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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.11.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-11-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19141106012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914110601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914110601
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-11
- Tag 1914-11-06
-
Monat
1914-11
-
Jahr
1914
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Nr. S64. Morverr-Nosyave. Settt 7 Eetpzlgrr LogrdlaL ^reltt-, s. nooemder lSl^. Kunst, Wissenschaft und Unterhaltung Uraufführung von Hermann BurteS „Katte" im König!. Schauspielhaus zu Dresden. Der badische Dichter Hermann Bürte zählt jetzt 35 Jahre. Im März d. 2. wurde in Mannheim sein erstes Schauspiel,,Herzog Utz" ausgeführt. das bereits vor zwölf Jahren entstanden ist Bekannt wurde der Dichter in weitesten Kreisen im Jahre 1912, als er für seinen Roman „Wiltfeber". die Geschichte eines Heimatluchers, den Kleistpreis er hielt. Außer einigen Sonetten und Einattern hat der Fünfunddreißigjährige nur noch ein drittes * Ein neues Wilhelm-Wundt-Bil-nis. Der be ¬ gabte junge Leipziger Radierer Raymund Schmidt hat ein treffliches Bildnis unseres Leip ziger Philosophen Wilhelm Wundt geschaffen. Das Gesicht des Gelehrten ist nicht in dem stillen Ernst gesehen, in dem seine Hörer es bei philosophi scher Jdeenentwicklung kennen, sondern es trägt einen Zug jener genialen Schalkhaftigkeit, wie sie ihm in manchen Augenblicken eigen ist und wie sie auch in seinen Vorlesungen zuweilen köstlich zutage tritt. Ungemein beredt spricht vor allem das Äuge. Gerade jrner Zug gibt dem Bilde einen besonderen, fast in timen Reiz. Die Radierung zeigt ein technisch be trächtliches Können des vielversprechenden jungen Künstlers. Den zahlreichen Verehrern und Freun den Wundts wird das kleine Werk eine willkommene Gabe sein. L. * Aus den städtischen Theatern. 2m Neuen Opc retten Theater wild am kommenden Sonntag in neuer Einstudierung durch Oderjptelleiter Ero; und Kapellmeister Findeijen Georg Jarnos „Förster- chrislel" wieder in den Spielplan ausgenommen. Die Hauplpartien sind beietzt mit There e Miet, Viima Marbach, Mary Sigl, Emmi Bernhardt und Rudi Gfaller, Walter Mertz-Liidemann, Josef Trautmann, Oskar Wehle. Werk veröffentlicht, das Schauspiel „Kalte", welches im wesentlichen schon vor acht Jahren entstanden ist. Leutnant von Kalte steht Zwilchen dem König vnd dem Kronprinzen, die sich beide nicht begreifen, denen er aber beiden recht gibt, und die er beide liebt. König Friedrich Wilhelm einfach, sparsam und ernst, patnarchaltsch streng und vom Hallenser Pietismus stark beeinflußt, will den Sohn nach seinem Bild er iehen und verkennt dabei dessen reiches Genie. Kalte erkennt die hohe Bedeutung «eines Herrschers für den preußischen Staat und ahnt zugleich die Größe Friedrichs, des Kindes einer anderen Zett, voraus. Als nun Vater und Sohn zusammenstogen, steht er zwischen ihnen Nachdem der König in seinem Jähzorn wieder einmal fürchterlich gegen den Kronprinzen gewütet hat, ist dieler fest ent chlossen zu fliehen und bittet dazu Kalte um Beistand Für den Freund ist jetzt der Konflikt gegeben: flieht er mit dem Kronprinzen, so bricht er dem König den Eid: zeigt er es aber diesem an, wie er sollte, so bricht er dem Freund das Wort. Kalte bleibt am Hose zurück, während Vater und Sohn nach Süddeutjchland reisen, und sucht von hier aus jede Flucht des Prinzen zu vereiteln; als dieser aber dennoch flieht und dabei gefangen wird, erwartet Kalte den König am Hofe, obwohl er noch fliehen könnte „Ich muß bieiben um so auszusagen, daß nicht alle Schuld auf den Kronprinzen fällt. Wenn ich fliehe, wird er nie König, dann fällt der Zorn des Königs allein auf seine Kmder." So fällt Kalte als ein Bauopfer für den preußijchen Staat. Des Königs Zorn wird durch das Opfer besänftigt' der harte, jähzornige Mann wird nm Ende welch und läßt dem Katte vor der Hinrichtung sagen, es täte ihm leid, aber es wäre besser, da;; er stürbe, als daß die Justiz aus der Welt käme. Die Größe und Bedeutung des Königs für den preußischen Staat kommt zum vollen Ausdruck in den Worten: Fiat jistiiia. percat muoüus. Hierin liegt auch Preußens Stärke, und um diesen preußijchen Grundsatz zu erhalten, mutz Kalte sterben. Das Werk hat keine dramatiiche Triebkraft: dem tragischen Helden fehlt jede Akt viiät, da er sich zwischen die beiden kämpfenden Parteien wirst, von denen er schließlich zermalmt wird. Nachdem er ein mal den Entschluß gefaßt hat, sich zu opfern, handelt er nicht mehr, ivndern leidet nur noch und verhält sich völlig passiv. Daher hatten die ersten drei Akte einige Wirkung, während di« letzten zwei völlig ab fielen. Auch fehlt dem Dichter die Gestaltungskraft: es ist keine Atmosphäre in diesem Werk, statt dessen liegt über dem Ganzen eine nüchterne intellettuelle Kälte, welche durch sprachschöpferisches Unvermögen noch er höht wird. Aber das Wichtigste ist: Katte hat nichts Tragisches an sich, sondern der tragische Keim des Werkes liegt in dem Gegensatz zwischen König und Kronprinzen, den jedoch der Dichter nicht heraus gestaltet hat Die Ausführung der ersten drei Akte war gut. Lothar Mehnert als Vater und Walter 2 ltz als Sohn standen sich schroff und unversöhnlich ge enüber als Menschen zweier ganz verschiedenen Zeiten. Lindners Katte, im Anfang sehr aut litt unter dem unglücklichen fünften Akt. Die Königin der FrauSalbach verbreitete etwas Wärme in dieser kalten Welt, ebenso Alice Verden» Wil helmine. Das Publikum nahm die ersten drei Akte beifällig auf, während dze beiden letzten Auszüge sicht lich ermüdeten. Dr. britr ^älvr. Ein französisches Hetzlied vom April 1'U4. In einer Villa bei Sedan sand ein Leipzig« Offizier das nachfolgende französische Gedicht. Der Offizier, ein Freund unsere» Blattes, hat e» uns zu gesendet, und wir baden in tunlichster Anlehnung an Tert und Vers eine deutsche llebersetzung versucht. Das Gedicht ist datiert vom Sonnabend, 28. April 1914, mittags 12 Uhr. Es lautet: Für da» große Frankreich. Franzosen, kein Vergessens Erhebt Euch! V. Gewandhauskonzert. Eine Sinfonie für eine Alt- und eine Tenorstimme nennt Gustav Mah ler seine Komposition „Das Lied von der Erde" nach Hans Bethges altchinesischen Vorbildern folgendem Gedichtzyklus. Altmodischer, aber weit richtiger wäre die Bezeichnung Kantate für zwei Solostimmen und Orchester gewesen. Tenn diesen liegt der Vortrag ob von sechs Gedichten, die erfüllt sind von eigenartigen Stimmungen und den Mu- fiker wohl verleiten mochten, sich häufig gar zu sehr der poetischen Nuance hinzugeben, sich stellenweise im einzelnen zu verlieren und dann nur mehr Illustrator statt wirtlich Schöpfer zu sein. Hin und wieder, z. B. im 3.. 1. und 5. Gedicht, stehen die angewandten sehr bedeutenden Aus fllhrungsinittel keinesfalls im Verhältnis zu dem zu behandelnden Stimmungsgehalt. Im einleitenden Trinklied vom „Jammer der Erde" kommt Mahler über ein Ringen mit dem Stoff kaum hinaus und dann ist, wie in vielen sei ner Werke, „die stolze Haltung nur Verstellung". Nicht darin liegt die Tragik des Mahlerjchen Schaf fens, daß ihn die Zeitgenossen nicht verstanden, son dern in der Tatsache, daß ihm Gegenstände und Vor lagen in der Seele auftauchten, deren Behandlung und Ausführung seine positive Erfindungskraft nicht entsprach. Don unverkennbarer Größe und reicher Schönheit ist des Erdenliedes Schlußgesang „Der Ab schied": ein in weitesten Formen angeleg es Adagio wirtlich sinfonischen Charakters, das die Sing stimme mehr als obligates Instrument benutzt und als Ausdrucksmittel und Verkünderin des gedachten poetischen Programms verwendet. Die unendliche Melodie ist hier Herrscherin. Ueber alle Maßen schön ist die Orchestrierung des Erdenlieds, erstaunlich der instrumentale Mikrokosmus, die wundervolle Klang schönheit des Einzelnen und Ganzen und die musika lische Stimmungsmalerei. Wie weit hier zuweilen reflektierende Virtuosität in der Behandlung von Or chester und Klangmöglichkeit mitspricht, bleibe dahin gestellt, das eine aber sei wiederholt ausgesprochen, daß Mahlers Schaffen der künstlerischen Naivität als Basis zu entbehren scheint. Sympathisch dagegen be rührt der Umstand, daß Mahler sich im Erdenlieo weitab hält von aller Theatralik und jenem Bühnen stil, der seinen sinfonischen Werken anhaftet. Und immer wird man die Energie bewundern, mit der Mahler, stets von pathetischer Leidenschaft erfüllt, den höchsten Zielen nachstrebte. Kommende Zeiten erst werden entscheiden, ob er der Fortsetzer der Linie Derlioz—Liszt—Bruckner oder aber nur der musika lische Makart seiner Epoche genannt werden darf. Alan brachte gestern der Eistaufführung des Mahlerschcn Werks, dem Beethovens Coriolan- Ouvertüre oorausging, warme Anteilnahme ent gegen. Zugleich aber auch den ^lusführenden. Und in der Tat ist Mahlers .Lied von der Erde" eine wahre Fundgrube für geistreiche und tonempfindende Dirigenten vom Schlag eines Arthur Nikisch. Ein ganz unerschöpflicher Reichtum an dynamischen Fein heiten und klanglichen Schönheiten trat rn dieser prachtvollen Wiedergabe zutage, und musikalisch': Bilder von subtilster Ausarbeitung gewannen Ge stalt. Sehr häufig, ja vorwiegend war man gleich sam aller Stoff Hastigkeit überhöben und empfand eben nur den Klang an sich und die ruhig schwebende melodische Linie. Die Gejangssolisten trugen hierzu das ihrige bei. Herr Gg. Meader, vor Jahren ein mal Mitglied der Leipziger Oper und jetzt in Stutt gart ansässig, vertrat das Tenorsolo in würdiger Weise, nutzte seinen eben nicht großen, aber feinae- dildetcn Tenor weise und ton^chön aus, hätte aber Tert und Wort noch um einiges schärfer verdeutlichen sollen. Eine ausgezeichnete Leistung bot die Altistin Frau Ilona Durigo, deren Vortrag sich in ausstcigen der Linie zu einem seltenen Beispiel künstlerisch.r Beredsamkeit erhob und erweiterte, so daß so große stimmliche wie auch gesangliche Vorzüge dem Ro mantiker Mahler und seiner Tondichtung'eine kaum hoch genug cinzuschätzende künstlerische Anwaltschaft bedeuteten. Lugdv SogrÄt«. O siebzig, bittres Jahr, du aller Zeit Verderbe», Das Deutschland nie vergißt; nun will» den Rest erwerben Vom lieben Lothringland und will jetzt Toul Nancy, Das uns getreu bewahrt Gambetta sowie Thanzy. Mehr will es, iminn: mehr: o dieser Dieb am Wege! Er geht aus neuen Raub, auf die Champagneaehege, Das unoergeßne Land: allein, an Freunden bar. Bei Valmy schlug die Schlacht dort Frankreichs stolze Schar. Doch Deutschland, das uns haßt mit einer wilden Wut, Wird, wenn der Krieg entflammt, ihn fühven voller Blut. kbedenken wir an Voncq und an die roten Flammen. Die auf zum Himmel schrien, als brach die Welt zusammen. An Thestres und an von«, auch an Falats« immer Und an Bazeilles grdentt und seinen Rauch und Trümmer! Gedenken wir daran, Französen, alle Zeiten! Dann wollen wir das Weh vgn diesen Tagen meiden. Aber wie verhindern wir der SUilden schlimme Taten ? Wodurch bewahren wir vor Wüstung unsre Saaten? So wehrt euch gegen sie in Toul und in Belfort. Die Kanonen lassen dann nicht einen in die Forts. Das, was uns retten kann, ist unsere Artillerie. Sie fördert wacker stets die stolze Infanterie. Wir dienen all' drei Jahre: das macht uns stark wie Niauern. Das macht zn Helden auch die Söhne armer Bauern. Und dann im Opfertod als Frankreichs wack're Söhne Hebt rure Herzen hoch, o ihr Ardennensöhne! Wenn ihr als Helden fallt, das ist ein Glück voll Hehre. Am edelsten zu sterben ist auf dem Feld d.'r Ehre. Wir schweben in der Luft bis an den Himmelsrand, Jetzt gibt's kein Sedan mehr für unser stolzes Land. Und Deutschlands eiteln Zorn, wir werden ihn besiegen. Das Heil von Frankreich wird nun in den Lüften liegen. Seht nur des Deutschen Furcht in seinem Flug von Sttrol! Seht, wie er schlecht gebraucht all das, was er uns stahl. Den Fliegern, die so schwer hinschweben über Berlin, Droht Inder das Geschick des ersten Zeppelin. Wie wenig wiegen doch Wilhelms, des Kaisers Reiche, Die vielgespalten sind in viele kleine Reiche. Sic alle werden wir, wir wackern Löwen, haben, Sie alle werden wir in unserm Reich b:graben. Wir herrschen hoch in^Blau, dem stolzesten der Plane, Wir, die wir Sieger sind durch unsere Aeroplane; Franzosen, alle laßt uns schweben hoch empor, Ein Himmelskämpferlied stimmt alle an im Chor! Stets höher werden wir aus in die Luft uns schwingen. Und dieses Kriegervolk, wir werden es bezwingen. Nur ihre Seele kann hinauf zum Himmel fliegen, Doch grausam ist ihr Sinn, wenn di.'se Wilden siegen! Nun, die frommen Wünsche des Gedichts haben sich, Gott sei Dank, nicht erfüllt. Aber es gibt doch ein treffliches Stimmungsbild, wie es vor dein, Kriege in manchem französischen Herzen aussah. Das Lied trug übrigens noch den V.'rmerk: ,Lour s>nl»lient.i<m ä.m-i jonrnanx." (Zur Veröffent lichung in den Zeitungen.) Wir beeilten uns darum, dieser freundlichen Aufforderung nachzu kommen. * 2ntenda»t Holthofs o. Faßman vom Koburg- Gothaer Hostheater. der als Ordonnanzoffizier am Feldzüge teilnimmt, hat sich das Eiserne Kreuz erster Klasse errungen. Ein anderer Theatermann. Carl Frhr. v. Ger»dorff, Regisseur und Dramaturg an den Reinhardtbühnen, erhielt da» Eiserne Kreuz zweiter Klasse. * Bildni»a»»st«ll«»a der Berliner Künstlerinnen. Der Berein der Künstlerinnen zu Berlin beabsich tigt. seiner Wetbnachtsausstellung Ende November eine Bildnisausstellung anmglievern. Ausnahms weise sollen nicht nur Originale nach dem Leben, sondern auch Bildnisse künstlerischer Ausführung nach Photographien ge malt, ausgestellt werden, um den Besuchern Ge leaenheit zu bieten, sich von den Leistungen der Künstlerinnen auf diesem Gebiete zu überzeugen und Anregung zu Aufträgen zu geben. Für den Beginn der Ausstellung ist der 29. November in Aussicht genommen. * Der Neubau der Düsseldorfer Kunstakademie. Trotz des Krieges soll der Neubau der Düsseldorfer Kunstakademie, nachdem die Stadtverordneten versammlung den Betrag von 2,023 Mill, für die Baukosten bewilligt hat, schon jetzt in Ang.iff ge nommen werden, um die Arbeitsgelegenheit zu er höhen, trotzdem die Pläne noch nicht endgültig durch die Staatsbehörde genehmigt sind. Veranschlagt war der Bau ursprünglich mit 1,8 Mill. wovon der Staat 1,25 Mill, bezahlen sollte Die Ge meinde sollte ferner an den Staat den Grund und Boden mit 18,80 Hektar abtreten, anderseits das alte Akaoemiegebäude zum Besitz erhalten. Die in dem seinerzeit ausgeschriebenen Wettbewerbe preis- gekrönten Entwürfe überschritten den Kostenanschlag nicht unerheblich, durch Vereinfachung ist er aber aus die genannte bewilligte Summe herabgedrückt worden * Professor Adolph v. Weuckstern ist auf fran zösischer Erde den Heldentod gestorben. Der Gefallene war ursprünglich aktiver Offizier, studierte dai^r später Nationalökonomie und Finanzwissrn- schaften. Er wirkte als Professoc der National ökonomie zunächst in Tokio, war dann Privatdozent an der Berliner Universität. Von hier kam er als außerordentlicher Professor nach Greifs wald und wurde 1900 als ordentlicher Professor nach Breslau berufen. Seine nationalökonomischcn und politischen Schriften sind sehr zahlreich. * Das erst« Doktorexamen an der Frankfurter Universität. Di« jüngste deutsche Universität Frank furt a. M., die bekanntlich vor kurzem erst eröffnet worden ist, bat zum erstenmal eine akademische Würde verliehen. Das erste Doktorexamen fand in der naturwissenschaftlichen Fakultät statt. * Eine Festschrift für Professor Schwarz. Dem Mathematiker der Berliner Universität, Geheimrat Professor Dr. Hermann Amandus Schwarz, widmeten seine Freunde und Schüler zum SOsährigen Doktorjubiläum, das der Senior der Berliner Mathematiker vor kurzem begehen konnte, eine wert volle Festschrift mit sjüer Sammlung mathematischer Abhandlungen. Der stattliche Band ist mit dem Bildnis des Gelehrten geschmückt und will, seinem Dorbilde folgend, die Methode der exakt mathema, tischen Forschung auf verschiedenartige Probleme der Analvs«, Arithmetik und Geometrie anwenden. Die Festschrift enthält u. a. Beiträge von Geheimrat Pro fessor Friedrich Schottky, Geheimrat Hettner und Ge- Heimrat Professor Dr. Cmil Lampe. * -ochschulnachrichten. Der Mathematiker, Uni- versitätsprofessor Dr. Eduard Selling inWürz- burg beging am 5. November seinen 80. Geburts tag. Geboren zu Ansbach, absolvierte er seine Universitätsstudien in München und Göttingen, de sonders unter den Professoren Dirichlet und Rie mann, und erwarb im Jahre 1859 den Doktorgrad. 1860 wurde Selling zum a o. Professor ernannt. Seit 1906 lebt er im Ruhestand. Professor Setting ist als Eifinder einer neuen Rechen maschine bekannt. — In der Göttinger theologischen Fakultät habilitierte sich Liz. theol. Traugott Schmidt. — 2n P r a g ist der frühere Reichsrats, und Landtagsabgeordnete, ord Professor sür böhmische Rechtsgejchikhte an der dortigen tschechischen Universität, Hosrat Dr. jur. Jaromir Cclakovsky im Alter von 68 Jahren gestorben. Er war zu Breslau geboren. — Der junge National ökonom Dr. A. Rosenthal in Jena, der Sohn des Staalsiechtsiehrers Prof. Dr. Eouard Rosenthal, ist als Kriegsfreiwilliger im Westen gefallen Der be gabte junge Gelehrte hatte erst kurz vor Kriegsaus bruch eine größere Arbeit über „Gütertarif- Politik der Eisenbahnen Deutschlands und der Schweiz" vollendet. ver Kut cles Lebens. 21) Roman von Karl RoSner. Die Baronin lächelte. „Sie sind ein Kind, Lily, und ein kleines Plauscherl nebenbei." Und froh, daß sie das Gespräch auf andere Wege lenken konnte — denn sie erinnerte sich des Abends, da sie durch eine Bemerkung über den jungen Dollar Körting Dora zum Weinen ge bracht hatte — fragte sic weiter: „Kommt denn das vor, Lily, daß ein so kleines Fräulein, wie Sie, schon still duldende Berchrer hat?" Die Kleine fuhr förmlich auf. „Ich — — furchtbar unglücklich und romantisch bin ich schon angehimmelt worden!" Aber der Doktor Cornelius, der während der letzten Augenblicke still und seltsam erregt in seineil Teller gesehen, und dessen Finger nervös mit dem Eßzeuge gespielt hatten, wandte sich jetzt mit ei nein gezwungenen Lächeln, das seine Frage als Fortführung einer Neckerei er scheinen lassen sollte, an Lily. „Also Lily, »voran haben Sie denn be merkt, das; Ihr Bruder „einen Schwarm" sür Fräulein Dora hat? Schauen Sie, Frau Ba- ronin, was man da alles erfährt — —. Der junge Doktor, dieses stille Wasser !" Noch einmal wollte die Baronin abwehren, aber Lily hatte die Frage schon erfaßt. „Woran ich eS gemerkt habe? W.il er, wenn er mit mir spricht, das e-iespräch jetzt immer so zu dreien sucht, das; ich nuf das Fräulein Dora zu reden komme! Und dann — da hat mir das Fräu lein doch einmal ihr Bild g'sclnmtt, das hat er bei mir drüben gcsehn, und da hat cr's so lang' ang'schaut, und dann ain andern Tag hat er g'sagt, das; ihm das Bild so g'fallt, wcil's so ein „se-essionistischcr" Kops is', und wenn ich'» ihm schenk', so taust er inir drei Lose für die Tombola am Sonntag, und zum Seil tänzer aus der Badwiesen soll ich auch gehn dürfen." Dora hatte die Libyen fest zusammengepreßt tzmd sah mit starr« Augen auf die Orange in ihren Händen, von der sie eben die Schale in elliptischen Scheiben löste, das; die runde Frucht lvie in einer Blntenkrvnc ruhte. Sie sprach kein Wort, und auch den Blick des Doktor Cornelius, der immer wieder von Lilly zu ihr hinüber stach, schien sie nicht zu bemerken. „Und haben Sie's ihm gegeben, Lily?" In den scherzhaften Ton, den der Doktor noch immer beizubeyalten versuchte, drang stärker noch als früher eine scharfe, spitzige Note. „Sie dürfen nicht böse sein, Fräulein Dora —!" Tora rührte sich nicht, nur um ihre Lider zuckte es ein wenig. „Haben Sie's ihm gegeben, Lily?" „Ja — — ich hab mir schon so lang ge wünscht, den Seiltänzer zn sehen." ES trat eine Pause ein. Die kleine Lily knabberte schuldbewußt und verlegen an ihrem Nachtisch. Die meisten Gäste hatten sich erhoben, und nur noch weiter oben an der Tafel saßen ein zelne Gruppen bei schwarzem Kaffee und Zi garren. Plötzlich fragte der Doktor Cornelius mit trockener, beinahe harter Stimme: „Wo ist Ihr Herr Bruder beute?" „Im Gebirg'; ec ist sck>on in aller Frühe tveg'gangen." „Wohin?" „Er ttztt aus den Almkogel wollen und von da über den Grat aufs .rnrscheck." „Wann kommt er wieder?" „Vielleicht gegen Abend." ' Wieder eine Pause. Und Lily, der die ganze Lage unbehaglich wurde, glaubte aus einmal den Rus der Hojrätin zu hören und knixte eilig ab. Die Baronin sah ihr nach und schüttelte den Kopf. „So ein klcmes Plauscherl — was die immer alles hört und fleht - und erzählt! Und das Kölnische ist, man weiß nie bei ihr, ob's wirklich nur Naivität ist -- sic hat doch manchmal eine Art ich weiß nicht Der Doktor Cornelius lachte trocken, ein seltsames Lachen, das er sich erst in den letzten Zeit angewöhnt hatte und das mehr einem Räuspern als dem Ausdrucke guter Laune glich. „Sie ist ein Kind — die kleine .Hexe! Ein Kind, das zu viel unter Erwachsenen ist. Ein Spätling in der Familie, mit dem sich die altern Ge schwister und die Eltern nicht richtig befassen! Ueberyaupt — —" Er schien etwas Tadelndes sagen zu wollen, dann aber brach er ab. Und plötzlich sagte er: „Der wird das Bild übrigens zurückgeben — der junge Herr Doktor! Das ist doch eigentlich eine Frechheit von dem Herrn, die schon aus Unglaubliche grenzt!" „Was?" Die Baronin sah ihn ganz ver blüfft vor Staunen an, und auch Tora richtete ihre Augen nun voll auf ihn. „Was?! Das mit dein Bilde!" „Nun, hören Sic, Herr Doktor — da finde ich doch gar nichts dabei! Nnd wenn er sich sür Fräulein Dora interessierte — ! Darf er das nicht?" Tas Gesicht ocs Doktors hatte sich zn einer gruublassen Farbe verfärbt, und seine Stimme zitterte: „Er wirb cs zurückgeben!" Jetzt stand Dora ans, und in ihren Angen lag eine überlegene Kälte, die ihn mehr als irgendeine lange Rede erkennen ließ, daß er zu weit gegangen war, und die ihn lvie eilt Schlag niedcrzwang. „Herr Doktor Cornelius—" sagte sie, und ihre Stimme klang klarer als sonst, obwohl sie nur ganz leise sprach — „ich deute, es handelt sich da nm mein Bild. Und ob uh cs für richtig halte, das Bild Herrn Doktor Korting zu lassen ober nicht - das ist wohl meine Sache'." Und die Baronin nickte. „Ja, Herr Doktor — das finde ich eigentlich auch, — und ich kann da wirklich nichts Böses drin finden, und ich glaub', wenn Sie fick,'s recht überlegen. Sie auch nicht. — Ja - ivic sind heute beinahe die letzten hier, und die Dicwzr wollen abränmen." Auch iie erhob sich jetzt, nnd wenngleich sic ruhtg und mit der ganzen !Seichhett ihres angenehmen Organs gesprochen hatte, so fühlte Doktor Cor nelius doch, daß auch sie durch seine Bemerkung verletzt war. Sie reichte ihm die Hand. „Aus Wiedersehen, Herr Doktor." Er verbeugte sich, ohne zu sprechen; noch während die Baronin geredet, hatte er bemerkt, wie Dora ohne Gruß zur Türe gegangen war. Jetzt lies; sie die Baronin an sich vorbei, und dann folgte sie ihr, ohne auch nur einen Blick nach ihm zurnckznwerfen. Lange sas; er dann noch vor den anein andergereihten Tischeir und starrte mit einem leeren Ausdrucke in den Angen vor sich hin. Die Diener hatten die Fenster geöffnet und nahmen tlappcrnd das Eßzeug und die Teller zu sammen. Er schielt von all dem nichts zu merken. Dann stand emer knapp neben ihn». „Pardon, Herr Doktor — erlauben sck>on —" Er sah ihn zerstreut au und erhob sich. „Soll ich vielleicht die Blumen, die da lie gen, hinausgeben lassen aufs Zimmer?" Er antwortete nicht uitd machte nur eine abwehrende Bewegung mit dec Hand. Dann schritt er langsam nnd schier ohne auf den Weg zu achten, hinaus und hinauf in sein Zimmer. Oben fetzte er sich ans einen Sessel vor den Tisch. Der Kopf war ihm wüst, wie ausgenom men, und ivie gelähmt fühlte er sich in seinem Denken. Kaum, daß er überblicken tonnte, was geschehen war. Nur, baß letzt alles ans war und vorüber, bas fühlte er, nnb bas Bilb sah er vor iich, lvie sie vom Tisckje ansgestanden war nnb ihn so kalt und fremd angesehen hatte. Fremd? — nein: feindlich! Alles vorüber; er saß ba unk» fühlte, wie ihm die Pulse an den Schläfen und am Halse klovften, aber es war, als ob sein Innenleben ab gestorben wäre, und bas Empfinden von dem, wus ba geschehen war, durchdrang ihn nicht. — Erst nach und nach kam das dann über ihn und löste die Hemmung feiner Erkenntnis. (Fortsetzung in der Abendausgabe.)
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