dar. Die Büsten, die F r i e d r i ch T i e ck, der Bru der des Dichters, von dem Erbprinzen Karl Friedrich und Alexander v. Humboldt geschaffen hat, sind seisclndc Leistlingen. Tie Gruppe der Grafischen Bild nisse von Schiller, Körner und Minna Körner kennt jeder j?> Dresdner aus dem Körnermusenm. Biogra phisch ebenso wie künstlerisch interessiert das Bildnis, das Angelika Kaussmann von Maddalena NIggt, der „schönen Mailänderin", der Goethes Verehrung?- und entsagungsvolle Liebe in Nom galt, geschaffen hat. Die Schätze, die aus dem Frommannschen HauS In Jena hier vereinigt sind, zeigen Goethe als vertranten Freund der Familie un- väterlichen Liebhaber der Pflege tochter Mtnchcn Herzlleb. Seine Briefe an die haus mütterliche Frau Johanna Frommann atmen Ver traulichkeit. Die Frauen sticken ihm Brieftaschen und malen die Laube mit dem Tcctisch hinein, an dem Goethe zu sitzen pflegte, während er an dem Tecttsch im Zimmer zeichnete und aquarellierte, die Wartburg aus der Phantasie oder andere Landschaften. Für Mtnchen tuscht er eine Landschaft mit Vollmond und schreibt sein Sonett „Wachstum" eigen händig ab. Sie malt ihm dafür mit dem flüssigen Talent des gebildeten Frauenzimmers von damals die Nasenmlihle und Griesbachs Garten sowie das Frommannsche HauS. Zu diesen Zeugnissen zarter Liebe gesellt sich seltsam die Ur schrift des Briefes, -en Goethe an den Oberkonsistortalrat Günther schrieb und worin er ihn nm Trauung mit Ehrt» sttane Vulpiu» bittet. Auch von Marianne v. Willem erS Hand liegt ein Albumblatt für den Sohn FrommannS in der Nähe . . . Die Anzahl der G o« t h e b t ld n t sse hat sich, seit Zarncke seine Sammlung veröffentlichte, bedeutend ver mehrt und dürfte an 800 betragen. In allen Lebensaltern ist Goethe gezeichnet, gestochen, gemalt, geformt worden, und schon die Mannigfaltigkeit der Techniken sowie die Ver schiedenheit der Künstler erklärt die beunruhigende Vielfalt der Züge des Goetheschen Antlitzes. Erst ein tieferes Hin- cinschcn In all die Wandlungen dieses einen genialen Ge sichtes offenbart die Wescnscinhcit in allen Abwandlungen -er Erscheinung. Wie ist dieses Gesicht von den einen idealisiert worden bis zum Apollokopf TrippcIS oder zum Ideenbilde des „Faust"-DichterS durch Davld -Angers. Wie ist es verklcinlicht worden von anderen, wie rückhaltlos auch in seinem unausbleiblichen Verfall im Alter enthüllt worden. Doch gerade SchwcrdtgeburthS Kupferstich, das letzte Bildnis Goethes aus seinem Todes jahr, läßt noch einmal die ganze Genialität ans den große» Augen sprühen, die „znm Schauen bestellt" waren. Während uns Davids K o l o s s a l b ü st c Goethes in einer Wiederholung in Marmor, der Besitz iinscrcr LandcSbiblio- thek, fchon im Hauptsaal wie der Schutzgott der ganzen Aus stellung entgcgcnblickt, finden wir in dem kleinen Rundsaal einige der weniger bekannten Goethebildnisse wie in einem kleinen Ehrcntempcl vereinigt. Nimmt man hierzu noch die Kopie des von Seckatz gemalten Frankfurter Bildes der Familie Goethe, das große Bild der Julie v. Eglofsstein j1826j, einen Stich nach Bager U778> und die wundersame Lithographie, die Fleisch m a n n 1880 als Illustration zu Hauffs „Memoiren des Satans" ge schaffen hat, ohne Goethe zu kennen, und die -och, wie schon des Dichters Enkel erklärte. Gestalt und Haltung unüber trefflich wahr wiederglbt — so hat man In etwa 82 Bild nissen einen allseitigen Ucbcrblick über die Entwicklungs stufen der Erscheinung Goethes. In den alten Schatten rissen, die einst das waren, was uns das Lichtbild Ist, in de» Stichen von Chodowieckt, LipS, Schmoll, in Len Zeichnungen von Schönberg, Vogel, Brandt, in dem Bildnis Ktt geigens spiegelt sich wcchsclvoll das Antlitz und Wesen -es Meisters. Wie intim verlebendigt Ihn -le Lithographie nach der Zeichnung des Dichters Thackeran, die Goethe 1880 in einer Augenblicksstellung aus der Straße sestgehalten hat! Noch ein Stück näher an seine leibliche Erscheinung rückt die Büste, die 1807 Weißer nach einer über dem lebenden Gesicht abgesormten MaSke gebildet Kat. Da werden uns selbst die Spuren der Pocken nicht verschwiegen, die Goethes Haut wie die so vieler Men schen seiner Zeit — man denke an Beethoven! — davon getragen hatte. Ein Blick auf KlauerS jugcndsrische Ton büste, aus Schad owS würdevolle GesichtSgestaltung, auf TrippelS IdealbildntS lehrt uns wieder, daß es der Geist ist, -er sich den Körper baut. Die Goethebildnisse, -ie den
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