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tl. »rahtanschMr NachrichM »r««>«« gemIp'echer-Sammtlnummer: »5»«t Nur >ür SiachtgrlprLch«: Nr. rollll LchryUeltung u. eauptgkichSsUstellrr Nrrtd«,«». l, v!ar<«nftrab« UM »ruck u. Nerlös! Lltpsch ck NelAsrdi, »rerden. Polychtck-Nto. 10SS Dretdeu Nachdruck nur mit deutl.Ouellenangab« <Lre«dn. Nach».) julLyig- Unverlangt« Echriltstücke werden nicht aulbewahrt Gegründet 1896 IvqustgrdLhr »et «L«Nch »wetmallger LusteUun, manaUlch ».« Mk. leinlchllrtilch 70 Vfg. fLr »erger- lohn), durch Vastbe«ug S.»0 Mr. elnlchlieblich U Vs», vastgebühr <°hn« PolI»ulteNung»gebahr) bet 7 mal wdchentlichem verland, «njelnummer 15 Plg., aubrchaw Eachlenl IS Psg. «nj-tgenprelle: Di« etnlvaltlge 50 mm breit« Seil« »5 vjg., lür aulwärt« «0 Pf,., dt« so mm »rett« Nellam-jeile rao Plg., «ußechald »50 Vfg. ab«. Srisenablchlas u. Dartl, gamUirnan«eigen und Stellengeluche ahn« Rabatt »5 Vls^ aubechalb »5 Vf», vllertengeblchr »0 PI». Uutwärtlg« SultrLge gegen vorautbejahlung. Der Präsident -er franzWchen Republik Doumers LMe ins Glmee üvergemm Paris, 7. Mal. Um 4,40 Uhr früh Ist der Präsident der französischen Republik, Paul Doumer, den schweren Verletzungen, dle ihm bei dem Revolveranschlag de« Russen Gargu- lass beigebrachl worden sind, erlegen. Der Tod des französischen Staatspräsidenten hat in unterrichteten Kreisen niemanden Überrascht. Schon seit 22 Uhr abends muhte man, daß nur ein Wunder das Schlimmste abwenden könnte. Ministerpräsident Tarbieu und die Mitglieder der Regierung hatten in den Abend- und Nachtstunden das Krankenhaus fast nicht verlassen. Die Gattin des Staatspräsidenten und seine Tochter verharrten bis zum letzten Augenblick am Krankenlager. Seit 2 Uhr hatte Doumer das Bewußtsein verloren. Vor dem Krankenhaus hatte sich auch in den Nacht stunden eine grobe Menschenmenge angesammelt, die in banger Erwartung auf die Nachrichten wartete, die von Zeit zu Zelt auögcgebcn wurden. Die Ankündigung von dem Tode des Präsidenten wurde mit tiefem Schweigen hin genommen. Die Häupter entblötzten sich. Nach und nach verlief sich bann die Menge, um nunmehr vor den Zeitungs redaktionen das Erscheinen der Sonderausgaben abzu warten. Um 5,15 Uhr wurde die Leiche nach dem Elysee über- gcfithrt. Den Zug begleiteten Ministerpräsident Tardteu und die im Augenblick des Ablebens im Krankenhaus an wesenden Minister. Frau Doumer hat einige Angcnblicke später in Begleitung ihrer beiden Töchter das Krankenhaus cbensalls verlassen. Als die Leiche im Elysee eintraf, er- wiesen ihr die republikanische Garde und die anwesenden Polizisten militärische Ehren. Die sterbliche Hülle ist im Elysee vorläufig aufgebahrt worden, angetan mit dem Großkreuz der Ehrenlegion und mit allen Orden und Ehrenzeichen. Heute vormittag wirb die Einbalsamierung erfolgen. Alsdann wird das Publikum die Möglichkeit haben, am Katafalk vorüberzu ziehen. Die Einzelheiten über die Beisetzung des Staats oberhauptes werden im Kabtnettsrat, der um 11H0 Uhr im Außenministerium stattfindet, festgesetzt werben. Rach einer Meldung des „Matin", ist im Angenblick des Attentats ans Dimmer «ine Besucherin durch ein« verirrte Kugel eVeufallS leicht verletzt morden. Die Fra« des Attentäters Gargulofs ist gestern in Monaco verhaftet morde«. „Echo de Paris" hat von Prof. Abramoff, dem Vor sitzenden der Bereinigung russischer Aerzte in Frankreich, Auskunft über Garguloss erhalten. Der Attentäter hatte 1981 seine Ausnahme in diese Bereinigung beantragt und dabei angegeben, daß er sein« medizinische» Studien nicht in Mubland, sondern in Prag absolviert und dort auch das Doktorbiplom erhalten habe. Garguloff sei thm bereits damals sehr eigenartig und höchst verworren vorgekommen. Man habe seine Ausnahme abgelehnt, um so mehr, als er den Eindruck eines unkultivierten und seiner geistigen Fähigkeiten nicht ganz mächtigen Menschen gemacht habe. Die angebliche russische Faschistenveretnigung, der der Täter an- -»gehören behauptete, kenne er, Abramoff, nicht. Ser SlaEmaim Paul Soumer Fast ein Jahr nach dem größten Triumph seines Lebens, der Wahl zum sranzöstschen Staatspräsidenten, ist Paul Doumer dem Revolveranschlag eines vermutlich geistes kranken russischen Fanatikers zum Opfer gefallen. Wie am 13. Mai 1931 die Welt durch die Niederlage Briands im höchsten Grade überrascht wurde, so ist setzt der Revolver anschlag aus Doumer eine völlig unerwartete Sensation. Denn man sollte glauben, -aß die Geschichte -er letzten Zett zur Genüge gelehrt hat, welche Torheit -em politischen Mord inncwohnt. Er hat bisher nnr stets der politischen Richtung des Mörders geschqdet. Man kann deshalb das Verbrechen, dem -er französische Staatspräsident znm Opfer gefallen ist, nicht als eine politische, sondern als eine krimi nelle und pathologische Angelegenheit werten. Sie ist -ie Tat eines von politischen Wahnideen besessenen Geistes kranken. Wenn ein Staatsmann politisch kaum her vorgetreten ist, dann war es Doumer. Er hat in dem Jahre seiner Präsidentschaft, gemäß der Tradition seiner Vorgänger — Millerand und Poincarü bildeten Ausnah men —, sich bemüht, möglichst wenig von sich reden zu machen. Er faßte sein Amt im wesentlichen als eine reprä sentative Aufgabe auf, der er sich mit teuer Würde, Ruhe und korrekten Art widmete, -ie für ihn typisch war. Um so überraschender kommt das Verbrechen, dem ein Mann zum Opfer gefallen ist, -er vor kurzem, am 22. März, seinen 75. Geburtstag feiern konnte und der seiner ganzen Veranlagung nach und gemäß -er rein repräsentativen Stellung seines Amtes, LaS sich mit -er politischen Bedeu tung, zu -er -ie Stellung des deutschen Reichspräsidenten sich entwickelt hat, gar nicht messen läßt, sich äußerster Zurückhaltung befleißigte. Doumer hätte diese Zuritckhal- tung angesichts seines hohen Alters bestimmt nicht wieder aufgegeben. Der ermordete Staatspräsident kam, wie so viele französische Politiker, vom Marxismus, nm sich schließlich zum typischen Vertreter der Rechten zu entwickeln. Vor einem Jahre besiegte er ja auch als Mann -er Rechten Briand, der von den LtnkSgruppen ausgestellt wurde. Der geisteskranke Bolschewistenhasscr, -er sich als russischer Fa- schistensührer bezeichnete, hätte in ihm also zum mindesten einen Gegner der bolschewistischen Weltanschauung sehen müssen. Es ist eine besonder« Tragik im Leben Doumer», -aß er, der in seinem langen Leben nur das eine Ziel verfolgte, Staatspräsident zu werden, und dieses Ziel als der unpoli tischste Politiker Frankreichs schließlich im 75. Lebensjahre erreichte, nun einer Tat -es politischen Wahnsinns zum Opfer fiel. Denn er war schließlich das untauglichste Objekt für politisch« Attentate. Niemals ist es Doumer trotz oder gerade wegen seine» Erfolges bei der Präsidentschaft-Wahl gelungen, ein« nennenswerte politische Rolle zu spielen. Be- kanntltch wählt ja auch die Nationalversammlung, bestehend au» Kammer und Senat, mit Vorliebe Len Kandidaten, der am wenigsten politisch von sich rede» gemacht hat. Doumer wuchs in den ärmlichsten Verhältnissen aus. Im Jahre 1857 wurde er in Aurillac al» Sohn eines Ar beiters geboren. ES wird berichtet, daß sein Vater später barfuß mit Weib und Kind nach Paris gezogen fei. Dort tvnvd« Doumer Setzerlehvling. Durch viele Jahr« suchte er unL bestan- schließlich mit 22 Jahren die Lehrerprüfung. Aber auch dieses Ziel genügte ihm nicht, er schloß sich der Sozialdemokratie an und wurde Journalist. Mit 81 Jahren tritt er bereits in die Kammer ein. Es gelingt ihm, sieben Jahre später Flnanzmintster zu werden, und als kurze Zeit darauf die Rechte ans Ruder kommt — seine rote Farbe begann bereits währen- seiner Ministerzett stark zu ver- blassen —, wurde er Gencralgou ver neurvonJn do ch i na. Diese Ernennung ist nie ganz geklärt worden. Seine ehemaligen Parteifreunde haben in diesem Zusam menhang von einem „Fall Doumer", von einer dunklen Affäre gesprochen. Ob man den radikalen Politiker von Paris weglocken wollte oder ob die Ernennung der Lohn einflußreicher Kreise für die Beseitigung einer gewissen Einkommensteuer mar, — jedenfalls bedeutete dieses Amt den Wendepunkt im Leben Doumers. Er kam als schwerreicher Man» und als Politiker der Rechten zurück. Bal- darauf wird er als ihr Kandidat bet -en Prästdcnt- schastSwahlen gegen FalllSres aufgestellt. Er unterliegt. Es ist jedoch charakteristisch für -ie Zähigkeit DoumerS, -aß er, anstatt zu resignieren, sich 25 Jahre lang für die Wieder ausstellung als Präsidentschaftskandidat vorbereitet, bis sich thm vor einem Jahre die günstige Gelegenheit bietet, -ie für ihn so tragisch enden sollte. Aber in dieser ganzen Zeit bleibt Doumer politisch stets im Hintergrund. Er wird zwar von Poincarü zum Minister ohne Portefeuille ernannt, aber man will ihn dadurch nur völlig kaltstellen. Da gelingt es ihm, 192» auf Grund seines Alters Senatspräsident zu werden. Das er sehnte Sprungbrett für eine neue Präsidentschaftskandidat»! ist geschaffen. Er gewinnt auch trotz seines mürrischen Wesens eine gewiss« Volkstümlichkeit. Denn er ist Vater von sieben Kindern, und vier seiner Söhn« sind im Welt krieg gefallen. Di« Wahl Doumers zum Staatspräsidenten hatte insofern Bedeutung, als sie zur schwersten Niederlage BriandS wurde, die -aS politische Ende -eS Außenministers einleitete. Auch -er verbrecherische Anschlag auf Doumer kann ernste politische Folgen haben, -a er -Ie Verschiebung -es politischen Schwergewichts nach links, -ie für -en zweiten Gang für die Kammerwahlen zu erwarten stand, verhindern kann und so Tardieu möglicherweise erneut ein« Mehrheit zu bringen vermag. Part« in Lrauer Paris, 7. Mai. Alle öffentlichen GebLud«, die Bot- schäften und Gesandtschaften, darunter auch die deutsche Bot schaft, haben anläßlich d«S Ablebens d«S französischen Staats-, ch«f» di« Flagge auf halbmast gesetzt. Auch zahlreiche Privat- aebäude haben halbmast geflaggt oder Fähnen mit schwarzem Flor auSgeyängt. Seit heut« früh statten die ofstzielle« Persönlichkeiten, unter ihnen Botschafter v. Hoesch, dem HräsidentschaftS- palai« ihren Besuch ab. Kammerpräsident Fernand Boutsson wird im Laufe des Tages «ine Unterre-ung mit SenatSprästdent Lebrun über die Einberufung der - ... Nationalversammluna »ach BertailleS zur Wahl Lorch fleißige NachtarLett sei« »«um« »» «awLstüä^eu des veneu Präsi-cntenhavem Arbeitsbeschaffung In der Blütezeit des Kabinetts Brüning war der Rücktritt eines Ministers eine Sensation. Man er innert sich noch, ivie schwer seinerzeit dem wirtschafts parteilichen Parteiführer Dr. Vredt der Rücktritt vom Justizministerium gemacht wurde. Höchster Grundsatz war der Zusammenhalt des Kabinetts; keines seiner Mitglieder sollte den Kanzler verlaßen, und dieser wollte jedes ein zelne halten. Wie haben sich doch diese Zeiten geändert! Der RcichswtrtschastSministcr Warmbolb brauchte tn den letzten Tagen nur ein Wort zu sprechen, und schon war er sang- und klanglos verabschiedet. Wärmsten Dank für Ihre Dienste und adel Der als Nachfolger tn Aussicht genommene Leipziger Oberbürgermeister Dr. Goerdeler lehnt ab; macht nichts, der Staatssekretär mag die Arbeit allein machen. Diese Verfahrensart zeigt aufs neue die langsam in Selbstauslösung übergehende innere Brüchigkeit der Neichörcgicrung. Darüber hinaus kündigt sie einen weiteren Annäherungsschritt Brünings zur Sozialdemo kratie an, deren Stimme» er demnächst im Reichstag gegen die Nechtsopposition wieder dringend braucht. Eine andere Erinnerung ist in diesem Zusammenhang notwendig. Bei der großen Umbildung des Kabinetts, als Wirth und Guerard ausgeschisft wurden, suchte der Kanzler W i r t sch a sts fü h re r als Ersatz. Er bekam eine Reihe von Körben, nnr Warmbold fand sich schließlich bereit, seinen guten Rainen für ein zweifelhaftes Experiment her zugeben. Seitdem hat inan nichts wieder von ihm gehört; seine Arbeitskraft wurde wahrscheinlich erschöpft in der Verhinderung wirtschaftspolitischer Torheiten, bis es an einer solchen doch zum Bruch kam. „Meinungsverschieden heiten in wirtschaftspolitische» Fragen", heißt cs schlicht und einfach in der amtlichen Mitteilung über den Grund seines Rücktritts. Man hätte zur besseren Aufklärung ruhig htn- zufllgcn können, daß Warmbold im Kampfe mit dem ReichS- arbeitSminister St egerwalb um die 49-Stunden-Woche unterlag. Der robustere Linkspolitiker hat gesiegt, und der Wirtschaftssachverständige ist gegangen. Das ist der tiefere und eigentliche Sinn dieser Teilkrise im Brüning kabinett. Der Konflikt hat sich zugespiht in den Beratungen über die Arbcttsbefchassung, die in neuen Notverord nungen ihren Niederschlag finden sollen. Und zwar in zweierlei Gestalt: indirekt durch die probeweise Einführung der 49-Stunden- oder Füns-Tage-Woche in einigen wich tigen Industriezweigen und direkt durch ein Programm zu sätzlicher Arbeitsbeschaffung, bei dem nicht die zu schassende Arbeitsgelegenheit selbst, sondern die Finanzierung Kopf zerbrechen verursacht. Grundsätzlich ist natürlich jede solche Anstrengung, bgS Zentralproblem der deutschen Not zu be wältigen, zu begrüßen. Nach den vielen und kostspieligen Fehlschlägen der Vergangenheit ist aber Skepsis gegenüber Versuchen, die sich tn den alten Bahnen bewegen, am Platze. Das gilt vor allem für die ArbcitSstreckung durch schematische Verkürzung der Arbeitszeit um acht Wochenstunden. Politisch gesehen, ist diese Maßnahme ein Zugeständnis an die Gewerkschaften, die seit Jahr und Tag darauf drängen, und nach dem SÄ.-Berbot eine wei tere Abschlagszahlung der Negierung an die Sozialdemo kratie für ihre Wahlhilfc und die weitere parlamentarische Tolerierung. Darum paßt es auch ins Bild, daß der Ge werkschaftsführer Stegerwald der Schrittmacher dieses Ge dankens im Kabinett war und daß der Wirtschaftsführer Warmbold darüber stürzte. Uebrigcns mußte Stegerwald seiner eigenen Ucberzeugung Gewalt antun, um aus die GewerkschastSlinte cinzuschwenkcn. Im Dezember hat er sich noch im HauShaltausschuß sozialdemokratischen Anträgen auf gesetzliche Verkürzung der Arbeitszeit gegenüber ab lehnend verhalten, jetzt bringt er sie in der gröbsten und einschnelbenstcn Form zur Durchführung. An und sttr sich scheint ja der Gedanke der 40-Stunden- Wochc einleuchtend: durch allgemeine Kürzung der Arbeits zeit soll Erwerbslosen in den Betrieben Platz gemacht wer- den. Die ausfallende Arbeit soll ihnen zusallen. Oder anders ausgedrückt: die noch tn Arbeit Stehenden sollen nach dem Lohnabbau ein neues Opfer zugunsten der Er- werbSlosen bringen. Sic bekommen zwar mehr Freizeit, aber auch dementsprechend weniger Lohn — denn von der früheren Forderung nach Lohnausgleich ist nicht einmal mehr bet den Gewerkschaften die Rede —, und dieser auf fallende Lohnantetl für acht Wochenstunden soll neu eingestellten Arbeitslosen zugute kommen. Eine einfache Rechnung, die ober leider manche Fehler enthält. Was den ArbettSmarkt betrifft, so ist eine fühlbare Entlastung durch diese Maßnahme etnsach deshalb nicht -u erwarten, weil faktisch eine Verkürzung der Arbeitszeit tn dem vor- gesehenen Ausmaß schon weitgehend durchgesührt ist. Im Februar betrug nämlich die durchschnittlich« WochenarbettSzett im Bergbau 4VH, in der Textilindustrie SS,7, in der Metallindustrie S8,7 und tn der chemischen In- dustrie MH Stunden. Wen» man also einige Wirtschaft^