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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.08.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-08-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140821028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914082102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914082102
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-08
- Tag 1914-08-21
-
Monat
1914-08
-
Jahr
1914
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vettL Nr. 424. Nvenü-ttur»i»ade. Nahrungs- und Genußmittelindustrie, der Absatz auf dein Jnlandmarkt gesichert ist, hat der Krieg di« qemmte sächsische Industrie in außerordentlich schwerer Weise getroffen. Inwieweit aus eine Aus« fuhrmoglichkeit nach den neutralen Ländern über haupt zu rechnen ist, lägt sich noch par nicht absehen, während es keinen, Zweifel unterliegt, datz jeder Güteraustausch mit den Ländern, mit denen wir uns im Kriege befinden, aufhört. Daraus ergibt sich die schwierige finanzielle Lage, in der sich die sächsische Industrie befindet. Es ist ihr un möglich, Deckung für die Forderungen zu er hallen. die sie an das Ausland hat. Ebenso mutz sie mit parken Abschreibungen auf ihre Vorräte rechnen, ja. bei Sai onartileln ist es über haupt fraglich, ob den Lagerbeständen. wenn sie nicht rechtzeitig abgeliefert werden können, ein auch nur den Entpehungskoften teilweise entsprechende, Wert noch innewohnr. Dazu kommt, datz auch Forderungen an den Jnlanosinarkt gegenwärtig, wenn überhaupt, so nur zögernd eingci.en, während auf der anderen Seite zum mindesten die WechselverpfUchtnngen der Jnbuüne »or.bestehen. Diele Verhältnisse müssen, wenn sie auch jelbstverfländlich angesichts des Krieges ohne Murren getragen werden, doch zu einem wirtschastlichen Still st au de des über wiegenden Teiles der sächsischen Pro duktion führen. Die verbündeten Regie,ungan haben nun verschie dene Maßnahmen getroffen, um dielen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Dahin gehört zunächst die Be stimmung über die Möglichkeit der Ver la n g c r u n o der W echselfrr st, die aber von dem Wechjelgläubiger nur erbeten werden kann und nicht bewilligt werden mutz Datz ein allgemeines Moratorium Handel und Wandel überhaupt brach legen würde, lteht wohl ohne Zwei el und geaen ein solches allgemeines .Moratorium würde cer Verband Einspruch erheben müllen. Eine voilausige Stundung der Wechselverbindlichkeiten gegenüber augenblicklich finanziell geschwächten U teruehmungen muß aber unbedingt eintreten, wenn wir nicht zaylreiche Zu sammenbrüche der Firmen erleben wollen. beider mutz gesagt werden, datz einzelne Kreise der Invl strie selber dazu beitragen, die wirtschaftliche Lage zu ver schärfen. Redner wendete sich hierbei in erster Linie gegen die starken Verkaufsvereinigungen, die losortige Bar zahlung dec ungerechtsertiat höheren Preiien ver langen Ein slaailichcs Eingreifen sei hier un- erlätzlich, wenn die privaten Vor, ellungen nicht genügten. Dr. Slresemann kam dann aus die Er leichterung zu sprechen, die der Industrie gewährt wurde durch die Sistierung der Forderungen des Auslandes, und weiterhin durch die Möglichkeit, einen Aufschub eingeklagter Forderungen aus drei Monate zu erwirken. Es kommt aver weiterhin darauf an, datz die betroffenen Filmen sich auch Bargeld verschaffen können, um den Betrieb aul rechtzuerhalten um ihren Verpflichtungen nachzu kommen Der neuen Kreditbeschaffung soll nun die Dar lehenskasse der Reichsbank dienen. In vieler Beziehung hat sie bereits segensreich gewirkt. Aber ihre Wirksamkeit reicht nicht aus, um alle not wendigen Ansprüche zu befriedigen. Sie zieht bei Beleihung von Waren Grenzen, die es vielen Be trieben unmöglich machen, auf Warenlombarde hin Kredit zu erhalten. Auch unsere grotzen Lebens- versicherungsgesellschalten lassen teil weise jede Grosszügigkeit vermissen, indem sie die Höchstgrenze der Beleihbarkeit der bei ihnen abge schlossenen Versicherungen aus wenige hundert Mark undeichadet der Höhe der Versicherung feslsetzen. Dringend notwendig ist daher die Schaffung einer n e u e n K r e d i t o r g a n i s a t i o n, die die Mög lichkeit gewährt, zu angemessenem Zinsfüsse auf Grund der letzten Bilanz des Unternehmens einen Wechselkredit zu erhalten. Ob und inwieweit das sächsische Wirtschaftsleben sich in Bälde wieder erholen wird, wird natürlich in erster Linie von dem Erfolg unserer Waffen ab hängen. Bis dahin mutz nicht nur im Interesse der Industrie, sondern auch im Interesse der Arbeiter alles oetan werden, um der durch die jetzigen Ver hältnisse drohenden Arbeitslosigkeit entgegen zutreten. Tue Industrieverbonde, die Gewerkschaften und alle Stände müssen gemeinsam an der Lösung vieler Ausgabe Mitarbeiten. Zn erster Linie erwarte man, da» der Güterverkehr in dem Matze wieder zugelassen wird, wie dies die Rücksicht auf die Milrtärtransporte erheischt. Weiterhin kommt aber gerade für Sachsen in Betracht, datz vieles davon abhängt, ob es gelingt, einen Schiffahrtsverkehr nach den neutralen Ländern aufrecht zu erhalten. Die Arbeit der zuständigen Stellen sei hieraus gerichtet uno man müsse das Ergebnis dieser Bemühungen abwarten. Unbedingt notwendig aber ist es. fuhr Redner fort, datz der Staat als Arbeitgeber, der am festesten finanziell fundiert und von den Export schwierigkeiten nicht berührt ist, seine Arbeiten nicht Vas stille Leuchten. 47s Roman von Paul Srabein. (Oa >xri,» »v ^>v>ii:«i: »v < r>. o. ,n. N.. „Tic werden sich den Grund selbst gesagt haben." Holten wurde ernst. „Aber nun ist das vorbei. Ich kann ruhig über altes sprechen, und nun müssen Sie mir viel, viel erzählen, Fräulein Henning." „Gern — aber wollen wir uns nicht endlich sehen?" Sie lvies einladend auf einen Stuhl am Fenster, wo ein gemütliches Plauder- und Ar- bcilsplühchcn eingerichtet war und wollte die dort auf dem Luthertisch liegende Handarbeit, die sic bei seiner Anmeldung schnell hingcworfen hatte, wegräumcn. „Bitte, lassen Sic doch!" bat er aber. „Wenn Sic mir überhaupt eine grosse Freude machen wollen, so arbeiten Sic ruhig uu'iter. Ich finde, es plaudert sich so nett dabei." „Ja, wirtlich?" lachte sie und nahm unge zwungen die zierliche Stickerei wieder zur Hand, sich »hm gegenüber auf dem leichten Sesselchen niederlassend. „Aber nun sagen Sie doch nur vor allen Dingen: Wie ist es Ihnen inzwischen ergangen?" Ihre klaren Augen ruhten einen Augenblick prüfend auf seinem Antlitz. „Sic sinden, datz ich alt geworden bin," sagte Holten. „Bitte, genieren Sie sich nicht, — ich bin doch kein junge- Mädcknm." Gr läck>elte, aber doch mit einer gewissen Resignation. „Wenn ich ganz offen sein soll — Sie sahen allerdings damals in Berchtesgaden jugendlicher aus." „Kann Sie das wundern?" fragte Holten mit traurigem Blick. „So ganz spurlos geht doch so etwas schliesslich nicht au einem vorüber. Aber, wie ick' Ihnen schon sagte, Fräulein Hcn- ning, cs ist jetzt überwunden! Loch nun lassen Sic uns, bitte, nicht länger Versteck spielen. Wie geht cs Jränzl? Wie hat sie es ertragen?" nur voll ausführt, sondern nach Möglichkeit auch neue Arbeit schasst. Dieien Apell möchten wir be- sonder» an das Königlich Sächsische Finanzministerium richten. L» wird in der Jetztzeit billiger arbeiten können und es wird mancher Beunruhigung am wirstamsten «ntgegentreten, wenn es das feste Ver trauen zu den politischen und wirtschastlichen Riacht mitteln de» Landes durch die Wetterführung begonnener Bauten und Inangriff nahme neuer Bauten zum Ausdruck bringt. Nicht darauf kommt es an. ob wir im nächsten Finanzetat ein kleineres oder grötzeres Defizit haben, sondern darauf, datz nach Möglichkeit in diesen kriegerischen Zeiten die i ä chs is ch e V o I k s w i r t s ch a f t auf - rechterhalten und der Arbeitslosigkeit gesteuert wird. Ferner ist zu wünichen, datz alle Firmen, die in der Lage sind, in der von der Militär behörde gewünschte» Abnahmezeit Waren zu liefern, hierzu auch herangezogen werden. Auch nach dieser Richtung ist oer Verband tätig gewesen, Im An- schiujz hieran stellte Dr. Strescmann fest, datz die Verbandsmitglieder gegenüber ihren Angestellten und Arbeitern, soweit diele zur Fahne gerufen seien, weitestes Entgegenkommen gezeigt haben. Mit den im Beiried Verbliebenen lei es geboten, sich zu ver ständigen. Den Scblutz der Ausführungen des Redners bil dete eine Erörterung über den Zuflutz neuer Mittel in die Kanäle des Wirtschaftslebens. Dieser kann dadurch gefördert werden, datz Staat und Gemeinde ihren Zahlungsverpflich tungen rasch Nachkommen. Es gilt dies beispielsweise von den Anläufen, welche die Militär behörden vorgenommen haben, und von den Ge meinden welche jetzt die Kautionen teilweise zuriia- zahten können, die von Übernehmern für Lie- ferunc en gezahlt woroen sind, die viclmch nicht nus geführt weroen können. Auch eine schleunige Aktion für den durch ausfallende M.etzi rsen bedra gten Hausbesitz ist > eboten, denn eine Krisis in die em Gewerbe wüide naturgemäß au> am alle anderen Kreiie des Wirlschaslslebens zuriickw rlen. Es ist erfreulich, vag 'ich allerorts das Bestreben regt, die Wunden des Krieges zu i eilen Jeder ein eine trugt heute in seinem Tun und Lassen eine schwere Verantwortung gegenüber den Gemmtwrrt- schajtsintercsien. Der Verband sächsischer Industrieller Hut seit Beginn des Kriegszustandes reinen Mit gliedern mir Rat und Tat zur Seire gestanden und erachtet es gerade in der Gegenwart für feine Pflicht, für Mitglieder und Richtmitglieder einzutreten. Durch diese Arbeit hofft er die Voraussetzungen da für zu ichnffen, da-z die sächsische Industrie nach Be endigung des — so Gott will — siegreichen Kampfes in aller Stärke und Bedeutung wieder als Haupt- sundament der sächsischen Volkswirtschaft erhalten bleiben wird. Monte Larlo und -er Mastendefuch aus Paris. Auf nach Monte! — Trostlose Verfassung der Pariser Flüchtlinge. — Die Autojagd der französischen Polizei. — Verletzung der Neutralität! — Auch die fürstlichen Antomagen beschlagnahmt. — Wo ist der Fürst? — Schlacht zwisclzen den Franzosen und der tapferen Leibgarde. — Sturm auf die Kasse und — Schlich! Das Ungewitter, das über Europa dahinjagt, hat selbst vor den Pforten der Spielhölle von Monako nicht Halt gemacht. Bekanntlich ist ihr Mitbesitzer, Fürst Albert von Monako, sein ganzes bisheriges Re- gierungslebcn lang den Werken des „ewigen Friedens" schon aus dein Grunde zugetan gewesen, weil der Krieg, und gar erst ein echter, rechter euro päischer Krieg, seinen Spielhöllenbetrieb empfindlich zu stören geeignet ist. Nun aber hat die von ihm so leidenschaftlich durch Friedensstiftungen aller Art be kämpfte Furie auch in seinem Kasino die blutrote Visitenkate abgegeben und mit ihrem Erscheinen gleich alles autzer Rand und Band gebracht. Zum ersten Male, soweit unsere Erinnerung reicht, ist die Spielhölle geschlossen worden; und es gibt ahnungs volle Propheten, die den Jeuratten aller Nationen schon l>eute verkünden zu müssen glauben, datz die goldgleitzende, verführerische Hölle ein für alle Male „ausgespielt" haben wird. Wie cs um die Chancen des Lpielerfürsten bestellt ist, zeigt deutlich genug ein Brief, den einer seiner Beamten unserem «.-Mit arbeiter unter dem 5. August aus Monte Carlo zu gesandt hatte. Wir geben aus seinem Inhalt folgende Einzelheiten wieder, die interessante Schlag lichter auf die grauenvolle Verworrenheit auch an der französischen Mittelmecrkiiste werfen. „Unsre Ruh" ist hin, unser Herz ist schwer. Wir finden sie nimmermehr, seitdem uns die Paris— Lyon—Mittelmeerbahn einige Tausend«, vor Angst blödsinnig gewordene Franzosen aus der sogenannten guten Gesellschaft, di« alles, nur keinen Patriotismus kennt, in unsere hochsommerliche Abgeschiedenheit- hineinplatzen Netz. Schon am letzten Sonntag wurd« es mit einem Schlage furchtbar voll in Monako. Da die ersten Hotels geschlossen halten, wurden di« zweit-, dritt- und viertklassigen Gasthöfe und „Garnio" im Sturm genommen. Personen und Per sönchen, die sonst kein Bett unter 20 Fr. die Nacht besteigen würden, genierten sich durchaus nicht, monatelang nicht gelüftet gewesene Kurierzimmerchen und die Dachkammern des untersten Hotelpersonals mit ihrer Gegenwart zu beehren. Am Montag schien ..Tout Paris" bei uns versammelt zu sein. Die Ge- schichte wurde von Stunde zu Stund« unheimlicher. Wenn die Menschen wenigstens ihre Aufgeregtheit zu Hause gelassen hätten! Bald sahen wir, datz die Eröffnung eines Irrenhauses zum tiefgefühlten Be- dürsnis wurde. Die Leute haben nämlich Pari» Hals über Kopf in einem Zustand der Hyperexal- tiertheit, die kein Plus mehr verträgt, unter Zurück, lassung von teueren Angehörigen, im Angesicht der ersten Zeichen der aufflammenden Stratzenunruhen zwischen Militär und kriegsfeindlichcn Bürgern und in der Vorahnung von noch weit grausigeren Ereig nissen, vielfach mittellos, verlassen mit der Hoff nung, das neutrale Monako sichere eine Zuflucht in den Wirren des Krieges und der Revolution. Irgend ein Unvorsichtiger mutz in Paris die Parole ausgegcben haben: Auf nach Monte! Diese Parole ist leider von zu vielen befolgt worden. Unser Monte verträgt nur lebensfrohe Geister, die Geld in den Beutel getan haben, aber keine Hirn- und vermögenslos gewordene Angehörigen der oberen Zehntausend, die über dem Vis-ä-vis cio rivn ihre Würde vergessen, und in schauerliche Klagen, Verwünschungen, Tobsucht und manches andere aus brechen. Die Pariser des Unheilsommers 1014 haben das schöne Spielhöllenparadies in ein Tal der Tränen verwandelt, aus dem wir alle flüchten möchten, wenn wir nur Mittel und Wege wüßten. Aber da hapert's! Die Eisenbahn geht jetzt nur noch bis Nizza, und immer nur für die Soldaten. Wie es die Pariser Flüchtlinge fertig gekriegt haben, allen Verboten zum Trotz mit der Eisenbahn sich bis zum Mittelmeer durchzuschlagen, das wissen die Götter und die Beamten, die besonders dann ein fühlend Herz haben, wenn ihm metallene Kompen sationen winken. Man hat also in Paris Vater landsliebe sichtbarlich sprietzen lassen zu keinem anderen Zwecke, als den Anschluß nach Monte Carlo nicht zu verpassen. Und die Madames und Made- moiselles, die k-eine Anweisung „vor die Front" zeigen konnten, hüllten sich in Paris in das Kranken, schwestergewand, das die Möglichkeit des Mitkorn- mrns garantierte. Eine große Menge kam in Autos. Diese un seligen Autos tragen letzten Endes die Schuld, wenn die Neutralität und Unabhängigkeit von Monako rn den Kriegswirren flöten geht. Ich weiß nicht, ob es wahr ist, datz die französische Regierung in ihrer Todesangst sämtliche Privadautos als Staatseigen tum während der Mobilisierung erklärt und di: Zahlung erst nach den Siegen versprochen hat. Die Autobositzer hatten entweder zu den Versprechungen der Regierung oder zu den Siegen der Franzosen zu wenig Vertrauen. Kur.z, sie begaben sich mit ihren Autos auf die Flucht. Die Regierung aber lictz sich dies Mißtrauensvotum nicht gefallen und ordnete von Polizei wegen die Beschlagnahme „im Be tretungsfalle" an. Viele der Flüchtlinge ereilt: das Schicksal unterwegs, viele aber wurden erst auf dem neutralen Boden von Monako.getreten". Da nützte alles Protestieren nichts. Die Franzosen pfiffen auf die Neutralität des Fürstentums, drangen von drm angrenzenden Beausoleil in unsere durch die Tra dition geheiligten Staatsrechte ein und beschlag nahmten alle Autos, die nur irgendwo in einer ver steckten Garage innerhalb der monegassischen Quadratmeile zu finden waren. Auch unserem Fürsten Albert nahmen sie — Not kennt eben kein Gebot — die Staats- und Privatautos bis auf einen „ausgeleierten" Kasten weg, mit dem er sich, da der Draht zwischen Monte Carlo und Paris seit Montag nicht mehr funktioniert, aufgemacht hat. um dem Präsidenten Poincarü die Leviten zu lesen. Wie weit er — unser Fürst Albert — mit seinem Kasten kommen wird, ist heute, zwei Tage nach seiner Abfahrt, noch unbekannt. Dunkle Gerüchte wollen wissen, datz ihm französische Gendarmen in ihrer Wut auch dies letzte Möbel abaenommen hätten. Es wäre daher gar nicht ausgeschlossen, datz der Spi:lhöllenfürst verlassen, verlassen wie der Stein auf der Straßen irgendwo in einem gotts jämmerlichen Nest, in dem die Füchse sich „Gute Nacht" sagen, über das Ende aller Dinge nach zusinnen Zeit und Weile hätte. Unterdessen aber ist zu Hause in seinem Reiche der Leibhaftige eingekehrt. Es hatten einige Pariser /reuag, 2l. Llu-uV 1914. ihre Autos verspielt, andere in aller Katt vsrtaust, um auf alle Fälle zu Geld und zu Brot und Quartier zu kommen. Aber auch die verspielten und oer- kauften Autos sielen den unerbittlichen Sequestra- toren in die Hände, und darüber kam es zu einer männermordenden Schlacht zwischen den Franzosen und der Leibgarde des Fürsten. Die Führung der letzteren hatte in Abwesenheit des Vater» der Erb prinz Louis übernommen. Da er vorsichtshalber aus größerer Distanz kommandierte und im übrigen kurzsichtig ist. so konnte es nicht ausbleiben, datz die Franzosen einen ersten Sieg gestern feiern durften. Es ist zwar nur ein Sieg über die Monegassen, aber besser dieser al» gar keiner! Jetzt tun die Franzosen, als ob ganz Monako samt der Spielhölle schon zu Frankreich geschlagen wäre. Angesichts der eingctretenen Anarchie hat der Kasinowirt Herr Blanc, der bekanntlich «inen Bonaparte als Schwiegersohn und vom Fürsten Generalprokura für die Regierungsgewalten besitzt, die Sptelsiile geschlossen. Die Szenen, die sich vom Sonntag bis Dienstag abgespielt haben, werde« allen Teilnehmern unvergeßlich bleiben. Man hat sich wogen der Gewinne und Verluste gerauft, blutig geschlagen, die Fensterscheiben, die Spiegel zer trümmert, Tische und Stühle zerhauen: kurz, man hat wie wilde Vandalen gehaust. Die Opfer der Pariser Wirren glaubten, Frau Fortuna noch einmal die Hand bieten zu sollen. Der Andrang an den wenigen Tischen war ungeheuerlich. Es fehlte, da man aus den Massenbesuch nicht gefaßt war, an Croupiers. Und die wenigen, die da waren, mutzten im Schweiße ihres Angesichts — buchstäblich ge nommen — arbeiten, nickt zwei Stunden, wie das sonst üblich, sondern zehn bis zwölf Stunden. Es läßt sich begreifen, daß die unglücklichen Opfer eines solchen nervenmordenden Dienstes am anderen^Tage ,zusammenbrachen oder, nickt mehr Herr ihrer Sinn«, falsche Gewinn- und Verlustberechnungen aus führten. Diese gaben dann den Anlaß zu den be sagten Ausschreitungen und zur Schließung des welt bekannten Lokales. Heute kamen Regierungs franzosen und verlangten die — Kaste. Neuer ' Zn p Fi''tritte. Faustkämpfe. Den Franzosen ge lang die Gewaltanlethe. Sie haben heute auch den neutralen Hafen von Monako mit Kriegs schiffen besetzt, die allerdings vor einer Stunde ab dampften. Eine italienische Jacht soll mich und diesen Brief sowie einige Freunde mit hinüber ins sichere Italien nehmen. Der Bahnverkehr zwischen Italien und Frankreich ist seit zehn Tagen auf gehoben. Wer wird unser schönes Monte Carlo erben? Einige sagen: Italien. Die letzte Stunde für den Tempel Fortunas hat bereits geschlagen." Nicht fertig geworden! Schade, jammerschade für die armen Franzosen! Sie hatten einen Erfinder ausfindig gemacht, der ihnen den größten Lustkreuzer der Welt bauen sollte, und gerade als die ersten Versuche unternommen wer den sollten, bricht der Krieg aus und macht die schön sten Hoffnungen der Franzosen zunichte! Der „Köln. Volkczta." wird von einem „Eingeweihten", der aus Paris flüchten mußte, über diese unausgeführte Er findung folgendes mitgeteilt: „Es gibt ein Luftschifssystem, das seit einiger Zeit von sich reden macht und selbst von deutschen Fach leuten, wie dem bekannten Hauptmann Hildebrandt und, wenn ich nicht irre, auch von Major Parseoal, dem Führer deutscher Fliegertruppen, anerkennend beurteilt wird. Ein Schweizer Professor, Dr. Raoul Pictet. Chemiker und Spezialist der Gase, hat erst in Len letzten Julitagen ein Buch in französischer Sprache herausgogeben, welches in seinem umfang reichen dritten Teil dies neue System sehr ausführlich bcchandelt und es namentlich in seinen voraussicht lichen Leistungen mit unserem Zeppelinsystem ver gleicht. Das Buch ist meines Wissens noch nicht in Deutschland aufgetauckt; es erschien in Paris am Tage vor Schließung der Grenze. So viel ich weiß, befindet sich nur ein Stück in Berlin. Immerhin ist, soviel in engeren Kreisen bekannt, dieses neue R i e i e n l u f t s ch i ff, dessen Erfinder der Ingenieur ArnoBoerner ist, etwa 300 Meter lang und 20 Meter breir geplant, also beinahe dreimal so groß wie ein Zeppelin. Statt der Gon deln besitzt es eine Brücke, die sich vom Vorderteil bis hinten über die ganze Länge des Luftschiffs erstceckt. Die Gasbehälter, an Zahl etwa 250, haben quadrati schen Grundriß und bestehen aus je drei ineinander geschachtelten Ballonetts, mit Wasserstoff. St ck'toff und gewöhnlicher Luft gefüllt. Das Wasserstosf- Ballonett ist umgeben von Stickstoff, letzterer von Luft. Durch dieses System soll verhindert werden, daß der Wasserstoff durch Blitz oder sonstige Ent zündungsmasten zur Explosion gebracht werden kann; ferner aber wird dadurch ein Entweichen des Wasser stoffs infolge Diffusion ganz bedeutend einae'chränkt. Nach den Angaben des Erfinders kann dieses Sein Herz klopfte nun doch rascher, als er den Namen wieder aussprach — zum erstenmal seit mehr denn Jahresfrist. Ruth liest die Hände init der Arbeit sinken; ein Weilcljen zögerte sie mit der Antwort, nun aber sah sie ihn voll an. „Sie brauchen sich ihrctivcgcn keine Sorgen mehr zu machen, Herr Doktor," erwiderte sie ernst. „Auch Fränzl hat überwunden." „Gott sei Dank!" Holten atmete erleichtert auf, und doch — eine Wehmut stieg ii» gleichen Augenblick in ihm ans: So hatte er also denn anfgehört, in ihrem Leben etwas zu sein. „Wa ren Sie auch in diesem Jahr wieder bei ihr in Berchtesgaden?" Ruth nickte. „Ich fand sie gesund und blühend vor, äußerlich ganz wieder die Alte. Nur ein wenig ernster geworden." Gin Gefühl der Genugtuung durchzuckte ihn; aber gleich darauf schämte er sich der egoistischen Regung. „Das schmerzt mich zu hören. Ihr Frohsinn war ja die glücklichste ihrer Gaben." „O, sie hat das Lachen nicht verlernt," be- ruhigte ihn Ruth. „Wenn eS darauf an kommt, kann sic genau so ausgelassen sein wie früher — nur iin allgemeinen ist sie eben etwas reifer geworden. Und es wäre ja auch ein schlimmes Zeichen für sie, wollte cs anders sein." „Sle baden recht," nickte er. „Das Leben muß sein Werk auch an ihr tun. Nur schade, daß nicht wenigstens ein paar Jcchre der völligen Harmlosigkeit ihr vergönnt waren. — Sogen Sie, bitte, Fräulein Henning, hat sic sich ein mal zu Ihnen auSgesprockjen, hat sie meinen Namen einmal erwähnt? Vermag sic meiner jetzt ohne Groll zu gedenken?" Erwartungsvoll hingen seine Blicke an Ruths Lipven. „Sie trägt Ihnen nichts mehr nach — ich weist es aus ihrem eigenen Munde. Sie hat in- zwischen gelernt, daß Sie nicht anders handeln konnten, daß eS für Sic beide so das beste rvar, und fte gedenkt Ihrer mit aufrichtigem Mit leid!" „Mitleid!" Holten lachte leise, aber bitter auf. „Verzeihung!" bat Ruth, indem ein feines Rot in ihrem blassen Gesicht aufstieg. „Ich wollte Ihnen nicht wehe tun. Es war vielleicht nicht das richtige Wort. Fränzl denkt an Sie, wie an einen verlorenen Freund, der ihr einmal sehr teuer gewesen ist, und trotz des Schmerzes, den Sie ihr zugefügt haben, möchte sie dieses Be gebnis ihres Lebens nicht missen. Das, was sie in jenen Stunden empfunden — das Leben kann es ihr nicht zum zweitenmal bieten! Das sind ihre eigenen Worte. Ich glaube, ich tue kein Unrecht, wenn ich es Ihnen wieder sage, Herr Doktor!" Holten war in innerster Bewegung aufge standen und griff nach Rruhs Hand, die er mit festem Druck umspannte. „Ich danke Ihnen, Fräulein Henning, aus tiefstem Herzen! In dieser Stunde haben Sic mir die letzte Bitterkeit aus der Seele genom men. Nun kann ich wirklich ungetrübt an Fränzl zurückdenken, an jene selige Sommerszeit — die mir auf ewig unvergeßlich sein wird! Wenn Sie einmal an Fränzl schreiben, Fräulein Hen ning, bitte, so sagen Sie ihr das. Ja?" Ruth nickte stumm, aber ohne ihn anzusehen, den Kopf wieder über ihre Arbeit gebeugt. So sah er, über ihr stehend, nicht, wie ihr Gesicht im Moment blaß geworden war. Holten hatte fernen Platz wieder eingenom men. „Aber ich habe noch wahrhaftig gar nicht einmal gefragt, Ivie eS Ihnen solange gegangen ist? Verzeihung, aber es war wirkttch nicht Interesselosigkeit." Um Ruths Lippen zuckte es leicht. „O, bitte! — Von mir ist nicht viel zu berichten — bei meinem Stillcbcn. Mir ist's gut gegangen. Aber Sie sind mir noch immer die Antwort auf dieselbe Krage schuldig." „Wenn ^ic es hören wollen!" Und Holten begann zu erzählen, lvaS mit ihm seit ihrer Trennung vor sich gegangen war. Still hörte Ruth zu. Die Äugen von ihrer Stickerei nicht erhebend; aber er fühlte doch, wie st« mit inner ¬ stem Interesse ihm lauschte, und es tat ihm unendlich wohl, sich so vom Herzen lossprcchen zu können, was dort so lange gelastet hatte. Auch er sah sie nicht an, während er sprach, sondern seine Augen hefteten sich unwillkürlich auf ihre schlanken, weißen Hände, die mit leich ten Bewegungen unaufhörlich Stich um Stich in das Deckchen fügten. ES war, als ob eine wohl tätige Ruhe uns dem Rhythmus dieser immer rviederkehrcnden gleichmäßigen Bctvegung auch auf ihn selber überströmte. Und unwillkürlich flog ihn eine Erinnerung an: er sah sich als Kind in frühester Jugend auf seinem Schemel- chen zu Füßen der Mutter sitzen, deren fleißige Hände sich auch so anheimelnd ruhig bewegt hatten. Nie wieder hatte ihn seitdem eine Frauengegenwart mit solch stillem Frieden aus gefüllt. Äon diesem Empfinden ganz beherrscht, verstummte er plötzlich mitten In seiner Rede. Uebcrrascht blickte Ruth auf und bemerkte den unablässig auf ihre Hände gerichteten Blick. „Was sehen Sie mir denn so auf die Hände?" Etwas verwirrt versteckte sie unwill kürlich die Hände in dem Deckchen. „Bitte, arbeiten Sie weiter," bat er, aber mit einem offenen, sehr warmen Blick. „Sie glauben nicht, wie wohl mir diese stille, ruhe volle Tätigkeit tut. Sie verbreiten solchen Hauch von Frieden uni sich, Fräulein Henning." Wieder stieg ein leises Rot in ihr Gesicht, und etwas schneller, unsicher führten die schlan ken Finger die Nadel. „Erzählen Sie doch wvi* ter," mahnte sie leise. Und Holten sprach von neuem. Es wurde eine rechte Herzensbeichtc. Er rechnete mit sich selbst mach einmal ab in dieser Stunde, und in dem Bewußtsein, zu einer Vertrauten zu reden, enthüllte er alles, was ihn bewegt hatte, seitdem sie damals Abschied genommen, auch das unstete Flattern von jemcr Seele in jener Zeit schmerzlicher Zerrissenheit, wie er aber dann seinen inneren Halt wiedcrgcfunden hatte und nun^efestet, aber in freudwser Einsamkeit da- (Fortsetzung i« der Morgenausga-e.) Fr Luftlchi sich in und tri und r gefük fchrif wiesen reichisck so wett «inen ! lichen eine r Ballon Arbeit, Leit wärtiq. greifen Aufg zubebei gelesen lichen Haupts 4. Ver Nu was i werd sicher ! 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