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r«. tzahrgang. Sir. 280 Donnerstag, is. Nluni 1932 Gegrünöek 1896 Drablanlchrtst! Na-brtchlen Deekbei« gerawrecher-Eammelnummer: »»eit RIui !ÜI Nachtgklprlch«: Nr. 5001t EchrytteUu«, u. HauptgelchbUtfleU«! Liesdea - N. t< vlartrnftiat» »8/»5 VetuasaesOI« lei UgNck, »welmaNgee gufteNim» monaMch ».»» Ml. letnichNeßNch 70 Vf», für rrägev l»hn>, durch Pastbew, 5.50 Ml. etnlch>l«»»ch S« dl«. «ostarbLhr lohne PosI»ust«Ilung«gkbühr> »et 1 mal »bchenMchem verland. Mneelnummer 10 vlg., außerhalb «achlen» l» vlg. lln»el,enpreil«: Di» einspaltige 50 mm breit» Lette 55 Ps,., >ür auswiri« »0 Vs»., dl« »0 mm dielte SieNainezeile 500 vlg., »überhol» 550 VIg. ab», llrtlenablchlaa lt. Darts, gamlltenanietgen und Siellengeluche ohne vabatt »5 vis-, auierhalb 55 Bl», vllertengebühr 50 BI». Nulwirtige llultrige gegen vorau»be»ahlung. Dru« «. vnlagI vlevlch 4 vetchardt, Dietden. Bostlcheck-Mo. l0«5 Dresden Vachdruck nur mit oeutl.QueNenangab« (Dre»dn. vachr.) »utilllg. Unverlangt» Schrtllftack» »erden nicht aufbewahr« tll Der Anhalt -er poltttfchen Rotvervrdnung Alle Länder zur DmchWrung vervftMel vradtmolcknog «oioror vorltaor Sodrttttottnoo Berlin, 18. Juni. Der NeichSminister des Innern vonGay 1 unterrichtete am Mittivochnachmittag die Reichs- ratsbevollmächtigten der Länder über den Inhalt der Henle vom Reichspräsidenten unterzeichneten sogenannten poli tischen Notverordnung. Nach dem Inhalt dieser Verordnung ist das SN.» und SS.-Berbot unwtderrus» lich ebenso aufgehoben, wie das Unisormverbot für daS ganze Reich. Entgegen der von der Linken verbreite ten Auslassung haben nach unsere« Informationen die Länder keine Möglichkeit, durch eigene Verbote die ReichSnotverordnnng zu durchkreuzen. Auch die von Bayern beabsichtigte Anwendung des Notverordnungs paragraphen der bayrischen Verfassung dürste dem Reichs, recht gegenüber illusorisch sein. Neben der SA. und SS. werden sämtliche übrigen durch daS Groener-Berbot be- trosfenen Organisationen der NSDAP, wieder erlaubt. Auch die geschlossenen SA. »Heime und Feldzengmeiste- reten werden wieder sreigegeben. Die alte Notverordnung, durch die „Ruhe und Ordnung gesichert" werden sollen, wird generell aufgehoben. ES erfolgt eine vollständige Neuregelung, in die freilich Teile der alten Bestimmungen ausgenommen ivorden sind. Nur die SPD. hat eine Ausnahmestellung. Ihre Organisationen werben weiterhin verboten bleiben. DaS SA.-Verbot und Unisormverbot wird in der neuen Notverordnung gar nicht erwähnt. Da die alte Not verordnung, die diese Bestimmungen enthielt, nicht mehr besteht, fallen diese Sondermaßnahmen gegen die NSDAP., aber auch gegen den Stahlhelm und andere Verbände die vom Unisormverbot betroffen worden sind. weg. Die Ver bände können unter Aufsicht des Reich-Ministers des Innern gestellt werden. ES handelt sich aber hier nur um eine Kann- Vorschrift. Ein Zwang besteht für das ReichS- tnncnmtntstcrtum nicht. Jedenfalls hat der ReichSinnen- mtnister völlig freie Hand. Was die Prcsscnotverordnung angeht, so sind in der neuen Verordnung die alten Bestimmungen im wesentlichen übernommen. Nur die Formulierung und die Begründung ist eine andere. Früher hieb eö beispielsweise, daß Presseorgane verboten und beschlagnahmt werden können, wenn sie die öffentliche Ruhe und Sicher heit durch ihre Schreibweise gefährden. Nach der neuen Not verordnung sollen derartige Schritte der Presse gegenüber nur dann ergriffen werden, wenn „lebenswichtige Interessen des Staates gefährdet sind". Von ganz besonderer Bedeutung ist schließ lich, daß die neue Notverordnung auch die seit Jahren ge forderten scharfen Bestimmungen aegen Landesverrat jedweder Art in sich birgt. Als besonderen Abschnitt sind diese Bestimmungen in die Notverordnung hinelngearbeitet. Sie richten sich insbesondere gegen Landesverrat und daS De nunziantentum gewisser Kreise, die mit den bisherigen Ge setzen nicht gefaßt werden konnten. In der NeichSregierung nahestehenden Kreisen rechnet man jetzt damit, daß die Länder, soweit sie gegen die Aus hebung des SA- nnd NnilormvrrbotS Einspruch erhoben haben, sich doch dem NeichSrccht fügen werden. DaS Demonstrationsverbot, daS in einigen Ländern besteht, wird durch die neue politische Notverordnung an sich nicht berührt. ES wird jedoch in der Wilhelmstraße an genommen, daß sich kein Land gegen die Notverordnung, als einer Verordnung des Reichspräsidenten, wenden wird und daß auch örtliche Dcmonstrationsverbote keinesfalls dazu benutzt werden, sich in Gegensatz zur Politik des Reiche» zu stellen. Offenbar ist die Regierung entschlossen, allen derartigen Versuchen sofort mit geeigneten Mitteln entgegenzutreten. Keine Nerliingerimg der Blirnerlleuer »mA die Länder Berlin, 15. Juni. Im Zusammenhang mit der neuen Notverordnung ist in verschiedenen Kreisen die Frage er örtert worden, ob die von der NeichSregierung nicht durch geführte Verlängerung der Bnrgerstcuer nunmehr durch die Ländcrregicrungcn erfolgen kann. Aus Kreisen des Reichs- sinanzministcriums wird demgegenüber sestgcstellt, daß die Bürgcrstcuer sich auf reichs rechtliche Grundsähe stütze, und auS diesem Grunde von den Ländern nichtohne be sondere Neichsermächtigung erhoben werden darf. Sic druliibk Delegation in Lausanne Geste Fühlungnahme Lausanne, 15. Juni. Reichskanzler von Papen, Neichöaußenmtnistcr von Neurath, Nclchssinanzministcr Graf S ch w e r i n K r o s i g k und NctchswirtschastSminljler Warmbold sind am Mittwochnachmittag mit dem fahr- vlanmäßigen Berliner Schnellzug zu der Lausanner Kon ferenz hier cingetrosscn. Melchior ist bereits früher in Lausanne eingetrosscn. Die deutsche Abordnung ist im Hotel Sa von abgcsticgen. Am Bahnhof waren von den Schweizer Behörden strengste AbspcrrnngSmas,nahmen ge troffen worden. Die Stadt zeigt das bewegte Bild des Vorabends einer großen diplomatischen Konferenz. Die großen Lausanner Hotels sind bis aus den letzten Platz besetzt. Der Andrang der internationalen Presse ist groß und übertrifft bei weitem die Teilnahme an der Genfer Abrüstungskonferenz. Die Tribntkonscrenz hat am Mittwoch um 17K Uhr mit einer Ehesvorbcsprechung begonnen, an der Reichs kanzler v. Papen, Außenminister v. Neurath, Macbonald, Herrio«, Grandi, der belgische Ministerpräsident Renkin und der japanische Botschafter in Rom, Aoshida, teil» nahmen. Heber diese elnclnhalbstündige, vertrauliche Sitzung wurde folgendes kurze, wenig besagende amtliche Kommuniguö veröffentlicht: „Die Führer der Dele- gationcn der sechs einladenden Mächte haben heute abend, begleitet von ihren Kollegen, tu Ehateau d'Ouchy eine tn- osstzielle Sitzung abgehaltcn, um über den Verlaus der Eröffnungssitzung am Donnerstag zu beraten. ES ist beschlossen worden, baß lediglich zwei Begrüßungsreden von dem Schweizer BundeS- -räsibenteu Motta und dem Präsidenten der Lausanner Konferenz gehalten werden sollen." Die Eröffnungssitzung wird im Hotel Beaurivage am Donnerötagvormittag nm 111 Uhr stattstnden. Neber den Verlaus der heutigen NachmtttagSsitzung wird völliges Stillschweigen bewahrt. Nach amtlicher Mitteilung nehmen an der Lausanner Konferenz 18 Mächte teil, und zwar: Deutschland, England, Frankreich, Italien, Belgien, Japan, Rumänien, Tschecho- slowakel, Sttdslawicn, Ungarn, Griechenland, Polen, Portu- gal, Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika und Bul garien. Die österreichische Regierung «st nicht etngeladen, da aus der Haager Konferenz bereit» die österreichischen Reparationen endgültig geregelt worden sind. Die Sitzungen der Konferenz finden in dem alteriümttchen «hateau d'Ouchy statt. Wegen der Ermordung des Sowjetkommissars Sborowski auf der Lausanner Kon ferenz im Jahre 1V28 sind die Kontrollmaßnahmen ungewöhnlich streng. Macbonald ist als Präsident der Konferenz auS- ersehen. Er wird in der feierlichen Eröffnungssitzung am Donnerstag offiziell erwählt werden. »erl-NMung »es rribatmeraterlumS? Lausanne, 15. Juni. Aus maßgebenden französischen Kreisen verlautet Mittwochabend, Herriot und Mac- donald feien übereingekommen, -er Lausanner Konserenz vorzuschlagen, im Anschluß an diese Konserenz oder einige Kochen danach in Lansanne eine gesamteuropäische Wirt- schastSkonferenz abzuhalten. In -er die gesamteuropäischen Handels- und wirtschaftspoli tischen Fragen, besonders die Fragen der Zoll Herab setzung und der Währungsangleichung, erörtert werden sollen. Auf französischer Seite wird ausdrücklich hervorgehobcn. daß Herriot keineswegs die Arbeit -iefer Konferenz lediglich ans die Donaufragen beschränken wolle. Vielmehr bestehe zwischen der englischen und französischen Negierung weitgehend Uebereinstimmung darin, daß bei -em gegenwärtigen Stand der Wirtschaftskrise die gesamt europäische Verständigung über die Handels- und Wirtschaftspolitik unerläßlich geworden sei. Die jetzt von englischer und französischer Seite geplante WirtfchaftS- konserenz solle die kommende Weltkrisenkonserenz in London und eine Einigung -er europäischen Mächte auf -iefer Kon ferenz vorbereiten. Ferner wirb mitgeteilt, zwischen Herriot und Mac, donald sei vereinbart worden, der Lansanner Kon ferenz Verlängerung beS Tribntmvra» «orinmS ans sechs Monate »orznschlageu, da bis znm 1. Juli, dem Tag« d«S Ablaufs d«S Hoover» Zahlungsaufschubs, eine endgülttgeRegelung der gesamte« ReparationSsrage« nicht z« er warte« sei. Diese Mitteilung, die Mittwochabend von französischer Seite in Konserenzkreisen verbreitet wir-, hat allgemein großes Aussehen erregt und wir- lebhaft erörtert. (Erklärungen der deutschen DelegationSsiihrer au die Presse Rlm-flmktvsn-e DaS erste äußere Anzeichen des inneren Kurswechsel» — noch vor dem Inkrafttreten der politischen Notverord nung — war der Vortrag eines nationalsozialistischen Führers im Rundfunk. Mit diesem Anstalt zur Mikrophon freiheit für die nationale Bewegung ist ein in den Frlih- fahrSwahlen heiß umstrittenes Kampfziel erreicht. Nur Sübbcutschland scheint sich durch Aufrechterhaltung der Rund« sunksperre für das nationale Wort noch ein lächerliche» Reservat Vorbehalten zu wollen, damit das Thema auch für den beginnenden NcichStagSwahlkainps seine aktuelle Bedeu tung behält. Da es noch kein Mittel gibt, naziverseuchte Aetherwcllen an der Mainlinie zu stoppen, werden die Bayern, Württemberger und Badenser auch gegen den Be fehl ihrer Zentruinörcgicrungen die Ausführungen Straßers gehört haben. Sie waren an sich nicht aufsehenerregend, eine gutformulierte Zusammenfassung des nationalsozialisti schen Programms: die von der Oesscntllchkcit wohlverstan dene Bedeutung des Vorganges lag darin, daß zum ersten Male der Bann gebrochen wurde und endlich ein Vertreter der nationalen Opposition die Möglichkeit erhielt, seine poli tischen Auffassungen durch das modernste und wirkungs vollste Propagandamittel vor einem unbegrenzten Publikum auSeinanderznsetzen — eine Möglichkeit, die bisher die Ne gierung für sich und ihre Systemparteien allein in Anspruch genommen hatte. Diese Nundsunkwende gebt von der programmatischen Erklärung des NeichsinnenminislcrS v. Gayl aus, in der er gleichmäßige Gerechtigkeit gegenüber allen politischen Strömungen als seine vornehmste Aufgabe bezeichnete und Im Hinblick auf den Rundfunk besonders betonte, daß in Ihm mehr als bisher der deutsche Geist gepflegt werden müsse unter Ausmerzung fremder, undcutschcr Einflüsse. Danach ist eS also nicht so, wie man vielleicht nach der so fortigen Zulassung eines Nationalsozialisten glauben könnte, daß nun der Stiel umgedreht nnd die aus der Macht ver drängte Linke ebenso mundtot gemacht werden soll, wie unter Ihrer Herrschaft die Rechte. ES ist nicht beabsichtigt, die alten Ungerechtigkeiten auszuheben, um neue zu schassen; daS Ziel ist die Gleichberechtigung der politi schen Strömungen vor dem Mikrophon. In den amtlichen Richtlinien sttr Wahlreden im Rundfunk ist daS deutlich zum Ausdruck gebracht. „Politik im Mundfunk" war seit dem Entstehen dieser Einrichtung ein leidiges Kapitel. Zuerst glaubte mau mit dem Grundsatz auskommen zu können: Politik gehört über haupt nicht in den Rundfunk. Er sollte nur der Unterhal tung und der allgemeinen Belehrung dienen. Dann hat eS sich aber schnell hcrauSgestcllt, daß in unserer Zeit eben alles ein irgendwie politisches Gesicht annimmt und daß man nicht einmal literarische oder musikalische Darbietungen geben konnte, ohne daß die Auswahl des Stosses und die Art der Bearbeitung politisch gewertet und kritisiert worben wäre. Und selbst bei gutem Willen zur Neutralität, der übrigens nicht überall vorhanden war, schlich sich von allen Seiten Politik sogar in der Form von Partcipolitik in den Rundfunk ein. Die Hörer hatten das schnell hcrauSgesun« den, wenn bei ihnen zum Beispiel der Ostmarkenrundsnnk und eine Zeitlang der Bayrische als national eingestellt galten, während andere, vor allein Berlin und Leipzig, als linkSorienttert verrufen waren. Der Bries des NcichSrund« funkkommtssarS Bredow an den Postminister Schätze! in Sachen der Brüningrcden, der kürzlich in der Oesscntlich- keit unliebsames Aufsehen erregt hat, zeigt fa auch, daß die deutschen Sendelcitungen vom Grundsatz der Ucberparteilich« keit ganz abgckommen waren und danach drängten, den Rundfunk politisch eiuzuletzcn, natürlich im Interesse des BrliningsystemS. Kein Wunder, baß eS bet solcher Ein stellung der Verantwortlichen zu jener Entwickelung in der Behandlung politischer Fragen im Seudeprogramm kam, die von nationaler Seite so heftig bekämpft wurde. ES sing an mit der Verbreitung politischer Nachrichten In einer Aus wahl und Verarbeitung, die zwar den Schein der Neutralität wahrte, aber dem Kundigen doch deutliche Tendenzen verriet. Dann kamen allgemein politische und wirtschaftliche Bor träge unter der Rubrik „Aktuelle Stunde" oder „Zum Tage", in denen diese Absicht noch deutlicher hervortrat. Der folge richtige Abschluß war die einseitige Beschlagnahme des Rundfunks durch die Brüningregierung, die nur noch ihre Vertreter und Fürsprecher zu Worte kommen ließ. Die Art, wie zum Beispiel in Mahlzeiten Innerpolitische Kampf reben des Kanzlers im Reichstag ohne die Entgegnung der Opposition wiederholt über alle Sender verbreitet wurden, löste die Empörung aller rechtlich Gesinnten in so starkem Maße aus, baß diese Ucberspannung seiner Unduldsamkeit einer der Hauptgründe wurde, an denen das alte System zu- sammenbrach. Damit soll e» endgültig vorbei sein. Wie sieht nun die neue Regelung au»? Zunächst hat die Regierung Papen von ihrer Vorgängerin den Anspruch übernommen, daß sie selbst durch den Rundfunk zum Volke sprechen und ihre Auffassung über aktuell« Probleme barlegen kann» Diese» Recht hat auch dem Kabinett Brüning grundsätzlich niemand bestritten,- nur gegen den Mißbrauch wandte sich