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Nr. 233. — 4. 10. 36. Sächsische Volkszeitung Seite 10 mehr oder minder abenteuerlichen Erstatten, die die Pslanze schon vorher nach Europa brachten. Nach Afrika kam die Kartossel erst viel später von Europa aus. Aber ihr Weg zum allgemein erkannten und geschätzten Volksnahrungsmittel blieb bunt und voll von Wechselfällen. Eigenartig war auch die Benennung der fremden Pslanze. Sie hatte keinen Namen, als sie vom Süden des amerikanischen Kontinents heriiberkam. Oder man wußte wenigstens keinen genauen. Die Knolle, aus die es bet ihr ankam, wuchs unter der Erde wie eine Trüffel. Dartukolo heißt In Italien die Trüffel. Tartusiel nannte man die neue Frucht. Aber das war schwer zu behalten und nicht deutsch. In Deutschland verglich man sie mit einem unter der Erde wachsenden Apfel oder einer Birne. Heute ein unentbehrliches Nahrungsmittel. In Frankreich ist der Name „pommo <lo torro", „Erd apfel", sogar zur botanischen Bezeichnung geworden. Aber da neben sanden sich durch die Jahrhunderte viele andere Namen. Erdbirne, Krundbirne, Erdtossel, Herdapfel waren die am meisten gebräuchlichen. Am meisten angebaut wird die Kartoffel in Rußland. Im Berhältnis zur Vodcnsläche aber ist der Kartoffelanbau tn Deutschland der stärkste in ganz Europa. Italien, das der Kartoffel indirekt den Namen gab, folgt in weitem Abstand. Zuletzt mit einer ganz geringen Durchschnittsmcnge die Schweiz. Vierhundert Jahre Kartoffel in Europa I Welch wechsel volle Schicksale hat die Pslanze in der Zeit bis heute hinter sich gebracht! Welch einen ungeheuren Aufschwung hat ihr An bau noch voller Erkenntnis ihres Wertes genommen! Und — welch außerordentlichen Segen hat diese ihre Verbreitung immer wieder bedeutet! Deutschland jedenfalls hat sie vor der Möglichkeit einer Hungersnot ein für allemal geschützt. In diesem Jahre, das in mehr als einer Hinsicht ein Jubiläum der Kartoffel ist, sollte man dankbar daran denken — nicht zuletzt auch der Männer, die sie uns brachten, und des genialen Königs, der Ihre Anerkennung erzwang: Friedrich der Große! Oer 8a<Hver8tsn6iAe In den Alpen war der Vorfrühling eingezogen. Hans Thoma, aus der Suche nach Motiven, wollte in einem Garten malen, der dem Malermeister Wastl Niederhuber gehörte. Als Thoma seine Bitte vortrug, unterbrach ihn der Niedcrhuber rasch: „Na, na, mei Liabcr. i koaf koa Gemälde, i mol ja selber." Schließlich gelang cs Thoma doch, das Mißverständnis aufzu klären, und der Meister sing zu skizzieren an. Die Kinder des Niederhuber schauten aufmerksam zu. Dem kleinen Mädel fiel es auf, daß Thoma nur die Bäume und die Berge im Hinter grund skizzierte, den großen Schäferhund aber, der sich vor die Staffelei gesetzt hatte, als lege er Wert darauf, mitgemalt zu werden, wcglicß. „Warum molt er denn den Hunt nöt mit?" fragte das Schwesterchen, worauf das Brüderchen antwortete: ,Zo mei, dös is cahm zu schwer, dös hat er no »öt g'lernt." Inzwischen hatte sich auch der Malermeister eingcfundcn, der die neue begonnene Arbeit seines „Kollegen" äußerst kritisch musterte. Er passte ein paar große Ringe aus seiner Tabaks pfeife in die Luft, schlug Thoma mit der rechten Hand auf die Schulter und faßte sein Urteil in den Worten zusammen: „Sie, dös siacht m'r aber glci, daß Cie no Anfänger sind." Uenxel ärgert sick Altmeister Menzel pflegte in München im Hotel Leine felder abzusteigcn. Bei seinem ersten Besuch trat er In das ihm zugewiesene Zinkner, öffnete sein Handtäschchen, holte einen Kleiderhaken heraus und schraubte diesen in das Holz der Tür füllung. Der Wirt stand staunend daneben. „Ich bin", sagte Menzel, „zwar noch nicht der Allcrkleinste, aber Sie können nicht verlange», daß ich abends an Ihrem Haken meine Kleider aushängcn soll. Sie gestatten daher, daß ich einen Haken in meiner Höhe anbringe " Menzel war cs gewohnt, in seinem Zimmer in senem Hotel einen neuen und sehr praktischen Stiefelknecht vorzusinden. Nun war einmal vergessen worden, dieses Patcntmobel hinzustcllen. Ein ganz gewöhnlicher hölzerner Sticsclzicher lugte unter dem Bett hervor. Natürlich bemerkte Menzel sofort diesen Mangel. Dnrch da» Treppenhaus rief er nach dem Wirt. Herr Leineselder kam atemlos angestürzt. Die kleine Exzellenz wurde ganz krötig, „Was haben Sie mir da für einen Stiefelknecht hingcstellt! Das Ist fa ein ganz vorsintflutliches Exemplar! Aber natürlich — der Spucknapf hat einen goldenen Rand!" Vie Lilderrnö^e Hans Hellings Komödie „Die Silbermöwe" spielte in Kopenhagener Rcederkreisen. Die Anregung hatte der Autor während eines längeren Aufenthaltes in Dänemark erhalten. Er beschloß, das Stück diesmal nicht unter feinem bürgerlichen Namen, sondern unter einem Pseudonym. heraurZubringen und wählte, in freundlicher Erinnerung an viele gemeinsame Er- lebnisse und Abenteuer den Namen seines dänischen Freundes Erik Knudsen, eines jungen Schisfsingenieurs. Helling reichte das Stück der Intendanz einer großen Bühne ein. Schon nach wenigen Tagen hatte er die Annahme in Händen, und kurze Zeit daraus prangten an allen Litfaßsäulen große Plakate: llraussllhrung: „Die Silbermöwe", Komödie tn drei Akten von Erik Knudsen, aus dem Dänischen übertragen von Hans Helling. Es wurde ein Sieg auf der ganzen Linie. Bald gab es keine Bühne mehr, die das Stück nicht in ihrem Spiel plan hatte. Man begann, sich lebhaft für den dänischen Autor Knudsen zu interessieren. Niemand hatte bisher diesen Namen gehört oder gelesen. Man tippte auf ein junges, unbekanntes großes Talent, das sich erstmalig zu Wort gemeldet. Hans Helling hüllte sich zunächst in geheimnisvolles Schweigen, als ihm aber diese Taktik nichts mehr nützte, entwickelte er eine gerade zu unheimliche Phantasie, um die neugierigen Fragesteller über die Persönlichkeit Erik Knudsens irrezusührcn. Dieses Versteckspiel hätte vielleicht aus die Dauer Erfolg ge habt, wenn man nicht auch in Dänemark aus die Komödie „Die Silbermöwe" aufmerksam geworden wäre und eifrige Nachfor schungen nach Erik Knudsen angestellt hätte. Es war begreiflich, daß man den so rasch berühmt gewordenen Landsmann auch in der Heimat durch eine Aufführung seiner Komödie ehren wollte. Es dauerte gar nicht lange, da war der Schiffsingenieur Erik Knudsen als der Autor der Komödie entdeckt, da die Pensions inhaberin, bet der Hans Helling während seines Aufenthaltes in Kopenhagen mehrere Monate gewohnt hatte, sich erinnerte, daß ihr Mieter mit einem Erik Knudsen eng befreundet war. Nun glaubte man, des Rätsels Lösung gefunden zu haben. Was lag näher, als daß Knudsen seine Komödie von dem ihm seit langem befreundeten Schriftsteller Helling ins Deutsche über tragen ließ! Knudsen, der von Helling über de» Wirrwarr, den das Pseudonym angerichtet, längst ausführlich unterrichtet war, hatte seine Helle Freude an der amüsanten Nolle, die ihm zu gefallen war. Er spielte sie meisterhaft. Er erzählte den Re portern von seiner heimlichen Leidenschaft für das Theater, von neuen großen Plänen, über die er aber noch nichts Näheres verraten wolle, er phantasierte so großartig, daß er sich schon selbst wie ein verhinderter Dichter vorkam. Nur, als ein In tendant um Ucberlassung des Originalmanuskripts bat, geriet er in einige Verlegenheit. Denn er hatte nicht die leiseste Ahnung von dem Stück. Er kannte nur den deutschen Titel. Aber schließlich fand er auch hier eine glänzende Ausrede. Er tagte, das einzige Originaleremvlar sei in den Händen seines Ueberfetzers Helling, er müße sich erst mit diesen in Verbindung setzen. Das tat er denn auch. Helling ließ die Komödie ins Dänische übersetzen und schickte sie dann an Knudsen, der das „Original" umgehend dem Intendanten eines Kopenhagener Theaters übergab. Es wurde sofort mit der Einstudierung be gonnen. Zu den Proben fuhr auch Helling nach Kopenhagen. Die bevorstehende Premiere war das Tagesgespräch. Alle Zeitungen brachten lanae Vorbeivreckunaen. Interviews mit tteltere Qescklckte eines pseuäonzkms von l^-otkar Lacks Erik Knudsen und seinem Uebersetzer tzelllng sowie Pyoros nnv Karikaturen. Knudsen war der dankbarste Autor, den man sich denken konnte. Er lachte auf den Proben Uber jeden Witz, daß ihm die Tränen über die Wangen liefen. „Das Stück ist wirklich furchtbar komisch", meinte er in einer Pause zu Helling. „Ja, hast du denn das Stück noch nicht einmal gelesen?" fragte entsetzt Helling. „I wo", antwortete Knudsen, „ich lerne es jetzt erst aus den Proben kennen." Die Erstausführung wurde ein gesellschaftliches Ereignis. Immer wieder mußte sich Erik Knudsen für die begeisterten Ovationen bedanken. Am Bühneneingang warteten nach der Vorstellung Hunderte von Autogrammjägern auf ihn. Wenige Tage später nahm eine amerikanische Filmgesell schaft mit Knudsen Fühlung, und jetzt zeigte Knudsen, daß er ein ausgezeichneter Geschäftsmann war. Er verlangte einen Preis für die Versilmungsrechte, daß seinem Freunde Helling schwarz vor den Augen wurde. „An deiner wahnsinnigen Forderung wird alles scheitern", jammerte Helling. „Laß mich nur machen!", beruhigte ihn lächelnd Knudsen, „von geschäftlichen Dingen verstehe nun wieder ich mehr als du!" Der Vertrag wurde tatsächlich perfekt. In den kommenden Wochen kamen Aufträge über Aufträge. Ein Theater wollte zur Eröffnungsvorstellung ein neues Stück von Erik Knudsen haben, Filmgesellschaften wünschten Drehbücher, Magazine Novellen aus seiner Feder. Knudsen stand mit einmmal im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Ein Sekretär und zwei Steno typistinnen waren nötig, um die geschäftlichen Korrespondenzen und die Antworten auf zarte Liebesbriefe zu erledigen. Aus einem kleinen Scherz, dessen Folgen man nicht vorausahnen konnte, wuchs langsam ein tragikomisches Schicksal empor. Helling hatte den Namen „Erik Knudsen" über Nacht berühmt gemacht. Nun waren Knudsen und Helling miteinander ver wachsen wie die siamesischen Zwillinge. Helling erledigte die Aufträge, die sein Freund Knudsen erhielt. Er arbeitete Tag und Nacht und blieb der Mann im Schatten. Allmählich bekam Knudsen Angst vor der Berühmtheit, die er wie einen falschen Purpur trug. Eines Tages wurde er auf das Finanzamt gerufen. Dort rechnete man ihm vor, doß er doch im letzten Steucrjahr mit seinen Theaterstücken und Filmen bei vorsichtiger Schätzung über hunderttausend Kronen verdient haben müsse. Es sei unbegreif lich, daß er bei seiner Steuererklärung überhaupt keine Ein nahmen aus schriftstellerischer Tätigkeit angegeben habe. Da blieb Knudien nichts anderes übrig, als den wahren Sachverhalt zu schildern. Man lächelte ungläubig, bis Helling durch Vor lage seiner Vcrlagsverträge und Abrechnungen sich als Autor legitimierte und seinen Freund Knudsen einwandfrei entlastete. Damit endete die romantische literarische „Laufbahn" von Erik Knudsen. Er heiratete später eine amerikanische Multimillio. närin und trat auf deren Luxusjacht, die er „Die Silbermövc" taufte, eine Reise um die Erde an. Helling hörte nichts mehr von ihm. Er schreibt seine Stücke jetzt wieder unter seinem eigenen Namen. Aber kein Theater führt sie auf . . . Die Intendanten wünschen alle von ihm die Bearbeitung einer neuen Komödie von Erik Knudien . , -. Der Ueckxmmann Zu dem bekannten und beliebten Berliner Arzt Heim, im Volksmund nur der „alle Heim" genannt, kam eines Tages eine Patientin, die an starken Halsschmcrzen litt. Eie fragte Heim, was er von einem probaten Hausmittel halte, nämlich, eine Cauerkrautkoniprcjsc um den Hals zu wickeln. „Aus gezeichnet", lachte ironisch Heim, „aber die Kompresse wirkt nur, wenn Sie aus das Sauerkraut eine Blut- oder Lcbcrwurst legen." Einmal untersuchte Heim eine sehr hysterische Schauspie lerin vom Königlichen Schauspielhaus. „Ihnen fehlt weiter gar nichts", lautete seine Diagnose, „Sie brauche» nur Ruhe." — „Aber sehen sich doch, bitte, meine Zunge an!" warf die Schauspielerin empört ein. „Die braucht auch Ruhe", ant wortete Dr. Heim lakonisch. * Heim wurde an das Krankenbett einer alten Dame gerufen. Alle Verwandten hatten sich eingesundcn, da sie mit dem bal digen Ableben rechneten und aus eine reiche Erbschaft speku lierten. Heim schickte alle hinaus und nahm dann eine gründ liche Untersuchung vor. Belm Weggehen sprach ihn ein Neff« der alten Dame an und erkundigte sich nach der Diagnose. Heim machte ein sehr ernstes, sorgenvolles Gesicht und ant wortet: „Bereiten Sie die Familie schonend aus das Schlimmste vor — die Tante wird wieder gesund werden. 1.. 8. Ein wegen seiner Eitelkeit nicht sonderlich beliebter Helden tenor besaß einen sehr scharfen Hund, den er im Auto zurück ließ, wenn er zur Probe ging. Nach einer solchen Probe traten einmal einige Kollegen mit an den Wagen. Der Hund fuhr bissig hoch und bellte die Umstehenden an. „Das Tier Ist unausstehlich!" sagte sein Besitzer ärgerlich, „es beißt alle meine Freunde." „Da bekommt der Hund nicht viel zu beißen!" bemerkt» der Baßbusso. „Bekenne! Wer hat die Fensterscheibe eingeworfen?" „Das darf ich nicht fagen, Vater, ich habe mein Wort darauf gegeben!" „Nun gut, sein Wort soll man nicht brechen. Wem hast du's gegeben?" „Dem Erich Schutte!" Daseinsformen aufzivang, hat sa bis in unser Jahrhundert hinein gewährt. In wicvielen Ländern Europas ist es auch heute nicht anders! Rußland, das Reich des Anti christ, zeigt ein furchtbares Beispiel: wie das reichste Bauernland der Erde verödet unter dem biutsaugerischen Griff von Gewalthabern, die sich um die ehernen Gesetze des Bodens nicht kümmern. Bon all diesen Gefahren ist Deutschland heute erlöst. Hier steht ein freies Bauerntum auf freier Scholle, im Bewußtsein der Pflichten, die Blut und Boden nuferlegen. Als freiwillige (Habe seines Fleißes gibt es dem Bolke, dessen Ordnung ihm solche Freiheit schenkt, die Früchte des Feldes. Und das Bolk dankt dem Bauerntum an diesem festlichen Tage im frohen Bewußt sein der Blutsgemeinschast, in Dankbarkeit gegen den Nührstand. dessen Arbeit die wichtigste Voraussetzung der Freiheit ist." Das Gesetz Spartas „Glückliches Land!" rief Lukian, „glückliches Land, in dem man die Freiheit höher schätzt als schwelgerisches Genießen! Herodot erzählt cs uns von den Persern, daß so die Größe ihres Reiches den Anfang nahm. Als sie aber den hatten Erdkreis der damaligen Welt erobert hatten, als sie herabstiegen aus den kargen Bergen in die reichen Ebenen, wurden sie schlaff, weichlich und ge nießerisch. So widerstand das kleine Hellas dem gewal tigen Heerbann dieser Barbaren. Leuchtend stand damals Spartas Gestirn aus der Höhe ewigen Ruhms, und wieder ivaren hier Einfachheit und Strenge gegen sich selbst die Grundmauern, auf denen die Größe eines Volkes empor wuchs." „Auch ich habe einen König aus Svarta von An gesicht gesehen", lächelte Gellert. „Nicht Mcnelaos oder Leonidas freilich, aber dennoch einen Neros, würdig jener Vorzeit: Friedrich den Einzigen von Preußen. Wie jene 300 an -en Thermopylen den Heeren Asiens, so hielt er mit seiner „Potsdamer Wachtparade" ganz Europa stand. Nicht in Ewigkeit werde ich die Stunde vergessen, da der kleine Mann in dem schlichten blauen Wasfenrock vor mir stand. Er war der Genius, der Preußen die Wege zum ewigen Ruhme wies. Brandenburg, die arme „Streu sandbüchse des Heiligen Römischen Reiches" wurde zum führenden Land im Neigen der deutschen Stämme. Nicht mein schönes Sachsen, dem der Himmel vorher vielleicht allzureiche Gaben geschenkt. Sachsen mar reich, Branden burg arm, Sachsens Fürsten Kunst- und prunkliebend, Brandenburgs Herrscher sparsam, vom Zwange der Not auf das Wesentliche gewiesen. Selbstzucht und weise Nutzung aller Kräfte führt zur großen Leistung." „Unter diesem Gesetz steht unser Deutschland heute!" rief Paul Ernst beglückt aus. „Eine neue Jugend wächst heran, die wieder offenen Blick hat für das Wesentliche, die nicht den bequemen breiten Heerweg wählt, sondern den steilen Pfad, der zur Höhe führt. Seht" — und er lächeite, so fein und rein, wie nur selige Geister lächeln können — „selbst mein Kaiserbuch, das unlesbarste aller Bücher für die Zeit, da ich es schrieb, wird heute gelesen! Sie haben die Witterung der Größe; die Größe der Kaiser des alten Neickzes ist es, die sie an meiner Dichtung an zieht. Sie sind Idealisten und doch Realisten. Sie wagen einen kühnen Neubau des Reiches, und nutzen dabei das kleinste Quentchen Kraft. Sie feiern Erntedank vor vol len Scheuern, und predigen gleichzeitig „Kampf dem Ver derb!", sammeln jede kleinste Krume nützlichen Stoffes, bekämpfen so das gedankenlose Verschleudern wertvollen Materials und zugleich die Zuchtlosigkeit der Aufmerk samkeit, die solches Verschleudern erst möglich macht. Dieser Kampf gegen die sinnlose Vernichtung köstlicher Gottesgaben ist auch ein Stück Dankbarkeit gegen den Geber alles Guten." Früchte des Geistes ;,Ihr dürft dem Schicksal wahrlich danken, meine Freunde", schloß Lukian den Kreis der Gedanken, »Haß es Eurem Lande und seinen Menschen einen solch neuen Sinn geschenkt hat. Dankbarkeit nämlich ist nichts an deres als eine Form der Treue, die sich bewähren will und darf. Wer dankbar ist gegen den Schöpfer und danß- bar ist gegen andere wird auch dankbar sein gegen alle guten Kräfte, die in ihm selbst walten. Treue gegen sich selbst — ist sie nicht die schönste Bürgschaft für die Zu kunft?" „Wahrhaftig", stimmte Gellert zu — und er hätte in der Art, die lhm einst auf Erden eignete, den Zeige singer bedeutsam gehoben, wenn solches körperlosen Gei stern noch möglich märe — „wahrhaftig, Treue und Dank barkeit der Gegenwart knüpfen Vergangenheit und Zu kunft aneinander. Wie innig habe ich mich gefreut, daß mein lieber sächsischer Stamm sich im großen Rahmen des neuerstarkten Vaterlandes wieder seines Eigenwertes und seiner besonderen Fähigkeiten bewußt wird! Was Sachsen und seine Söhne Großes für den deutschen Namen ge leistet haben, wird wieder klarer erkannt; das große Vor bild wirkt ermunternd auf die Heranwachsende Genera tion. Dichter und Sänger mahnen ihre Volksgenossen in einer „Gaukulturwoche , die zeigt, wie eigenwüchsiq und krästig das kulturelle Leben Sachsens ist — ein wohlaus- pebildeter, mächtiger Ast der herrlichen Eiche deutscher Kultur!" „Auch die Früchte des Geistes verdienen Dankbar keit", sagte Paul Ernst leise. „Als wir noch unter dein Lsben litten, haben mir manchmal geglaubt, für den Geist ivevde es niemals mehr so etrvas wie Dank geben. Welch unsagbare Hoffnung, wenn neben den Dank für die Früchte des Feldes auch der Dank für die Früchte des Mistes tritt! Wenn auf allen Gebieten des nationalen Lebens der Leistung Dank wird, der zu neuen Leistungen ermuntert! Solch ein Wettstreit von Dankbarkeit und Treue würde dem Genius Deutschlands Flügel schenken, die ihn in die Ewigkeit tragen."