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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.10.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-10-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19141028022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914102802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914102802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-10
- Tag 1914-10-28
-
Monat
1914-10
-
Jahr
1914
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Vene 2. Nr. 550. nveno-Nusgavr. luttonen und Forderungen, die sich in »ehr oder incniger befehlshaberischer 2P«ise darstellen w.'rden Biele Abgeordnete, die ihre Kinder ,um Lchulb.'gfnn nach Paris begleitet haben, finden am cktachmtttag natürlich alle den Weg in die Wandelgang». Non da bis zur Bildung von Sondergruppen ist nur ein Schritt. Das Blatt schlicht: „Die Entscheidung über die Rückkehr der Behörden ist ein schwerer und ernster Entschlich, voller Konsequenzen lür die Zu- lunst, der nicht am die leichte Achsel g'nommen wer den darf." Der „Teinps" quält sich hier mit Worten ab. um seine tatsächliche Verlegenheit zu verschleiern. Wenn die „materielle" Gewitzhcil fehlt, dich di« Deutschen nicht wi.'der einen Boston ingki>en werden, dann ist doch die „moralische" Eewchheit nur eine leere Redensart Oder ist die Feinheit der Ausdrucks meise d?s „Temgs" siir dentlche „Barbaren" zu hoch? Vas französische Parlament wir- nicht in Paris tagen. * Gens, 2k. Oktober. tEig Drahtnachricht > Den Blättern wird aus Bordeaux berichtet: Aus Wunsch) des Befehlshabers der Festung Paris wird die Nove m vertag u n g des französischen Parlaments nicht in Paris, sondern in einer anderen Stadt Frankreichs slaltsinden. Die Regie rung hat sich ihre Beschluszsaisung in der Angelegen heit noä) vorbehalten. hin-us in Marseille eingetroften. Blarseille, 2K. Oktober. Am Sonntag sind hier 27 OW Hindus e i n g e t r o s f e n , die nach der Front gesandt werden sollen. Maßnahmen -es Reiches gegen -ie finge- körigen -er fein-lichen Staaken. Berlin, 2k. Oktober. lEig Drahtnachri ch t.) Wie wir bestens erfahren, haben die B u n d e s regier ungen 2terhandlungen eingek'itet, sämtliche Mahnakmen des feindlichen Auslandes gegen deut sche Staatsangehörige und gegen deutsches Privat eigentum im Ausland mit gleichen Mahnahmen des Reiches gegen die Angehörigen der feindlichen Staa ten hinfort zu erwidern. Es wird bereits eine Bor läge in dieser Angelegenheit uusgearbeitet. die dem Bundesrat vorgelegt werden soll. Vie Zestfetzung von Höchstpreisen für Getreide. Berlin, 28. Oktober. (Eig. Drahtnachricht.) Wie wir aus bester Quelle erfahren, haben sich sämtliche Bundesregierungen im Lause der bisher gepflogenen Borerhedungen s ii r die von der Reichsregierung vorgeschlagene Festsetzung von Höchstpreisen siir Getreide aus gesprochen. Der Antrag der Reichsregierung wird nunmehr im Bundesrat zur Bcschlufzsassunq gestellt. Rückkehr von 2--0S Aivilgefangenen aus Frankreich. Die „Bossisch: Zeitung" meldet aus Karls ruhe: Der Reichskanzler hat Lein Z e n - tralausschusz des Roten Kreuzes mit geteilt, datz etwa 2N NUN deutsche Rcichsange hörige, die in Frankreich als Zivilge sang e n c z u r ü ct g e h a l t e n wurden, di« R ü ck - w a n d e r u n g s e r l a » b n i s erhalten haben und demnächst in Baden eintreffen werden. Griechenlands Eingreifen in -ie epirotischen wirren. Athen, 2k. Oktober. Die „Agence o'Alhenes" meldet: Trotz der ini epirotischen Feldzug gebrachten Menichen- und Geldopscr hatte Griechenland, entgegen deni Wunsche der Bevölkerung non Nord epirus, um sich den Beschlüssen der Mächte anzu passen, die Räumung desjenigen Teils von Epirus durchgeführt, der von der Bot- schasterkonscrenz dem albanischen Staate zuerkannt worden war. Das in der Folge zwi schen epirotischen Delegierten und Vertretern der Mächte abgeschlossene Uebereinkommen von Korsu gewährte den Bewohnern von Nordepirns ethnische Leipziger Tagedlcm. Mittwoch, 28. Oktober 1914. karte -es nor-westlichen Kriegsschauplatzes. Tie grotzen Kämpfe, die sich auf der ganzen Linie Ostende — Nreuport — Dixmurden—- Bpcrn —Lille-Arras obspiclen, sind bis jetzt zugunsten der deutschen Truppen verlauten. Die be, Ostende in den Kamps eingrelsendeu französischen und englischen Kriegsschiffe wurden von tinseren schweren Batterien zum Rückzug gezwungen Bei Rpern steht der Kampf, bei Lille kommen unsere Truppen immer mehr vorwärts und nördlich Arras brach ein heftiger französischer Angriff un Feuer der Deutschen zulammen. Der Widerstand der Franzosen und Engländer beginnt sichtlich zu erlahmen, da sie keine Reserven mehr be kommen können, während die Deutschen, dank des vielmaschigen Eisenbahnnetzes hinter ihrer crront immer frische Verstärkungen nach den entscheidenden Punkten werfen. und religiöse Garantien, die ihnen gestatteten, unter dem neuen Regime friedlich zu leben. Unglücklicher weise machten die inzwiichen eingctretenen Ereignisse die W i e d e r h e r st e l l u n g der Ordnung und Sicherheit, der unerläfzlichen Vorbedingung des Wohlergehens dieser bereits so schwer heimgesuchten Bevölkerung, unmöglich. In vieler Gegend nahm die Unsicherheit überhand. Es fanden häufige Angriffe albanischer Banden gegen die Truppen des autonomen Epirus statt. Blutige Kämpfe waren die Folge, die die Bevölkerung nicht zu friedlichem Leben kommen liehen und sie seit Monaten in einem Zustande ewiger Angst erhielten, während ande erseits zahlreiche muselmanische Ein wohner dieser Gegenden Haus und Herd im Stiche lieszcn und nach Balo na flüchteten. Zu wiederholten Malen wandten sich die Mächte an die hellenische Regierung mit der Forderung, sie möge ihren Einstutz bei Zographos aufbieten, um die Rückkehr dieser Auswanderer zu sichern. Die geringen Mittel jedoch, über die die provisorische Regierung verfügte, gestatteten ihr nicht, die Verantwortung dafür zu übernehmen und der Rückkehr der obengenannten Flüchtlinge zuzustimmen und Ordnung, Sicherheit und Wohlfahrt der von ihr verwalteten Provinz wirksam verbürgen zu können Unter diesen Umständen und angesichts der sich daraus ergebenden fortschreitenden Anarchie ent- Ichlosz sich die griechische Regierung, geleitet von den Gefühlen der Menschlichkeit und auf die Bitten der christlichen und muselmanischen Bewohner von Epirus, die wiederholt die griechische Regierung ersuchten, die Verantwortung für die Ordnung und Sicherheit im Lande zu über nehmen. ihre Truppen in die Bezirke von Argqro- kastro und Preneti zu dem Zwecke einrücken zu lassen, um hier die Ordnung zu sichern, den Herd- flüchtigen Bewohnern die Rückkehr zu ermöglichen, Leben und Eigentum aller Epiroten ohne Unter schied der Religion zu gewährleisten und an den Grenzen des Königreiches die zu seiner Sicherheit unertätzliche Ordnung herbeizu führen. Die Notwendigkeit dieses Vor gehens stellte sich als um so dringender dar, als die Saatzeit naht und den Familien der Ausgewan derten Gelegenheit gegeben werden mutzte, zur rechten Zeit heim ukehren, um die Felder bestellen zu können. Indem Griechenland zu dieser Matz regel greift, die einen rein provisorischen Eharalter trägt, nimmt es sich vor, stets streng nach den Beschlüssen der Mächte sich zu richten, denen es durch seine Note vom 8./21. Februar beigetreten ist, wie es denn auch bereits in diesem Sinne den Mächten eine Erklärung abgegeben hat Vie Türkei regt stch. ** Mailand, 28. Oktober. (E i g. Draht nach richt.) „Union«" meldet aus Kairo: Bei Akaba am Golf von Akaba sind starke türkische Kavallerieabteilungen eingetroffen. Türkische Kontrollschisfc mit drahtlosen Stationen sind bis vor Schcrm am Eingang zum Golf von Sues gesichtet worden, von wo sic den Einlauf der neutralen Schiffe über- m achen. Eine britische Vergewaltigung -er nie-er- län-ischen Souveränität? Die holländische Regierung hat sich, wie dem „Manufakturist" aus Rotterdam gemeldet wird, angeblich bereit erklären müssen, dort englische Zollbeamte zuzulassen, die alle einge führte Baumwolle daraufhin kontrollieren sollen, datz diese in Holland verarbeitet und nicht in das Aus land (Deutschland) verbracht wird. Ungehin-erte Zahrt -eutscher Reservisten auf neutralen Schiffen. Nach der „Westminster Gazette" ist jetzt wirklich der Befehl ergangen, deutsche und öster reichische Reservisten, die auf neutralen Schiffen nach neutralen Häfen unterwegs sind, nicht mehr gefangen zu nehmen. Natürlich ist dies nur aus Rücksicht auf die Empfindlichkeit der Neutralen geschehen. Ter „Corricre della Sera" er fährt aus London: Der Militärkritikcr der „Times" sagt, datz der ZuHvg deutscher Reservisten au« den neutralen Ueberseeländern eine neue Gefahr ikckdeut?. Umschwung -er Stimmung in Amerika. Wie wir seinerzeit berichteten, haben die Ver treter von fünf amerikanischen Zeitungen nach dem Besuch der demscben Truppen an ihre Redaktionen Berichte geschickt, in denen sie unter ihrem Eid die Behauptung von deutschen Greueln für unwahr er klärten. Der „Kölnischen Zeitung" wurden nun Privatbriefe aus Chicago zugestellt, die aufs erfreulichste dartun, welch gute Wirkung die Nachrichten der amerikanischen Journalisten tun. In den Briefen ist u. a. zu lesen. Chicago, 17. September. Der Bericht von Bennett und McCutcheon, Kricgskorrespondenten der „Tri büne", schlägt dem Fatz den Boden ein. Also alles erlogen, was seit Wochen in eng lischen Zeitungen über deutiche Grausamkeiten in Bel gien veröffentlicht worden ist. Der Eindruck auf die Amerikaner ist ganz ungeheuer, und sie fangen an, sich mehr und mehr skeptisch den englischen S i e g e s n a ch r i ch t e n gegenüber zu verhalten. Ich schlietze eine Kopie des Bennettschen Berichts ein. Chicago, 23. September. Die Stimmung unter den Amerikanern, die bis dato ganz und gar anti deutsch war. fängt an sich zu verändern, und man lätzt in der letzten Zeit zuweilen auch den Deutschen Gerechtigkeit widerfahren. An Aufklärung fehlt es auch gewitz nicht, seit die Ameri kaner scharenweise aus Europa zurückkehren und der Wahrheit die richtige Lesart geben. Auch empfangen wir seit einigen Tagen wieder Zeitungen von Deutsch land, die den wirtlichen Tatbestand widerspiegeln. Chicago, 29. September. Diese Artikel von Leu ten, die den Amerikanern aufs vorteilhafteste bekannt sind, tragen viel dazu bei. die antideutsche Stimmung hier in Amerika u in z u g e st a l 1 c n. Vie militärische Sereitschaft -er vereinigten Staaten. Kristiania, 27. Oktober. Wie der „Pariser Temps" meldet, hat das Repräsentantenhaus in Washington beschlossen, eine Kommission einzusetzen, die die Kriegsbereitschaft der Vereinig ten Staaten untersuchen soll. Kein Verlust eines-eutschenUnterfeebootes. Rotterdam, 28. Oktober. Der deutsche Gesandte im Haag gibt bekannt, datz der englische Torpedo- bootszerstörer „Badge r" zwar, wie die Engländer melden, ein deutsches Untersee boot gerammt hätte, datz dies aber ohne Ver - luste zurückgekehrt ist. Zeitungen -eutscher Sprache in Rußlan- verboten. Kopenhagen, 28. Oktober. (Eigen« Draht nachricht.) Aus Petersburg wird gemeldet: Durch Kaiserliche Verfügung wurden sämtliche bisher in Rutzland in deutscher Sprache erschei nenden Zeitungen ab 1. April k. I. ver bot«». Die Inhaber der deutschen Zeitungen wur den bereits zur dauernden Einstellung ihrer Betriebe für 1. April ausgefordert. Es erscheinen in Riga. Reval, Dorpat, Lodz, Odessa und Moskau deutsche Tageszeitungen. , polnisches waster.*' In ganz Paris findet sich, so schreibt der dortige Berichterstatter der römischen „Tribuna", kein ein ziges Fläschchen mit Kölnisch Wasser mehr. Gleich bei Ausbruch d.'S Krieges wurde es durch — Polnisches Wasser ersetzt. Bei meinem Bar bier fand ich an der Wand ein kleines Plakat hän gen, auf dem zu lesen war: Kopfwäschen mit Pol nischem Wasser 1 Franken. Ich stellte ihm im Ver trauen die Frage: „Nicht wahr, mein Lieber, das Wasser ist noch immer dasselbe?" Und ich erhielt leise ins Ohr gesprockxn folgende Antwort: „Auf dem Plakat brauchte ich nur einen einzigen 'Buchstaben zu ändern: Eau de Cologne — Eau d: Polognc. An dem Wasser selbst brauche ich nichts zu ändern." 8vdrsidmL8vdlnoo LLeriMrz ,i. 8tr. 24. De!. 12989. Lei Der Kus -es Lebens. Roman von Karl Rosner. Noch Tisch lag Doktor Cornelius erst eine Weile oben in seinem Zimmer aus dem Sofa. Die Hand, die noch das Zeitungsblau umgriffen hielt, in dem er srül)er gelesen haue, war ihm in den Schoss gesunken, und seine Pedanten waren langst der Führung der gedruckten Zeilen entwichen und gingen ihre eigenen Wege, Er dachte au die Baronin und an alle? das, was sie ihm vor wenigen Stunden über das Fräulein Elwert erzählt hatte und bedauerte es nun tief, dass er das Fräulein bisher so falsch beurteilt und >o unliebenswürdig beinahe schroff behandelt hatte. Er wär ärgerlich und verstimmt über sein Benelnnen Jedenfalls wollte er gntmachen, was er bisher gefehlt hatte, und er empfand nun einen Drang, dem Fräulein seine Achtung zu be zeigen. Um drei Uhr sollte er bei der Baronin nuten anklopfen, denn er hatte noch am Vormittag mit ihr verabredet, datz sie zusammen in den Ort hin. untergeben wollten. Sie freute sich darauf, die vielen kleinen Erinnerungen, die sie noch l-atte, ailfznsrifchen, denn sie war wohl schon acht Jahre nicht mehr hier gewesen, und er wieder kam sich, obwohl er >a jetzt nur eine Wock)e länger hier war, dock» ihr gegenüber bemal)c wie ein Ein heimischer, Wohlunterrichteter tvar. Er dachte mit Vergnügen daran, wie er mit der liebens, würdigen Dame durch den Ort gehen würde und ihr als Führer seine verschiedenen kleinen landsckmftlick)en und intimen Entdeckungen zeigen wollte. Gewitz würden alle Leute, denen sic be. g'gnetcn, die Baronin für feine Mutter halten. Auch an das Zusammentreffen nur Fräulein El- wert bei diesem «Spaziergänge dachte er nun gerne, er hoffte dabei Gelegenheit zu finden, fich ihr von einer günstigeren Seite zu zeigen, als er da» bisher getan hatte, und vielleicht ge lang cs ihm auch, das junge Mädchen ein wenig frischer zu stimmen und mehr aus sich Heraus gehen zu machen. Pünktlich klopfte er also an die Tür zu den Zimmer» der Baronin an. Sie war schon fertig und zog soeben die I)eltbraunen seidenen Halb. Handschuhe an. die die Fingerspitzen srcilieftcn „Rnu wollen wir aber auch sehen, ob unser Fräulein fertig ist," sagte die Baronin nach der ersten Begrünung Sie schritt der linken Wand des Zimmers zu und pochte mit dem Griffe des Schirmes. „Unsere Telegraphie ohne Draht ." Sie lächelte. Von drüben tlaug die Stimme des Frä». leins: „Gnädige Frau?" „Sind Sic fertig, Dora?" „Ich komme schon." Gleich daraus ging drü ben die Türe, und Fräulein Elwcrt kam her. über. Sie bcgrützte den Doktor Cornelius freundlich aber ernst, dann gingen alle drei die Treppe lnnunter und zum Hanse hinaus die Altaussecr Strafte in der Richtung nach dem Ort entlang. Trotz des starken Regens der verflossenen Tage war die Strass doch sck>on ganz trocken, denn die Sonne schien noch immer io warm und voll herunter, als wollte sic möglichst schnell gut »lachen, was das böse Wetter gesündigt lMtc. Während Doktor Coruelius, der links von der Baronin ging, den Damen nun die Gegend er klärte, die Rainen der Berge nannte und auf alle die kleinen Sehenswürdigkeiten der Umgebung wieS, ging sein Blick öfter an der Baronin vor bei zu Fräulein Ewert hinüber. Sic sah heute jugendlicher und frisclier ans, als in Ken vorher gegangenen Tagen Tie hatte den Sonnenschirm ans roter Seide über die Schulter gelegt, und das belle Licht, das diesen traf, bcleuchrcte ihr Gesicht mit roten Reflexen und gab den sonst so blassen Zügen ein zartes, reizvolles Leben. La^ ihm bisher hart und starr geschienen hatte an ihre» Augen und um ihren Mund, das schien sich in diesem rvarmen Lichte zu mildern nnd zu erweichen. Schon mehrmals hatte sich Doktor Cornelius in seinen Reden auch direkt an das Fräulein ge wendet. ohne daft er sic aber bisher in ein längeres Gespräch hätte ziehen können. Erst nach und nach taute sie auf, nnd da die Barvnin den Doktor Cornelius tun seinen Bemühungen leb haft nnlerstüblc. ergab sich bald eine angeregte llnterlwttung. Ihm hatten das Interesse an dem Schicksale des Fräuleins und sein Mitgefühl für ihre lcidenreickw Vergangenheit über die '.leinen Härten ihrer änftcren Art hinweg, und fie selbst wurde bald ein wenig lebhafter und weniger zu rückhaltend unter der unbefangenen Freundlich keit seines Wesens. Anfangs freilich hatte sie sein warmer Ton stutzig gemacht, und misstrauisch hatte sie erst ihn nnd dann fragend die Barvnin angesehen. Cs war ihr der Verdacht gekommen, das» die beiden über sie gesprochen hätten, nnd daft der Doktor sich vielleicht nur durch eine Art Ntttleid zu einem giuig-licbensivürdigen Ber l»alten ihr gegenüber veranlasst fühlte. Und dann, als sic mit der Baronin ein paar Augeiu blicke allein gewesen, I-atte sic dirctt danach ge fragt. Aber die Baronin hatte sie lovsschüttelnd angclächelt: „Kind. Kind — n»as find Sie dock) für eine misttrauische Zweiflerin! Run mutz der Mann wohl gar von mir bestochen sein, weil er nett nnd frcnndlich zu Ihnen ist, nein, nein, ich habe ibn nicht beeinflusst und ihm auch nichts er. zahlt, liebes Fräulein!" So gab sich denn das Fräulein zufrieden, die Baronin bat aber im stillen die kleine Not lüge ab, die sie gesprochen hatte. Langsam schlenderten sie durch den Markt bis hinüber zu der Spualkirch.' zum Heiligen Geist, diestnn alten, noch aus dem vierzehnten Jahrhundert stammenden Bauwerke mit dem prächtigen Flügelaltar in der Mitte. Und Doktor Cornelius erklärte. Er hatte gleich in den ersten Tagen seines Ausseer Aufenthalte-, trotz Regen nnd Kälte, all die kleinen Kunststätten des Mart- tes besucht, und fühlte sich hier nun wie ein Hausherr, der seine Gäste führt. Er zeigte ihnen die heilige Dreifaltigkeit, die zwölf Apostel und die musizierenden Engel ans dem Miktelstückc und die i2 Heiligen auf den beiden Flügeln. Er machte sie ans den prächtigen Faltcnfall der Ge wänder aufmerksam und aus die klare Pracht der Farben, durch die der alte steirische Meister bei nahe an die Kunst der Flamen mahnte. Auch aus den herben, blassen Ton der Gesichter wies er hin, und die beiden Domen folgten seinen Worten init Teilnahme nnd Verständnis. Mancher Cinwurs des Fräulein Cllvert aber zeigte ihm, das; sic nicht nur Interesse, sondern auch Kennt nisse aus diesem Gebiete besag. Daun gingen sie hinüber zum Ratbausc, nnd auch hier besichtigten sie die wenigen für die. Ortsgefchichte interessanten Reliquien, die man da verwahrte. Neber Den Doktor Cornelius kam, wie er die Damen so führte, eine freie Stimmung. Er empfand, daft er ihnen mit seinen Worten etwas gab, und das; er auch dem Fräulein, das ihn bisher mir von einer wenig angenehmen Seite kennen gelernt lwttc, ein besseres Bild seines Wesens übertrug. Das fühlte er nnd das freute ihn. Und seine Freude machte ihn liebenswürdig und gesprächiger, als er es sonst wohl war. In dieser Stimmung schlug er auch vor, auf der Terrasse vor dem Kurhausplatzc den Kaffee ciuzu nehmen, und die Baronin ging gern auf die An regung ein. Da saften sic nun, wie eine kleine Familie, plauderten heiter, blickten auf die Pro menade hinaus nnd horchten auf die Klänge der Kurkavelle, die in leichten Weisen herüber, klangen. Feierlich nnd froh war dem Doktor zu mute, und mit ein wenig schief gelegten, Kopse lauschte er einem Slranpschen Walzer, während seine Augen lächelnd auf den Damen ruh en, die die zutraulich nahetommenden Spatzen mit den Resten deS Gebäckes fütterten. (Fortsetzung 1« der Morgenausgabe.)
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