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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.11.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-11-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19141113017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914111301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914111301
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-11
- Tag 1914-11-13
-
Monat
1914-11
-
Jahr
1914
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Kunst, Wissenschaft und ^Unterhaltung ger. —" In der Borstellung „Der Ver - i d er", Sonntag, den 15. d. M. im Alten * Aus den städtischen Theatern, kommenden Sonntag, den 15. d. M., gelangt Rossinis Tell, neu einstudicrt, unter Operndirektor Lohses musikalischer und Spielleiter Marions Bühnenleitung zur Auf führung. Die Titelpartie wird erstmalig von Kam mersänger Alfred Käse gesungen. Weiterhin treten erstmalig als Prinzessin — Frau Hanjen-Schultheß, als Walter Fürst — Hans Müller, als Fischer — Hans Lißmann, sowie als Gehler — Enni Herve- ling auf. — Zn ihren früheren Partien siird be schäftigt Luise Fladnitzer, Valeska Nigrini und Ru dolf Jäger. sch wend er", Sonntag, den 15. d Theater, werden im III. Akt singen: Kammersängerin Cäcilie Rüsche-En darf: Sehnsucht von Heinrich Hofmann, Waldeinsamkeit von Max Reger. Lia Stadtegger: S' Schnabcrl, Buaberl merk dir's fein von Koschat. Kammersänger Erich K l i n g h a in in e r: Mor genhymne von Georg Hentschel, Das Stelldichein von Schuhmacher. * Dr. Herbert Kraus, Prioardozent an der Uni versität Leipzig, hat init Rücksicht auf den Krieg eine Vorlesung einaeschoben über „Völkerrechtliche Gegenwartsfragen". Sie findet Donners tag 4—5 Uhr publice statt und beginnt am 14. No vember. Dr. Kraus liest außerdem noch über Völker recht. ' Wechsel in der Leitung de» Hamburger Thalia, theater». Ein« Wandlung rn der Leitung des Ham burqer Thaliatheaters steht Neujahr be vor. Herr Geheimrat Bachur hat sich aus Grün den der persönlichen Einlastung entschloss.n, sich von der Leitung des Unternehmens zurllckzuziehen. Die Leitung übernimmt der frühere Reg.sseur am Mei ninger Hostl-cater, jetziger Theaterdüektor in Frank, furt a. d. O-, Hermann Roebbeling. Ge heimrat Bachur war bis vor einigen Jahren auch der Direktor des Hamburger Stodttheaters. * Vom Deutsche» Museum in München. Aus München wiro uns r e chneden: Von den Löhnen des verstorbenen Kommerzienrats Carl Hagcnbeck, den Herren Heinrich und Lorenz Haaenbeck in Ham- bur?, wurde cem Deutschen Museum eine hoch, interessante Samojedengruppe. die die typischen Ver- kehismutcl die.es Polarvolkes veranschaulicht, re- Iliftet. Diese Gruppe, die unter Verwendung von Origrnal-Tierbälgen und Kostümen usw. seyr natur getreu ausgesührt ist. besteht aus einem Schlitten mit dreifachem Renntiergesvann oer mit einem zu- sammenoelegien Sommerzelt aus Birkenrinde, einem Winterzelt aus Tieriellen und mit vielen Geräi- schaften bepackt ist und von einer Samojeoin mittels Stange gelenkt wird. Neben dem Schlitten läus» ein 2. mojede auf Gleitschuhen, die aus der Gleitfl iche mit Fell überzogen sind. * Preisaufgaben der Rheinischen Eesellschast für wissenschaftliche Forschung. Die Rheinische Ge sellschaft für wlssenschaftliche Forschung schreibt drei P r e i s a u f g a b e n aus rem Gebiete der menschlichen Vorgeschichte aus: 1. Die Materialien sind usammenzustellen für die Erörterung der Frage nach den Landesverbindungen, die zur Tertiär- und Quarttärzeit im Atlantischen Ozean und im Mittel meer lllr die Wanderungen der Primaten beilanden haben. 2. Die Tatsachen sind ruiammenzustellen und zu erörtern, die auf einen zeitlichen oder ursächlichen Zusammenhang zwischen der Umbildung der Tier welt (und des Menschen) und den klimatischen Aende- rungen während der jüngsten Terliärzeit und der Diluvialzeit hindeuten 3. Welche anatomischen und physivtogrichen Anhaltspunkte sind vorhanden zur Erklärung des aufrechten Ganges beim Menschen? Die Arbeiten sind in deutscher Sprache abzusassen und dis zum 1. Januar 1916, mit Motto vergehen, an den Vorsitzenden der Gesellschaft in Bo n n ein zusenden. Der Preis betragt für jede Aufgabe 800 * Ein Vermächtnis Karl ALpping». Professor Karl Köpping, der verstorbene Graphiker, der der Sachverständigenkommission für das Kupser- stichkabinett der Berliner Museen vis zu fernem Tode als Mitglied angehörte. hat den Samm lungen der Museeii ein wertvolles Vermächmis hinterlassen. Es sind 11 Radierungen von Charles Daltner, dem iranzosischen Meister, der Koppings Leurer gewe.en ist, und gleichfalls «eine Hauptwerke nach Gemälden Rembrandts gc.«hosten hat. nach der Nachtwache, dem Rabbiner, einem Solbstbilonts, und ferner fünf Radierungen Prof. Max Lieber manns. Gleicbzeiliz erhielt die graphische Samm lung der Museen als Geschenk von Gustav Kirst.in in Leip ig Probedrucke von Mor Liebermanns neuem radierten Vode-Bilcnis und Hans Meid» Titel-Steindruck für den Iubiläuinsjahrgang der „Zeitschrift für bildende Kunst". * Professor Richard Engelmanns Wildenbruch- Dcnkmal für Weimar, das lüngst in Berlin in Bron e ausgesührt wurde, ist nunmehr ini Weima rer Stavtpark inmitten eines runoen Wasser beckens aufgestellt worden, aber bleibt verhüllt, bis die zurzeit ,m Feloe stehenden Angehörigen der Familie von Wildenbruchs Helmkehren - Eine halb« Million als Kunst-Stiftung. Ein kürzlich ver.-orbener Eh endürger der Stadt Karls ruhe. Maler Wilhelm Ktase. hat der Stadt testamentarisch die stimme von 5>0000./L zu dem .Zweck veimacht, dass aus den Zinsen des Kapitals die Stadt durch monumentale Werke der Plastik und Malerei verichönert wer«. Der Munifizenz des Ver storbenen hatte die Stadt Karlsruhe schon zu dessen ist, und daher, wie manche Uhr, der Regulierung zu geeigneter Zeit bedarf, um gleichfalls den vollen Wert des ./Nürnbergifch Ei" kennen und schätzen zu lernen. Otto Ltluxkeickyr. Leipzig, 13. November. VI. Gewandhouskonzerl. Mendelssohn gab die Einleitung, Beethoven den Hauptinhalt des Kon zerts. Angeregt durch Goethe, schrieb jener die Ouvertüre „Meeresstille uitd glückliche Fahrt", deren einleitendes Adagio noch heute einen eigenartigen und dauernden Stimmungszauber ausübt, wohin gegen das folgende Allegro teilweise einen forma- listischrn Eindruck hinterlässt, eine Tatsache, die die gestrige Wiedergabe liebevoll zu verschleiern wusste. Denn Herr Professor Arthur Nikisch gab die Gegen sätze mit ausserordentlicher Schärfe, suhlte den zwei ten Teil, der das Spiel der Wellen wie die frohe Gewissheit sicherer Landung musikalisch veranschau licht, zu bedeutender Höh: empor und nutzte Men delssohns elegante Orchestertcchnik zu künstlerischem Vorteil aus. So fand die Komposition, die Bülow einst eine sinfonische Dichtung nannte, allgemeinen Beifall, der sich am Ende der Beethooenschen A-Dur- Sinfonie in begeisterte Anteilnahme umwandelte. Der Unterschied zwischen Talent und Genie ward wied.'r einmal in voller Klarheit dargelegt. Jener; bietet lächelnd seine Gaben dar, dieses ringt sich durch. Der Berliner Banlierssohn schreibt frohe Reiscbriefc in die Heimat und Noten dazu, der ein same Meister bekennt im Tagebuche 1813: „Für dich gibts kein Glück mehr als in dir selbst, in deiner Kunst." Zn der C-Moll-Sinfoni: hatte Beethoven schwere innere Kämpfe ansgefochten, in der neuen in A Dur offenbarte sich die Befreiung. Wagner bezeichnete diese Sinfonie als Apothrse des Tanzes, darin der Rhythmus den Ausschlag gibt und mit Recht betonten andere das dithyrambische EIcmeirt. das hier den musikalischen Strom belebt und nur in dem feierlich und ernst dahinschreitcnden Reigen des zwei ten Satzes mit seinem gesangsschönen Nebenthcma einen Ruhepunkt findet. Zu des Meisters Haupt werken rechnet auch das Violinkonzert, das unbe schadet der Tätigkeit eines Haydn und Mozart auf diesem Litcraturgebiet vollkommen neue Perspektiven eröffnete und nach Form wie Znhalt einen neuen künstlerischen Kanon cufstellte. Als einer der beru fensten Interpreten dieses Werkes wurde Herr Pro fessor Carl Flesch lebhaft begrüfst. Der Künstler ge- hört zu jenen, die sich immer enger mit ihrer Kunst verbinden, deren darstellerisches Vermögen nacki Seite der Technik wie des Ausdrucks zu'unehmen scheint. Hier und dort stellt Beethovens Violinkonzert die höchsten Anforderungen an den Spieler. Carl Flesch ist mehr als ein solcher, denn stark durchdringende Auffassung und feines poetisches Nachempfindcn in Verbindung mit völlig ausgerei'tem Können heben ihn hoch empor aus der Menge vieler, die ihm nach streben. Von besonderer Schönheit war auch die Aus führung. die Arthur Nikisch gestern dem orchestralen Teil angedcihen liess, so dass sich das Ganze als eine Sinfonie mit obligater Violine darstellte. Tugvu Leguitr. Lebzeiten den Malschbrunnen am Ettingertor von Moest, die Malerei am Portal der Festhalle und des Vierordtsdades von Gleichauf, den aus den Ateliers des Bildhauers Hirt stammenden Brunnen vor dem Bierordtsbad. dre beiden Rathausfiauren und das arosse Giebelfeld am Rathaus, alles von Z Hirt- Worms, ferner die erst vor kurzem gestifteten Glas gemälve in der Friedhoskapelle zu verdanken. * Zum 50. Geburtstag von Alfred Fried. Einer der tätiaflen Apostel der Friedensbewegung vollendet in diesen Tagen des Weltkrieges sein 50 Lebensjahr. Dr. Alfred Fried, der Träger des Friedens Nobelpreises von 19)1. Am >1. November 186 t ist er in Wien geboren. Seit fast 25 Jahren verkündet er die Frtedenstdee, 1892 gründete er die Deutsche Fricdensgeselljchast. Seine Schriften predigen (an sämtlich den Friedensgedanken. Ain verbreitetsten in wohl sein Handbuch der Friedensbewegung. Eines «einer letzten Werke heisst „Der kranke Krieg". Seine Arbei. über die moderne Schiedsgertchtsbewegung. über die zweite Haager Konferenz, sein Buch über den Kaiser und den Weltfrieden werden, trotzdem die Tatsachen Einspruch erhoben, ihren Wert be halten. Fried ist Mitglied des Internationalen Friedensinstituts und Ehrendoktor der Staatswissen schäften. * Hochschulnachrichten. Der Kaiserliche Kurator der Universität Strassburg i. E. Geheimer Rat Dr. med. h. c. Back wurde anläss.ich seines 80. Ge burtstages von der evangelisch-theologischen Fakultät daselbst zum Ehrendoktor ernannt. — An der evan gelisch-theologischen Fakultät zu Bonn habiltierte sich Li«. Dr. Franz Dibelius für die Fächer christliche Kunst und Neues Testament. Er liest im Wintersemester über die Geschichte des christlichen Kirchendaues. — Acht Privatdozenten haben sich an der Universität Halle niedergelassen. In der medizinischen Fa«ultät habilitierten sich Dr. med. Hans Willige. Dr. Karl Zusti, Dr. Fritz Härtel, Prosessor Dr. Martin Kochmann und Dr. Bernhard Ajchner, in der philosophischen Fakultät Dr. phil. Hein, Hensel er, Dr. Ernst Erünfeld und Dr. Erich Besch ke. — An der medizinischen Fakultät der Universität Rostock hat sich, wie von dort berichtet wird, der zweite Prosessor des anatomischen Instituts Dr. Richard Wegner für die Disziplin der Anatomie als Privatdozent habilitiert. Bei seiner Antrittsvorleiung behandelte er das Thema über den fossilen Menschen. — Zum Direktor der gr-hherzoglichen Regierungsbibliothck m Schwerin ist an Stelle des in drn Ruhestand getretenen Geh. Regierungsrats Dr. Schröder der Oberbibliothekar Dr. W. V o ss ernannt worden. " Deutsche medizinische Arbeiten in Ostasien. Die deutsche medizinische Schule lür Chinesen in Schanghai versendet gerade jetzt ihren Bericht über das 6 Schuljahr vom Februar 1913 bis Januar 1914. Danach hat sich das Areal auf ca. 32lZ>0 Quadrat mcter vergrössert, die begonnenen Bauten gehen der Vollendung entgegen, die neue Turnhalle wurde bezogen, ebenso das Lehrgebäude für Pathologie. Im Klinikum wurden insgesamt 17 Schüler unter richtet. davon 11, die das Voreramen 1913 bestanden batten, das Klinikum hatte 12 alte und 8 neue Studenten: die Sprachschule, die jetzt vierklassig ein gerichtet wurde, hatte im i-ommer 1913 183. im Wintersemester 1913/14 171 Schüler. Die Vorprüfung bestanoen 11 Schüler des Vorklinikums, die sich ihr unterzogen: die nächste Approbation soll im Februar 1915 sialtfindcn. " tlefestoff für Lazarett und Lager. Die Gesell- schaft für Verbreitung von Volks bil- düng hat zusammcn mit anderen Vereinigungen bis zum 1. November an 98 Lazarette und Truppen- teile 25 963 Bücher und 27 916 Hefte verteilt. Die Bücher wurden sorgsam ausgewühlt und zu abgerun deten kleinen Bibliotheken zujammengestellt. Wie dankbar unsere Truppen in Lazaretten und Lagern für die Zustellung von Büchern sind, beweisen zahl reiche Dankschreiben, die der Gesellschaft zugehcn. Von allen Seiten wurden Bücher und Barmittel zur Verfügung gestellt, leider reichen aber weder die vor« handenen Bücher, noch auch die Gelder aus. um alle Wünsche weiterhin zu befriedigen. Die Gesellschaft bittet daher die weitesten Kreise um weitere Hilfe * Berichtigung: Zn der gestrigen Besprechung der Neubesetzungen von „Glaube und Heimat" muss es heissen: „Schönherr ist nun einmal sehr viel Theatraliker" laicht Theaterleiter». Vas NürnbergisH Li. Tragödie in vier Akten von Walter Harlan. (Erstaufführung im Düsseldorfer Schauspielhaus.) Aus Düsseldorf wird uns geschrieben: Dieses ^.Nürnbergisch Ei" passt mit seiner änszeren Ausmachung nicht in den heutigen Zeit abschnitt hinein, und trotzdem atmet es das Helden hafte, das Zdealistischc der grossen G.genwart, weil es die hohen Ziele des Menschengeistes darlegt: eher an die Erfüllung der Ideale, eher an di: Erfüllung d:r kulturellen Fragen zu schreiten — und sei es mit Einsetzung des Lebens —. als das eigene lriblich«. Wohl voranzustellen! Das Stück von Harlan stellt eine Erfindungs tragödi: dar: zwar ist der Aufbau der Handlung nicht allzu tragisch, vielmehr gemütlich, bürgerlich, allzumenjchlich. mit dem üblichen Glück und Leid ver bunden, aber der Ton des dramatisch Packenden wird von der Wucht des Schicksals hineingebracht, das den Helden mit todsicherem Leiden behaftet und gleick)-- .zeitig mit den herrlichen Erfolgen des menschlichen Erfindungsgeistes b:glückt. Ruhm und Tod vor den Augen, so steht der Meister da, genau wie unsere Helden der deutschen Wehr in der (Gegenwart! Hier liegt der Wert der Arbeit: und darum wusste auch das Werk zu fessrln. Es ist ein Stück, das manche grobgeschnitzte Figuren aufweist, als habe sie Hans Sachs' Meisterhand gesertigt. Die Hand lung spielt in Nürnberg um das Jahr 1509 und führt uns ins idyllische Familienleben des P:ter Henlein, geschworenen Meisters des Schlosserhandwerks, mit seiner musterhaften, kerndeutschen Hausfrau Ev. Do kommt von ungefähr der Seefahrer Bchaim ins Haus, und wie er Meister Henl.ün an der Uhr macherei sicht, da klagt er. dass alle diese Uhren mit Gewicht- und Pendelantrieb auf den Schiffen nicht zu gebrauchen seien, und dass daher eine Uhr mit anderen Triebkräften allen Schiffern willkommen wäre. Zur Lösung dieser Aufgabe erscheint ihm Henlein die geeignete Persönlichkeit. Henlein ist nicht nur ein Meister seines Handwerkes, sondern auch ein Mann von idealem Fluge, der die kulturellen Bestrebungen seiner er:ignisrcichen Zeit wohl zu ver stehen weiss. Leider ist ihm von Dr. Schedel die Ge- wissheit geworden, dass ein Halskrebs seinem Leben ein Ziel setzt, wenn er sich nicht sofort schneiden lässt. Znsgehnm entschliesst er sich dazu. Sein gutes Frauchen soll's nicht merken; morgen soll die Opc- ration stattfinden. Leiden zeugt Gedanken! Und so gelingt es ihm in einer glücklichen Minute, die ihm die Erneuerung eines alten Türschlosses übertrug, di« Triebkraft d:r Stahlfeder zu entdecken, und dadurch ein Werk zu schaffen, das zuerst unter der Bezeichnung „Nürn- bergisch Ei" die heutige Taschenuhr der Welt be scherte. Die Ausführung des Erfindergedankens scheint aber wegen des Halsleidens auf Schmierigkeiten zu stossen. Was soll er hinansschieben: die Anfertigung der Uhr oder die Operation? Nimmt er die Ope ration vor. so kann sie tödlich verlaufen und die Er findung ist verloren: geht er an die Anfertigung der Uhr. so bringt di: Verzögerung der Operation drn sicheren Tod. Ein Mcnschenschicksal ans dem Scheidewege! Der Meister wählt richtig: zunächst das Werk, die Er füllung des grossen Ideals, dann erst die eigene Per sönlichkeit! Nach Vollendung des Werkes reisst ihn der Tod aus dem begnadeten Familienleben. Um diese Handlung sind allerlei Figuren und Szenen gruppiert, di: das damalige Zeitalter charak terisieren. Die Aufführung des Düsseldorfer Schau spielhauses war wieder mustergültig. Die Hauptdar- steller schufen gesunde, glaubwürdige Menschen gestalten in getreuer Umgebung. Komisch: Typen, wie die Köchin, der Bader und dec Schwieger vater, beleben die Szenen, die die Regt: in färben, prächtigen Bildern heransbrachtc. Das Werk hat dank der (eingeschrieben««! Hand- lang und dank der vollendeten Darstellung einen Erfolg, der um so höher cinzusäsiitzen ist, als ein grosser Teil der Zuschauer aus derartige Erzeugnisse deutscher Drainatil in der Gegenwart nicht eingestellt KSnigreiÄ) vaveim. 9s Roman von Ava von Gersdorff. Er schrat empor, zu lange schon hatte wohl sein Verstummen gedauert, denn eine schmale, blasse Hand, durchsichtig zart von der kaum überstandenen Krankheit, berührte seine schlaff uiederhängende Hand, und er sah ganz nahe in zwei grosse, angstvoll flehende Augen. Da ermöglichte er em Helles, überraschtes Lächeln, umschloss die tastende, suchende Hand kraftvoll und sagte heiter: „Ich wollte nur einen Moment Nachdenken, ivic lange cs wohl dauern könnte und welche Art wohl die wahrscheinlichste, besonders die kürzeste sein tönnte, auf die man kommen wird, ^ie zu erlösen." „Mich allein doch nicht," sagte sie, ihm ihre Hand unwillig entziehend und sich wieder beruhigt zurücklchnend, mit ihrem alten stolzen Lächeln, „Sie würden doch wohl auch gerettet sein wollen und der Kapitän und Tino." „Wer weiß?! Vielleicht nur Sie und der Kapitän und Tino," unterbrach er sie mit etwas hart klingendem Lachen, „ich würde vielleicht vorziehen aus meiner wundervollen Insel ;n- ruckzubleibcn, ein still zufriedener Einsiedler, in Arbeit und Entbehrung, die nicht einmal so groß sein würden — das können Sic glauben, «nein gnädiges Fräulein. Für mich ist es das herrlichste Gefühl auf Erden, der stolzeste (He danke. Und die Weisen im Volke haben das immer behauptet, dass der Mensch mit seinem Kops und seinen Händen sich das überall, wo er Freiheit und die ewigen Grundlagen der Natur findet, selbst schassen tanu und dass nie mand mehr braucht zur Existenz, als er selbst da herausarbeitcn tanu. Ob eine angenehme Existenz, ist allerdings Begriffsjachc und manche junge Dame wird ein Leben ohne Gesellschaiten, Freundinnen und Verehrer überhaupt kaum eine mögliche Existenz nennen — und noch andere —" „Rechnen Sic mich zu diesen?" warf sie verächtlich ein. Er zuckte die Achseln: ,Mit irgend welcher Bestimmtheit ist das nicht zu sagen, — ich denke aber: ja. O bitte. Sic dürfen deswe.wn nicht verletzt sein." „Bitte, lassen Die das!" stiess sic hervor, — es klang unartig, fast wie ein Befehl. „Nein, mich schreckt die Einsamkeit nicht, auch nicht die überwältigend grossartige auf einem Fussbreit Erde im Weltmeer, allein mit mir und dem großen Geist, der cS und mich geschaffen hat, denn " „Ich bin der Ansicht," unterbrach sie von neuem in launischer Unart, „dass Menschen, die so sein ihre eigene Gesellschaft für di« an genehmste und beste halten, Menschen, die sich nie langweilen, wie man sie voll Stolz öfter sagen hört, dass solche Menschen einfach die größten Egoisten sind! Ich bin Ich und Ich ist mein Gott und Ich mein Prophet! Ich be greife nicht, warum von allen sic sich selbst für so bewundernswert halten, diese Einsam- kcitsverehrcr. Reine Selbstanbetung ist es!" Er mußte wirklich lachen, gutmütig und vergnügt lachen, wie über die unbewußte, drol lige Kritik eines Kindes, in der doch ein Korn von "Wahrheit und feiner Beobachtung steckte. "Aber was da aus ihrem Auge brach? — der flammende scharfe Strahl. — Er wurde rasch ernst, — das ist — mein Gott? das ist ja Hass! dachte er erschauernd bis in die Tiefen seines Herzens. Auf ihren schmalen Wangen waren fäh dunkle Rosen aufgeblüht. An einem Haar hing cs wohl jetzt, dass er sich zu ihren Füßen warf. Aber da stand er hastig auf und beugte sich tief über sie — aber nicht der Mann, sondern der Arzt —, fasste mit einer Hand die ihre nnd mit der anderen die seidige Weite des weichen Haares zurüctstreichend. befühlte er ihre Stirn und sah scharf in ihre Augen, dre sie unwillig abwandte, sie halb schließend. „Sehen Sie mich an," gebot er kurz. „Nein. Ich bin wohl. Sie machen mir Fieber, Sic allein. Das — das kommt nicht von innen . . " murmelte sie mit Tränen kämp fend. „Es — cs sind die Nerven," schluchzte sie. „Das kann sein," stuninte er zu, „und ist nicht zu verwundern. "Aber in dieser Well gegend gibt cs verschiedene Arten Fieber. Da» I was Sie hatten, war ein europäisches — Sic sahen jetzt nach einem andern aus. Aber es I ist gut, lch sehe schon genug. Ich wünschte nur, ich könnte Sie bald einem andern Arzt über geben, alles noch irgend Krankhafte aus Ibncn wegzubriugen." „Wenn man nur ahnte: wann? wann?" ries sie, ihre Tränen trocknend. „Ja, wenn man nur wüßte," dachte er sorgenvoll. Laut sagte er, um sie von den gefährlichen Gespenstern ihres Nachdenkens fortzubringcn: „Keinesfalls dauert es lange. Vielleicht acht, zehn Tage!" Oder 8, 10 Jahre, dachte er dabei verzweifelt weiter und setzte dann, sich ihr zu wendend mit einem leuchtenden Lächeln hinzu: „Würden Sic inzwischen nicht einmal ganz gern meine Insel sehen?" ja. Sehr gern," ries sie sehr interessiert. „Raubtiere und Schlangen sind nicht da, und da hat es keine Gefahr, denke ich." „Nicht im geringsten. Wenn das Stückchen Urwald nicht wäre, könnte man das kleine Ding ja mit den Augen auf einmal übersehen. Aber Schönes, sehr Schönes können Sic wohl sehen. Ich glaube Blumen , und einen Schmetterling, grotz wie erne Taube gesehen zu haben." ,Hch bin so neugierig," lächelte sie, „und ich kann mir jetzt doch denken, dass Sie nicht so ganz einsam sein würden dort. Wo Blumen und Schmetterlinge sind, km sind sicher auch andere kleine Tiere —" „Ja — Ratten," lachte er, „sehr liebe, kleine Tiere, die herrlich schmecken sollen, sagt Tino. Ausserdem aber würde ich einen Verteidiger haben, der die Ratten für ungeniessbar erklärt, nur zum Totmachen gut, nämlich Shir-Ähan, unsere Dogge." „Ja, der Hund," nickte sie, „ich glaube, auch ver vletbt vei Ihnen, ivo Sie auch sein mögen." „Treu und dankbar," sagte er zustimmend „Ach ja." Er streifte jjc unwillkürlich mit dem Blick. Eine heiße Röte überzog ihre Stirn. Hatte er sie nicht gehegt nnd gepflegt und sich um sic gesorgt Tag und Nacht? Und war sie dankbar, hatte sie ihm ein Wort des 'Dantes gesagt? Im Gegenteil, so viel Verletzendes, als sie nur finden tonnte in ihrer hasserfüllten Er inncrung. Und hatte sie nicht mehr Veranlassung dazu, als zu Dankbarkeit? Einen Augenblick lang kreuzten sich ihre Blicke, wie zwei schneidende Klingen. Und sie schwieg. Lm bitteres Lächeln zuckte um seine gepreßten Lippen. „Sie müssen hinunter^ehen, es wird zu heiss," sagte er, „nehmen Sie jetzt ein lühles Bad und ein baumwollenes Kleid. Keine "Wolle oder Leinwand. Das geht hier nicht, diese Stoffe find nicht gut durchlässig." „Ein baumwollenes Kleid," sagte sie ver wundert, „wo soll ich das denn liernchinen Ich habe ja kein baumwollenes Kleid." „So machen Sie sich dock) eins," bemerkte ee mit leichter Ungeduld, „oder können Sic nicht nähen?" „Nein, schneidern kann ich nicht," sagte sie störrisch. „So müssen Sie es eben versuchen," ent gegnete er gelassen. „Es ist ein ganzer Packen Baumwolle da, ursprünglich zu Geschenken für irgendwelche Wilden. Ich glaube, eine Menge Glasperlenkettcn sind auch dabei." „Schön!" lachte sie, über die plötzlich eine Art Uebcrmut kam, „am Ende soll ich die auch tragen! — Sind sie nicht auch gesund?" „Jedenfalls könnte ich nnr denken, dass Sie hübsch damit aussehen würden, mit dieser rubin roten Baumwolle bekleidet, solch ein loses, tzemd- artifles Gewand", meinte er gutlannig mit einem, bei ihm seltenen, nicht bewnuten Aufleuchten der Augen, „und diese roten Glasletten durchs Haar geflochten. Schade! Wenn Sic so ein Häuptling der letzten Mohikaner, „das Adlerauge" oder die „große Schlange", sehen könnte, rvcr weiss! — ob Sie nicht alle Aussicht hätten, „Königin" zu werden, solch eines wilden Mannes Herrsche rin, — die braunen Gesellen sollen zuweilen Ge schmack haben." (Fortsetzung in der L-endausGaLe.)
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