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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 02.06.1932
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1932-06-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19320602022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1932060202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1932060202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-06
- Tag 1932-06-02
-
Monat
1932-06
-
Jahr
1932
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Ainanzminifter Dr. Sedrich daS Wort zu einer fast zweistündigen Rede, in der er u. a. solgcndcS auSsührt: Später als normalerweise sonst ist der HauShaltplan- entwurf für das Rechnungsjahr 1082 diesmal in Ähre Hande gelangt, fortgesetzt haben in der hinter uns liegenden Zeit die Schätzungen des Reichs über den Ausfall an NeichSsteuerüberweisungen gewechselt. Die Erwartung, daß die WeltkrtsiS mit dem Jahre 1031 abebben und damit Arbeitslosigkeit und Not zurückgehen werden, hat sich als trügerisch erwiesen. So sind wir in einen Zustand der Autarkie geraten, die mit ihren Hem mungen des zwischenstaatlichen Güteraustausch- der mo dernen wirtschaftlichen Entwicklung geradezu Hohn spricht. Schon kehren einzelne Länder zum Tauschverkehr zurück, wie ihn sonst kaum noch afrikanische Negerstämme auf- zuwetsen haben. Und immer weiter schreitet der Schrump- sungSprozeb der deutschen Wirtschaft. Wichtige Produktions zweige, wie die sürSachsenso wichtig« Maschinen- industrie, arbeiten nur noch mit 30 Prozent ihrer Kapazität, mit noch weniger die Eisenindustrie, im Bau gewerbe sind über 90 Prozent der gewerkschaftlich organi sierten Arbeiter erwerbslos. Da» deutsche BolkSvermvgen, 1928 noch auf 112 Milliarden Reichsmark geschätzt, muh heute infolge Wertminderung zur Hälfte als verloren gelten. Wir müssen auch den Mut besitzen, uns ein- zugestehen, dak durch eigene fehler die Not verschlimmert worden ist. Die deutsche Oesfentlichkeit hat die VorauS- sehungen und Bedingungen der kurzen Hochkonsunktur, die ihr bis 1929 beschieden war, völlig verkannt; sie hat sich in der Hoffnung gewiegt, diese werde zum Dauerzustand werden, und daraufhin Lebensführung und Wirtschafts führung eingerichtet. Im Verlauf -er Krise setzte ein geradezu katastrophaler Steuerrückgans ein, ganz besonders bet der Einkommensteuer, wo gegenüber 1929 «in Rückgang von rund IN'/«, gegenüber 1980 ein solcher von rund 36'/«, und bet der Körper schaf t st e u e r, wo ein solcher von 55«/, bzw. 45'/, zu ver- . zeichnen ist. Im Reichsetat verringerte sich das Auskommen an Steuern und Zöllen im Jahre 1931 gegenüber 1930 um über IN Milliarde Reichsmark. Das Institut für Kon- sunktursorschung berechnet den Rückgang des gesamten Steueraufkommens in Deutschland für 1031 auf 2 Mil liarden Reichsmark. Die UeberweisungSsteuern haben sich als viel stärker koniunkturempftndlich erwiesen al» die anderen NeichSstenereinnahmen. So sind die Steuern, an denen die Länder nicht beteiligt sind, im Gesamtergebnis nicht nur gefallen, sondern gestiegen, und »war von 1930 auf 1931 um 195 Millionen Reichsmark, während in -er gleichen Zeit die Abgaben mit Länderbeteiligung um 857 Millionen Reichsmark gesunken sind. Der Rückgang der sämtlichen Steuern und Abgaben, an denen -te Länder beteiligt sind, trilst die Länder für 1931 gegenüber 1930 mit -30 Millionen Reichsmark, da» Reich dagegen nur mit 127 Millionen Reichsmark. Dies erklärt sich daraus, daß da» Reich von den neu eingesührten Stenern «inen grobe» Teil sür sich in Anspruch genommen hat. Da» Reich suchte den für Länder und Gemeinden immer gröber werdenden Schwierigkeiten in doppelter Weise zu begegnen, einmal dadurch, -ab es finanzielle Hilfen insbesondere zur Tragung der ungeheuer ansteigenden Last der Ausgaben für Wohlfahrtserwerbslose gab. Hierbei wurde aber sehr zum Nachteil unseres Landes viel zu schematisch verfahren und der verschiedenartigen Struktur der einzelnen Länder zu wenig Rechnung getragen. Länder wie Preuben, das in sich die Möglichkeit finanzpolitischen Ausgleichs trägt, auf der einen Seite, Länder, wie Sachsen, Hamburg, Bremen, mit ihrer vorwiegend industrieellen Be völkerung ans der anderen Seite, während Bauern, Mecklen burg und Oldenburg vorwiegend agrarische Wirtschaft be sitzen, und Württemberg, Thüringen und Baden al» in dustriell und agrarisch gemischte Staaten sich darstellen, lasten sich nun einmal nicht über einen Kamm scheren. Einen anderen Weg zur Behebung ihrer finanziellen Schwierig keiten wies das Reich, das seit längerem schon das Mittel der Präsidialverordnungen nach Artikel 48 der NeichSver- kastung erfolgreich beschritten hatte, -en Ländern, denen dieses Mittel nicht zur Verfügung stand, in der Verordnung -es Reichspräsidenten vom 27. August 1031, in -er es di« vänderrcgierungen ermächtigte, alle zum Ausgleich der Haushalte von Ländern und Gemeinden erforderlichen Maßnahmen im Verordnungswege vorzuschretben und dabei sowohl vom bestehenden Landesrecht, als auch von Ver pflichtungen und Verträgen, soweit sie persönliche Aus gaben betreffen, abzuweichen. Einen gröberen Fehler, als währungspolitische Ex periment« zu machen, könnten wir gar nicht begehen; eine zweite Inflation, die am schärfsten die breite Maste der wirtschaftlich Schwachen treffen würde, würde unser Land gar nicht ertragen. Durch die Art und Weise, wie daS Reich die Fürsorge sür die Erwerbslosen gestaltet hat, wird den Gemeinden tatsächlich das letzte Risiko des Arbeit»- markte- aufgebürbet, ohne ihnen auf der Etnnahmeseite die ausreichenden Mittel dafür zu sichern. Dadurch ist die Kassenlage zahlreicher Gemeinden in ein« Bedrängnis geraten, die geradezu als «in Gesahrenvnnkt sür unsere Finanzwirtschast bezeichnet werden muh. Ate Zahl der Wohlfahrtserwerbslosen ist unaufhaltsam ge- Uiegen und hat bis in die jüngste Zett in geradezu be ängstigender Weise zugenommrn. Dabet ist Sachsen mit Glattere res IsichslWn Manzministers vor rem Lanvtag Rückwirkungen -er ReichSsinanzvoltlik auf »en Haushalt - Ausgaben»rvstelung statt neuer Stemm stelle«, so konnte hierauf doch nicht zugekomme« «erbe«, weil «eiter« DeckuuaSmittel sür de« Zweck der Schuld««» Mg««g schlechterdings nicht vorhanden süid. wenn wir uns damit auch nicht mit de« Bestimmungen de» AnleihegesetzeS vom 10. März 1981 in Widerspruch setzen, wonach im Entwurf« des ordentlichen Haushalt» zur Deckung der schwebenden Schulden jährlich „der Finanzlage ent- sprechende Mittel" «inzustellen sind, so ist doch diese Til- aungSquote bet der Höhe der Schulden al» sehr gering anzu- sprechen und immer nicht ohne Bedenken. Daß wir bisher unserer ZahlungSpfltcht jederzeit pünktlich gerecht «erden konnten, ist «tu Erfolg d«r planmäßigen Konzentration aller Kastenmittel und der in den einzelnen Zeitabschnitten erfolgenden Zutei- luna der vorhandenen Kaffenmtttel an die einzelnen Ver waltungen nach ihrem «tu«, strenge« Prüfung ans di« Unvermeidbar»«»« jeder Ausgabe unterworfenen Bedarf. In den Zetten der Not wirb eben der Finanzmintster ganz von selbst zum peinlich genauen Wirtschafter. Für di« produktiv« Er«erb»losenfürsorg« hat die StaatSregterung im ordentlichen Haushalt 2 Mil- ltonen Reichsmark vorgesehen. Inwieweit e» dem Reiche gelingen wirb, die zur Durchführung seines Programm nötigen Mittel zu beschaffen, steht dahin. ES ist zu hossen, daß Sachse« bei Durchführung diese» RetchSardeitddeschas» snnaSprogramms gemäß den Wiederholt gegebenen Versprechungen der ReichSregierung in ganz beson derem Maße bedacht «erben wird. Die ungeheuere Not, die sich fast allen Schichten der Be völkerung mitteilt, bringt es mit sich, daß die Gesuch« um Steuerermäßigung und Steuererlaß sich i« geradezu erschreckendem Maße auhäuse«, Indem sie in neuerer Zeit vielfach nicht mehr von einzelnen Steuerpflichtigen, sondern von ganzen BerusSgruppen und LandeStetlen au-gehen. Die Finanzverwaltung hat solchem Ansturm von Bittstellern gegenüber einen ungemein schwie rigen Stand, will sie auf der einen Sette allen Gerecht!«- kett und Berücksichtigung ihrer Notlage zuteil werden lasten, auf der anderen Sette ihre Verpflichtung zur unabweisbar notwendigen Beschaffung der Mittel für die allerdringlich, sten Staatsaufgaben erfüllen. Sie kann sich eingedenk dieser doppelten Pflicht immer nur auf die sorgfältige und der Not der Zeit Rechnung tragende Prüfung des einzelnen Falle» beschränken, muß aber generell« Erlast« von Steuern «ach »ie vor grundsätzlich ablehne«. vei den Abstrichen im Etat Haven wir selbstverständlich bei keinem Kapitel vorüberaehen können, selbst nicht an den Aufwendungen kulturpolitischer Art; trotzdem entfallen auf die sogenannten KulturauSgaben rund 133 340000 MM., da sind 38H5 vom Hundert der Gesamtausgaben von 345 024 800 Reichsmark, ober 89,79 vom Hundert der Gesamtausgaben der Zuschußkapitel von 335 084 550 RM. Nach Abzug der Einnahmen in Höhe von rund 35 480 000 RM., sind für die Kulturzwecke rund 97880 000 RM. veranschlagt, da» sind 42,91 vom Hundert de» gesamten ZuschußbedarfeS von 227 924 610 Reichsmark. Bon einer Zurücksetzung b«r Kultur-Weck« kau« ht«r» «ach nicht die Rebe fei«. Zeigt sich in dem nahezu restlosen Verschwinden de» außerordentlichen HauShaltplaneS vom finanzpolitischen Standpunkt aus ein« Lichtseite unsere» neuen Etat», so spiegelt im übrigen daS Etatbild, da» ich Ihnen ohne jede Retusche habe aufzetchnen müssen, mit seiner weitgehenden Drosteluna aller Ausgaben nur den Niedergang brr deut- schen Wirtschaft wider, und wir wollen und keinen Täuschun- gen htngeben — Schönfärberei ist unter den heutigen Ver- bältnisten wahrlich nicht am Platze —, der HauShaltplan in der vorliegenden Gestalt enthält verschiedene, und zwar recht bebeutsame UnficherheitSfaktore«: Unsicher sind die Steuerschätzungen; sie können durch weitere erhebliche Verschlechterung der Konjunktur über den Hausen geworfen werben. — Die Spuren des letzten Jahres schreckeni — Die Steuerfreiheit der recht bedenklichen Prämienanleihe, wenn sie kommen sollte, kürzt auch die Steueranteile der Länderi Den gleichen Effekt würde die immer wieder gefordert« Wiedereinführung der Lohnsteuer rückerstattungen haben. Unsicher ist auch der rechtzeitige Ein- gang der vom Reiche erwarteten Zahlung der Zinsenrate auf die Abfindungssumme für die Abtretung der Eisen, bahnen, und unsicher ist endlich der Eingang der Dividend« in Höhe von vier Millionen Reichsmark der Aktiengesellschaft Sächsische Werke für das Jahr 1982. Wir bewegen uns also, trotzdem unsere sächsische Staatöwirtschaft — daS muß immer wieder betont «erde« — innerlich gesund ist und e» «nS auch bisher gelunge« ist. »ie Kaffeu- »irtschast in Ordnung zu halte«, aus unsicherem Boden, weil kein Wirtschaftsfahrer auch nur mit einiger Sicherheit die weiter« Entwicklung der nächsten Monate ober gar bk nächsten Winters voraus-usagen vermag. Nicht daraus kommt eS an, rein technisch den Etat in Ordnung zu bringen; seine sichere Basis kann ihm nicht ein abgestimmteS Ziffern werk, sondern nur eine innerlich gesunde Wirtschaft geben. An dieser fehlt e« jetzt. Die Wiedergesunbung und -Velebung der Wirtschaft und damit zugleich die Beseitigung der Arbeitslosigkeit können nur erfolgen aus dem Wege, der Zu führung selbstgewonnenen Etgenkapital» in diese Wtrtschast. Um dieses Ziel zu erreichen, dazu gehört «ine harte Erziehung z« den beutschen Tngenden: Einfachheit, Genügsamkeit und treueste Pflicht, «rsülluug, gepaart mit allseitiger Opfer«illigk«it, harte Erziehungsarbeit vor allem auch an unserer Jugend, der nicht früh genug zu Gemüt« gestthrt werben kann, daß jeder wahre Lebensgenuß verdient sein muß. Nur so ist ein Wiederaufstieg zu erhossen. Soweit es im Bereiche der dem Staate verbliebenen Möglichkeiten lag, haben wir durch Drosselung in dem Haushaltplan den Druck der vsfentlichen Ausgaben aus die sächsische Wtrtschast zu erleichtern gesucht. Wir haben alle« BerufSkreisen dabei Opfer schärfster Art anstnnen wüsten. Selbstverständlich werden gerade auch diesmal nicht, wie «S in der Vorkriegszeit der Fall war, Wünsche nach weiterer Auögabensenkung, sondern solche aus Ausgaben erhöhung geltend gemacht. So verständlich solche Wünsche an und für sich sind, so muß ich Sie doch bitten — und meine ernste und eindringliche Vitt« ergeht an alle Parteien —, der harten Wirklichkeit in» Auge zu sehen und diele Wünsche, wenn dies auch schmerzlich sein mag, zurttckzustellen. Sie würben ja doch nur aus dem Papier stehen bleiben müssen, weil di« zu ihrer Erfüllung erforderlichen Mittel schlechter dings nicht zu beschaffen sind. Dresden, den 2. Juni 1982. Auf der Tagesordnung der heutigen, schon sür 11 Uhr anberaumten Sitzung de» Sächsischen Landtags steht al» ein ziger Punkt die Rede de» Finanzmintster» über den StaatShauShaltplan sür das Rechnungsjahr 1982. Erst 11L1 Uhr ruft die Hupe die Abgeordneten in den Saal. Die Tribünen sind nur schwach besetzt. An den Tischen der Regierung nehmen außer dem Finanzmintster Platz Ministerpräsident Schi eck, Innenminister Richter und Justtzmtnister Dr. MannS seid. Nach der Eröffnung der Sitzung durch den Präsidenten Weckel erfolgt zunächst eine Erklärung der bentschnationale« Fraktion, die vom Abg. Siegert abgegeben wirb. Darin wirb Stel lung genommen gegen die wiederholten Zurufe des Abg. Enter le in iWirtsch.f gegen die zur Deutschnattonalen Volkspartei überactretenen Abgeordneten Dr. Webe rund Kaiser. Abg. Dr. Weber fordert auch an dieser Stelle den Abgeordneten Snterlein auf, der Aufforderung seine» Anwaltes nachzukommen, seinen beleidigenden Zuruf in der Landtagssitzung vom 9. Februar außerhalb des Hause» zu wiederholen, damit er gerichtlich belangt werben könne. Der Landtag beschließt sodann, die nächste Sitzung, in der die Aussprache über den Etat begonnen wer den soll, am Donnerstag, dem 9. Juni, 11 Uhr, abzu halten. Nun ergreift seiner stark entwickelte« yertiginbnstrie stärker al» alle anderen deutsche« Länder von der Arbeitslosigkeit betroffen. Sachse« leidet in doppelter Weis« dnrch die Wirke fchastSkrtse: E» hat nicht nur die Lasten für die gesteigerte Arbeitslosig keit aufzubrtngen, sondern rvtrd noch dadurch besonder» in Mitleidenschaft gezogen, baß bi« Rückvergütungen de» Reiche» nach 75 Prozent -er Einkommensteuer und Lohn steuer eben wegen dieser gesteigerten Arbeitslosigkeit in er höhtem Maße zurückgehen. Da die Erwerbslosigkeit keine lokal-bedingte Erscheinung ist, wird da» Reich sich verpflich ten müssen, die WohlsahrtSerwerbölosenlasten zu über nehmen. Wa» nun die EtatSlage speziell für de« Staat Sachse« anlangt, so konnte noch für da» Rechnungsjahr 1981, ebenso wie e» sür 1930 geschehen war, ein sich in Einnahme und Ausgabe auSgletchenber Etat verabschiedet werben. Aber diese» Gleichgewicht geriet säst schon im Moment der Ver abschiedung de» 1931er Etat» dadurch wieder in» Wanken, daß nach einer im Juni 19.31 uns zugehenden neuen Schätzung der NeichSsteuerüberweisungen wir mit einem wetteren Ausfall von 28 Millionen Reichsmark allein für die Staatskasse zu rechnen hatten. Al» die Finanzverwaltung an die Aufstellung de» vor liegenden Etats sür das Rechnungsjahr 1932 heranging, er gab sich, baß wir 1981 mit einem S1««eran»fall von rnnd »1,1 Millionen Reichsmark und aus den sonstigen Einnahmen mit einem Ausfall von rund 8 Millionen Reichsmark zu rechnen hatten. Die Staatsregierung sah sich unter diesen Umständen vor die un gemein schwierige Ausgabe gestellt, zu prüfen, wie dem un geheuren EinnahmeauSsall zu begegnen märe. Der Weg neuer Steuern erschien ungangbar. Außer den in Sachsen bereits zur Erhebung gelangenden GtaatSsteuern lasten sich Einnahmen aus Staatssteuern mit Halbwegs lohnendem Ertrage, die nicht gegen retchSgesehltche Vorschriften ver stoßen, kaum noch ausfindig machen. So blieb zur Verbesserung -e» Haushalts nur -er andere Weg übrig, der der Ausgabensenkung. Hier kamen die viermaligen Gehaltskürzungen, die Sachsen im wesentlichen den Neuregelungen im Reiche entsprechend vorgenommen hatte, zur vollen Auswirkung und ergab einen Minderaufwand von jährlich 47,9 Mill. Reichsmark. Gegenüber dem HauShaltplan 1931 sind die GeschäftS- bedürfntsse usw. stark gekürzt worden. SS haben die Jst-AuSgaben betragen: im Rechnung» ahr 1SL8 488 Milli»««« RM., im Rechnung» ahr 1929 428 Millionen RM^ im Rechnung» ahr 1989 417 Millionen RM^ t« Rechnung» ahr 1281 rund 880 Millionen RM, «ud der Etatsvoranschlag für 1988 «uthält eine« Ausgabe« betrag vo« rund 845 Millionen RM, da» ist eine Berringe» rung gegenüber 1928 um 88 Millionen RM. ES spiegelt sich in dem Rückgang dieser AuSgadezissern ,«gleich der Niedergang der sächsischen Wirtschaft. Aber auch der Möglichkeit, Einsparungen zu machen, sind für ein kulturell und wirtschaftlich hochstehende» Staatswesen Grenzen gezogen. Werden diese Grenzen über schritten, so verwandelt sich die Einsparung mittelbar leicht in einen Mehraufwand. Auch die Verwaltungs reform, die so oft als Allheilmittel gegen die Etatsschwie rigkeiten angepriesen wird, läßt sich im Rahmen eine» so eng besiedelten, stark industrialisierten Lande», wie e» der Freistaat Sachsen ist, nur bi» zu einem gewissen Grabe durchführen, und die Ersparnisse einer solchen Reform wer den meist weit überschätzt. Ruch eine weitere Herabsetzung der Gehälter der Beamten, Lehrer und Angestellten könnte bi« sächsische Regierung von sich au» nicht tu «ruft« Erwägung ziehen. Gegenüber 1931 ist die Zahl der planmäßigen Beamten um 472, die Zahl der nichtplanmäßtgen Beamten um 105 und die Zahl der ständigen Lehrer um 154 vermindert, die Zahl der Angestellten aber nur um 15 erhöht worden, so daß da» Gesamtpersonal «in Minus von 718 Köpfen auf weist. Erwiesen sich aber alle in Frage gezogenen Wege, um zur vollen Abdeckung der EtatöauSgaben zu gelangen, als ungangbar, so blieb als letztes Mittel, ein Defizit zu ver- meiden, nur der Appell an die Relchshllfe übrig. Aber auch dieser Weg blieb verschlossen, obwohl e» an Bemühungen der Negierung, in Berlin Hilf« für den Staat wie für die Gemeinden und die sächsische Wirtschaft zu erlangen, wahrlich nicht gefehlt hat. Gewiß soll an- erkannt werben, daß das Reich den Freistaat Sachsen in den letzten Monaten mit Gewährung von Kastenkrediten, mit einstweiliger Uebernahme der von den Gemeinden in Rückstand gelassenen Krtsenfünstel und mit den AuSschüt- tungen au» den drei Fonds von 150 und 80 Millionen und neuerdings von 75 Millionen Reichsmark, die vom 1. Ok tober 1081 ab reichSsettia zur Erleichterung der Wohl- sahrtserwerbSlosenlasten der Gemeinden zur Versügung gestellt worden waren, wiederholt auSgeholsen hat. Aber eine eigentliche Reich-Hilfe lag darin nur zum alleraering- sten Teil, da ein großer Teil dieser Gelber, die Sachsen aus diese Weise erhalten hat, nur als Vorschüsse zu werten sind, die von den späteren ReichSsteuerüberweisun- gcn wieder gekürzt worden sind oder noch gekürzt werden. ES erscheint berechtigt, daß wir nunmehr unseren Rechtsanspruch ans die Etsenbahnabsindung gegenüber dem Reich« mit alle« Mitteln «eiterverfolgen, und zumindest' die darauf vom Reiche geschuldeten Zinsen al» einen auch für da» Reich tragbaren Gegen- vosten bet dem sonst in unserem Etat verbleibenden Defizit, bas trotz der EinkommensteuerauSsälle durch die äußerste Einschränkung bis aiif 22,3 Millionen berabaedrückt worden ist, einstellen. SS soll darin -«gleich eine Mahnung an die Reichdregiernna liegen, seiner Rechtsverpslichtuna gegen über dem Freistaat« Sachsen in gleicher Weis« eingedenk zu sein, wie es diese gegenüber anderen Ländern erfüllt oder zu ersüllen bereit erklärt hat. Daß dazu daö Reich in der Lage ist, beweisen die großzügigen Hilfen, die eS den Großbanken, den Schiffahrtsgesellschaften, dem ManSfelder Bergbau u. a. hat zuteil werben lasten. Nach dem Gesagten ist da» Defizit unsere» Etats 1932 ander» zu werten al» die Fehlbeträge in den früheren Haushaltplänen: denn ihm steht ein im Rechtswege ver folgbarer und dem Grunde nach auch vom ReichSftnanz- ministerium anerkannter RechtSansvruch gegenüber, den die Regierung, nachdem ander« Länder in der geschilderten Weis« adgesunden «orden sind, zu realisiere« fest ent» schloffen ist. Keinesfalls kann und soll da» Defizit dazu beitragen, unsere Schuldenlast zu vermehren. Obwohl e» gewiß erwünscht gewesen wäre, für bi« Til gung der schwebende« Schulden noch wettere Mittel eiuzu
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