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Dresdner Nachrichten : 19.06.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-06-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-193206197
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19320619
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19320619
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-06
- Tag 1932-06-19
-
Monat
1932-06
-
Jahr
1932
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 19.06.1932
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Nr. 2S5 Seite 2 —- „Dresdner Nachrichten" — Sonnlag. ' KamMmtinftdafl WD. - Wkkne AM RMsreM briM LandesrM »4 Scharfe Gtlmmen gegen die Bayrische Bolkspartel . eitun - eingeladen. In die Pflichten und Rechte der Länder durch polizeiliche Mastnahme» Störungen der Ruhe und Ordnung vor- zubeugcn. will und dgrf die Verordnung nicht eingreifen. Was die Länder zum Beispiel auf Grund des Artikels 123 Absatz 2 der ReichSversaslung tiber Versammlungen unter freiem Himmel glauben anordnen zu müssen, bleibt ihr Recht Solche Anordnungen kann der NeichSinnenmtnister nicht aushcben. Wer sich von ihnen beschwert fühlt, kann die nach Landesrecht gegebenen Rechtsmittel dagegen an wenden." StaWelm und bahrischeS 1lnis»nnmt»t München, 1K. Juni. Ter bayrische Stahlhelm hat an de» Rcichopräsidcntcn und an den Reichsinnenminister fol gendes Telegramm gerichtet: „Allgemeines Uniform- und VcrsammlungSverbot von bayrischer Staatsregierung wegen gestriger Vorgänge im Bayrischen Landtag erlassen, an denen der Stahlhelm in keiner Weise beteiligt war. Bitten drin gend, Aushebung dicker auch den Stahlhelm trcsfendcu Mass nahmen zu veranlassen, gcz. v. Lenz, Führer des bayri schen Stahlhelms." rot« Front fetzt jenseits aller parteipolitischen zum .Lamps gegen die Rechte nnd gegen die raantliert. eine Entwicklung, die tm Reichs- Front Aufhebung des Demonftrationsverbot». Das Antwort- schreiben, das der „Vorwärts" heute in groster Aus- machung veröffentlicht, schliefst mit folgendem Satz: „Die Eiserne Front fleht keine HindernngSgrllnde für ein einheitliches Vorgehen, wenn Sie die im vorstehenden Schreiben gewünschten Voraussetzungen ehrlich geschaffen haben." Vertin, 18. Juni. Zwischen den Sozialdemokraten, der Eisernen Front und den Kommuntsten werden zur Zeit Fäden gesponnen, die grösste Aufmerksamkeit er fordern. Die Berliner Ortövorstände der SPD., der Ge werkschaften und des Reichsbanners haben nämlich ein Schreibe» der Berliner kommunistischen Bezirksleitung er halten, In dem diese die SPD. zu einem gemetnsa m c n Aufmarsch der Arbeitermassen in Berltn gegen den Faschismus auffordert. Die Eiserne Front hat sich beeilt, aus diese Aufforderung der Kommunisten zu antworten. AIS Voraussetzung für daö Zusammengehen gegen den Faschis mus fordert die Eiserne Front, daß die Angriffe der Kom munisten gegen die Organisationen der Eisernen Front und ihre Führer eingestellt iverdrn. Ferner fordert di« Eiserne Namn vkrbikltl am» Narleiab-elchrn München, 17. Juni. DaS bayrisch« Gesamtmini« sterinm hat dnrch eine Berordnnng dem Polizetstraf» gesetzbnch einen neuen Artikel angesügt, wonach zur Ab wehr von Gefahren sür die öffentliche Sicherheit und Ord nung die staatlichen Polizeibehörden Anordnungen mit vor übergehender Geltung erlassen könne». Auf Grund dieser neuen Bestimmung hat das Mini sterium des Innern mit sofortiger Wirksamkeit da» Tragen einheitlicher Partei, oder VnndeSkleidung Li» zum SO. September verboten. Zuwiderhandlungen werden mit Hast bis zu sechs Wochen oder mit Gelbstrase bis zu ISN Reichsmark bestraft. Vis z« dem gleichen Zeitpunkt ist ferner daS Tragen einheitlicher Abzeichen verboten, die dazu bestimmt oder geeignet sind, die Zugehörigkeit zu politischen Ber einigungen äusterlich zu kennzeichne». Ob bas bayrische geschäftSführendc Ministerium berech tigt ist. ohne Befragen des Bayrischen Landtages das Polizeistrasgesetzbuch abznändcrn, ist zweifelhaft. LSn-erkonferenz am Mittwoch Berlin, 18. Juni. Der Reichsminister des Innern hat heute die Innenminister der Länder zu einer Besprechung über die innerpolitische Lag« und die Handhabung der Berordnnng gegen politische Ausschreitun gen vom 14. Juni auf Mittwoch, den 22. Juni, eingeladen. Freigabe -er SA.-Unterkünfte vradtmolckung aoaoror Vorltnor Sodrtttlottnng Berlin, 17. Juni. In Durchführung der Bestimmungen der Notverordnung, die das Verbot der SA. wieder aufhebt, sind gestern Im Lause des Tages die von der Polizei tm April geschlossenen Unterkünfte und Räume der SA. sowie das darin beschlagnahmte oder bet SA.-Funktionären sicher gestellte Material sretgcgeben worden. Beamte der Abteilung I erschienen am Vormittag in den verschiedenen Gebäuden, insbesondere in der Heoemannstraste, um die Siegel zu entfernen und di« Schlüssel zu den Räumen zu übergeben. Gleichzeitig wurde den beteiligten Personen und Büros von der Polizei Mitteilung gemacht, dast sie da» im Polizeipräsidium lagernde beschlagnahmte Material abholen könnten, was auch zum Teil schon am Nachmittag erfolgte. Zu irgendwelche» Zwischenfällen ist es bet der Freigabe der Räume nicht gekommen. Hamburg bleibt beim Demonstrationsverbot Hamburg, 17. Juni. Die Polizeibehörde teilt mit, dast für Hamburg das am 18. Juli 1031 erlassene allgemeine Demonftrationsverbot unverändert wetterbe steht« Auf Grund dieses Briefwechsels ist «S nicht ausgeschlossen, daß sich die - - Differenzen Regierung »>r >»> innenmintst«rinm mit Aufmerksamkeit beobachtet werden sollte. Die Reichsregierung hat bekanntlich der Kommunisti schen Partei gegenüber als einer Partei der grundsätzlichen StaatSzerstörung und StaatSvcrneinung Sonbcrmastnahmcu für notwendig gehalten. Die kommunistischen Kampforgani- sativnen bleiben verboten, der Weg zum Rundfunk ist den Kommunisten verwehrt. Sollte letzt die Eiserne Front sich dazu verstehen, mit den Kommunisten in Reih und Glied zu marschieren, dann würde daS Reichsinnenministerium sofort -n prüfen haben, inwieweit die Sozialdemo kratie sich damit die Thesen der KPD. zu eigen macht und ob dann die Organisationen der Eiserne» Front nicht die selbe BchandlungSwetsc erfahren müsse», wie der kommu nistische Rot-Frontkämpfer-Bund. Aeberfalle auf Hitlerleute in Leipzig Leipzig, 17. Juni. Ans Anlast der Aufhebung des Uni- formverbotes veranstalteten am Freitagabend sowohl die SPD. als auch die NSDAP. Demonstrationszüge und Ver sammlungen. Als in der Promenadenstraste der Zug der SPD. an der Wirtschaft Sanssouci vorüberzog, kam cS zu einem Zusammenstost zwischen uniformierten Zugteil nehmern mit uniformierten Nationalsozialisten, bet denen drei Teilnehmer verletzt wurden. Die Fenster der Wirtschaft wurden von SPD.-Leuten eingcschlagen. Vor der Gastwirtschaft Drei Lilien in der Kohlgartenstraste wurden Nationalsozialisten, die dort eine Versammlung ab gehalten hatten, gegen 11 Uhr von uniformierten SPD.- Leuten überfallen. Sie flohen in daS Lokal zurück. Auch hier wurden sämtliche Fen st er etngeschlagen. Ein Nationalsozialist wurde verletzt. Bei einem Ueberfall aus der Riesaer Straste wurde ein Nationalsozialist schwer ver letzt, zwei trugen leichtere Verletzungen davon. Zwei Ange hörige der SPD. wurden dem Polizeipräsidium zugcsührt. Swet Opfer -er Hamburger Kommuntstenunruhen Hamburg 18. Juni. Im Stadtteil St. Georg kam cS am Freitagabend zwischen Kommunisten und der Polizei zu schweren Zusammenstöstcn, Zwei OrdnungSpolizistcn wur den durch Schüsse schwer verletzt. Herbeigeeilte Polizeiver- stärkungen erwiderten daS Feuer, durch das gleichfalls mehrere Personen verletzt wurden. Der Polizeiwachtmeister Wagt ist inzwischen seinen schweren Verletzungen erlegen. Sein Kamerad liegt mit einem Schlüsselbein- und einem Lendcnschust im Krankenhaus. Einer der Verletzten, der 84jährige Motorradfahrer N l u d a st, ist gleichfalls in der Nacht gestorben. In den hiesigen Krankenhäusern befin den sich noch fünf durch Schüsse schwer verletzte Männer. Eine verletzte Fran konnte noch nicht ermittelt werde». ES ist anzunchmcn, dast sic von den Kommunisten weggcbracht wor den ist. MmivW tm zriibm der RM-Mlttk Darmstadt, 18. Juni. Die hessischen Wähler haben am Sonntag den erst am 15. November v. I. gewählten, durch de» StaatSgcrichtShos für ungültig erklärten Landtag neu zu wählen. Im Wahlkamps, der in der Hauptsache nur eine Woche gedauert hat, spielten der Regierungswechsel im Reich und die Notverordnungen die Hauptrolle. ES sind diesmal nur neun W a h l v o r s ch l ä g e eingereicht, gegen dreizehn bei der vorjährigen Landtagswahl: Hessische Land- volkpartct, Deutsche Äolkspartct, Deutsche Staatspartei, vhristltchsozialcr Volködicnst, VolkSrcchtpartet und Wirt- schastSpartct haben sich zur „Nationalen EtnhettS- l t st e" znsammcngeschlosicn. In hessischen politischen Kreisen ist man gespannt, wie sich dieser Zusammcnfchlust stimmen mässig auSwirken wird. Die in der „Nationalen Einheits liste" vereinigten Parteien hatten bei der letzten Wahl zu sammen fünf Sitze erlangt. Dabet war allerdings die Wirt- schaftspartci wegen Nichtzulassung ihres Wahlvorschlages ausgefallen. Die Nationalsozialisten, die bisher 27 von 7N Sitzen innehatten, mttstten einen Zuwachs von mehr als IMllüN Stimmen erhalten, nm die absolute Mehrheit zu erlangen. Einen solchen Gewinn hält man aber für nicht wahrscheinlich und rechnet Infolgedessen damit, dast auch im neuen Landtag die Regierungsbildung auf groste Schwierig keiten stosten wird. Wünsche -es Reichsbanners vrndtmolcknno unyoror Sarllnar Lokrlttlaltnoy Berlin, 18. Juni. Die NundeSsithrung des Reichs banner». vertreten dnrch den BundeSführcr Hölter mann nnd durch die Reichstagsabgeordneten Lemmer und Ferl, erschien beim ReichSmlnistcr des Innern, von Gayl, um mit ihm verschiedene Fragen, die sich ans der Aufhebung des UnisormverboteS ergeben haben, zu erörtern. Dabei regte daS Reichsbanner an, die Notverordnung, so weit sie daS Unlsormverbot aufhebt, bis zum 31. Juli, dem Wahltag, zu suspendieren. Im übrigen teilte da» Reichs banner mit, dast es nunmehr seine Schufoorganisa- tion in vollem Umfange anfztehen werde. klärt daö Blatt, dast die gestern getroffenen Anordnungen aus die Dauer zur Durchführung gelangen, zumal der ganze Vorgang sich im Schatten der fehlenden Ucberein- siimmung zwischen Reich und Ländern über die Durch- sührung der neueste» Neichönotverordnung abspiclt. Sie Rechte verlaust Eimreisen des Reiche- vralstroalcknng aneoror varllaor Sebrlltlallung Berlin, 18 Juni. Tie Ausdehnung der bayrischen Fronde gegen das Reich durch die willkürliche ASünderung des bayrischen PolizeistrasgcsehbucheS in dem Punkte des Tragens einheitlicher Parteiabzeichen findet eine in steigendem Maste scharfe Zurückweisung seitens mastgebc»- der Berliner Blätter. Die „Berliner Börsen- zeitung", der enge Beziehungen zum ReichSwchrministe- rium nachgesagt werden, spricht von einer bayrischen Provokation und kritisiert in diesem Zusammenhang die Haltung des RcichsinncnmintsterinmS, dem sic nicht genügendes energisches Vorgehen vorwirst. „Die unbegreif liche Passivität, mit der die mastgcbendcn RcichSslcllcn den Affront aus Karlsruhe hingenommcn habe«, hat sich dem nach gerächt. WaS wir befürchtet haben, ist eingetreten. Indem man eS unterliest, den RebellionSgcltisten der badi schen Provinzcäsaren sofort den Dämpfer anfzusetzcn, der ihnen gebührt, hat man der ganzen süddeutschen Zentrums front nur das Stichwort gegeben. Tas badische Beispiel macht Schule. Tie Meuterei breitet sich aus, in Berlin aber schweigt man noch immer, konnte man sich auch gestern abend, nachdem die Kunde von dem Affront ans München bereits längst vorlag, zu keinen irgendwie der Sachlage ent sprechenden Gcgenmastnahmen ansrafsen. Für alle Kreise, die, auch ohne Partetbindung, zur neuen Reichsregierung stehen, bedeutet diese Untätigkeit eine schwere Be lastungsprobe. Wie lange will man im Neichsinnen- mtnistertum noch warten?" Die „DAZ." erklärt, dast durch daS Vorgehen des bayrischen LandtagSpräsidcnten nnd dnrch die Ausweisung der gesamten Fraktion der zwcitstärksten Partei Bayerns sich die Bayrische VolkSpartci ani lange Sich» hinaus auch noch die absolute Mehrheit tm Parlament verschafft und dadurch der Behauptung einer Partei- politischen Willkürherrschaft in Bayern noch mehr Berechtigung verliehen hat. ES ist unvorstellbar, er harmlose» Titel „Abschlagszahlung" zu erlange«. Denn dis Zukunft ist ja nach Herriot» Ansicht offen. Auch glaubt der französische Ministerpräsident, seine Forderungen bereit» mit der Andeutung angemeldet zu haben, e» sei eine ungerechte Benachteiligung Frankreichs, wenn man nicht di« deutschen Eisenbahnen zur Basis der Mobilisierung einer deutschen Restzahlung mache. Noch hat Papen, dessen erste» Auftreten geschickt war und un» alle Möglichkeiten ossen hielt, auf Herriot» An- sinnen nicht geantwortet. Aber die Antwort kann nur dahin gehen, daß der Versailler Vertrag keine Berpsltch- tun« Deutschlands enthält, sür dte Schulden unserer Gegner an Amerika aufzukommen, von denen über ein Drittel erst nach dem Kriege, ja sogar teilweise erst nach Unterzeichnung de» Versailler Diktats, gemacht worden sind. Jetzt, nachdem mit der Macdonaid- crklärung dte Fragen der drängenden Gegenwart bereinigt worden sind, must iu der Hauptfrage die Entscheidung fallen, die nach deutscher Aufassung nur dahin lauten kann: Deutsch land kann nicht zahlen, es braucht aber auch nicht mehr zu zahlen, weil es bereits mehr an Tributen geleistet hat, als es tm FrtebenSvertrag verpflichtet war. man nicht tragisch zu nehmen, weil er für un» keine un-. mittelbare Gefahr mehr bedeutet. Al» die Franzosen im Januar dte Konferenz sabotierten und die Neufestsetzung de» Termins aus 14 Tage vor Ablauf des HoovermoratoriumS durchsetzten, da stand zu befürchte», Paris wolle dte deutschen Vertreter unter das Damoklesschwert der drohen den Feststellung eine» ntchteingehaltenen Zahlungstermins stellen. ES bestand die erhebliche Gefahr, dast bann die Feststellung einer „schuldhaften Ver fehlung" durch den Haager Gerichtshof Frankreich ein schein- bares Recht auf eine unabsehbare Reihe von „Strasmöglich- ketten" geben. Tiefe Fnstangel, die noch der betriebsame Tardteu auSgedacht hatte, ist dadurch beseitigt worden, dast der eng lische Austenminister Simon bereits in Gens Herriot einen Vorschlag übermittelte, der de» Eharakter einer endgül tigen Regelung im Sinne der Streichung tragen sollte und der dann auf Einspruch des französischen Ministerpräsi den in die bekannte Erklärung der fünf Mächte umgeändert wurde. So hat Frankreich, um einer stärkeren Schwächung seiner Stellung zu entgehen, notwendig ans Tardteus klug gelegte Fallen verzichten müssen. Denn durch Macdonalds Erklärung kann Deutschland nie mehr in Zahlungsverzug kommen, sofern eS keine neuen Verpflichtungen cingeht. Die Handhaben, die der -joungplan Frankreich durch dte Mög lichkeit einer Anrufung des Haager Gerichts bot, sind damit aufgehoben. Wir möchten dabei vermuten, dast der eng lische Vvrstost hinter den Kulissen ans die Aussprache znrttck- zukühren ist, die der deutsche Austenminister v. Neurath unmittelbar nach seiner Ernennung mit dem englischen Staatsmännern in London hatte. Jedenfalls hat die bis herige Entwicklung in Lausanne bewiesen, dast dte Zeiten für eine hartnäckige Haltung Frankreichs vorbei sind. Her- rivt kämpft bereits um ein Unentschieden der Partie. Seine Haltung erinnert an einen Schachspieler, dessen König be droht ist und der deshalb die sogenannte Rochade vornimmt, das heistt, den König mit dem Turm ansivechselt, so dast dem Angreifer dort, wo ihm eben noch der Kern dcv gegnerischen Spiels gegenttberstand, plötzlich ein wehrhafter Turm ent gegensteht, der zum Gegenangriff bereit ist. Einen solchen Schachzug hat Herriot in die beabsichtigte ursprüngliche Er klärung Macdonalds eingebaut. An die Stelle der Haupt aufgabe der Tributregelung ist von Herriot eine viel wetter reichende Aufgabe geschoben worden, indem er durch ¬ setzte, daß die Streich««- der Tribute htnter I die Streichung der Kriegsschulden und damit hinter eine allgemeine «eretntgung der Weltkredttschwtertgketten gestellt wurden. Er erreicht dadurch praktisch eine Vertagung der Lau sanner Konferenz, bis Amerika sich Verettftndet, mit sich in der Schuldenfrage reden zu lassen. Dte moralische Berant- wortuna an der Verschärfung der Krise, dte Frankreich durch die Sabotage de» HoovermoratoriumS zu tragen hatte, glaubt es für diesmal auf Amerika abgewälzt zu haben. Sinkt die Lausanner Konferenz in einen Dornröschenschlaf, wobei höchstens noch ein kleine» Häufchen Sachverständiger in ein paar Konferenzzimmern die Permanenz für die Welt- ösfentltchkctt versinnbildlichen sollen, so ist, was auch geschehe, Frankreich an der fehlenden Dauerlösung „unschuldig". Es hat ja mit der Zustimmung zur Macdoualderklärung leinen guten Millen bewiesen. Inzwischen geht dte Spekulation HerriotS, wie aus seiner Rede ziemlich klar hervorgeht, da hin, bei einer Besserung der WeltwirtschaftSlage von Deutsch land nicht nur politische Zugeständnisse, insbesondere auf dem dehnbaren Gebiet der «i ch e r h e t t, zu verlangen, son. dern obendrein noch eine neue Trtbutleistung unter dem Reichsitinenminifter v. Gayl im Run-funk Berlin, 17. Juni. Am Freitagabend sprach Reichsinnen minister Freiherr v. G a n l über die Verordnung gegen poli tische Ausschreitungen. Er führte dabei unter anderem aus: Die neue Reichsregierung will, dast jeder Deutsche im Nah men der Verfassung und der Gesetze sich politisch möglichst frei betätigen kann, wie er eS will. Wir wollen weiter, dast keine Partei in dem beginnenden Wahlkampf sich mehr behindert kühlen soll, als die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung eS zwingend fordern. Ich hoffe, dast die deutsche Presse auch im Wahlkampf und in ihren Auseinander setzungen mit der Regierung keinen Anlast mehr zu Verboten geben wird. Die Reichsregierung will nicht kleinlich sein, wenn in der Sitze des Wahlkampfes einmal scharfe Worte fallen, sie ist aber zur Wahrung der Staatsantorität ent, schlossen, grobe Beschimpfungen durch sofortige Ver» , bote zu beantworten. Der Minister behandelte sodann die Neuordnung der Vorschriften über die p o l i t i s ch c n Verbände. Das Wieder- auslebenlasscn der SS.- und LA -Verbände bezeichnete er als einen Akt a u S g l e i ch e n d e r Gerechtigkeit. In der Oesfentlichkeit sind, so sagte der Minister weiter, starke Be denken gegen diese Neuordnung, besonders gegen di« Auf hebung des Uniform Verbotes, laut geworden. Man befürchtet Zusa m m e n st ö st e. Auch bei einigen Länder regierungen bestehen ernste Besorgnisse, die die ReichS- regierung sorgfältig erwogen hat. Ter Reichspräsident und die Reichsregierung stehen aber aus dem Standpunkt, den der Reichspräsident in einem Brick an mich niedcrgelegt hat. Nachdem der Minister den bekannten Brief nochmals verlese» hatte, hob er hervor, dast jeder Deutsche anS diesen Worten klar erkennen könne, dast die Reichsregierung. wenn wider Erwarten Ruhe nnd Ordnung gestört würden, nicht zögern werde, unparteiisch und entschlossen die gewährten Freiheiten wieder einznlchränkcn. Er ermahne als Innenminister alle, im Wahlkampf die notwendige Achtung vor der Person des politischen Gegners nicht zu vergessen. Zu der Frage, ob die Landesregierungen hinfort das Recht haben, trotz der bestehenden Reichsverordnungen Ver bote aller Art zu erlassen, sagte der Minister: „Die Rechts lage ist klar. . Was in der Verordnung retchSrechtlich geregelt ist, wie die Zulassung ber politischen Organisationen, ist zwin gendes Reichsrecht nnd bricht nach altem Nechtssatz be stehendes Landesrecht.
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