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Lette 2. Nr. 571. Morgen-Nusgsve. Leipziger Tageblatt. Vlensisy io. November 1914. von Sewastopol zurück, ohne irgendwo türkische Schiffe entdeckt zu haben. Am 29. Oktober morgens um S Uhr empfing der Oberbefehlshaber der Flotte einen Bericht aus Odessa, worin es hieß, das, zwei türkische Torpedoboote um 9 Uhr morgen? mit roten und grünen Lichtern unter russischer Flagge in den Hafen von Odessa eingedrungen seien. Obwohl die Befehle auf den türkischen Tor- pedobooten in russischer Sprache erfolgten, eröffnete das Kanonenboot „Kuba netz", als es auf das herkömmliche Signal keine Antwort erhielt, un verzüglich das Feuer. Ein anderes Kanonenboot. „D o n e z", das sich auf der Reede befand, batte nicht einmal Zeit zu schießen, da es vom ersten türkischen Torpedoschuß in den Grund gebohrt wurde. Vom Kanonen boot „Kubanetz" beschossen, fuhren die türkischen Torpedoboote schnell aus das offene Meer. Sie ver loren einen Schornstein. Ihr Feuer verursachte u n - bedeutenden Schaden aus dem „Kubanetz" und den benachbarten Hand schissen sowie an einem Naphtha behender. Nach Empfang dieses Berichtes aus Odessa gab der Flottentommandanr der Küstenbatterien von Sewastopol die Anwesenheit von türkischen Schiffen im Schwären Meere bekannt und befahl di« Aus fahrt non Booten mit Schleppnetzen zum Schuh gegen feindliche Torpedos. Gegen 7 klhr morgens näherte sich der „Sultan I a w u s Selim" im Nebel Sewastopol und begann die Beschießung Die kü-'.enbatterien der russischen Schiffe antwortete» nachdrücklich auf das Feuer, das aus der Reede keinen Schaden anrichtete. Mehrere Schüsse fielen in die Stadt, ohne Schaden anznrichken oder Opfer zu verursachen. Ern Geschoß traf ein Steinkohlenlager, ein anderes die Eisenbahn, ein drittes das Marinelazarett Es tötete zwei Krank« und verwundete acht Zu gleicher Zeit griff di« vom Kapitän Fürst Trubeükoi befehligte Flottille von Torpedobooten den „Sultan Iawu« Selim" an, aber das heftige Feuer de>- Feindes verhinderte die Fott- letzung des Angriffs. Wökrcnddessen erhielt ein vom Leutnant Paufichine befehligtes Torpedo boot ein g rohes Leck und wurde in Brand ge schossen. Das Feuer des „Sultan Iawus Selim" dauerte etwa 29 Minuten Darauf fuhr der Kreuzer auf das offene Meer hinaus. Auf der Rückfahrt von Sewastopol entdeckte der „Sultan Iawus Selim" das Transportschiff „P r n! h', das zurückkchrte. Es wurd« aufgesor- drrt, sich zu ergeben. Da das Schuf keine Geschütze besah, hiszt« cs die Kriegsflagge und wandte sich nach der Küste. Sein Kommandant lies; das Schiff in die Lust sprengen. Dabei ist der Leutnant Rogowzsky. als er eben eine zweite Dynamitpatrone entzünden wollte, als Held untergegangcn. Di« Be satzung des „Pruth" rettete sich auf den Rettung? boot«». Ein anderer Teil wurde von den den „Snl Ian Iawus Selim" begleitenden türkischen Torpedo bqofen ausgenommen. Die Lchleppnetzschiffe. die ihre Arbeit während der B'sckiießung unterbrochen hatten, nahmen ihre Arlx'it wieder aus. Daraus suhr die S ch w a r z c M e c r - F I o t t« in das ossene Meer hinaus, um den Feind zu verfolgen, der einem Kampfe auswich und sich aus sein« Basis, den Bosporus, zurück og. Unsere Ver luste betrugen: An Bord des „Pruth" zwei Offiziere, ein S ch i f s s g e i it l i ch e r und 26 Matrosen lot: an Bord des Torpedoboote? des Leutnants Pouslchine »eben Matrosen tot und ebensoviel verwundet: aui dem „Kubanetz" sieben Matrosen verwundet: aus dem „Donez" «in Arzt lot. Wie s.slgepelll in. sah der türkische Plan gleich zeitig mit den Angus,«» aus Sewastopol und Odessa noch di« Beschießung anderer Punkte unserer Küste vor. Der „M i d i l l i" beschoß Theodosia, der Kreuzer „H amidij e" N oworossijs k. Vie Mobilmachung in Jerusalem. Ein Budavester jüdisch«) Wochenblatt veröffent licht, wie wir der „Nordd. Allgem. Ztg" entnehmen, einen Brief, in dem folgende Schilderung von der Mobilmachung der türkischen Truppen in Je rusalem entworfen wird: „Als d«r Gouverneur von Jerusalem aus Konstan tinopel die Mobilinachungsorder erhielt, sandte er sofort berittene Herolde in die ara bischen Dürfer zu den Bcis. Di« Herolde hiel ten in der einen Hand eine mit einem weisst» Halb mond geschmückte blutrote Fahne, in der anderen Hand eine» krummsäbel. Dies sollte andcuten. daß der Sultan alle treuen Muselmanen zum Kampf aus geruf«n hab« Die Muselmanen leisteten die len, Nuse getreulich Folge. Der Erfolg der Mobilmachung war ganz außerordentlich. Dies war namentlich für uns ein« Ueberroschung, die wir ge wöhnt waren, das, man in diesen Gegenden die Sol daten jagen müsse, etwa wie man ein Wild sagt. Diesmal war es ganz anders Zu Zehntausen den strömten die Araber nach Ierinalem. Selbst di« wilden B e d u i n c n st ü m m e, die bisher weder Heeresdienste geleistet noch Steuern bezahlt batten, erschienen auf ihren hohen Rossen. Die Szenen, die sich in diesen Tagen in den Straften Jeru salems abspiclten, werden uns unvergeßlich sein. Die Araber überfluteten die Stadt. Fellachen mit ihren Frauen und Kindern. Beduinen mit lange» Lanzen, dan«l>en auch Zu den mit ihren langen Bärten und Christen. Der grafst Platz, der von dem Dovidsturm. dem Hotel Aw.durly und der Burg Zion umsäumt wird, wimmelte von Arabern. Es bildeten sich Kreise, in deren Mitte Schwert- tänzc oufgeführt wurden. Die Frauen schlugen dazu den Takt mit Trommeln. Immer toller ward der Wirbel. . Aus 10 000 Kehlen erscholl mit einem Male „Allah iunjur el Sultan lGott 'chütze d«n Sultan)!" schließlich erschien der Pa:cha und mahnte zur Ruhe. Man gehorchte ihm." vrr?aU Tsingtaus. Petersburg, 9 November. Die englischen und japanischen Truppe» sind in T s i n g t a u ein gezogen Ehristiania, 9. November. Aus Tokio wird dem R'uterbüro telegraphiert: Nach den letzten ossizi.'llsn Mitteilungen sind bei den letzten Angriffen auf Tsingtau 2300 Gefangene gemacht worden. Die Japaner hatten an Verlusten 1t verwundete Offizier« s?) und 126 Gefallene und Ver wundete (?). Die britische Admiralität hat dem Heere und der Flotte Japans zu dem Fall Tsingtaus ihre Glückwünsche g.-sandt. Der japa nische Marincminister antwortete darauf, daß das Zusammenarbeiten mit der englischen Flotte bei der Einschließung Tsingtaus ausgezeichnet gcw.sen sei. Berlin. 9. November. (Eig. Drahtbericht.) Aus Rotterdam wird dem „Lokolanzeiger" gemeldet: Die japanisch« Gesandtschaft im Haag teilte mit. daß die Verhandlungen, die am 7. November um 7 Uhr 50 Minuten früh zwischen den Vertretern beider Parteien geführt wurden, zur Annahme der japa- nücherseits gestellten Bedingungen hinsichtlich Tsing taus führten. Kommissäre beider Partei«», die mit der Ausliescrung und Enrgegennahmc des Festungs und anderen Eigentums vetraul wurden, traten am 9. November sheut«) 10 Uhr früh zusammen, und die Ueberqabe wird am 10. November 10 Ubr srüh erfolgen. Berlin» 9. November. Die „Norddeutsch Allge mein« Zeitung" schreibt zum Falle von Tsingtau: Bis zur Stunde sind wir auf die knappen Meldungen ans feindlicher Ouelle angewiesen, die uns den Fall Tsingtaus künden. Einzelheiten über di« letzten Kämpfe und ihren Ausgang sind hier noch nicht be kannt. So viel aber ließen alle Bericht« schon bisher erkennen, daß der Heldentamps, den di« Be satzung unserer ostasiatischen Siedelung ausgefochtcn hat, die höchsten Erwartungen erfüllt hat, mit denen das deutsche Volk die Ereignisse auf dem fernen Außenposten begleitet hat. Die Ver teidigung Tsingtaus gegen ein« unübersehbare Uebcr- machl, die zwei Monate durclzhielt* wird allezeit zu den glorreichsten kriegerischen Taten gehören. Wir gedenken mit tiefer Dankbarkeit der Helden, di« dort für das Vaterland gefallen sind, sowie auch derer, die sich bis zum Aeufzerstcn mit Leib und Leben für Deutschlands Ruhm und Ehre ein gesetzt haben. Zn dankbarem Gedächtnis wird bei Uebrrsicht -er großen Weltverschwörung. Von Karl Bleibtreu. II. Angesichts solcher Lchändlichtcit »tzützl man vor, sranzönicher Republikanismus sei britischem Libe ralismus wahlverwandt. die deutsche Staatsform da gegen unsympathisch. Ohne die Hinfälligkeit dieses Wahns zergliedern zu wollen, genügt der Hinweis, daß die Ausrede sich selber Lügen straft. Denn tritt nicht England im gleiche» Atem für das infamste knutenregimcnt des Erdballs ein? Dieser Vorwur, trifft aber Frankreich doppelt, denn nur das Geld seiner sparsamen Bevölkerung päppelte den bante- ivlten nordischen Tolpatsch wieder zu gefräßiger Robustheit aus. Und warum? Weil man von ver drehter Selbsttäuschung nicht lasten will. Weil Deutschland ein ihm geraubtes Gut zurücknahm, folgen sranzösische Logik, daß man dem rechtmäßigen Bentzer das «inst Gestohlene nochmals stehie» müsse. Da? nennt sich Revanche. Kulturvölker müssen »ch aöschlachten, um die russische Barbarei zu stärken, bloß weil sranwüjche Einbildung sich ihre kindischen Wahn gebilde nicht ausreden läßt. Dos bei uns grassierende Mitleid mit Frankreich, weil es vornehmlich die Zeche bezahlt, macht unseren guten Herzen Ehre, ge rechtfertigt ist es nicht. Alle Schuld rächt sich aus Erden, und die Franzosen verdienen in keiner Weise zarte Rücksichten, die wir leider nur als unausrott bare deutsche „Weischgängerei" vernkteilen können. Das leichtgläubige Volt trat schon unter erschweren den Umständen in den Kamps ein. den zu vermeiden es nie den festen Willen hatte, obschon man nachher Poincarö und seine Leute als Sündenböcke belasten wird. An Blut und Gut schon heut ungeheuer ge schwächt, würde Frankreichs finanzieller Zusammen druch selbst im Falle des Ententesieges für lange anhaltcn. Freilich scheut Englands Kriegsgrund weit mehr da, Licht, als der ehrlich- und psychologisch verständ lich« Haß seiner konzerngenojjen. Gerade so wie Rußland den politischen Schwierigkeiten (Homerul: Dualismus) entrinnen wollen, bildete nur einen Nebengrund, sonst hätte das Parlament nicht b:- geifiert Gr«ys Fälschungen unterschrieben. Dem deutschen Konkurrenten sein.' Handelsflotte abjagcn, seine Marine zerschmettern, ihm den Weltmarkt ab gaunern, dieser niedrig: Neid spekuliert kräm«rhast auf Kriegsprofit. Wenn ihm nur nicht «ine Kon- kur»rechnung präsentiert wird! Wie es angesichts de« drohenden Ausstande« ty HegHpten und Indien und der großen Islamerhebung in solchen Leichtsinn verfiel, wird England später von der Friedenspartei gefragt w.-rden, die schon jetzt kein Blatt vor den Mund nimmt. Die in Umlauf gesetzte Fiktion, Japan werde ernstlich für Englands asiatische Be sitzungen einstchen, rechnet naiv mit verschlag.-nen Mongolen, die sehr bald andere Wege gehen werd.-n. Auch sieht sich England durch die Vereinigten Staa ten gef.-ssclt, die den Weltkrieg für Westkanada aus nutzen werden, früher oder später, mag die anglo- philc New Porker Schandpresse noch so deutschhasse- risch den Mund voll nehmen. Die deutsch« Friedens politik um jeden Preis hat leider den Verschwörern ecmöglicht, seit Anfang Zuli die Rüstung zu be ginnen, die man unter „Vermitt.-lung" zu maskieren und beenden hoffte, und so vermocht« Deutschland oen normalen Vorsprung seiner Mobilisierung nicht einzuhalt.-n. Doch das Schicksal selber hat alle Zögerungsfchler auf einen Schlag wettgemacht, das Prävenire gespielt und gleichsam «ine Emser Dc- p.-sche losgelassen, um auch ganz Oesterreich mit in den Furor zu versetzen, dessen laut Bismarck der langmütige Dcutsckst bedarf, um mit voller Ent schlossenheit zu kämpfen. Nur di« allergrößten Kälber wählen ihre Metzger selber: ober ob Rumänien, Bulgarien, Schweden, voll ends di« Türkei und auch China ihre Schicksalsstundc verträumen oder gar falsch in verkehrter Richtung sehen, würde nur unberechenbare Folgen für sic selber haben Auch das ruthenische und tatarische Element in Südrußland wird es sich selber zuschreiben müssen, wenn cs für seine Befreiung so wenig die Hand rührt, wie ein erheblicher Teil der Polen und Finnen. Da aber die russische Revolution wesentlich ein« soziale Bewegung und der schwarze Hunger kein Federlesens macht, so werden panslawistisch« Mätzchen sie auf die Dauer nicht aufhalten. Wenn Tartarin von Tarascon heut die Tatarennachrichten redigiert, mit denen die Entente all« Neutralen überschwemmt, und «ine bestochene Brests sich das Recht nimmt, jede un- alhängige Urteilschöpfung zu beschneiden, so mutz ein siegreiches Deutschland Mittel finden, die Lauen, Zweideutigen oder offenkundig Feindseligen in pscudoneutralen Kreisen zu züchtigen und zu Schaden eisatz anzuhalten. Kündigung von Handelsverträgen, Warenboykott und gründliches Schädig«» der Fremdenindustric durch Einstellen all«r deutschen Reisebesuch« (meist zwei Drittel der Touristen) wür den dem sich so schamlos gebärdenden Deutschenhaß und den Lügenfabriken ein verständliches Echo mora lischer Entrüstung -»tragen, uns auch die opferfreudig« Verteidigung des Kreuzers „Kaiserin Elisabeth" fort, leben, der auf Befehl des ehrwürdigen Herrschers auf dem Thron der Habsburger unser« Sache zu seiner Sach« gemacht und dessen Besatzung nach Versenkung des Kreuzers mit unseren Streitkräften Schulter an Schulter gekämpft hat, und, ein neues ruhmvolles Blatt in die Geschichte der Bundesgenossenschaft Deutschlands und Oesterreich-Ungarns einfügend, ihre Unerschütterlichkeit nun auch in einer ernste sten Prob« glänzend bewährt hat. Der Kampf im fernen Osten ist ansg«kämpft. aber mit diesem Ab schluß wird er in seiner Wirkung in der Zukunft nicht erloschen sein. Deutschland wird nie vergessen, wer der Anstifter und Ausführer des heimtückischen Ueber, sattes war, dem sein« Söhne im fernen Land zum Opfer fielen, der die Früchte langjähriger deutscher Kulturarbeit vernichtete. So schrieben wir vor einigen Wochen, und diese Worte werden fortbestchen. Berlin, 8. November. Vom Kaiser ist beim Präsidenten des Reichstages Dr. Kaempf nach stehendes Telegramm eingetroffen: Ich danke Ihnen für den Ausdruck der Gefühle des Schmerz.-? und des Vertrauens aus die Zukunft, von welchen der Reichstag und alle deutschen Herzen angesichts des Falles von Tsingtau erfüllt sind. Die heldenmütige Verteidigung der in langjähriger Ar beit geschossenen Mustcrstätte deutscher Kultur bildet ein neues Ruhmesblatt für den Geist der Treue bis zum Tode, den das deutsche Volk mit seinem Heer und seiner Flotte in dem gegenwärtigen Der- teidigungskamvfe gegen eine Welt von Hatz, Neid und Begehrlichkeit schon so mannigfach — roill's Gott nicht vergeblich — betätigt hat. Wilhelm l. ir. Berlin, 9. November. Angesichts des Falks von Tsingtau richtete der Präsident des Reichstags, Dc. Kavmpf, an den Staatssekretär des Reichsmarine amts, Großadmirals v. T i r p i tz, folgendes Tele gramm: Die Gefühle tiefer Bewegung, die das deut'che Volk angesichts des Falles von Tsingtau be eelen, sind«» in Ew. Exzellenz Brust «inen besonders schmerzlichen Widerhall. Sehen dochEw. Ex zellenz für jetzt ein Stück Ihrer Lebensarbeit durch die Kugeln der Feinde vernichtet, die irr ihrer Ver blendung nicht wissen, daß das deutsche Kulturleben aus jeder Wunde, die ihm geschlagen wird, nur um so größere Kraft und Stärke schöpft, um die Aufgaoc zu erfüllen, di« ihm in dieser Welt .zugefallen ist. Aus den heutigen Trümmern Tsingtaus wird eine Saat erwachsen, die den Wahn unserer Feinde, di« deutsche Kultur arbeit im iernen Osten zerstören zu können, zu schänden macht. So wird Ew. Exzellenz segens reiche Tätigkeit, die von dem Verständnis der ganzen Nation getrogen war. nicht vergeblich ge wesen s«in, und für alle Zeiten dem deutschen Namen und der deutschen kulrurentwicklung zum Heil und zur Ehre gereichen. Auf das Telegramm ist folgende Antwort ein gegangen: Euer Hochwohlgeboren sage ich meinen tief gefühltesten Dank für die warm empfundenen Worte, die Sie anläßlich des Falles von Tsingtau an mich richteten. Die große von aller Welt be wunderte Arbeit, die Deutschland dort im fernen Osten in einer kurzen Spanne von Jahren leistete, verdankt das Reichsmarineamt in erster Linie der verständnisvollen und eifrigen Mitwir kung des Deutschen Reichstages, der voll erfaßte, daß es sich hierbei nicht um Erobe rungspolitik und Eewal'.tzerrschaft. sondern nur um das Bestreben handelte, deutscher Kultur und deutschem Hand«lsgcist im fernen Osten «in friedliche? Eingangstor zu erbauen und )» sichern. Je weiter die Entwickelung Tsingtau? fortscbritt, desto mehr fand sie die Anerlennung der einsichtig«,! Chinesen und der im fernen Osten residierenden fremden Kaufleute. Neid und Verblendung verlangten zu Kriegsbeginn die Aufgabe unseres herrlichen Werkes tn einer Form, mit welcher sich die Ehre der deutschen Nation nicht abfinden konnte. Jetzt ist es vor gewaltiger Uel-ermacht gefallen nach einer heldenhaf ten Verteidigung, die ein stolzer Beweis deutscher Kraft und Pflichttreue ist und ein glän Säuberung Belgiens nach Zuklappen der Mause falle Antwerpen gibt den Deutschen so viele Stütz punkte und Hilfsmittel in die Hand, daß sie nach Be sitznahme der Nordküste Ostende—Calais ihre Ver teidigungslinie weit genug hinausschiel n können, um jeden Gegenstoß abzuschlagen und England jo lange in Atem zu halten, bis man, mit voller Wucht über Rußland hcrfallend, dessen Uebermut an steigender Bedrängnis Oesterreichs sein Mütchen kühlen wollte, den brüchigen Koloß abschüttclt. Seine Trümmer mag das Zartum Moskau sich zusammensuchen, wenn gewisse Endzwecke erreicht werden. Selbst wenn Oesterreichs rechte Flanke nicht mehr durch Rumänien gedeckt wäre, bliebe doch Rußlands linke dauernd durch die Türkei bedroht. Unterstützung Serbiens durcy Rußland ist ausgeschlossen. Pariser Presseschwindel täuschte über Serbiens Streitmacht, di« den großen Verlust der Balkankriege noch nicht ersetzte. Mobili sierung in „Neuserbicn" reizt zum Lachen, man wird doch bulgarischen Mazedoniern nicht selbst die Wasfc in die Hand drücken. Wie erst, wenn Bulgarien sich gegen Serbien kehrt! Die Griechen rüsten wahrlich nicht für Serbien oder gegen Bulgarien, sondern um etwaige italienische Eskapade nach Albanien in Schach zu halten. Daß die Franzosen ihr Kriegs geschäft schon mit Unterbilanz eröffneten, indem sie ihr afrikanisches Reich entblößten, kann ihnen der heilige Krieg in ganz Nordafrika zu Gemüte führen, wenn der Kalif alle Islamiten zu den Waffen ruft. Ob die Türken den Suczkanal überschreiten können oder nicht, jedenfalls können sie ihn derart erschüttern und beschädigen, daß England keine Verstärkung nach Indien werfen kann. Das wäre der Anfang vom Ende. Die Entente hat eben überall Achillesfersen, und das bisher niedergehaltcne Polen und Finnland würden doch noch Faktoren werden, sobald sich di: deutschen Waffen in ihr Bereich wenden. Oratter Io Iftnneai« et voux tronverer I« O.«nlois! den Wilden mit Gftiistcn der reißenden Bestie, zugleich mit der Lügenhaftigkeit und Leicht gläubigkeit einer Kinderstube. Wie Cäsar die Gallier schildert, so blieben sie bis heut.». Die Wahnsinns.'rgüste eine» Richepin und Maeterlinck, deren fade Poseurposse sick» jetzt als Böte humaine anmeldet«, wollen ja nur auf Volkstümlichkeit spe- kulleren^ drücken also das Fühlen d.'i Volksseele aus. Wir wißen aus solchem Echo, was wir zu erwarten Pttrn. Durch die Anständigkeit einzelner ritterlicher Franzosen und eine gewisse Gutmütigkeit des Ar beiter» und Dauern darf inan sich über die schl:chten . Leidenschaften nicht täuschen lassen, Vie bei jeder Ge zendes Vorbild für unsere kommenden Geschlechter. Möge in dem gewaltigen uns aufgezroungenen Exiitenzkampfe, in welchem wir jetzt stehen, das deutsche Volk sich überall bewußt bleiben, daß es verpflichtet ist. deutsche Mannhaftigkeit, Wahr haftigkeit und Pflichttreue seinen kommenden Gxnerotionen als heiliges Erbteil zu überliefern und ihnen damit die Bedingungen zu schaffen, den Frieden und Wahrheit spendenden Einfluß deut schen Wesens und deutscher Kultur auf der Welt zu erhalten und zu fördern. Großadmiral v. Tirpitz. Vie Kämpfe in Sü-aftlka. London, 0. November. (Reu er.) Sin starke» Kommando der Aufständischen in Südafrika, »l« e» heißt, unter dem Befehl des Generals Kemp, zieht durch das Tal de» Great-Staitaslnsie» nach dem v«» zirk Bryburg. Oberst Albert zieht mit den Re« gierungstruppcn in derselben Richtung. Sine Abtei» lung Aufständischer ist in Harrysmtth eingerückt. Gesterreichijcher Einspruch gegen russische Lügen. Wien, 9 November. Die Russen gefallen sich darin, phantastische Nachrichten über an gebliche Siege ihrer Truppen, über die schwierige Lage der Unsrigen. über zahlreiche Gefangene usw. zu verbreiten. Gegenüber diesen Erfindungen ist es nützlich, sestzustellen, daß seit mehreren Tagen weder in Galizien noch in Ruijisch-Polen ein Zulammenstoß statisand und daß die letzten Kämpfe, wie bei piels- wein? bei Star y-Sambor und Turka, für unsere Truppen siegreich verlaufen sind und daß diese 2500 Gefangene machten. An der Lysa - Gora haben sich uniere Truppen vom Feinde ohne Kampf gelöst und verfolgen Bewegungen, die ihnen aus strategischen Gründen besohlen wurden, i„ voller Ordnung, ohne vom Feinde belästigt werden. Vie „feinen* Englän-er. London. 8. November. Der „Daily Telegraph" berichtet aus Gravesend bei London, daß eine feind liche Menge bei der Einbringung der Mann schaft d.'s deutschen Hospitalschiffes „Ophelia" lärmende Kundgebungen veranstaltete. Eine starke Eskorte von Militär und Polizei mußte die Kriegsgefangenen vor der Wut der johlenden Menge schützen. Eine unwahrscheinliche Geschichte. London. 9. November. Der Kriegsberichterstatter des „Daily Chronicle" meldet aus Nordfrankreich: Ein deutscher Spion, der nachher von den Indern gefangen genommen wurde, hat das Regi ment London Scottish irregeführt. Der Mann, der sich für einen Belgier ausgab, war wegen seiner Ortskenntnisse von den Regimentern London Scottish und Lincoln als Führer angenommen wor den. Er führte das Regiment London Scottish durch eine Zone, di« einem vernichtenden deutschen Feuer ausgesetzt war. Mit Ausnahme des vernichtenden deutschen Feuer» klingt diese Räubergeschichtc sehr unwahr» s ch e i n l i ch. Eiserne kreuze für wackere Slaujacke«. Berlin, 9. November. Dem Chef des Kreuzer geschwaders Vizeadmiral Grafen von Spee ist das Eiserne K r e u z 1. und 2. Klasse, einer größeren Anzahl von Offizieren und Mannschaften das Eiserne Kreuz 2. Klasse oerliihen worden. Ebenso wurde dem Kommandanten vom Kleinen Kreuzer „K a r l s r u h e". allen Offizieren, Beamten, Dectoffiziercn sowie 50 Unteroffizieren und Mann schaften dieses Schiffes das Eisern: Kreuz 2. Klasse verliehen. Eiserne Kreuze. Mit dem Eisernen Kreuz wurden ferner aus gezeichnet: Prinz Sigismund und Prinz Fried- richKarl (1. Klasse), die beiden im Felde stehen den Söhne des Prinzenpaarcs Friedrich Leopold von Preußen, die schon früher das Eiserne Kreuz 2. Kl. erhalten hatten: der Feldwebel im 1. Garderegiment legenheit in der Masse hervorbrechen. Auch der russische Muschik ist an und für sich gutmütig, aber er wird zum wütigen Barbaren, sobald Aberglaube und Alkohol ihn erhitzen. Beim Briten kann man sich wenigstens an die Vernunft wenden, wenn nicht völlig von Einbildung umnebelt. Wenn eine Eng länderin in öffentlichem Aufruf zum Kriegsdienst die Deutschen „eine Kcllnernation" nannte, so klingt das freilich kaum kindischer als der Ausdruck „Krämer nation", den die Deutschen schlankweg auf England cmmenden. llebrigens tönt dies in der Uebersetzung „u. nation ot sstoptzoepois" noch viel beleidigender, - da der Deutsche doch eigentlich nur meint ..Kauf mannsnation". In diesem Sinne aber paßt das Wort nicht viel weniger auf Deutschland, d. h. auf jeden großen Industriestaat, der seine Produkte ab setzen will. Der Kapitalismus hat überall den gleichen Einfluß, in England agieren tatsächlich nach wie vor die grundbesitzenden Nobility und Gentry, aus denen sich di.' Politiker-, Beamten- und Militär kreise fast ausschließlich zusammcnsctzcn. Das „libe rale" Ministerium besteht, vom ausgeschi.'denen Burns abgesehen, aus lauter hochgeborenen Herren, bei denen — wie bei Grey (uralter Adel) und Churchill (Herzogssohn) — bornierter Imperialis mus zu den ererbten Eigentümlichkeiten allzeit be stehen wirb. Doch auch der s.'in Portefeuille opfernd: Trevilyen und der Parlamentarier Pomsorby, die grimmig gegen Greys Politik eifern, sind Hoch- aristskrcik'ii. In Oxforder einflußreichen Gelehrten kreisen, in der Geistlichkeit (hier spielt die protestan tische Note mit), unter den Großkauflcuten (die durch Bruch mit Deutschland ruinierte Textilindustrie) gibt es genug Leute, die ihre innere Dcutschfrcundlichkcit bewahren. D?r bekannte Humorist Jerome setzte mannhaft seine Popularität aufs Spiel durch beißende Verhöhnung dec Preßlügen. Lord Sel- borne, weiland Gouverneur von Südafrika, legte in offenem Briefe an die „Tim:s" Verwahrung ^egcn die Erfindung deutscher „Greuel" ein. Die Russen beschweren sich. England wünsche nicht Deutschlands Vernichtung. Es scheint daher angezeigt, etwaige Aussöhnung mit England nicht aus dem Auge zu verlieren. Wohlgemerkt, muß aber vorher dem bri tischen Dünkel :in gründlicher Schlag versetzt wer den. das freche Geheul der Jingos: „Vk'nr to tlw IHsst!" (Krieg bis zur Vernichtung) mit Bomben und Torpedos erstickend. Erst wenn wir rücksicht»- los all« Chancen ausnützen, kann das übermütige Insclvolk zur Vernunft gebracht werden. Mit Frank reich und Rußland gibt es keine Möglichkeit d:s Ausgleichs, mit England immerhin. Aber erst durch Blut und Eisen!