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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.11.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-11-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19141118019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914111801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914111801
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-11
- Tag 1914-11-18
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Monat
1914-11
-
Jahr
1914
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Kunst- Wissenschaft und (Unterhaltung Durch Sie Sinaihalbinsel nach Megypten. Zwei Wege stehrn dem türkischen Heere von Syrien aus durch die Sinaihalbinsel. deren Wüsteneien einen wirksameren Grenzschutz als hohe Gebirge oder reihende Ströme bilden, beim Ein marsch in Aegypten offen. Der südliche führt von dem am nördlichen Ende des Golfes von Akaba ge legenen Orte gleichen Namens über die Hochebene von Tih nach «uez. während der andere von Rasa unweit des Mittelländischen Meeres sich an der Küste entlang über El Arisch nach El Kantara etwa 50 Ki lometer südlich von Port Said erstreckt, um am Suez kanal die Bahnlinie nach dem Nildelta zu erreich.',,. Unter hohen Palmen versteckt liegen die schmutzigen Araberhütten Akabas, das von alters her den Sam melpunkt der nach Mekka ziehenden Karawanen bildet. Schon im 16. Jahrhundert beschützte daher ein starkes Schloß den wichtigen Knotenpunkt, und heute dehnen sich mehrere Küstenbatlerien am Strande des Golfes, die einen englischen Landungs versuch bereits erfolgreich abgewiesen haben. Nur wenige Kilometer westlich, gleichfalls noch am Golf, aber schon jenseits der ägyptischen Grenze, liegt der Brunnen Taba, die letzte Station für die ins Innere der Halbinsel ziehenden Truppen. Gleich hinter dessen Palmen steigt der Weg steil an. Zwischen Felsen und Trümmern gilt es in langen Serpentinen die Hochebene von Tih zu ersteigen, die sich hier zwar durchschnittlich nur 700 Meter hoch erhebt, zu deren Ersteigung schwerbeladene Kamele aber mindestens 1 Stunden brauchen. Ist dieser schwierigste Teil des Marsches einmal glücklich überwunden, dann dehnt sich das Hochland meilenweit vor dem menschlichen Auge. Der Boden ist hart, und in schnellem Trab können die Karawanen die Hauptstadt der Sinai. Kalaat en Nakhl, erreichen. Der Weg ist für Auto mobiltransporte wie geschossen. Als einzige Boden senkung durchzieht das Tal von Arisch die Hochebene in nordsütlicher Richtung. In ihm wird unweit Nakhl Gerste und Mais gebaut, und die. wenn auch nicht reichen, so dochauskömmlichen Ernten, lassen den Rückschlag zu. das; das Land in früheren Jahrhunder ten ertragfähiger war und dem Volke Israel gut 10 Jahre hindurch Unterkunft gewähren konnte. Erst bei Meibeluk. eine kleine Tagereise von Suez, ändert sich die Landschaft. An Stelle des festen Gesteins tritt Sand. Doch ist dieser nicht so zahlreich, das? nicht auch hier das Automobil ohne große Schwierigkeiten vorzudringen vermag: dem Kamel bietet die Gegend keinerlei Hindernisse. Der ganze Weg von Akaba bis Suez ist 210 Kilometer lang und kann auch von einer gröfzeren Truppenabteilung in 5 bis 6 Tagen zurückgelegt werden. Kalaat en Nakhl besitzt der artige Brunnenanlagen, das; viele Tausende von Menschen und Tieren zu gleicher Zeit mit dem er frischenden Nafz versehen werden können, wie das all jährlich bei den Mekka-Karawanen schon geschieht. Der nördliche Weg von Rafa nach El Kantara. den Napoleon bei seinen, Marsche nach Syrien in umge kehrter Richtung in 6 Tagen zurücklegte, ist ein wenig kürzer: er beträgt nur 220 Kilometer. Die erste Station auf der Sinaihalbinscl, El Krisch, be sitzt ebenfalls reiche Brunnen, um gröszere Truppen massen erfrischen zu können. Dagegen sind die Oasen von Bir el Maza, Bir el Abd und Katleh ziemlich wasserarm, so dafz der grösste Teil des Weges durch sandiges Gebiet zurückgelegt werden mufz. in dem die Verpflegung und Tränkung von Mensch und Tier ausschließlich durch mitgeführte Vorräte erfolgen kann. Auch El Kantara am östlichen Ufer des Suez kanals besitzt nur wenige Süßwasscrbrunnen. doch ist eine Rohrleitung unter dem Kanal hinweg von dem reichlich mit Süßwasser versehenen Westufer hierher geleitet worden. Obgleich sich Lieser nördliche Weg nahe der Küste Hinzieht, vermögen feindliche Kriegs schiffe einen Truppenmarsch höchstens bei El Arisch zu stören. Denn das Küstengebiet ist äusserst flach, und noch 10 Kilometer vom Strande entfernt beträgt die Meerestiefe erst wenige Meter. Zudem liegen von Bir el Maza bis nach Port Said vor der Küste lange, zum Teil weit ins Meer hinausgestreckte La gunen. die eine Landung von Truppen und eine Be schießung der Karawanenstraßc völlig unmöglich machen Ist es Napoleon I. mit den ungenügenden Hilfsmitteln der damaligen Zeit gelungen, 20 000 Mann in wenigen Tagen durch die Wüsten der Sinaihalbinsel zu führen, so werden die Türken mit den modernen Kriegsmitteln diese Aufgabe erst recht lösen, zumal die geringen Besatzungen einiger be festigter Oasenorte anrückenden Truppen keinen nen nenswerten Widerstand entgegenstellen können. Gabriel Schillings Flucht von Gerhart Hauptmann. I N e u e, n st u d i e r t im Schauspielhause) am 17. November 1914. Es war eine von künstlerischem Ernste durch drungene Aufführung, in der das Schauspielhaus gestern Hauptmanns Tragödie des an der Frau lei denden Künstlers wieder ausnahm. Szene und Ge stalten wuchsen ineinander, und bei aller Abtönung des einzelnen rundete sich die von Direktor Vieh weg geleitete Darstellung zu einer Ganzheit von eindringlichster Wirkung. Otto Groß lebte sich mehr in den Gabriel Schilling hinein, als daß er aus ihm herauswuchs. Seine Art ist mehr bejahend als verneinend, und so gelangen ihm die Augen blicke der Sehnsucht unmittelbarer als die mehr er spielten der Zerrüttung. Die Erfassung der Rolle zeugte von der seelischen Kultur des Künstlers. Das geschlossenste Bild gab Edgar Klitschs Mäu rer, durch und durch lebendig, fest in sicheren Um rissen hingepackt, mit zwei Füßen auf der Erde wur zelnd! Und was er seelisch gab, ging überall in die Tiefe. Eine Leistung, die unabweislich durch ihre innere Notwendigkeit sprach. Gertrude Lang felder war eine, nicht eben die Hanna Elias. Das bleiche, schöne Gesicht im Rahmen des schwar zen Haares berückte, und die dämmernden Augen lockten. Aber ihr Wesen hat mehr etwas Aufbauendes als Zerstörendes. Es fehlt ihr der flackernde, verwirrende Unterton. der die typische Hanna Elias so vampirhaft unwiderstehlich macht. So überzeugte vor allem ihr Gebundensein an Schil ling. Die Aussprache mit der unglückseligen Gattin des Künstlers batte überraschend scharfen, fa geisti gen Akzent. Cläre Reichenau als Fräulein Majakin bekundete ihr starkes ursprüngliches und charakteristisches Talent, und Elli Förster als Lucio Heil war erdaeboren wi: Mäurer. Stella David, die Schillings Gattin ohne jede Beschöni gung hinstellte und ein grelles Licht auf diele Künstlcrtragödie warf, trug durch ihren rücksichts losen Naturalismus einen lebhaften drumati'chen Ton in die Dichtung. Keßler, Wötzel und Balquö umrissen klar. l-, b*nt>clttell Gebrac ht. * * Aus den Städtischen Theatern. Die Erstauf führung des bereits angekündigtcn Lustspiels „Ein Tag" von Sil Vara «der Dichter steht zurzeit im Feloe aus dem galizischen Kriegsschauplatz), das in Bremen mit durchschlagendemEnolg zur Uraufstihrung gelangte, findet am Frertag, den 20. November, im Alte n Theater statt In den Hauptrollen sind beschäftigt die Damen Marie Dalldorf, Martina Otto. Clarissa Linden, Marie Schippang und die Herren: Wilhelm Walter, Emil Mamelok, Kurt Stieler, Karl Hutb. Die Bühnenleitung bat Ober spielleiter Adolf Winds. Mit Rücksicht -auf die Er krankung von ValeskaNigrini wird im Neuen Theater am Sonnabend bei kleinen Opernpreisen „C arme n" wiederholt anstatt der angekündigten „Orpheus"- Aufführung. — Im Operettentheater gelangt um Sonnabend bei volkstümlichen Preisen „D:r Feldpreidiger" zur Aufführung. Die Sonntag vorstellung fällt im Operettentheater aus. * Zu Friedrich Brandes' 80. Geburtstag. Heule am 18. November feiert der Chormeister der „Pau line r", Professor Dr. Friedrich Brandes, den 50. Geburtstag. Zu Achersleben 1861 geboren, be suchte er hier, später in Köthen das Gymnasium, um sich dann dem Studium der Literaturgeschichte und Philosophie zu widmen. Seine musikali'chen Inter essen fanden in Berlin durch Philipp Spitta und in Leipzig durch Hermann Kretz'chmar bedeutende Förderung. Brandes war ein ausgezeichneter Pianist und befaßte sich, unbeschadet mannigfalti ger wissenschaftlicher Arbeiten, allmählich immer mehr mit der Musik — zunächst auf dem Gebiete der musikalischen Kritik und Schriftstelleret, dann in der Praxis als Komponist und Dirigent des Dresdner Lehrergesangvercins. dem er seit 1898 vorstand. Als Max Reger 1908 von dem Leipziger Universitäts- musikdirektorpostcn zurücktrat, wurde Brandes sein Nachfolger. Er wurde der Leiter des Universitäts- sängcrvereins zu St. Pauli, dessen musikalische Leistungsfähigkelt er in außergewöhnlicher Weise zu steigern verstand und sich hierdurch auch ein unmittel bares Verdienst um das Musikleben unserer Stadt erwarb. Im Jahre 1910 übernahm Brandes auch die Redaktion der von Robert Schumann gegriiirdc- ten „Neuen Zeitschrift für Musik". Friedrich Bran des als Künstler und Mensch gehört, um einen Aus druck Gottfried Kellers zu gebrauchen, zum „Fähn lein der Aufrechten". Jederzeit ist er bereit für die große und wahre Kunst einzutrctcn. aber ebenso energisch wandte er sich immer wider den Schein und die Mode, die manch neueren Komponisten und ihren Werken die charakteristische Signatur aufgedrückt haben. In der Zeit heftiger Meinungskämpse und geistreichelndcr Experimente ging Brande- als Diri gent und Kritiker immer seinen Weg und fand nach eifriger und durch keinerlei Begleiterscheinungen be irrte strenge Prüfung stets das Rechte. * Belgiens Lage. Naturbild und Wirtschaftsleben. Ein Thema, für die Gegenwart von besonderer Be deutung, machte der Vorsitzende der Gesellschaft für Erdkunde, Herr Geheimer Regierungs- und Hofrat Professor Dr. I. Partsch, in der allgemeinen Ver einssitzung der Gesellschaft für Erdkunde zum Gegenstand eines glänzenden Vortrages, dem eine nach vielen Hunderten zählende Hörerschaft lauschte. Noch nicht Jahrhunderte alt, ist der bel gische Staat in der Neuzeit erst der allgemeinen Kenntnis näher gebracht. Seine Romanisierung begann mit der Besetzung des Niederrheins durch die römischen Legionen, denen dann eine Reihe von Völkerstämmen bis zu denen der Atuatuker und der Eburonen folgte. Es vermischte sich die politische Grenze mit der Sprachgrenze. Im Reiche Karls des Großen nahm das belgische Land zum erstenmal eine Kulturstellung zwischen den west lichen Völkern ein. Schon früh war Flandern Eng land im Tuchmachereigewerbe, das sich rasch ent wickelte, vorausgeeilt: Brügge, im 13. Jahrhundert, und Gent im 11. Jahrhundert, führten eine günstige Weltlage herbei. Im 15. Jahrhundert, als die Schelde erweitert wurde und den Weg zur offenen See frei machte, entwickelte sich ein lebhafter Verkehr von Antwerpen nach England, und zwar in Tuchen und anderen Waren, und so wurde Belgien zum Lande des Welthandels innerhalb des Gebiets Karls des Fünften. Seit dem Beginn des 19. Jahr hunderts ist Belgien in friedlicher Arbeit aufgeblüht, immerhin hat es die flämische Bewegung nicht ver hindern können, daß Belgien Anschluß an Frankreich sand und von diesem in den Krieg hineingctrieben wurde. Wie das Kongounternehmen Leopolds II. zum Verhängnis des kleinen Staates geworden, trägt aus das Hereinziehen Belgiens in den furchtbaren Weltkrieg eine schwere Verantwortung in sich. Auf dem Gebiete der Kultur hat aber Belgien etwas ge leistet. Wirtschaftliche Regsamkeit und lanchchaft- liche Anmut gehen hier Hand in Hand. Im Anschluß an den mehrstündigen Vortrag folgte die Vorführung einer großen Reihe von Lichtbildern, die, in Plänen, Ansichten von Bauwerken der bedeutendsten Städte des Landes usw. vorliegend, das Wort des Vor tragenden noch weiter ergänzten. Rauschender Bei fall dankte dem Redner. V. HI. * Eine neue Diirerzeichnung. Eine bisher noch un bekannte Zeichnung Dürers hat Engelbert Bau meister jetzt im Donaueschinger Kupfer, stichkabinett gefunden und veröffentlicht sie soeben iin„ Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen". Das Blatt zeigt einen mit der Feder gezeichneten Frauen akt vom Rücken. Es ist ein Körper mit mächtig ge buchteten Umrissen, so wie ihn Dürer liebte. Dl.- Frau hat die Arme betend erhoben und ist wohl eine Studie für eine unter dem Kreuz stchendc Maria. Ein Kopftuch, das über die Schulter herab hängt, ist mit schönschreiberischer Grazie gezftchnei. Baumeister setzt die Entstehung in die Zeit um 1505. * Heqses letzt« Arbeiten. Paul Hcyse, der ein klassischer Uebersetzer war, hat in seinen letzten Lebensmonaten drei Lustspiele der italienischen Re naissance übertragen, die „Cassaria" von Ariosi, die „Aridosia" von Lorenzino de Medici und die „M a n d r a g o l a" von NiccolO Macchiavelli. Die „Cassaria", die Kastenkonrödie, die bereits von Alfons Kissner, dem Marburger Romanisten, einmal ins Deutsche übertraHz worden ist, die Prellung zweier Geizhälse durch eine leichtsinnige Gesellschaft, hat der Dichter des „Rasenden Roland" 1508 am Hofe von Ferrara aufführen lasten. Die „Aridosia" ist ein Wert jenes Medici, der ein Jahr nach ihrer Ent stehung 1537 seinen Vetter, den Herzog von Florenz, ermordete. Den Inhalt deutet Lorenzino in seinem Vorwort „aui dem Thewtcr" an: „Nehmt es nicht übel, da ihr schon sonst km Theater einen verliebten Jüngling, einen geizigen Alten, einen Diener, der seinen Herrn betrügt, und anderes aefehcn habt, was für einen, der Komödien machen will, unerläßlich ist. dies auch hier wied-r zu sehen bekommt." Die „Mandragola" endlich, benannt nach der Alraun wurzel, einem Geheimnftttel, um Kindersegen zu er halten, ist die köstliche Frucht der Verbannung des großen Staatsmannes aus Florenz. Heyses wohl- oelungenen llebertragu^zen werden in einem neuen Bande des von Marie Herzfeld bei Diederichs heraus gegebenen Sammelwerkes „Das Zeitalter der Re naissance" vereinigt. * Hochschulnachrichten. Die Frequenz der Univer sität Münster i. Wests, fiat die unerwartet: Höhe von 2295 Studierenden. Die tath.-theol. Fakultät zählt 385, die :vangel.-thcol. 32, die jur. 388, die philo sophische 1058. Doch sind offenbar die zahlreichen Kriegsteilnehmer eing'.'schlossen, die ohne Exmatri kulation ins Feld gezogen sind. Abgegangrn sind 196, dagegen neu immatrikuliert 513. — Der ordent liche Professor sür römisches und deutsches bürger lich.'s Recht, einschließlich des Hand.'ls- und Wechsel rechts an der Universität Gießen Geheimer Justiz rat Dr. Gerhard Alexander Leist und der ordent liche Professor der Hngenieurwissenschaften an der Technischen Hochschule zu Darmstadt Geh. Bau rat Alexander Koch wurden für die Dauer des 36. Landtages in di: Erste Kammer der Hcssisch:n Stünde berufen. — Der Oberbibliothckar a. D. der Universitätsbibliothek zu Königsberg i. Pr. Professor Dr. phil. Hans Mendthal beging am 15. November seinen 60. Geburtstag. — Im Kampfe für das Vaterland ist auf d:m westlichen Kriegsschau platz der Dir.'ktor des Statistischen Amtes der Stadt Straßburg i. Els. Dr. Karl Eichelmann, Oberleutnant d. R., gefallen. — In Heid:lberg begeht der emer. o. Professor für Physik. Geh. Rat Dr. Georg 2 u incke am 19. d. seinen 80. Geburts tag. — Aus Freiburg i. B wird geschrieben: Die Immatrikulation für dieses Wintersemester hat mit einem Neuzugang von 274 Studierenden (dar unter 33 in ukoiniil immatrikulierte Kriegsteil nehmer) ihren Abichluß gefunden. 2m vorigen Wintersemester betrug der Neuzugang 872 Stu dierende. Vom letzten Sommersemester sind 1954 Studierende immatrikuliert geblieben. Von diesen stehen nach der provisorischen Feststellung etwa 1500 im Felde. Es beträgt sonach in diesem Winter die Zahl der immatrikulierten Studierenden 2228, die der anwesenden Vorlesungsbesucher 700. — Aus Kiel wird geschrieben: Die hiesige Universität wird im laufenden Wintersemester von 717 Studieren den, darunter 63 Damen, besucht. Unter ihnen be finden sich rund 3 0 beurlaubte Kriegsteilnehmer. Sie verteilen sich aus die einzelnen Fakultäten wie folgt: 42 Theologen. 118 Juristen. 191 Mediziner und 264 Philosophen. — Wre aus R o m vom 12. d. M mitgeteilt wird, ist der Professor für mo derne Geschichte an der dortigen Universität Ama dea Cri vellucci, 64 Jahre alt, g:storb:n. — Dem Direktor des Staatsarchivs in Marburg. Geheimem Archivrat Dr. Heinrich Reimer, wurde die Entlassung aus dem Staatsdienste erteilt. — Dem Privatdozenten für Philosophie an d?r Wie ner Universität, Rcgieriingsrat Dr. phil. Joseph Klemens Kreidig, ist der Titel eines außer ordentlichen Professors verliehen worden. KSnigrricv Daheim. 18s Roman von Ada von Gersvorff. In Hast riß Jarl das Steuer herum und nahm Sammetmann das Fernglas an die Augen — ach, was hals es — das Wrack deckte die Stelle, wo es vermutlich liegen konnte. End lich standen sie oben und Tino schrie ihnen das Ereignis entgegeu, das selbst ihn aus der Ruhe brachte. Wasser war im Untcrraum des Wracks, der bis jetzt völlig trocken gelegen — ein Leck mutzte entstanden sein, Wasser, das zu steigen schien. Mit Entsetzen meinten sie wahrzunehmen, das; das Wrack seine Stellung verändert habe, als könne es alsbald in tiefes Wasser sinken, ein Spielball der Wogen bei dem nächsten Sturm. Oder auch das Wasser stieg und stieg, bis cs alles, alles bedeckte, was auf dem Wrack übrig war. Welch eine furchtbare Lage! Das Bauen und Richten auf der Insel ging so unsäglich lang sam bei den geringen Kräften, die angreifen konnten. So vieles, vieles, das das Wrack barg, mußte noch hinüber, und wie langsam ging das voran, mit der kleinen Jolle. Fast nur stückweise. Mit Rübe und viel Zett konnte schließlich alles Zustandekommen, aber so? Jetzt? In Eile und Angst? Dazu der Kapitän entschieden am Be ginn einer neuen Krankheit oder eines Rückfalles rn die alte. Rot und blaß, bald fiebernd und apathisch saß er in seiner Kabine. Jarl stellte fest, daß das Wasser stieg und schon sehr rasch und hoch gestiegen war in der kurzen Zeit dieses einen Tages. Morgen, über- morgen konnte es vorbei sein, alles Vorhandene verderben und hinübergetpült und das Wrack selbst zerfiel oder trieb av in Stücken. In rührender Beschämthcit, so hinreißend lieblich, daß der Mann alles, alles andere, Ge fahr und Tod, vergaß, trat Anna Scholastika zu Jarl, und ihm die Hand reichend, bat sie, ihr aufsteigendes Schluchzen hastig bekämpfend: „Verzeihen Sie mtr, ich will stark sein. Ich — ich will Ihnen nicht noch schwerer machen, was doch schon so schwer für Sie, Herr Doktor, ist, nur allein für Sie. Der arme Kavitän ist wie der krank, und Tino ist ein Kind, — und — und ich bin eigentlich ja auch nicht mehr — ach! viel weniger — er hilft und arbeitet und kann doch etwas! Ich aber — bin ja nur unnütz — nur eine Last." Tas war wieder solch ein Moment, wo er so hilflos und schwach dastand und nicht wußte, wie er es ertragen sollte, sie so zu sehen, und wie sie auch das einzige, was er ihr bieten und geben konnte, sein Herz, seine Liebe, zurückstieß. . . Ja — das war wieder solch ein Moment, wo er sich hätte vergessen, sie hätte an sich reißen können in Leidenschaft und Verzweiflung. Er bezwang sich. Eilig kani sie seinen hastigen Befehlen nach, und er selbst ging an andere, sehr schwere und unfruchtbare Arbeit, die er nicht gelernt hatte, sondern von dem kleinen Schwarzen bewundert, nämlich das Wasser aus dem Wrackinnern zu schöpfen nm zu verhindern, daß es in zu kurzer Zeit die Vorratsränme erreichte, ehe sie bergen konnten, was nur irgend zu bergen war. Vorher sprang er noch rasch in Sammet manns Kabine. Ilnruhig und fiebernd lag der Arme, unfähig in dieser dringenden Not zu hel fen. Welch ein Unglück würde cs sein, wenn er stürbe! Tann hinunter in den untersten Raum, mit allem, was man zum Schöpsen des Wassers brauchen konnte. Es war fast nichts erreicht nach stundenlanger Anstrengung, und als die Flut kam, machte sie das wenige auch noch zunichte. Tie Fugen erweiterten sich infolge der Erschütte rung, die rasche und gänzliche Auflösung des ohnehin mürben Wracks mutzte in Kürze er folgen. Sammetmann hatte Jarl gesagt, daß das Barometer falle und alle ihm bekannten Vor zeichen auf Sturm deuteten. Ten hielte das ittümmcrstück nicht mehr aus. Sic mußten eilen, so schnell wie mögttch das Wrack zu räumen. Mochte auch manclscs für sie kostbare, notwendige Stück mit ihm verloren, gehen. Wer stand ihnen dafür, daß nicht einer I jener Orkane auftrat, wie ein solcher die „Anna Brinkmann" aus diesen Kttppenwald gc ch.ru dert halte, lind dann ohne Boot? Nach der Intel hinüberschwimmen — eine Unmöglichkeit selbst für einen Mann in der Blüte ferner gesunden Mannheit, wie Jarl es war. Und sich allein retten? Niemals! — Jarl mußte unwillkürlich an des alten Sam- mctmanns Erzählung denken von dem kleinen Mann der „Anna Brinkmann", dem „Klabauter mann" alter Zeiten, und an seine eigene düstere Vorahnung. Nur diese Nacht, diese lenke, mußten sie noch bleiben. Anna Scholastika tröstete, er, es sei gar keine Möglichkeit, das; dem Wrack etwas oaßieren könne, und um etwa Uhr des andern Tages würden sie in der Jolle hinüber nach der Insel fahren, und mitnehmen, was Anna Scholastika hent von ihren Sachen zusammeupackte. Er und Tino blieben die Nacht zusammen aus. Welche Nacht für Jarl, dessen Geist in selt samen Bildern sich erging. Er stand ost vor des Kapitäns Türe. Ter alte Mann atmete schwer röchelnd, und doch schien er in einem schweren Schlaf zu liegen, aus dem er nicht geweckt werden durste. Schlafen, ruhen, ver gessen, das war ihm nötig! Auch an des Mäd chens Schwelle zögerte Jarl. Da drinnen war es totenstill! Ach, das; sie sein Lßeib gewesen wäre, daß er hätte hincingchen und mit ihr beraten dürfen! Alles wäre gut und erträglich gewesen, denn wenn sie auch im vraktischen Leben sehr unerfahren war, sie hatte doch einen scharfen Verstand. In ihrer Kammer war cs totenstill, bis er dann entdeckte, daß sie ebenfalls nicht ytuhc gesucht oder gefunden hatte, denn, als er an Bord wieder hinaufstieg, sah er sie regungs los dort lehnen und über das im Sturmlicht glitzernde, schweigende Meer Hinschauen, vielleicht dahin, wo sie die Heimat vermutete, denn die Richtung, in der ihr künftiges „Daheim", Knut Jarls Königreich lag, war es nicht. Als er sich ihr näherte, regte sie sich und ging langsam nach der andern Seite hinüber. Eine Unterhaltung mit ihm in dieser geheimnis voll schivcigenden Nacht lag wohl nicht in ihren Wünschen. Dies Abwenden, dieser unmutige Seufzer sagten cs ihm, und ohne Wort oder Gruß ging auch er still an ihr vorüber. Nicht einmal eine Warnung vor der gefährlichen Nachtkühle brachte er in seiner bitteren Stim mung über die Lippen. Im Raume unten, den das Wasser füllte, war nichts mehr zu tun für ihn und den Jungen. Da lichtete sich der Osten, leise wallte cs über Himmel und Meer, die Sterne verblaßten und der große, düsterrvte Mond stand selftam ausschend, fast so groß wie die strahleulose Sounenscheibe, eine scharfgeschutttenc Halbkugel, über der Linie, wo Himmel und Meer zusammen- ilosscu. Es war eine Art Phänomen! Wenig stens hatte Jarl nie im Leben den untergeheuoen Mond in dieser Grüße und Farbe gesehen. Stau nend und ganz hingcuommen von der Erhaben heit dieics stillen Morgenbildes, dem er allein iin Anschauen bewundernd gegenüberstaud, blieb der Doktor eine Weile in andächtigem Sinnen, und seine Gedanken zogen höher hinauf zu dem Schöpfer, sich abwendend von seinen Erdeusorgen, die sich seit gestern so schwer vergrößert hatten. Tann eilte er zu dem Kapitän Sammet mann, unterwegs einen stummen, ernsten Grus; mit Anna Scholastika tauschend. Er fand Sammetmann sehr viel besser, außer Bett, beschäftigt, Papiere in einer Leder tasche zu verstauen. Allerlei Gepacktes stand schon nmher. „Mein Gott, Kavitän Sammetmann, befin- den Sic sich denn so wohl und kräftig," rief Jarl erstaunt umhersehcnd. „Wegen dem da?" Er zeigte auf das Gc- väck. „Das hat sic gepackt, jo allmählich in der Nacht. Sie hat nämlich die ganze Nacht hier gesessen und gewacht. Nur einmal ging fte nach oben, nach Ihnen und Tino zu scheu. Aber Ihre kalten Umschläge — die har sic regel- mäßig gemacht. Sie hörte nämlich, ;vic Sie sagten, das wäre schade, daß kein dienendes weib liches Wesen gerettet worden wäre, um der gleichen Pflegcdicnstc bei lins Männern mal zu übernehmen." fFortsetzung in der Morgenausgabe.)
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