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Was strömen die Menschen dort an der zeltentsprechend „Uebende Trommler" Gemälde von Fritz von Uhde, Dresdner Galerie Die Gpielleutegrhören noch heute nlcht -ur Realmeut». oder BatäillonSkapel^. zähle» ntcht zur etgentltchen Mtlttärmusik, sondern gehören zu den Kompagnien, und -war se zwei Trommler und zwrt Pfeifer. Zuiammengefaßt zum Spiel. mannSzug werben sie bann unter einem vätatllonShdrntsten. Das Kalbfell, das den Takt angtbt, ist geradezu «in Ginn- bild des Marschieren» geworben. AUS reiner Zweckmäßigkeit, heraus entwickelt, bestimmt der Trommelklana den Gleich, schritt seit uralten Zeiten, und da» wird wohl so bleiben, so- lange es Fußtruppen gibt. Eigentliche Musikkorp», Regt- mentSkapellen, die den Stäben »«gerechnet werden, bekam die Infanterie erst, al» sich die stehenden Heere vergrößerten. Wie die Spielleute der Fußtruppen zu den Kompagnien, so gehören noch heutigen Tage» die Trompeter der Kavallerie und Artillerie zur Schwadron oder Batterie und treten zur RegimentSmusik zusammen. Die Retter» regtmenter sind entstanden aus der ritterlichen Begleitung des Markgrafen: sie rekrutierten sich zunächst auch ln den Mannschaften au» den »wetten, dritten und vierten Söhnen ... .... ... ... Straßen- kreuzung zusammen, umsäumen de» Bürgersteig? Burschen und Mädel, Männer und Krauen blicken erwartungsvoll alle in eine Richtung. „Bum!" klingt es leise aus der Kerne, langsam näherkommend, im Takt: Bum, bum, buml Der Herr neben mir wechselt unwillkürlich den Tritt; er kann einfach nicht mehr mit dem rechten Bein austreten, wenn die große Trommel das linke verlangt. Jetzt hört man auch schon den Trvmpetenklang. Wer einmal ein Koppel um den Bauch gehabt hat, wird ein paar Zentimeter größer, strafft sich und biegt sich gerade. Aehnlich die Wir- kuug bei den jungen Mädchen: Mqrie und Luise bekommen plötzlich Helle Augen; kein Wunder, spielt doch die Kapelle gerade „Ci, bloß wegen dem tschtngdcrassa, tschingt- derassassa". Dabel ist sie noch gar nicht da. Erst kommen Rad fahrer, dann eng ausgeschlossen dichte Reihen von Schülern und junge» Leuten, und nun endlich, eingekeilt in eine dichte Menge, die sie rechts und links flankiert, im Takte mit- marschiert, durch die kaum ein Durchkvmmcn ist, also um geben von einem begeisterten Ehrengeleit, das kurz hinter , ihr schlagartig abbricht, rückt sic an: Die Mtlttürmustk Da» 1. (Jäger-)Bataillon des Reichs- wchr-Jnfanterie-RegimentS 10 rückt «in von einer ltebung. Die Kapelle hat Jn- santertcbesetznng, führt aber die Tradition der sächsischen Schützen fort, des IW. Füsilierregiments. Die sächsischen Schützen waren in FriedenSzciten das einzige Regiment der deutschen Armee, das keine Trommler und Pfeifer hatte, sondern nur Hörner. Als der letzte König von Sachsen, Friedrich August, Kommandeur des Regiments war, schenkte er den Batatl- lonshornistcnzügen sogenannte Pleb st örner, damit sie auch Märsche spielen konnten. Die RegimentSkapelle bestaird, wie überall, aus 41 Mann. Aber wie das schmetterte» wenn das Korps, ausgerüstet mit der stattlichen Zahl von sechs TubaS und acht Waldhörnern, unter dem Kgl. MusikdireNvr^ Helbig die . Königsbrücker Straße entlangzog. ES war seinerzeit in ganz Deutsch land bekannt, unternahm jedes Jahr große Konzertreisen, spielte regelmäßig zum Beispiel allein vier Wochen bei Hagen deck in Stellingen, und für die Hamburger wäre kein Sommer ohne die Dresdner Schütze« henkhar gewesen. Ein- mal mußten sie sogar Abers große Wasser, zur Weltausstellung nach Chtkago. Heute vergeht keine Woche, in »er ntcht die Kapelle des 1. Bataillons Jnf-Ngts. 19 auf Hörnern bläst, sei es beim Auszug der Wache ober bet anderen Gelegenheiten. Die Besetzung von vor dem Kriege wäre aber nicht mehr „ ... gewesen und mußte daher geändert werden. UeberauS farbenprächtig war früher das Bild, da» die Kapellen der sächsischen Kavallerieregimenter boten, die seit 1832 alle leuchtend hellblaue Uniformen trugen, bis aus die jungen, 1910 gleich feldgrau aufgestellten Bautzner Husaren. Ntcht minder schmuck und stolz war die sächsische Artillerie, die älteste der deutschen Armee und eine der ältesten der Welt. Die Stabstrompetcr des von Johann Georg 1. schon 1V2» gegründeten 1. König!. Sächs. FcldarttllerieregtmentS Nr. 12 trugen Berschnttrungen wie die Kavallerie, nur daß dort golden glänzte, was bet der Kavallerie silbern war. Daß auch die anderen Waffen gattungen nicht zurückstanden, bedarf kaum eines Hinweises. Ist die Jnfanteriemusik zusammengestellt aus HolzblaS-, Blech- und Schlaginstrumenten, dabet die Lyra (Glocken- spiel), während die Jäger-sHornj-Musik nur Blech instrumente kennt mit doppelter Besetzung der Waldhörner, so ersetze» bei den berittenen Truppen Althörner die Waldhörner, Holzinstrumente fehlen, die Trompeter Herr- schen vor, und Hinzu treten die Kesselpauker. Bet den Kürassieren und anderen schweren Reitern »ar eS Ehrensache, »aß »er Kesselpauke« eine» Boll, bart trag, und war ihm keiner gewachsen, nun, so band man ihm wenigstens bet Paraden einstweilen einen um, suchte in zwischen einen Musiker, dem die Wolle unterm Kinn ge- nügend wucherte und bildete ihn zum Pauker aus. Der Pauker war die markanteste Figur jeder Kavallertekapelle; einige Regimenter trieben mit ihr einen besonderen Kult: -um Beispiel mußten die roten Husaren des Kaiser» immer einen Neger haben. Das König!. Preußische Jnfanterte- regtment Nr. 24 in Neuruppin batte lange Jahre einen schwarzen Hoboisten. Sabak Elchör hieb er und war ein vorzüglicher Posaunist. Später kam er nach Königs berg zu den Kronprinzgrenabteren, wo er sogar Stabs- Hoboist (Kapellmeister) wurde, mußte bann aber gehen, wo bei Wcibergeschichten eine Roll« spielten, denn e» gab Frauen, die ganz verrückt waren nach Sabak dem Schwarzen, der so schön die Zähne fletschen konnte. Jede Art von Militär«»!» hat ihr« besondere Klangfarbe: die der Infanterie mit ihren hohen Holztnstrumenten kann moderne Kompositionen in entsprechender Bearbeitung zum Bortrag bringen; Jägermustk eignet sich besonder» für lieb- artige, getragene Weisen; für Kavalleriemusik mit den schmetternden Trompeten und den schars klingenden Pauken sind Märsche am wirksamsten. Fragt man aber, wie alt die Militärmustk ist, so kann die Antwort nur sein: So alt wie da» Soldatentum. Die ältesten Instrumente, deren sich schon di« Aegypter, die alten Griechen und Römer bedienten, waren Trommel, Pfeife und Trompet«. Di« älteste Musik der Fußtruppen ist die der Spielleute, der Trommler und Pfeifer. Wann sie entstanden ist, wer will da» sagen! Unmittelbar zurllcksüstren läßt sie sich bi» zum Auskommen der Landsknechte in den Jahren 1400 bi» 1470: 1« ,1—1 Trommler und -mal Pfeifer mären da» Sri», spiel »er Landsknechl«, »«S dann überging 1, die sich entwickeln»«» stehende» Heer«. de» Adel». Ihre Feldpauker und Feldtrompeter waren von jeher . . ... gleichbedeutend mit »er Hofmnsik. Da» Mittelalter war di« Zeit derZünft«. Eine solche bildeten die „Pfeifer". Sie hatten ihre „Gpielgrasen" und „Pfeiscrkönige", mußten eine Lehrzeit durchmachen und wurden dann „sreigesprochen". Di« Reiterei im Heer« war ich ihrer ritterlichen Herkunft bewußt. Da» erzeugte eine gewisse Ucberhebung, die sich auch auf die Trompeter er- ireckte. Sie waren gegen die anderen Spielleute hoch- ährend und herausfordernd, und da sie sich mehr blinkten als die Pfeifer, so hielten sie e» auch unter ihrer Würbe, sich deren Zunft anzuschließen. Sie bildeten ein« eigene, deren Entstehung sie dem deutsche» Kaiser Karl V. zu- schrieben und nannten sich daher die.Fkaroltner". Auch die „Heerpauker", die auf den Kesselpauken spielten, bildeten eine Zunft. Nun war der sächsische Kurfürst de» Heiligen Römischen Reiche» Erzmarschall und al» solcher der Schutzherr sämtlicher »Aelddrommeter und Heer- päuker", der gesamten deutschen Musik überhaupt. Infolgedessen war der Oberhostrompeter in Dresden der oberste Znnstmeifter aller ausübenden Musiker. Selbst die Wiener kaiserlichen Trompeter waren ihm untergeordnet. Alle Zünftstreitigkeiten hatten ihren Gerichtsstand in Dresden, ustd der sächsische Ober- hostrompeter mußte die Entscheidung fällen, wenn die Mustzt tn Osnabrück ober Münster, Lörrach oder WaldSbut Klage darüber führten, daß ihnen Dorsmusikanten tn die Zunst gepfuscht hätten. Auch die Mtlttärtrompeter wurden von der Gerichtsbarkeit de» Oberhostrompeter» in Anspruch genommen. Da» führte ost zu Konflikten mit den Regi mentskommandeuren, namentlich wenn dtese Prügelstrafen verhängten, und das kam sehr häufig vor, denn meisten» waren die Trompeter, die ja zu allen Tanzvergnügen aus spielten, leichtlebige, flotte Gesellen, tranken auch gerne «in» über den Durst, und sachkundige Leute berichten, daß, während die letzten Reste der Vorrangstellung de» sächsischen Oberhostrompeter» sich nur bi» 18SO hielten, der feucht- sröhltche Zusammenhang von Lieb« und Trompetenblasen genau wie etnst noch immer fortbestünbe. Will man ein anschauliche» Bild der äußerlichen Ent wickelung der Militärmustk seit der Zett de» Auskommen» der stehenden Heere gewinnen, so besucht man am besten da» Sächsisch« Armee»»!«»« am KöntgSplatz, wo man nicht nur di« Instrumente vorsindet, sondern auch die zeitgenössischen Ortgtnalunisormrn, getragen von leben«, großen Puppe«. Ueberhaupt bietet da» Armeemuseum, besten Schätze bet weitem noch ntcht ausgewertet sind, jedem, der sich für Milttärsraaen tnterestiert, tn übersichtlicher Zu- sammenstellung, die neben den Uniformen durch die Fahnen und Feldzeichen «ine bunte, sestelnde Note erhält, «ine Füll« von Eindrücken und Anregungen. Ntcht allgemein bekannt dürfte sein, baß »er Schellent«»«, da» Paradestück »er Infanterie, türkischen Ursprung» ist. In den Türkenkrtegen wurden viel« solch« Instrumente erbeutet und al» StegeStrvphäen wettergesührt; der Halb mond mit den daranhänaenden Roßschwetfen kennzeichnet di« Herkunft. In di« KrtebenSzett nach den Freiheit», kriegen fällt die Einführung der Benttltnstru- ment«, -um Teil erfunden von dem späteren General. Musikdirektor de» preußische» Gardekorps Wtp recht. Die «rmeemärsche selbst al» der älteste Teil gilt der „Dessauer" — sind zum Teil gar königlicher Her- kunst. So werben der .Hohen frtedberger" und der ,M ollwttze r" Friedrich dem Großen zugeschrieben. Der preußische Präsenttermarsch der'Infanterie und der unter dem Namen .Liheinströmer" bekannt« Präsentiermarsch der Kavallerie wurden vom König Friedrich Wilhelm lll. komponiert. Mit besonder» schönen Märsche« find die sächsisch«« Regimenter ansgrstattet; den sächsischen Zapfenstreich schrieb kein Geringer al» K. M. v. Weber. Der größte Tondichter aber. Beethoven, schuf auch den genialsten Marsch, den „Vorckschen Marsch", der im Jahre 1809 für die böhmische Landwehr' komponiert, 181S beim Uorckschcn Korps viel gespielt wurde und danach seinen Namen erhielt. Er wurde der Marsch der 4ö. Brigade: Königlich Sächsische Grenadter-Regtmcnter Nr. 100 und Nr. 101. Der allezeit rege Solbatenhumor hat die markantesten Märsche mit Texten unterlegt, in denen der bekannte rauhe, aber herzliche Ton herrscht, der nicht gerade für die Ohren junger Mädchen geetgnet ist; zu den harmloseren gehört: „Tante Weber — hat n Keber — an der Lunge, an der Zunge, an der Leber. — An der Niere hat sie viere, — das sind allerliebste Tiere." Die Musik «ar stets in große« Maße »«» Bindeglied zwischen »er Militär, und Zivilbevölkerung. Die Kapellmeister der Vorkriegszeit waren durchweg stadtbekannte Persön- lichketten. Hier sei nur erinnert a» Nöpenack, der «inen Bollbart trug und «ine gewiste «ehnlichkeit mit König Albert hatte; Trenkler, der unter zahlreichen anderen Märschen den der Katsergrenadtere komponierte, sowie den Wettiner JubtläumSmarsch, der heute noch AusstellungSmarsch der Artillerie ist. Trenkler hat 48 Jahre gedient und später da» Gewerbehausorchester geleitet. Ferner seien hier genannt Herrmann, Schröter, Landgraf, Ehrlich, Hachenberger, Stock, Helbia, Feieret». In Leipzig war der alte Walter sehr volkstümlich, den stets sein treuer Spitz begleitete, der den Takt stock tragen mußte, sobald die Musik schwieg. Stettz. hat deutsche Militärmustk einen ausgezeichneten Mus gehabt. Die Reichs wehr hat ihn zu bewahren gewußt, und ihre Darbietungen stehen durchweg auf außerordentlicher Höhe. Versteht man unter Militärmustk von Hause aus nur Blasmusik, so sind die Reichswehrkapellen gleichzeitig auch als Stretch-(Stnsonie). Orchester ausgebildet. Die militärischen Anforderungen an die Musiker sind gleichfalls gesteigert. Fanden sie früher bloß als Meldereifer ober Htlfskranken- träger Verwendung, so »erde« st« Henle anch Im Nachrichtendienst an»««, bildet, und -war geht dieser Dienst «eben »er son st igeu Tätigkeit lans«»» weiter. Die Leiter der Mustkkorp» führen tn der RetchSwehr den Ttt«. Musik- ober Obermustkmetster. Sie gehen hervor au» den durch Talent und Interest« sich aus-etchnenben besten Kräften der Kapelle, die bann für drei Jahre zur Hoch- schule für Musik kommandiert werden, wo sie unter Der Pauker des Retrer-Regiments jr Aufsicht de» Armeemustkinspiztenten «tn« gründlich« Durch- btldung erfahren. Die alte Armee benutzte die Mustkhoch- schulen ln Dresden, München, Straßburg und Berlin- Eharlottenburg; für bl« Reichswehr kommt nur noch Berlin tn Frage. Bon den MIlttärmustkern allgemein verlangt man aber ntcht nur, daß sie mindesten» zwei Instrumente völlig beherrschen, sondern sie müssen auch gut gewachsen sein und einen tadelloseü Parademarsch machen. Spielleute und Musik sind nun einmal da» Titelblatt des Regiment», ober, wie der RegimeütSabjutant vom Infanterieregiment 10 zu sagen pflegt, „bas Praltnö auf der Torte". li. v.