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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.09.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-09-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140916025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914091602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914091602
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-09
- Tag 1914-09-16
-
Monat
1914-09
-
Jahr
1914
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Leipziger Tageblatt Mittwoch, l6. September 1914 veur 2. Nr. 472. Nvena-nusgrrbr. 8voa Serbe» i», Inner« der Monarchie abgeschobe» worden find. Bisher wurden über 300 Feldgeschütze im Kampfe erobert. Resümierend kann hervor» gehoben werden, daß unsere Armee bisher in aktivster Weise und heldenmütigstem Kampfe dem numerisch überlegenen, tapferen und hartnäckig kämpfenden Feinde erfolgreich entgegentreten konnte. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabe» v. Hocfer, Generalmajor. fius -em russischen Serlcht über Lemberg. Wien, l5. September. (Wiener Korr. Büro.) Die Petersburger Telegraphen-Agentur wollte von 30000 Gefangenen und 00 Kanonen wissen, die die Russen bei Lemberg erbeutet hätten. Im Gegensatz hierzu ist in dem amtlichen Bericht des ru'liichen General st abs vom 1t. September nurvontz 000 Gefangenen und 3 0 Kanonen die Rede. Es wird zugegeben, das; die Armee Brussilow sich in kritischer Si tuation befand. Diese Bescheidenheit beim Aus posaunen der Sicgcsnachrichtcn dürfte die neutralen Mächte davon überzeugen, daß man unseren offiziellen Nachrichten, die nichts beschönigen und nichts ver hehlen, volles Vertrauen entgegenbringen kann. Wje-erke>fte!iung -e« Or-nung in Lüttich. Rach dem .L. T." schildert ein holländischer Händler im ..Algcmeen Han>e!sblad" die Zu stand e i n L ü t t i ch : Danach sind oo» der deutsche» Militärverwaltung alle miglichen Vorkehrungen getroffen worden, um Handel und Gcmetbe anfrechtzuerhalten. ^»n vielen Fabriken wird andauernd ge arbeitet. Die Berhältniss-e der Arbeiter haben sich schon gebessert. Sehan-lung von deutschen un- Gesier- ceicksm in ftrügge. Im ..B. T." teilt ein aus Antwerpen geflüchteter Deutscher, der einige Zeit in Brügge als Kriegs gefangener weilte, seine Erlebnisse mit. Deutsche und Oe st erreich er wurden in Brügge aus dem Zuge heraus verhaftet. Die Frauen und Kinder wurden in Klöster, die Männer ins Gefängnis gebracht. Durch eine wutentslammte Volksmenge hindurch mutzten die Soldaten den Ge fangenen mit Kolben st ötzen einen Weg bahnen. In einem engen Raume und in ärgstem Schmutz mutzten sie mehrere Tage verbringen. Erst am sechsten Tage wurden sie vor ein Kriegsgericht ge stellt und dann freigegeben. Vie Englärr-er haben Gsien-e verlassen. Bon einer Deutschen, die seit Jahren in Brüssel wohnt und sich nach Kriegsausbruch nach Ostende br» geben hatte, geht der „B. Z." folgende Schilderung zu: Am Sonnabend, den 22. August, landeten etwa 3—40W englische Soldaten in Ost ende. Sie wurden jubelnd begrüßt. Zn ihren kleidsamen Anzügen sehen sie sehr nett aus, und an ihrer Ausstattung war nichts gespart worden. Die Engländer blieben aber nur drei Tage in Ostende. Vie Not in Antwerpen. Ein Mitarbeiter schreibt dem „Bcrl. Lok.-Anz." aus Roscndaal: „Gestern hatte ich Gelegenheit, mich mit einem aus Lüttich gebürtigen Belgier zu unterhalten, der mit deutschen Pässen die Reise nach Antwerpen unternommen hatte, um seinen dort befindlickzen Sohn, der bei der belgischen Kavallerie dient, zu be suchen. Mein Gewährsmann, der seinem Unwillen über die belgische Regierung Luft machen wollte, er zählte mir folgendes: Entgegen den Darstellungen der Antwerpener Presse ist die Stimmung daselbst sowohl unter den Soldaten als auch unter der Zivilbevölkerung sehr gedrückt. Alle bemittelten Familien haben nach den Bombenwürfen durch den Zeppelin die Stadt fluchtartig verlassen, und unter der zurückgebliebenen armen Bevölkerung herrscht eine unbeschreib Deutsche Männer. 37s Geschichtlicher Roman von Wilhelm Zensen. Alle warfen ihre Gewehre zu Boden und ergaben sich mit dein Oberst Mey- rönnet, der lautlos dein Oberlwfehlshaber der „schwarzen Bande", die er vernichten gewollt, seinen Degen anshändigte. Die Sonne wär schon seit Stunden nntergegangen, doch tag kein Dun kel über der Stadt. Brand« warfen von allen Seite» rote Helle ans die Straßen. Der Hanptlampf hatte sein Ende gefunden, nnr in den Häusern danerte da und dort der verzlveifelte Widerstand und seine Riederschmetlerung noch fort. Es >var eine grausige Rächt, wie Halber stadt sie während seiner langen Geschichte kaum lemais erlebt: an Schlaf tonnten auch die Sie ger nicht deuten, streckten sich nnr zum leiblichen Ausruhen von der ungeheuren Anstrengung auf die harte Erde hin. Aber was not getan, hatten sie vollbracht; von dem westfälischen Regiment ivar nichts mehr vorhanden als Tote und Ge fangene, und es drohte keine Gefahr einer un. mittelbaren Verfolgung im Rücken. Doch auch die Scknvarze Schar hatte nicht unerhebliche Ver- lustc erlitten, besonders an Offizieren; als das Korps in der ersten Morgenfrühe anfbrach, ritt der Herzog zu Gibich hinan und sagte kurz: „Wenn du auch als ein Unkluger dreinfährst, ich mutz dich zum Rittmeister deiner Schwadron setzen, weil mir ein Vernünftigerer fehlt." Er sprach'S mit düsterem Ausdruck, die Erstürmung Halberstadts hatte knndgctan, was weiterhin seine kleine Truppe erwarte, war nur ein Borspiel wahrscheinlich hoffnungslosen Kampfes gegen un berechenbare Uebermacht gewesen. Ebergard Falke hatte er am Abend untersagt, mit in die Stadt einzureitcn, ihr geboten, unter Obhut ihres VaterS vor dem Harsleber Tor zu bleiben. Jetzt beim Abmarsch reihte sie sich nach hergebracht ter Weise seinem Geleit wieder an, doch er achtete nicht darauf, dachte nicht an sie. Er brauchte Männer, vielleicht zehnfach so viele, als ihm zu Gebot standen, und ließ statt dessen ein halbes Hundert von Gefallenen in den Stratzen zurück; der sinnlose Einfall, ein Mäd chen, das keine Waffen führte, auf seinen Lotzes- M- nnttzunehmen, war ihm aus dem Gebücht. liche Not. Der Mangel an Nahrungsmitteln ist um so fühlbarer, als in den letzten Tagen viel arme» Bolk aus der Umgebung in die Stadt flüchtete. Die Stadtverwaltung ist nicht mehr in der Lage, für die Notleidenden zu sorgen, so daß die Verhungerten in den Soldatenküchen gespeist werden müssen. Ueber die Stimmung unter der Besatzung be fragt, antwortete der Belgier: Nachdem in Ant werpen endlich bekannt geworden, daß der Wider stand der belgischen Truppen im ganzen Lande ge brochen ist, ist das Besatzungsheer mehr oder minder demoralisiert. Die Soldaten sind davon überzeugt, daß sie die Zahl der Opfer des Krieges ohne jeden Nutzen vergrößern, und daß sie ihr Blut nutzlos vergießen. Sie gehen nur mit Widerstreben in den Kampf, ja sie werden von ihren Führern hineingetrieben. In ganz Antwerpen geht das Gerücht von Mund zu Mund, daß König Albert, der seit mehreren Tagen nicht mehr zu sehen ist. die Flucht ergriffen habe." UeberfüUung -er Hospitäler in un- um Paris. Dem „Daily Cbronicle" wird aus Chartres ge meldet: Die Kümpfe der letzten Tage sind sehr heftig und blutig gewesen In allen Städten der Gegend rund um Paris sind die Hospitäler gefüllt mit Verwundeten. Paris selbst ist ein großes Hospital. Allein durch Orleans sind einige Tage hintereinander un gefähr 7000 Verwundete täglich transportiert. Der Kreuzer »Stettin" im Gefecht mit englischen Kriegsschiffen. Dor Magistrat der Stadt Stettin hat nach der „Krcuzztg." an den Kommandanten des Kreu zers „Stetti n", der in der Nordsee ein schweres Gefecht mit überlegenen englischen Kriegsschiffen ge habt hat, folgendes Telegramm gerichtet: „Durch private Nachrichten von dem helden mütigen Kampfe unseres Patcnschiffes in der Nordsee am 28. August gegen eine vielfache eng lische Uebermacht in Kenntnis gesetzt, beglück wünschen wir voll Freude und Stolz die wackere Besatzung und ihren Herrn Kom mandanten aufs herzlichste zu ihrer ruhmcs- würdigen Haltung! Der Magistrat der Stadt Stettin (gcz.) Ackermann." Noch keine englischen Kriegsberichterstatter. Die Londoner „Daily News" beklagen sich bitter, daß noch immer keine Kriegsberichter st al ler bei der Front zugclassen sind. Das sei des halb sonderbar, weil schon vor einigen ^Lochen be schlossen wurde, sie zuzulasscn und Vorkehrungen ge- iroffen worden seien, das; sic in pflichtgemäßer und bescheidener Art ihre Aufgabe lösen. Vom englischen Kriegsministerium ist, wie das Blatt mitteilt, ein Reglement in drei Teilen, 37 Paragraphen und sechs Beilagen zusammengcstellt worden, in dem die Vor schriften für die Kriegsberichterstatter enthalten sind. Ueber jeden Korrespondenten wird eine Untersuchung angestellt, und nur diejenigen, über die die Unter suchungen Günstiges ergeben, werden zugclassen. Der .»«gelassene Kriegsberichterstatter steht unter dem Militärgesetz, und die beim Hauptquartier befind lichen Zensoren sind ihre kommandierenden Offiziere Bis jetzt l>at man zwölf Berichter st alter für würdig erachtet, nach der Front zu gehen, aber sie sind doch noch immer in England und warten mit Ungeduld aus den Augenblick, daß man ihnen die Einschiffung erlaubt. Diese Zurückhaltung zeugt eigentlich von kluger Voraussicht. Es ist für die Kriegsberichterstatter doch nur gut, wenn sie lediglich die Heimkehr der Besieg ten, nicht aber auch deren Niederlage — oder wie Herr Frcnch umschreibend sagt: „erfolgreichen Rück zug" — zu schildern brauchen. John Surns' Re-e. Die „Times" hat behauptet, daß der frühere eng lische Minister und Arbeiterführer John Burns die in deutschen Blättern verbreitete Rede gegen Englands Kriegspolitik gar nicht gehalten habe, und daß die Rede eine Fälschung der deutschen nis weggeschwunden. In wortlosem Schweigen, unablässig nur mit den Augen am Horizont vor sich anfspähend, ritt er, nun durch schon ans Kiiabentagcn ihn allvertraut anblickcndc Land schäft, aus die Stadt Braunschweig zu. * * * Da zog der von der Ungnade des Kaisers der Franzosen entthronte und geächtete Herzog von Braunschweig in die Hauptstadt seines an gestammten Erbtaudes ein. Er allein in Europa stand im Kriege gegen den unnmschränkten Ge bieter über mehr als den halben Erdteil, mit kaum anderthalbtauseud Soldaten der unermeß lichen Heerinacht des Imperators gegenüber. Ein ihn umringendes Bructckeilchen von ihr mutzte hinreichen, sein Korps wie ein winziges Insekt zu zerdrücken, lind Kundschafter hatten ihm Nachricht gebracht, von Norden, Westen und Sti- den her sei wenigstens die fünfsache Ueberzahl westfälischer Truppen schon nah gegen ihn im Anzuge. Nicht zum erstenmal seit der Niederlage bei Ancrstädt befand er sich wieder in der Stad«, hatte sie mehrmals während der letzten Jahre in Verkleidungen ausgesucht und wußte, was ihn in ihr erwarte: mit wenig Ausnahmen Bestürzung, Zaghaftigkeit und Feigheit der oberen Stände. Zu schwer ließ sich s ihnen nicht verargen; sie übersahen klar die Sachlage, es handle sich nur um einen Durchflug der Schwarzen Schar durch il)re Straßen, und der nächste Tag werde über jeden, der sich mit einer Kundgabe der Anhäng lichkeit an die alte Dynastie verdächtig gemacht, ein unerbittlickies Strafgericht der zurückkehren- den französischen Behörden verhängen. So zogen die Vorsichtigen, die Besitzenden sich beim (An zug zum größten Teil unsichtbar ins Innere ihrer Häuser zurück, nur die untere Bevölkerung, die nichts zu verlieren hatte, drängte sich in dich ten Massen und laut jubelnd herzu, überhäufte eilig von allen Seiten die Hungernden und Durstenden mit Nahrungsmitteln und Getränken. Kaum erkannte jemand den im Acußcren durch nichts mehr an den ehemaligen schönen Jüngling erinnernden Herzog in der unscheinbaren Klei, düng wieder, doch zum erstenmal seit der Nacht in .Halberstadt erhellte sich fein finstre- Gesicht ein wenig, al» er Schüler ans den oberen Klas Englische Siege, Leipziger Landsturm un- Churchills Millionenheer. Nach der Niederlage von St. Quentin sind die Engländer gelaufen, was sie laufen konnten bis vor die Tore von Paris. Hier sind sie nun endlich zum Verschnaufen gekommen; sic haben sich mit den Fran zosen wieder vereinigt und bilden anscheinend deir linken Flügel der großen Schlachtlinie, mit der unsere Truppen schon seit einer Woche in hartem Kample liegen. Wenn die „Entente" flieht, meldet sie große Siege, kann sie einmal ihre Stellung be haupten, so meldet sie konsequenterweije Flucht der deutschen Truppen Generalquartiermeister o. Stein sagte uns schon, daß wir uns nicht durch die auslän- dilche Presse irre machen laßen sollien. Bevor uns nicht v.Stein dasGegenteil meldet, glauben wir deshalb auch fest an den endgültigen Sieg der Unserigen, und deshalb können wir auch ruhig einen Blick in die feindliche Presse werfen ohne Schaden an unserer Seele zu nehmen, so Schreckliches diese auch zu be richten weiß. Es macht sogar ein wenig Spaß. Welche Genugtuung für die Engländer, wenn die Daily Sketch vom 12. September melden kann: „Deutsche fliehen vor Engländern! Beträchtliche Jnfanteriekorps sind in den Wäldern versteckt ge sunden worden, die bei dem schnellen Rückzug ihrer Streitkräfte zurückgelassen worden sind. Sie ergeben sich beim ersten Anblick. Dies und das Plündern von Dörfern und Anzeichen von Trunkenheit zeigen die Demoralisation Les geschlagenen Feindes. Die Verfolgung erfolgt mit aller Kraft!" „Die britische Armee hat 11 Geschütze und viel Material erobert und 1200 bis 1500 Gefangene gemacht." „Die Deutschen versuchen bei Verdun durchznbrechen." (Um aus Frankreich zu fliehen selbstverständlich) „Durch Verdun geht der einzige direkte Weg zurück nach Deutschland. Wenn sie nicht durchtommen, müssen sie den Weg zurück, den sie kamen, durch Belgien — wenn sie können!!! Demnach kann sich unsere Armee am besten jetzt schon begraben lassen, zumal nach der ausländischen Presse die Zustände im Innern Deutschlands un haltbar sind. Zwar scheint man jetzt davon über zeugt, daß der Kaiser nicht ermordet ist und in Berlin keine Revolution herrscht, aber „da in Berlin Regierung sei. Die letztere Behauptung erledigt sich als barer Blödsinn von selbst. Zu der ersten erklärt nunmehr die Korrespondenz Berolina", aus der die Rede in deutsche Blätter übcrgegangen war, daß Burns die Rede doch gehalten und sie den stenographisch aufgenommenen Text aus ein wandfreier Quelle empfangen habe. Die Korrespon denz fügt hinzu, daßauchderLordmayorvon London gegen den Krieg gesprochen habe. Vie tapfere schlesische Lan-wehr. Ueber die letzten Kämpfe in Polen werden der „Kreuzztg." von einem Landwehroffizier folgende Einzelheiten berichtet: Eine einzige Lanbwehrkompanie mußte längere Zeit einer russischen Brigade standhalten, die hr, unterstützt durch Maschinengewehre, zusetzte. Der Erfolg war ein Verwundeter! Die Russen schossen alle zu hoch. Als nun den Unseren drei wettere Kompanien zu Hilfe rückten, gingen sie zum Angriff über und ttteben die Russen in die Flucht. Die Verluste der anderen Kompanien waren bedeutender, aber auch nicht gerade erheblich im Vergleich zu dem Erreichten. Der Geist der Truppen ist prachtvoll, trotz der Entbehrungen, die oerade der Feldzug im Osten mit sich bringt. Eine Woche lang kaum ein Auge zugetan, end lich einmal ein halbes Bett, das man mit einem Kameraden teilen muß; dazu infolge der Aermlich- leit der Dörfer öfters targe Ernährung, wenngleich zehnfach besser als die der Feinde. „Zu Hause ahnen sie es —angesichts der großen Ereignisse im Westen — kaum, wie anstrengend, aber auch wie eriolgreich unsere Tätigkeit ist!" weitere Mel-ungen. Herr von Oldenburg Ianuschau, der Provinzial vorsitzende des Bundes der Landwirte für West preußen, der sich bei Lein Kriegsausbruch freiwillig der Armeeleitung zur Verfügung gestellt hatte und bisher im Hauptquartier des Kronprin zen war, ist von dortabkommandiert wor den, um ein Kommando in der Front seines heimat lichen 17. westpreußischen Armeekorps zu übernehmen. sen, Kaufmanns- und Handwertslchrlinge sich begeistert in Haufen yerandrängen sah und bitten hörte, sie nnter die Totentopflnannschaft aufzu nehmen. Er hatte die Stadt ohne feindliche Be satzung angetroffen, niemand leistete Widerstand, aber die Ungewißheit der nächsten Stunden ge staltete ihm nicht, den Soldaten Nachtquartier in den Bürgerhäusern zn vergönnen. So ließ er ihre Gesamtheit vor dein Petritor ein Freilager beziehen, und balo nach dem Einbruch der Dun kelheit schloß schwere Müdigkeit ihnen die Angen zn. Ruhe scheinbaren Friedens lag über Braun, schweig, nnr draußen «n seinem Umkreise rückte das Unheil dichter heran, reihte lauerndes Ver derben sich nm das eingeschiossene Wild zu sammen. Das innerliche Wesen des Herzogs ließ mit Gewißheit voranssehen, er werde die Stadt nicht verlassen, ohne die Ursprnngsstätte seines Le bens und die Hanpkerinnerungsräume seiner Kindheit anfzusnchen, lind sobald seine vielfach notwendigen Anordnungen für die Nacht es ihm ».'erstatteten, begab er sich ohne Begleitung allein durch die lichrlosen Straßen nach dein alten wekslfchen Residenzschloß, das ihn dunkel und still, einem lautlosen Gruftgebäude gleich, emp fing. Ans sein Pochen erschien mit einem Leuch ter ein grauhaariger Kastellan, der den Einlaß- fordernden erkannte und in ein heftiges Schluch zen ausbrach, doch der Ankömmling drückte ihm die Hand auf den Mund: „Zum Weinen ist heut nicht Zeil, Alter. Zünd' eine Fackel und komm mit mir!" Der Schloßverwalter setzte einen Kien, span in Brand, nach dein dec -Herzog griff, in die nächste Tür hinein und wciterschritt, so rasch, daß der Alte ihm kaum folgen konnte. Er lief fast durch die weiten nächtigen Säle, die in ihrer stummen Lebensverlassenheit auch wie das In- nere eines Grabgewölbes erschauerten; nur sein Fußtritt hallte von den Wänden wider, und die Spanflamme warf flackernd mit schwarzen Schat ten gemischte rote Lichtbänder über die todes- schweigsamen Dinge um ihn her. Dann stockte einmal jäh sein fliegender schritt, und seine Augen starrten reglos auf eine Bettstatt nieder, auf der er in der entsepensvollcn Nacht seinen erblindeten sterbenden Vater gefunden, um nach kurzen Stunden dem Blücherscheu flüchtenden Korps wieder nordwärts über die Heide nachzu alle Straßenfeger in der Armee sind und di Straßenreiniguna durch Schuljungen in den ärmeren Distrikten und Tagelöhnerinnen erfolgt, ist zu be fürchten, daß die Art. wie dies geschieht, zu dein Ausbruch eines Fiebers führen muß. Um dem Leser aber durch den Augenschein zu beweisen, daß Deutschland am Ende leiner Kräfte ist, erscheint in der englischen illustrierten Preße ein Bild von einer Landsturmmusterung in Leipzig. „Daily Graphic" schreibt dazu: „Man beachte die Dicke der E e st a l t einzelner Leute!" „Daily Ecetch" ist kühner und behauptet: „Sie, diese Leute, sind nicht geeignet für Las Gefecht ater Deutichland hat mehr Leute bitter notwendig. Folg lich hat er ithe Kaiser) sein letztes Aufgebot ge- rufen. Der Kaiser findet, daß er eine größere Ausgabe vor sich hat, als er in seinein wilden Ehrgeiz erwartet hatte. Belgien ist bedeckt mit den Gräbern der Tausende, die er gelehrt hatte, einen tapferen Feind zu verhöhnen; seine Armee, betrunken und demütig bittend, ergibt sich im Schrecken den siegreichen Briten" l!) Könnte der englnche Leser die Masse junger wehrfähiger Leute sehen, die in Deutschland sehn süchtig den Augenblick erwarten, der sie zu den Fahnen ruft, es würde ihin sicher ichwach im Magen, zumal wenn er daran denkt, welche Verführungs künste in England aufgsboten werden müßen, um ein paar Rekruten zu erwischen. Mr. Winston Churchill in höchsteigener Person har am 11. Sep tember einen „Ruf zu de» Waisen" in einer großen Versammlung im Londoner Opernhaus er schallen laßen. Er pries die englischen Erfolge, der deutsche Handel sei von dein Meere vertrieben und viele feindliche Schiffe in den blauen Wogen ver senkt. „Aus allen Teilen der Welt transportieren wir große Mengen Soldaten über das Meer nach dem entscheidenden Schauplatz des Landtainpses. «Lauter Beifall, und eine Stimme: Rußen! Großes Gelächter folgte, worin Mr. Churchill einstimmte)" „Dw Zahl der Schiffe" fahrt er forc, „d«e für uns in den nächsten zwölf Monaten vollendet werden, ist mehr als doppelt so groß wie die Zahl, die für Deutschland vollendet wird, und die Zahl der Kreuzer ist drei- oder viermal so groß." „Was Ihr nun zu tun habt, ist, eine große Armee zu bilden unter dem Schutz und Schild der Flotte, stark genug, uin unserem Vaterlande einen vollen Anteil an der Entscheidung dieses furchtbaren Ringens zu geben. Der sichere Weg, diesen Krieg für das Britische Reich zu beendigen, ist, eine Armee von mindestens 1 Mittion Mann auf den Kvntinenr zu schaffen und aus dem Kon tinent zu erhalten." „Dieser Krieg ist der Krieg, der 1909 hätte ausgefochten werden sollen, als Rußland durch Deutschland gedemiitigt wurde. Es ist der Krieg, den Sir Edward Grey voriges Jahr ver- hinderte. Nun ist er da, und es steht unser Leben gegen das Deutschlands; darüber kann es keinen Kompromiß oder Waffenstillstand geben. Wir müßen unerbittlich bis zum Ende vorwärts gehen!" Ob dieser Waffenruf Churchills denn nun endlich die Rekruten zu dem geplanten Millionenheer oder den geträumte» 25 Armeekorps hervorzaubern wird, nachdem das Beispiel des Thronfolgers, der Appell an die Damen und Bräute und die Drohung mit Zwangsmaßnahmen erfolglos geblieben sind? Es scheint wenige zu gelüsten, gegen die deutschen „Hunnen" und „Heiden", die „Frauen und Kinder brnmorden, aber den Waffen nicht Trotz bieten können!" zu Felde zu ziehen. U. ZV. Deutsche Kriegsbriefe. Von unserem im Großen Hauptquartier weilenden Kriegsberichterstatter PaulTchweder. (Genehmigung zur Veröffentlichung erteilt am 9. 9. I. A. des Chefs des Eeneralstabs des Feldheeres gez. v. Rohrscheidt, Majov im Großen Generalstab. Unberechtigter Nachdruck verboten.) In der Champagnerstadt. Eine der schönsten Kriegsepisoden von 1870 war unstreitig die Einnahme von Epernay durch 14 bay rische Ulanen. Den Braven war die Zeit auf Vor posten zu lang geworden, und so brachen sie eines schönen Morgens unter der Führung eines Kame raden, der die Stadt zu kennen vorgab, als Patrouille nach dem berühmten Champagnerorte auf, der nach den offiziellen Meldungen noch von den Franzosen be setzt sein sollte. Aufs Geratewohl ritten die 14 in jasten. Hier hatte der Todwunde gelegen, sich nnt letzter Willenskraft zur Unterzeichnung oer Urkunde aufgcrichtet, die seinen jüngsten Aohn zuin Souverän des braunschweigischen Landes eingesetzt; zur Wirklichkeit gestaltete sich vor der Phantasie des Herzogs Friedrich Wilhelm das schreckvolle Erinnerungsbild, er sah die Feder wieder aus der Hand seines Vaters fallen, ihn wie schon i»n Todeskampf auf die Kissen zurück- sinken. Ein zu grausiger Ansturm auf seine Sinne und Seele war's, ihm fuhr vom Mund: „Genug!" und sich mit plötzlichem Ruck wendend, eilte er nicht durch die Zimmerflucht weiter, son dern stürzte zur Tür, durch die er hereingakom- men, zurück. So unoorgcsehen hastig geschah'-, daß jemand, der hinter ihm dreingefolgt war, sich nicht mehr verbergen, nur noch eben an der Schwelle zur Seite weichen konnte, um nicht mit dem Davonflüchtenden zusammenzustoßen. Er starrte Hans Gibich stutzend ins Gesicht und stieß aus: „Du? Was willst du hier?" Stotternd brachte der Angesprochene hervor, er habe den Herzog allein im Dunkel fortgehn sehn — sei ihm nach — weil er daran gedacht, was in Halberstadt beinah geschehen wäre. Doch der Herzog fiel unwirsch ein: „Bist du ein Spion, und willst »neine Landsleute schlecht machen? Hier sind brave Menschen, keine Halunken! Mach' dich fort!" Hörbar und sichtbar übermannte ihn das Tun des Husarcnhauptmanns mit einem wider wärtigen Gefühl: die Treppe zum Schlohaus- gang hinuntereilend, schlug er so schnell den Rückweg ein, daß Gibich ihn aus den Augen ver lor, seiner erst am Petritor im Schein eines Lagerfeuers wieder ansichtig ward. Hier ver nahm er, daß der Herzog gebot, ihm einige Strohbunde in den nahbelegenen Garten eines Bürgerhauses zu schassen; mehrere Offiziere drangen in ihn, sich Ruhe in einem Bett zu gönnen, doch er wie- sie barsch ab: „So wie meine Soldaten liegen, will ich - auch. Aber ich will allein sein. Niemand soll den Garten be treten!" Das Stroh wurde gebracht und auf die Erde gebreitet; er streckte sich darauf, den Man tel über die Brust deckend. Danach lag er reglos; der Schlaf bewältigte wohltätig sein von irren Gedanken und Bildern durchflackertes Gehirn. (Fortsetzung in dnr
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