Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.09.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140908018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914090801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914090801
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-09
- Tag 1914-09-08
-
Monat
1914-09
-
Jahr
1914
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Dienstag, 8. Septemder 1914. Leipziger Lagedlak Nr. 4SS. Morgen-Nusgave. Sette 7. NR§ Leiprig und Umgebung Leipzig, 8. September. Vie ärgerlichen Extrablätter. * Extrablatt! Also wieder ein Sieg! Gar viele nehmen heute ohne weiteres an, daß ein Extrablatt, oder wie manche lieber hören, ein Sonder blatt, nur Siegesmeldungen bringen dürfe, oder wenigstens sonst etwas Angenehmes. Wir sind eben surch den gewaltigen Siegeslauf unserer Heere förmlich verwöhnt — als dürft'» nicht anders sein! Einsichtige Leute freilich deuten nicht so. Sie sagen sich, da» die Presse die Pflicht hat. auch Unwillkom- menes zu berichten, wenn es wichtig ist oder wichtig werden kann Die Presse muß es freilich bei der Ausgabe von Sonderblättern häufig darauf ankommen lassen, ob sie überall richtig verstanden werben, denn es ist natürlich nicht möglich, stets sofort eine längere Erläuterung mit aus den Weg zu geben. Das Sonoerblatt soll nur rasch über Tatsachen berichten. Die Presse mu» es also in oen Kauf nehmen, wenn sich häufig herausstellt, daß es neben den Leuten, die zu lesen verstehen, auch anoere gibt, die nicht zu lesen verstehen, oder so.che, die vor lauter Aufregung nicht dazu kommen, die Bedeutung einer Nachricht auch nur einen Augenblick zu über legen. Die Redattionen erleben da die merkwür digsten Dinge, heitere und ärgerliche. Als wir vor kurzem mitteilten, es sei eine Note Japans in Sicht, worin die Abtretung von Kiautschou verlangt werce, wurden wir dutzeno- mase angeklingelt, weil so und >o viele Leute das Bedürfnis hatten uns mitzu.eilen, da» wir sie „sehr beunruhigt" hätten, das; wir statt solchen Unsinns doch lieber „Gescheiteres" bringen möchten usw. Ein besonders lieber Herr belehrte uns, da» wir Unglücksmen,chen doch geiälligst bedenken möchten, wie schlimm er ohnehin mit »emen Nerven dran sei, er, der euren Ontel nebst Tan.e in Tsingtau sitzen habe. . . . Kaum minder reizvoll war der Inhalt mancher Briefe und Postkarten, die meisten natürlich ohne Angabe des Verfassers; diese schristlichen Vor stellungen bewegten sich zwischen den Ausdrücken liebenswürdiger Zurechtweisung und den Zügel losigkeiten zornwütiger Naturen. Selbst als sich dann zwei Tage später die Tatsache , als richtig bestätigte, kamen noch Nachzügler, die ihrem Groll Lust machten. Ebenso ging es uns dieser Tage mit einer Sonderausgabe, die den eben eingelausenen letzten amtlichen Bericht des öster reichischen Generalstabes über die Schlachten an der galizischen Grenze wieoergab. Taliächlich gab t es Leute, die „alles" ichon irgendwo gelesen Haven wollten, die also, obwohl der Bericht mit dem Namen des Stellvertreters des Chefs des Eeneralstabes unterzeichnet war, nicht einmal erkannten, da» der Wert in der amtlichen Darstellung von Vor gängen bestand, auf deren Verlauf alle Welt aufs Aeugerste gespannt ist, — geschweige denn, oatz sie das tatsächlich Neue herauszuleien vermochten, ob wohl es deutlich genug ,m Druck hervorge.,oben war. Das sind denn auch wohl dieselben Leute, die es nicht fassen können, da» für ein Sonderblatt ein Groschen verlangt wird. Unerhört! Sie hängen an dem törichten Gerede von dem „guten Geschäft", das der Krieg den Zeitungen bringe. Als wenn nicht deutlich genug zu sehen wäre, wie gerade die Zeitungen durch den Krieg, der das ganze Anzeigen geschäft last lahmlegt, mit in erster Linie getroffen weroe»; als ob es nicht auf der Hand liege, da» die Presse, die ihre Leser befriedigen und etwas leisten will, gerade jetzt noch weit größere Auf wendungen als sonst lür die Berichterstattung, Telegraphenbureaus, Fernsprecher, wie über haupt für den ganzen Nachrichtendienst, ins besondere die Kriegsberichterstattung — ein sehr teuerer Posten —machen mutz. Auch die sogenannten „amtlichen Meldungen" gehen den Zeitungen keines wegs umsonst zu. Umsonst erhalten sie Meldungen überhaupt nicht. Umsonst allerdings jeden Tag so undsoviele mehr oder minder gut gemeinte Aufrufe, deren Vetfaher es für selbstverständlich halten, da» die Presse die Kosten für Druck und Papier zu tragen hat — dazu ist sie ja da! Wie sie die Kosten auf bringt, ist ihre Sache. Wir glauben nicht zu üver- treiben, wenn wir behaupten, da» an lein Unter nehmen, Geschäft oder Gesellschaft solche kostspieligen An.orderungen in solchen Zelten mit solcher Selbst verständlichkeit gestellt werden wie an die Presse. Was nun den besagten „Aergerglojchen" angeht, so möchten wir den Verärgerten nebenbei zu be denken geben, datz die Zeitungen durch das Ausgeben uno Verkaufen der Sonoerblatter einer grogen Zahl von Leuten einen ziemlich regelmätzigen Verdien st verschaffen, die sonst die Zahl der Arbeitslosen ver mehren würden. Also, Mann des Grolls, wenn dich wirklich der Groschen für ein Blatt gar zu sehr ärgert, weil du schon den Fall von Paris oder zum mindesten neue „hunderttausend gefangene Russen" erwartetest, zähme deinen Zorn und trauere deinem Nickel nicht länger nach. Es nützt ja doch nichts, denn siehe, wenn du wieder den Ruf „Extrablatt" vernimmst — du greifst ia doch danach, opferst aber mals. weil du doch mit ganzem Herzen bet der großen Sache bist. Wir hoffen, du wirst noch oft genug durch fettgedruckte Siegesmeldungen für die eine oder andere Enttäuschung entschädigt werden. Was wünschen wir in diesen Heiken Tagen denn alle mehr als gute Kunde von West und Ost. * Aufhebung der Höchstpreise für Nahrungsmittel. Es wird auf die im heutigen Blatte abgedruckte Verordnung der Königlichen Kreishaupt mannschaft hingewiesen, durch die die von dieser Behörde für Nahrungsmittel festgesetzten Höchstpreise mit Wirkung vom 8. September d. 2. aufgehoben werden. Wie wir hören, erfolgt« diese Maßnahme, weil die Markt- und Verkehrsverhältnisse sich in zwischen so geordnet haben, da» zurzeit eine ungerechtfertigte Preissteigerung nicht zu be fürchten ist. Diese erfreuliche Wirkung ist, soweit die Marttverhältniffe in Frage kommen, gewiß zum Teil auf die Festsetzung der Höchstpreise zurück zuführen. Es ist jedoch anzunehmen, datz die König- liche Kreishauptmannschaft die Höchstpreise wieder einsühren wird, wenn unerwarteterweise erneut Preistreibereien stattfinden sollten. Ausserdem bleibt es dabei, datz der stellvertretende kommandierende General des XlX. (2. K. S.) Armeekorps gegen wucherisch vorgehende Geschäfte einschreitcn wird. * Dresdner Journal — jetzt „Sächsische Staats zeitung". Das Kgl Sächs. E e s a m l m i n i st e r i u m bat nachstehende Bekanntmachung ur.term 4. Sep tember erlassen: „Das Dresdner Journal. König!. Sächs. Staatsanzeiger. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittel-Behörden, führt von jetzt ab die Bezeichnung „Sächsische Staatszeitung" Staatsanzeiger lür das Königreich Sachsen. Alles, was bisber bezüglich des Dresdner Jour nals verordnet und bestimmt worden ist, gilt nun mehr lür die Sächsische Staatszeitung." Diese Bekanntmachung wird gewitz in weiten Kreisen mit großer Befriedigung ausgenommen werden. * Auszeichnung. Der Herzog von Sachsen- Koburg-Gotha hat dem Verlagsredakteur Dr. Hans Zimmer in Leipzig das Ritterkreuz 2. Klasse des Ernestinlschen Hausordens verliehen. * Fürs Vaterland gefallen. Wie aus den Fami lienanzeigen in vorliegender Nummer hervorgeht, sind im Kamps fürs Vaterland gelallen der Stabs arzt Dr Otto Tylander, beratender Hygieniker beim Generalkommando des Xl>. Armeekorps, am 25. August und der Vizewachtmeister d. R. im K S Re erve-Husaren-Regiment Hermann Baum gär tel, am 26. August. * Kriegs-Erinnerungen. Wir leben in einer großen Zeit, vielleicht der bedeutendsten, die jemals dem deutschen Volke beschieden war. Es ist deshalb jeder deutschen Familie anzuraten, sich eine bleibende Erinnerung an die hochbedeutsame Zeit mit ihren Siegen und Leiden zu schaffen. A^uch unsere zurzeit im Felde stehenden Krieger werden nach siegreicher Heimkehr gern die Berichte über die Entwickelung der kriegerischen Operationen, der errungenen Siege usw. wie über deren Aufnahme in der Heimat nachleken. Eine solche mitten in der Zeit der Kümpfe und der Siege selbst zusammengetragene Kriegschronik stellt für jede Familie und ihre Nach kommen eine würdige, bleibende Erinnerung an dieie große Zeit dar. Wir haben Sammel, mappen Herstellen lasten, in die die Zeitungen mit Kriegsnachrichten und Extrablätter bequem eingeklebt werden können. Dieselben sind in unserer Geschäftsstelle, Johannisgasse 8, durch unsere Filialen und Trägerinnen zum Preise von 1 zu haben. * Bierpreisermätzigung auf der Bugra. Die Aus- stellungslettung hat mit den Wirten der einzelnen Lokale eine Vereinbarung getroffen, wonach diese sämtlich die Bierpreise und die Preise anderer Getränke ermäßigten. Die Bierpreise sind nun denen der Stadt völlig gleich, und zwar kostet ein Glas echtes Bayrisches Bier statt 30 25 /H, Lagerbier statt 25 20 Dem Publikum wird die.e Herabsetzung der Bierpreise bei den jetzigen Zeiten sicher willkommen sein. Es sei noch mals erwähnt, datz dre neuesten Kriegsdepeschen stets sofort nach ihrem Eintreffen in den ver schiedenen Lokalen bekanntgeyeben werden. Der Zeitungsverkauf, der »nfolge des Krieges vorübergehend stockte, ist ebenfalls wieder aus genommen worden. * Paketverkehr nach Oesterreich-Ungarn. Pakete nach Oesterreich sind einstweilen nur bis zum Gewicht von 10 Kilogramm zugelasten, sie dürfen nicht mit Nachnahme belastet werben. Pakete für Galizien, Bukowina, Dalmatien, Bosnien - Herze gowina sind unzulässig. Für Pakete nach Ungarn ist das Meistgewicht aus 10 Kilogramm, die Höchst ausdehnung in irgendeiner Richtung auf 60 Zenti meter festgesetzt worden. Nachtzahme-, Eilboten-, dringende Pakete sowie solche mit Bücher- oder Drucksacheninhalt sind von der Beförderung ausgeschlossen. Zum Paketverkehr sind in Ungarn nur Budapest und Fiume sowie di« Orre in folgenden Komitaten zugelassen: Aroa, Baranya, Bas, Eiztergom, Feser, Eyoer, Hont, Komarom, Lipto, Moson, Nograd, Nyitra,^Pest- Pilis—solt—Kiskun, Pozsony, Somogy, Sopron, Szepes, Tolna, Turocz, Bas, Deszprem, Zala, Zolyom, Bclovar—Koeroes, Lika—Krbaoa, Modrus— Fiume, Varasd, Zagrab. * Von der Bugra. Zum Vesten der Kriegs- notjpende findet heute, Dienstag, den 8. Sep tember, abends 6 Uhr, im Konzertiaal der Musik verleger (Halle „Deutsches Buchgewerbe") eine Abend musik statt. Auf dem Programm sind folgende Mitwirtende angegeben: Frl. Eerttud Fritzsch (Ge sang), Frl. Lotte -itt (Violine). Herren A. Müller (Orgel), Herm. Kügler (Klavier», Franz Moritz (Klavier). Die zur Aufführung kommenden Werke sind sämtlich aus dem Verlage von P Pabst, Leipzig. Programme, die zum Eintritt berechtigen, sind in der Verkaufsstelle der Musikalienhändler zu haben. - Ermutigt durch den Eriolg am Sonntag, wird die Ausstellungsleitung am kommenden Mittwoch, den 9. September, einen billigen Sonderlag veran stalten. Nachmittags und abends finden große Kon zerte statt, außerdem wird das Gelände beim Eintritt der Dunkelheit festlich beleu htet und der Leuchtipring- brunnen in Tätigkeit gesetzt. Die Olsenkapelle hat für diesen Tag e»n besonderes Pr gramm aus gewählt : Der Nachmittag zeigt ein Richard-Wagner- Programm mit verstärktem Orchester, am Abend weiden nur österreichisch-ungariiche Kompo sitionen gespielt. * Freiwillige Helfer überall. Von Hermann T h o n. s V e r l a g e sind aus dem Verkauf patrio tischer Postkarten bisher 111,45 ./L dem Roten Kreuz überwiesen worden. * Wohltätigkeitskonzert in der Andreaskirche. Wohlzutun und mitzu.eilen vergesset nicht! Ein gedenk dieser schönen Bibelworte hatte Herr Otto Lange, der Kantor der Andreaskirche, vorgestern ein Konzert veranstaltet, dessen Reinertrag zur Linde rung der Kriegsnöte in der Androasgemeinde Ver wendung finden soll. Das Gotteshaus war erfreu licherweise fast bis auf den letzten Platz gefüllt, und W dürfte vielen geholfen werden können, llober das, was geboten wurde, läßt sich höchst Anerkennens wertes berichten. Das Programm nahm in seinem ersten Teile auf das Erntedankfest, in seinem zwetten auf die »chwere Zeit der Not Bezug. Der Andreas- tirchenchor, der unter der zielsicheren Leitung des Herrn Kantors Lange nicht nur mit großer Lust und Liebe seiner Aufgabe sich widmet und — wie be kannt — auf einer höchst achtenswerten Höhe der Leistungsfähigkeit steht, sang mit gewohnter Be geisterung, Jntonationsreinheit, Exaktheit und sauberer Schattierung „Ich danke dem Herrn" von Hauptmann (das Soloquartett sand in Len Damen Titcher, Pannewitz, den Herren Schulze und Geigen müller tüchtige Vertreter), sodann das schwierige „Groß sind die Wogen" von Richter und „Gott, mein Heil" von Hauptmann; zum Schluß mit der Ge meinde vereint das von Kremser bearbeitete „Alt niederländische Dankgebei". Frl. Gertrud Bartsch voin Stadttheater fesselte mit der Uraufführung einer kraftvollen und dankbaren Kaiserhymne von Friedrich Wild, die sie außerordentlich schön und stimmungs voll wiedcrgab, und erfreute die andächtigen Hörer weiterhin mit einem Erntedanklied von Oskar Köhler und Mendelssohns prächtiger Arie „Höre, Israel". Eine Sarabande von Bach und Schumanns Abendlied fanden in Herrn Max Kiesling einen ausgezeichneten Interpreten. Sein edler, warmer Ton ging ebenso zu Herzen wie die kurze Ansprache des Herrn Pastors Ma rtin: „Mit Gott wollen wir Taten tun." Die Orgelbegleitunq lag in den sicheren Händen des Herrn König!. Musikdirektors O. Kirmse. * Der Meisterbilder-Abend, den Herr Verlags buchhändler R. Jordan zum Besten der Kriegs- hilssiaste für den Leipziger Buchhandel veranstaltet und der das Deutsche Vaterlandslied in farbigen Lichtbildern nach berühmten Künstlern und im Gesang der entsprechenden Volksweise behandelt, wird heute Dienstag, den 8. September, abends 8 Uhr im Festsaal des Buchhändlerhause« stattfinden. Auch Nichtbuchhändler, Damen und Herren, haben Zutritt, Schüler und Schülerinnen zu halben Preisen. Eintrittskarten, sowie aus führliche Programme sind in der Geschäftsstelle des Vereins der Buchhändler zu Leipzig, Platostr. 1» (Buchhändlerhaus) von 9—12 und 3—5 Uhr zu haben, sowie abends an der Saalkasse. * Kirchliche Nachrichten. In der St Nikolai» kirche findet heute Dienstag, den 8. September, '/,9 Uhr abends eine Abendmusik zum Besten der Kriegsnotspende für Leipzig statt. Ausführende sind Leipziger Solistenvereinigung für Kirchenmusik: Frl. Anna Führer, Frl. Olga Pannewitz, Frl. Lotte Sitt, Herr Albert Müller unter gütiger Mitwirkung von Frau Mary Himmler-Wei» (Sopran) und Herrn P. Hungar (Violine). — Die Kriegsbetstunde mit anschließender Abendmablsfeier in der Andreas» kirche hält morgen Mittwoch Pfarrer Dr. Flei scher, am Freitag Pastor Martin. Nächsten Sonntag, den 13. September, soll abends 8 Uhr im Elysium der zweite G e m e l n d e a b e n d für die Familien der Kriegsteilnehmer stattfinden — In der Friedenskirche findet am Mittwoch abends 8 Uyr Kriegsbetstunde mit anichlicßender Abend mahlsfeier durch Pfarrer Dr. Seyoel statt. * Einmachkursus im Leipziger Palmengarten. Nachdem die in voriger Wölbe abgehaltencn ge meinnützigen Vorträge über Obst- und Eexnilse- verwertung im Haushalt das lebhafte Jntereße des Publikums für diesen Ecgenstano bekundet haben, hat sich die Palmengarlendlrcttion entschlossen, am morgigen Mittwoch diesen einen praktiuhen Ein- machkurius für Obst, Gemüse usw. folgen zu lasten. Der Kursus beginnt bereits nachmittags 2 Uhr. Wer etwas einzumachen hat, möge dieses sowie die Gläser da u mitdrin en, es wird ihm hier unter sachkundiger Leitung Gelegen! eit dazu geboten werden Der Kursus selbst ist kostenlos, doch wird er zum Vesten der Kriegsnotspende gehalten. * Säuglingspflege. Die neuen Kurse zur Ausbil dung in Säuglingspflege beginnen in beiden Krippen des Leipziger Krippen-Vereins am 1. Oktober. Anmeldungen erbittet die Schriftführerin Frau Dufour-Feronce, Wilhelm-Seyfferth - Straße 2. (9-10 Uhr.) L. Sittlichkeitsvergehen. Am Sonnabend vor mittag gegen '/-II Uhr ist ein noch nicht ermittelter, etwa 20 Jahre alter Bursche einem vierjährigen Mädchen in ein Haus der Plautziger Strotze bis vor die elterliche Wohnung nachgegangen und hat sich dort an der Kleinen zu vergreisen versucht. Auf das Geschrei des Kindes hat der freche Mensch die Flucht ergriffen und ist leider entkommen. Nach der Beschreibung des Mädchens ist der Bursche mittelgroß, bat hageres Gesicht und blondes Haar. Er soll dunklen Zackettanzug, Strohhut mit schwarzem Band und lein Vorhemdchen getragen haben. Wahr nehmungen über den Vorfall oder den Unbekannten wolle man der Kriminalabteilung mitteilen. * Im Asyl für männliche Obdachlose haben in der Zeit vom 31. August bis 6. Septemver 185 Per sonen vorgesprochen, wovon 174 ausgenommen und 11 zurückgewiejen wurden. * Mockau, 8. Sept. Morgen Mittwoch abends 8 Uhr findet in der hiesigen Kirche wiederum eine Knegsbet stunde statt, aus die hiermit beson ders hingewiesen wird. r n ' kuattkaten-er. Theater. Ktäblische Theater. Im Neuen Tbealer heut» Tienstag „Ter Troubadour", morgen „Ter Wildschütz". — Im Alten Theater heule zu halben Prezsen „Tie Tat", morgen keine Vorstellung. — Im Operettentheater heute geschlossen, morgen zu volkstümlichen Preisen neu cinsludicrt „TaS Musikantcnmädel". Battenberg-Theater. Tienchag: „Kabale und Liebe" von Schiller. — Mittwoch: „Tas Geheimnis der alten Mamsell." — Donnerstag: „Kabale und Liebe." Das -rutsche Gebet. Ob Fürst, ob Straßenkehrer, Aristokrat — Prolet, In allen deutschen Herzen Ist ein Gebet. Du großer Gott der Deutschen, Wir fürchten keine Welt, Wenn uns gerechter Zorn Zu unfern Waffen stellt! Du großer Gott der Deutschen, Unser Gebet ist das: Im Lande segne die Liebe! Segne norm Feind — den Hatz! Berlin. blsnns Solist. Deutsche Männer. 21) Geschichtlicher Roman von Wilhelm Jensen. Nun ward das HauS in Wirklichkeit dunkel, der Wirt begab sich schnell zu Bett, um recht, zeitig aufzuivacheu, uud veruahm nicht mehr, daß noch ein Weilchen sich Fußtritte über den z Flur und die Treppenstufen bewegten, doch waren sie so huschend leise, kaum einen Ton verursachend. Daun hatte Ebergard geräuschlos eiuen Stuhl vor das Gaststübchen getragen und setzte sich, den Kopf an die Tür desselben zu- rücklehnend, darauf; so konnte nur über sie weg jemand hincingelangen. Ihr war'S unsagbar wohl, so leicht, als ob heut eine atembeklemmend-' drückende Last, die seit einem Jahr auf ihr ge- legen, von ihrer Brust abgefallen sei. Sie wollte nicht schlafen, sondern auf die Schläge der alten Wanduhr in der Wirtschaftsstube, deren Tür sie offen gelassen, acht geben, und eine Reihe von Stunden hindurch kain ihr auch immer die von drunten heraufgeklungenc Zahl zum Be. wußtsein. Nur war's ihr allmählich, als Halle der Schlag von weiter her, und das konnte auch nicht anders geschehen, denn sie saß ja unter dem Turm auf dem Gibichenstein, horchte von dort nach der Hausuhr hinunter und sprach dabei mit einem zwischen den alten Mauerrcsten neben ihr Sitzenden, ohne sich klar darüber zu sein, wer cs sei. Eigentlich waren es wohl zwei; zu er. kennen gab's sich dadurch, daß die Stimme, der sie zuhörte, in ihrem Ton abwcchselte, bald so und bald so klang. Die eine wiederholte be. ständig, sic müsse suchen, etwas gut zu machen, wenn es noch möglich sei, aber dazu werde ihr nichts mehr verhelfen können. Das versetzte sie doch wieder in eine atemnehmende Angst, denn im Herzen klopfte ihr immer eine sehnsüchtige Hoffnung, die Stimme werde einmal etwas an deres sagen; doch nur knarrende Räder rollten unter ihrem Sitz, weiter war nichts, sonst alles jetzt ohne Laut. Dann aber fuhr sie einmal mit einem Schreckton auf, der Wagen — oder was es sein mochte — hielt plötzlich an, daß es ihr wie ein Stoß durch die Glieder ging — Oder war eine hinter ihr ausgehende Tür gegen den Stuhl gestoßen, auf dem sie ge sessen? Sinnverworren und von einem Licht schein geblendet, stand sie, bis ihr zum Bewußt sein ausdämmerte, daß der nächtliche Inhaber der kleinen Gaststube über die Schwelle heraus zutreten beabsichtigt habe. Er hatte mit Stahl und Stein seine Kerze angezündet und die am Abend von ihm ausgewähltcn Kleidungsstücke angelegt; besonders ein alter, aus Lammfelle» zusammengestückter zottiger Mantel ließ ihn darin in der Tat völlig einem wandernden Schaf hirten gleichsehen. Verwundert blickte er auf das Mädchen, dessen Stuhl ihm die Tür ver- sperrt gehalten, und es dauerte ein bißchen, ehe er, sich ein Verständnis dafür aufhellend, vom Mund brachte: „Bist du ein Kindskopf! Glaubst du, die Mäuse hätten mich sonst angebissen? Dazu haben sie doch zu guten Geschmack. Ich bin gewöhnt, selbst aufzuwachen, wenn s Zeit ist, besser noch etwas zu früh; was not tut, kann man lernen. Aber dir steckt der Schlaf noch in den jungen Gucklöchern, denn die brau chen ihn. Sobald ich aus dem .Haus bin, legst du dich ins Bett und holst nach, sonst will ich dir mit dem Krückstock meines Großonkels kommen!" Er drohte ihr mit der Faust, nun stürzte sie hastig die Treppe hinunter zur Küche, fachte aus den unter der Asche zusamincngerakten Koh- len Feuer an und kochte Milch zum Frühstück. Tiefe Nacht war's noch, und niemand im Hause wach; die Uhr schlug erst die Halbstunde vor fünf; Ebergard sagte sich beruhigend, sie sei wohl eingeschlafen und habe geträumt, aber sie würde die richtige Zeit nicht verschlafen haben. Nur überlies's sie bei ihrer Tätigkeit wunder lich mit einer Erinnerung; so war sie im An. fang des Jahres auch in schwarzer Finsternis einer Januarnacht aufgebrocheu, um von Nord hausen nach Halle weiterzufahren. Deutlich stand's ihr vor Augen und kam's ihr ins Ge. dächtnis, daß sic damals ebenfalls kaum für Minuten in Schlaf gefallen sei, aus Furcht, der Wagen könne schor» warten; in der Küche war's kalt und zugleich an der Hcrdflammc heiß, da von rührte wohl der Wechsel sie durchlaufender frostiger Schauer und lebenswarmer Blutwellen her. Als ihre Zurichtung beendigt war, trug sie rasch eine große, randgefüllte Schale mit dampfendem Kaffee in die Herrcnstube hinüber, wo jetzt auch ihr Vater sich bei dem Gast ein gefunden hatte. Ter nahm mit Behagen von dem heißen Getränk zu sich und sagte: „TaS tut einem wandernden Schäfer gut. Vcrbrennt's die Zunge, schadet's nichts, da hält er sie besser in acht." Vorbedachtsam stärkte er sich auch von dein ausgetischten Brot, Schinken und Eiern: „Wenn der Kopf etwas leisten will, muß der Magen ihm Helsen." Toch nach dem letzten Bissen stand er auf: „Nun ist's Zeit. Habt Dank ihr beiden! Wcnn'S Sterne gibt, die etwas in der Welt zu sagen haben, sitz' ich noch einmal wieder hier." Schnell zur Tür tretend, drehte er sich noch kurz um, das Lampenlicht fiel auf sein Gesicht und glimmerte ihm im Augenwinkel wie von einer kleinen feuchten Stelle her zurück; wär's nicht widersinnig gewesen, hätte man glauben können, ein Tropfen quille dort aus der Tränen drüse heraus. So ivarf er noch einen Blick von der Schwelle rückwärts und sagte: „Deinen Handschuh hab' ich, und ich halte ihm mein Wort. Treue um Treue!" Tann war er durch die Haus, tür in Wind und Nachtdunkcl weggeschwunden. Die Polizei des Königreichs Westfalen besaß richtige Kenntnis; seit mehreren Monaten schon wanderte „le nnmme äue äv ljrunszviclc", der Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschtvcig, rastlos in Verkleidung durch die Gegenden westlich von der Elbe umher, suchte die niedrigsten Stadt- und Dorsschenken auf, setzte sich drin in einen Winkel und horchte auf die Gespräche der Gäste. Zu welchem Zweck, wußte er selbst kaum, em un. widerftehttcher Drang trieb ihn; selten kam ihm ein Wort zu Gehör, das ihn befriedigte, doch da und dort, besonders im braunschweigischen Lande, fand er bei einem Deutschgesinnten, ihm treu anhängig Verbliebenen eine Unterkunft, sonst übernachtete er in Wald und Heide. Tein Wesen verband seltsames Gemisch einer Mcnschennatur in sich, achtete keinerlei Beschwerde, kannte keine Furcht; leiblich und gemütlich gehärtet, konnte er an die Sage vom gehörnten Siegfried er- innern, und doch barg szch unter seiner Herbheit auch eine weiche Empfindungsfähigkeit, sogar etwas von dem romantischen Gefühl, das Jo. seph Eichendorfs als Mitgift in die Wiege be kommen; sein Aeußeres ließ nichts von dem schönen jugendlichen Oberst vor sechzehn Jahren im Wirtschaftsgarten unterm Gibicheustciu wie- dererkennen, nur hinter den herabgedrückteu Lidern brannte statt des damaligen übermütig strahlenden (Geleuchts unsichtbar ein düsteres Feuer. Er hatte alles verloren, Land und Thron, seinen Vater, seine Frau, seine Ehre. In sich aber trug er das Vollgefühl weiter, ein sou- veräner, jedem gleichbürtiger Fürst des Reiches zu sein, ob er auch als Geächteter in Bettler tracht hier auf der Straße ging. Nicht nur auf das Reden der Leute in den Schenken aber horchte fein Ohr; man sah ihm an, er wittere auch nach etwas Unhörbarem und Unsichtbarem in die Luft, wie ein nach Anzeichen eines sich vorbereitenden Wetterausbruchs gespannt lau schender und spähender Jäger. Ruhig, als gehe er seinen Geschäften nach, schritt er, keinen Ver- dacht auf sich ziehend, einher, doch in seiner Seele tobte unablässiger Sturm. Nur aus dem Gibichcustein und in der Wirtschaft drunten halte der sich für eine kurze Weile beschwichtigt. (Fortsetzung in der Abendausgabe.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)