Volltext Seite (XML)
Das neue Reichskabinett gebt an bie Arbeit SM Schwerin v. MW RMManzniinWr Berlin. 2. Juni. Slmtlich wird milgeleill: Der Herr Reichspräsident Hal auf Vor schlag de« Reichskanzler» den Botschafter Freiherrn von Reu ralh zum Reichsminlsler de» Auswärtigen, den Ministerialdirektor im Reichssinanzministerium. Graf Schwerin v. Krosigk, zum Reichsminister der Finanzen, den bayrischen Justizminister vr. Gürlner zum Relchsminister der Justiz ernannt, und ferner den Relchvwirtfchastsmlnifter Dr. warmbold mit der einstweiligen Wahrnehmung der Geschäfte de»Reich»arbelts- Minister» beauftragt. WtchMelnllch Dienstag ReMtagsautlötung vradknalännn aavarar Serllnor kiobrittlattnnn Berlin, 2. Juni. Freiherr ».Neurath ist dem ans« drücklichen Wunsche des Reichspräsidenten gefolgt, der das Anßenmintftertnm mit einem erfahrene« Diplomaten besetzt zu sehe« wtinschte. Die Vereidigung der neue« Minister findet «m 5,8« Uhr nachmittags statt, fstr 6 Uhr ist bereits di« erst« Kabinettsfitzung der neuen Reichsregierung angefetzt. vorher wird »er Reichskanzler ».Pape« «och eine Unterredung mit dem Reichsbankpräfident«» Dr. Luther haben. Beide wollen gemeinsam, wahrscheinlich in einer Erklärung, gegen die Vorgänge an der Bürs« Stellung nehmen. Ruf der Tagesordnung der ««Ne« Kabinettssitzung steht als erster Punkt die formell« Ernennung des Staatssekretärs in der Reichskanzlei «nd des neu«« ReichspressechesS. Fstr den Posten des PressechesS ist der bisherige Ministerialdirigent der Preffeabtetlnng, Geheimrat ».Kaufmann, in Aussicht geuomhue«. Nachdem «nn authentische Interpretationen der gestrigen ZentrumSerklärung vorliege», kann heute mit Bestimmtheit gesagt «erde«, datz das Zentrum wie wahrscheinlich auch die Bayrisch« VolkSpartei «lne« im Reichstag alsbald etnzu» bringende« Mißtrauensvotum gegen die neue Regierung von Papen -«stimmen «erden. Damit dürfte das Ende dieses Reichstags unmittelbar bevorftehe». Wahrscheinlich in der nächsten Woche, am Montag oder Dienstag, wird sich das neue Kabinett dem Reichstags vorstellen. Ob «S dabet überhaupt zu einer Abstimmung Über Mißtrauensvoten komme« wird, scheint -««ifelhast. SS heißt, daß der Reichskanzler diese« sormaleu Akt zu« Anlaß seiner politischen Programmerklärung nehmen würde, di« mit der Verkündung der Auslösung des Reichs tags schließt. Nezeichnend ist in diesem Zusammenhänge, wie plötzlich sich die immer al» ganz besonder» „ staatSpolitisch^ hin gestellte Haltung de» Zentrum» geändert hat. Die Zentrums presse im Reiche überschlägt sich geradezu in giftigen und wütenden Kommentaren. Das wahre Gesicht der Zentrums partei enthüllt stch vor der Oesseutlichkeit. Es geht dem Zentrum, wie man wieder einmal steht, um nicht» anderes al» um Partetpolittk im engsten Ginne des Worte». Auch die Behandlung, die der Ze n t r u m S m a n n von Papen von seinen eigenen Leuten erfährt, ist dafür bezeichnend. Bon Papen gilt al» von der ZentrumSpartet aus- geschlossen. Man wirft ihn htrau», weil er stch dem Wunsche de» RcichSprästdenten, die neue ReichSregterung zu bilden, fügte. Man entsinnt stch in diesem Zusammenhänge, in wie sairer Form seinerzeit Dr. Goerbeler au» der Deutschnationalen VolkSpartei ««»schied, al» iHv. der Reich». Präsident zum Preiskommiffar ernannte. In ruhiger und vornehmer Aussprache einigten sich der beutfchnattonale Führer Geheimrat Hugenberg und Dr. Goerdeler dahin, daß letzterer au» der Partei ausschetden mülle, die nicht in die Verantwortung für die Regierung einbezogen zu werden wünsche. Im Zentrum findet von Papen nicht» andere» als einen HinauSwurf, man beschimpst ihn darüber hinaus noch in den unerhörtesten Formen, um damit den Riß tm ZentrumSturm zu verdecken. Alle Erklärungen, daß „da» Zentrum noch nie so einig gewesen sei wie heute*, können nicht darüber Hinwegtäuschen, daß die große Parteienkrise auch vor der Pforte des Zentrum» nicht Haltmacht. Ueber die Persönlichkeit de» neuen Staatssekretärs der Reichskanzlei, Planck, sei noch mitgeteilt, daß dieser vor einiger Zeit als Rittmeister au» dem ReichSwehrministert- um auSschteb und RegterungSrat, später Oberregierungsrat in der Reichskanzlei wurde. Planck ist der Sohn de» be- rühmten Physiker» und Nobelpreisträger» Geheimrat Planck. Er überspringt setzt di« Stufen de» Ministerialrat» und Ministerialdirektor« und wirb der nächste Berater de» neuen Kanzlers. Gleichzeitig gilt e» auf ein Gerücht hinzuweisen, da» stch hartnäckig in politischen Kreisen erhält. Angeblich soll Staatssekretär Meißner den Wunsch ge äußert haben, in absehbarer Zett seinen geaenwärttgen Posten beim Reichspräsidenten mit dem des deutschen Bot- schafter» in Tokio zu vertauschen. Der gegenwärtige Bot schafter in Tokio, Boretzsch, erreicht im nächsten Fahre die Altersgrenze, so daß in Tokio sowieso in absehbarer Zeit «in Wechsel erfolgen muß. RMSkanzstk ». Paven an »ar zentrum Berlin, 2. Juni. Reichskanzler von Papen hat an den Vorsitzenden der Deutschen Zentrumspartei, Prälat Dr. Kaa», folgenden Brief gerichtet: „Sehr verehrter Herr Prälat, in einer der schicksalsvollsten Stunden deutscher Geschichte hat mich der Herr Reichspräsident berufen, bie neue Re gierung zu bilden. Die seelische und materielle Lage de» deutschen Volkes verlangt gebieterisch die Synthese aller wahrhaft nationalen Kräfte — aus welchem Lager auch immer sie kommen mögen. Nicht als Parteimann, sondern als D e u t s ch e r bin ich — gewiß nicht leichten Herzens — dem Ruse de» Mannes gefolgt» dem die Nation soeben einen überwältigenden Beweis ihre- Vertrauens erteilt hat und dessen wahrhaft historische Persönlichkeit auch in den schwersten Stunden deutscher Geschichte nie etwas andere» erstrebte, al» die Zusammenfassung aller dieser Kräfte zum Wohle de» Lande». Ein solcher Schritt kann nicht in Widerspruch stehen zu der unermüdlichen, planvollen und sachlichen Arbeit de» Kanzler» Dr. Brüning, deren Würdigung einer anderen Gelegenheit Vorbehalten bleibt. Auch die Deutsche ZentrumSpartet und der in ihr politisch organisierte Katholizismus werben sich der Erkenntnis nicht verschließen können, daß baS neu« Deutschland nur ans der Grundlage der «räste ansgebant «erde« kann, die die geistige Wend« «nserer Tage ,«r Hofsnnng der jungen Generation gemacht hat. Wenn mich infolge der Erklärung der Deutschen ZentrumSpartet der Weg heute leider von Ihnen trennt, so lebe ich in der Hoffnung, baß nicht nur bie sachliche Arbeit, die bas Land heute von un» fordert, un» bald wieder ver- einigen wird. Mehr noch ist e» die unerschütterlich« Ueber- Hs» bk BvranSsetznn« jeder tAkdensenes«»« »er Nation die rücksichtslose Geltendmachung der unveränder lichen Grundsätze «nserer christliche« Weltanschauung sein muß* Lon-onor Erwartungen London, 2. Juni. Mehrer« Londoner Zeitungen geben der Ansicht Ausdruck, daß nunmehr da» Verbot der natio nalsozialistischen Sturmabteilungen aufgehoben wird. Der Berliner verichterstatter be» „Daily Tele graph* beschäftigt sich besonder» eingehend mit der Per- sünltchkett des General» v. Schleicher, den er den st ar- ken Mann tm neuen RetchSkabinett nennt. Herr v. Papen werde dem Kabinett seinen Namen geben, aber General v. Schleicher sei bi« treibende Kraft: er werde die Politik de» Kabinett» bestimmen und der HauptverbindunaSmann zwischen dem Kabinett und dem Reichspräsidenten sein. S« steht sep, daß »er General «icht beabsichtigt, Deutsch, land a« die Diktat«« Hitler» ««d s«i«er heißkiipsige« jugendliche« Unterführe, a«»zsliefer«. Er hat bet den Politikern aller Parteien den Eindruck her- vorgerusen, baß er der letzte sei, der sich Hals über Kopf in gewagte Abenteuer stürzen würbe. „Financial New»* führt heute aus, der Beschluß be» Präsidenten v. Hindenburg, Herrn v. Papen mit der Bildung einer Regierung zu betrauen, bie sich nicht aus politisch« Parteien ober Gruppierungen stütze, habe in der Londoner City «inen günstigen Eindruck gemacht. Daß Dr. Brüning nicht nach Lausanne gehe, sei zwar be dauerlich, allein, die Aenderung habe zweifellos gewisse Vorteile. Man wisse, daß Herr v. Papen kür bie Annähe- rung mit Frankreich gearbeitet habe und deshalb neraona «rata in Paris sei. Es wäre denkbar, daß bie französische Regierung jetzt mehr Neigung zu Zugestänb- «issen zeige» «erde, atz ste H geginüber ein«, Vrüvtng- »SDkMüß «M- Mlwtrtwastkkensmm noch nicht ivnichreis London, 2. Juni. „Times* znsolge hatte Sir John Simon erste Besprechungen mit dem französischen «nd italienischen Botschaster; er erörtert« mit ihnen die Möglichkeit der Abhaltung einer Weltwirtschasts, konserenz «nd versicherte ihnen. daß die Dinge noch nicht so weit gediehen seien, wie eine am DlenStag tu Washington verössentlichte Mitteilung anzudenten schien. Aus dem transatlantischen Telephon sei die Möglichkeit einer Teilnahme Amerikas an einer solchen Konserenz be sprochen worden, aber sormelle Einladungen seien nicht ergangen, «nd die Absendung solcher Einladungen «erde auch schwerlich erfolgen, bevor seftstehe, ob alle Großmächte ein« solche Konserenz für wün schenswert halten. Zuerst sei es notwendig gewesen, die Ansicht der Bereinigten Staaten sestzuftellen; aber es werd« keine Einladung ergehen, bevor «an mit den andere» Mächten Fühlung genommen habe. Kabinen Bram entzieht sich dem Landin» Berlin, 2. Juni. Im Preußischen Landtag, in dem am Donnerstag eine große politische Aussprache auf der Tagesordnung steht, beantragten die Kommunisten vor Eintritt in die Tagesordnung die Herbeirusung des preußischen StaatsmintstertumS, damit es sich vor dem Landtag verantworte. Abgeordneter Kube iNS.s stimmte im Namen seiner Fraktion zu, ebenso Abgeordneter Borck für dte Deutschnationalen. Nach heftiger Geschäfts ordnungsaussprache, in der dte Sozialdemokraten er klärten, daß da» zurückgetretene Ministerium nur die Ge schäfte wettersühren und keine politischen Handlungen mehr ausüben könne, wurde der kommunistische Antrag auf Herbeirusung des Ministeriums angenommen. Die Sitzung wurde darauf für eine Viertelstunde unterbrochen. Rach Wiedereröffnung der Sitzung zeigte es sich, daß bie ReglerungSbänke leergeblieben waren. Die drei Zentrumsmtaister Hirtsteser, Steiger und Schmidt hatten aus ihren Abgeordnetensitzen Platz ge nommen. Aus Anfrage des Abg. Kube sNatfoz.s teilte der Präsident mit, baß der Antrag des Landtages dem preu ßischen StaatSministerinm überreicht worden sei, daß aber keinerlei Antwort eingegangen sei. Aba. Kube sNatsoz.s be antragte erneut Aussetzung der Sitzung aus eine Viertel stunde, damit der Ministerpräsident Dr. Braun abermals ausgefordert werden könne, vor dem Landtag zu erscheinen. Die Sitzung wurde daraus, dem Antrag gemäß, erneut ab gebrochen. Bei der Wiedereröffnung der Landtagssitzung teilte Präsident Kerrl mit, baß Ministerpräsident Braun ihm tele phonisch erklärt habe, er sei damit beschäftigt, in einem Brief an den Landtag dte Gründe für sein Nichterscheinen barzu legen, da er Zweifel daran habe, ob dte Herbeiführung eines bereits zurückgetretenen Kabinett» noch zulässig sei. Die Nationalsozialisten brachten daranf einen Antrag ei«, sämt lich« preußischen Minister, die der Sozialdemokratischen Partei und der Staatspartet angebören, wegen Verletzung der Verfassung vor dem StaatSgerichtShos anznklagen. Der Antrag wurde mit der politischen Aussprache verbunden. Der Landtag trat llann in die Aussprache ein. Reue Annchen in Hamborn DttiSburgHambor«, 2. Juni. Im Stadtteil Marx- loh machten Mittwoch nachmittag größere Ansammlungen ein Einschreiten der Polizei erforderlich. Um da» Vor bringen der Beamten zu verhindern, hatten die Demon stranten mehrere große „Mülltonnen aus die Straße gestellt; mit Stetnwürfen und „Nieder"-Rufeni wurden die Beamten empfangen, die aber durch ihr energische» Ein schreiten die Ruhe wtederherstellen konnten. — In den späten Abendstunden kam eS zu neuen Ausschreitungen. Mehrere Schaufensterscheiben eines Lebensmittelgeschäfte» wurden eingeworfen. Dte Polizei säuberte mit dem Gummiknüppel die Straßen und nahm drei Personen fest. — Ein schwerer Zusammenstoß ereignete sich in der Arbeiter kolonie tm sogenannten Goetheviertel in Obermarxloh. Dte Menge warf in einem Lebensmittelgeschäft dte Schau fenster em und plünderte bie Warenbestände. Al» die Polizei etnschrttt, wurde Ne mit Steinen beworfen und auch beschossen, woraus die Beamten baS Feuer erwiderten. Ob es Verletzte gegeben hat, steht bi» zur Stunde noch nicht fest. Reue Vookottnote Danzigs an Polen Danzig, 2. Juni. Der Senat hat dem diplomatischen Vertreter der Republik Polen in Danzig eine Note zu gehen lassen, die sich erneut gegen bie polnische Boykott- Propaganda in Danzig und Zopvot und vor allem gegen bi« Betätigung polnischer Etsenbahnbeamter bei dieser Pro paganda wendet. Wünsche -es chan-werks Berlin, 2. Jun«. Wie der ReichSverbanb be» Deutschen Handwerk» mitietlt, hat er gestern telegraphisch den Herrn Reichspräsidenten ersucht, in das neuzubildenbe Kabinett auch Vertreter be» gewerbliche« Mittelstände» an «tt- scheidend«, chWste