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Dresdner Nachrichten : 03.01.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-01-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-193201034
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19320103
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19320103
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-01
- Tag 1932-01-03
-
Monat
1932-01
-
Jahr
1932
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 03.01.1932
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Das Opfer -er Njat Nord Ki-ul / wett Uber einer neuen Sonne Strahl! M. Hotop. Palmen, und wo alle Menschen Weiße waren. Und dabet schaut« sl« in die Ferne hinaus. Doch Tag sür Tag sielen ihre Schläfen mehr ein, und al» di« sechs Monate vor* aber waren, da glich st« etner verwelkte» Melattblüte. Und eine» Tage» machte sich Mastnem aus den Weg, allein. Sie nahm nur «inen Stab, um sich zu stützen, den» der Weg schien ihr unendlich weit. Al» sie den Berg der wetten Aussicht überschritt, stürmte e» in der Tiefe, und sie erbebte. Und erst spüt in der Nacht näherte sie sich dem Ziele, wo Lärm und Jubel eines Feste» ihr entgegenschollen. Niemand erkannte sie, als sie sich durch die Scharen der Huldbringenden drängte zum großen weihen Hause. Und sie fragte: „WaS geschieht? Warum feiert man hier?- — Die Leute antworteten: „Weiht du nicht, dah unser Sindoro heimgekehrt tst und eine schone, junge Frau seine» Volke» mitgebracht hat?* — Da drängte Mastnem sich weiter, da hin, wo die Fackeln vor der Galerie de» Hauses flackerten. Zwei blonde Menschen traten heraus vor die Menge. Und einer war ihr Gebieter. Mastnem erschrak, denn stärker und schöner als in all ihren Träumen dünkte er ihr. Aber auch fremder, mächtiger, fast »«erreichbar. Am Arme führte er behutsam eine in lange Gewänder gehüllte schlanke Frau. Die schmiegt« sich zärtlich an ihn, und Masinem sah, daß sie zu ihm gehörte, wie die Sonne zum Hellen Tage. Stille wurde e» im Kreise der Kult», nur die Fackel« knisterten leise im Winde. Da lauschte sie ergeben der ver trauten und doch so neuen Stimme de» Gebieters. Dabet schaute sie verzückt nach den grohcn, in Liebe leuchtenden Augen, nach dem schimmernden Haar, das golden wogt« um da» perlmutterfarbene Antlitz der weihen Frau. Als der Herr seine Rede beendet hatte und die Kuli» sich lärmend zerstreuten, stand sie noch immer da und schaut«, al» könne sie sich nimmer satt sehen. So sah sie auch, wie der Herr La» Haupt seiner Geliebten in die Hände schloß und sie auf de« Mund küßt«, lange und innig, »ach der Art der Wethen. Da eilte st« fort. De« steile« Weg nach Süden schlug sie ein, und alsbald verklang da» Festgetümmel hinter ihr. Und je höher sie stieg, desto wilder peitschte der Wind ihr Gesicht. Sie überschritt den Kamm des Gebirge», da wälzten Nebel sich einher und hüllten sie ein. In gähnendem Dunkel tastete sie weiter, nur das ferne Donnern der Brandung wies ihr den Weg. Ihre Haare flatterten wirr im Winde, ihre Kleider waren durchnäht, so drang sie in den Wald von Lengko Sono ein. Unter den rauschenden ächzenden Wipfeln tastete sich Masinem von Stamm zu Stamm in die Tiefe. Zweige schlugen ihr ins Gesicht, Stacheln zerrissen ihr Gewand, Lianen hinderten ihren Schritt, dah sie strauchelt«. Und das Tosen der See kam näher und näher. Zum betäubenden Brüllen wurde «S, dah «S selbst da» Geheul de» Sturme» übertönte. Und tn der Ferne, hoch über den Wipfeln der Bäume, schritt die Göttin Nsai Roro Ktdul einher in einer Säule von Master, Gischt und Wolken. Da kniete Mastnem nieder aus dem Boden der Schlucht und breitete ihr« Arme ans zu ehrerbietigem Gruße. Und die Göttin durchbrach jauchzend die Dämme und Dünen, und ihre schäumenden Wasser jagten tief tn die Schlucht hinein. Sie schlossen sich um ihr kniendes Opfer und rissen es mit sich fort ins weite Meer hinaus. , Mastnem war da» fchönft« Mädchen tn, Dorf« Tankt!, «en» Ne de» Morgen» dnrch die Felder zum Fluss« ging, um bt« Wäsche zu waschen, bann hielten die Jüngling« inne mit Pflügen und Säen und schauten ihr nach. Bet der Reis- ernt« liehen bi« Aufseher kein Auge von ihrer zierlichen Gestalt. Und am Feierabend nahm so mancher junge Mann seinen «eg am Hause ihre« Bater», de» greisen Pa Djakimin, vorbei, tn der Hoffnung, die Holde zu erspähen. Al» Mastnem ihr vierzehnte» Jahr vollendet hatte, kam «ine» Tage» Martam, die Lorshexe, zu Pa Djakimin ins Hau», und, nachdem ihr da» Mädchen den WtllkommenSbctel gereicht hatte, sprach sie: .Metser Freund! Seit langem be kümmert mich da» Schicksal Eures einzigen Kinde»,- darum suche ich Euch heute auf. Wie oft habe ich Euch »«geredet, Mastnem einem wohlhabenden Manne -mn Weibe zu gcbeni Schon raunen die Aeltcsten im Dorfe, ein Satan sei tn st« gefahren, und die abgcmtesencn Freier schmähen Euer Haus. Unheil bedroht Euch, jo Ihr Euch nicht entschlteht, Eure Tochter zu vermählen/ Da hieß Pa Djakimin seine Tochter ausstehen. Er führte sie zur offenen Türe, wo di« Strahlen der Sonne ihr aus Haupt und Nacken sielen, wie» auf sie und sagte: „Stehst du, Ei-Martam, wie weiß ihre Haut tst? Erkennst du die gerade Nase, die schmalen Lippen, die rötlichen Haare? Schau, wie durchsichtig ustd sein geädert ihre Hände sind, wie die einer weißen Fraul* Dann wandte ersich an da» Kind: «Masinem, man drangt mich, dir einen Mann zu wählen. Erfahre darum da» Geheimnis deiner Geburt! Au» anderem Ge- schlechte stammst du, als ich, meine braunen Brüder und Schwestern. Du bist da» Kind «ine» Weißen, der deine javanische Mutter von sich stieß. Wohl zog ich dich auf an Kinde» Statt, wohl lehrte ich dich die Sprache der Javane», ihre Gitten und Gesetze, die du nie vergessen mögest, aber nie sollst du mit einem Unwürdigen die Ehe etngehen! Dein Mann soll ein Weißer sein, wie der Mann deiner Mutter.* Sine» Tage» aber, al» Masinem den ReiS stampfte, und sagte: wanderten Gwletrn draußen. St« warf ihr Kopftuch wett vo» sich, stirß ihre« Kopf t« de» glühende» Sand und betete: freite ihn, Njat, rette ihn!* Und sie blickte htnau». Da sah sie ihren Herrn mit verzwetselten Stößen dem Strande zustrebe». Und die Hat« umkreisten ihn. Da streifte st« Ringe und Spange« von den Armen, ritz sich den goldenen Schmuck von ihren Kleibern und schleuderte pe weit in dt« Brandung. Und sie schrie laut: „Nette ihn, Njat!* Die Göttin aber hatte Erbarmen. Ihre Dienerinnen, die Wellen, warfen alsbald den Wethen erschöpft und fiebernd aus den Strand. Drei Tage lang pflegte Masinem ihn. Auf Stroh lag er gebettet und di« brausenden Wogen von Lenglo Sono brüllten um die Holzhtttte. Und Mastnem betete tn einem fort. Am vierten Tage aber wich das Fieber, und sie kehrten heim. Die Leute im Dorfe sagten: „Die Herrin tst alt ge worden, ihre Haut ist welk und ihre Augen sind trübe. Die Njat hat sie gezeichnet, der Herr wird keine Freude mehr an ihr haben/ Der Herr aber rief «ine» Tage» Mastnem zu sich und sprach: „Für mich ist die Zett gekommen, baß ich fortgeh« in mein Land, das weit, weit über dem Meere drüben liegt. Sechs Monate werde ich wegbletben. Geh du tn das Hau» deines Vater», bi» ich wiederkomme.* Und sie sagte: ^Jch werde tun, wa» Ihr wünscht, Sindoro/ Mastnem zog tn ihr Heimatdorf. Sie brachte viele Ge schenke mit für ihren Vater, der nun brr Reichste war. Und die Leute ehrten sie und grüßten sie wie eine Weiße. Doch sie sprach mit niemandem, nur die Kinder spielten ihr aus den Knien. Sie liebkost« die Kleinen und erzählte von fernen Länder», wo «» Häuser gäbe so hoch, wie bi« höchste« Deutsches Neujahr 1932 Du nahst! SS dröhnen »eine schweren Schritte Heran, heran! Und deine» schwarzen Mantel» Falte», WaS wollen sie verborgen halten. Du furchtbar Wandersmann? Kommst du zu malmen? Kommst du zu erlösen? Um Gott! Was gilt? Trägst Lu beS Himmels Lieb'? Da» Würgeschwert de» Bösen, Apokalyptisch Bild? Wir stehn. Wir harren. Offen unser Herze Der Hoffnung! Offen dem gezückten Stahl! Stoß zu! Doch lalle Deutschland nicht verderben! Gib, baß aus uns, der Alten leidvoll Sterben, Ein neues Leben wachse unsern Erben In ----- Sln -ronterlrbntt von «een er -voyta» saftige» Scherzwort de» Führer» rief all ihren urwüchsige» Frohsinn zurück. Jetzt lärmten sie. Prosteten sich zu. Er hitzt vom Punsch, sprachen und sangen diese von Natur etwas ungelenken, schwerfälligen Soldaten durcheinander. Ihre Gesichter glühten wie der eiserne Barackenosen, in dem der „Smutje* zur Feier des Tage» einen zerkleinerte» Etappenhengst-Stuhl so nach und nach verschwinden ließ. Bon Stunde zu Stunde wuchs die Stimmung der Leute. Sie standen ihren Mann vor dem Feinde so gut wie hinter dem Feldbcchcr. Und sic vergaben sich nicht». Wahrten Haltung, auch wenn sie „duhn* waren. Durch die Bank prächtige Kerle, mit denen man Pferde stehlen konnte. Stramme Soldaten, die gern schimpften, aber auch die Klappe hielten und Order parierte», wenn'» draus ankam, schnell und beherzt zuznpacken. Frontsoldaten, an deren Dickschädeln so mancher setndliche Ansturm zerschellte. Umständlich zog der „EtatSmäßtge* seine „Kartoffel* au» der Hosentasche: „Kameraden, e» tst bereits zehn Minuten vor Zwölf... Da kann un» Mener l noch den neuesten „Söst Mark Fostlg* zum besten geben. Den kennt der Herr Oberleutnant noch nicht* Der Kompagnieführer nickte lachend. Meyer I erhob sich: „Kennt einer von un» den „Söß Mark Fostig* noch nicht?* — „Altes Karnickel*, grinsten die Kameraden, „das tst doch der neue Divisions kommandeur.* Tschürtakowski oder so ähnlich hieß er. Die Soldaten behielten jedoch nur seinen Spitznamen. „Also, wir hatten un» neulich ein Schisserklavicr „besorgt* und spielten 'n büschen tn der Kantine. Da tritt plötzlich „Söß Mark Fostig* tu n Laden. Wir stehen stramm. „WaS kostet denn diese Harmonika?" fragt er uns freundlich. Wir wie au» der Pistole geschoßen: „Söß Mark Fostig, Erzellenz/ Un- dabei feixen wir ihn gehörig an. Er, auch nicht faul, sagt „Rühren!* und „Ich lasse mich nicht für dumm ver- kausen. Das mit den sechs Mark fünfzig ist natürlich Un fug. Merkt Euch da», Leutes Hier habt Ihr jeder 'ne Zigarre sür zwanzig Pfennige.' Dabet drückt er uns eine LtebeSzigarre, Marke „Rauch du siel* tn die Hand und haut ab. Al» wir die Giftnudeln anbrannten würd' un» alle» schlecht* Er spuckte kunstgerecht über den Tisch und setzte sich. Die anderen krümmten sich vor Lachen. „Mensch, Meyer, der bat'S Euch aber sein gegeben.* — „Söß Mark Fostig soll leben I* „Hoch!* riefen die Soldaten. Da aber geschah da» Furchtbare. Mit ohrenbetäubendem Krach durchschlugen plötzltch feindliche Fliegerbomben die Dachpappe mehrerer Baracken. Balken krachten zersplittert zu Boden. Stlnken- dcr Qualm biß tn die entsetzt geweiteten Augen der Sol daten. Sämtliche Lichter erloschen. Es wurde stockfinster. Knäuel von Mcnschletbern wälzten sich durcheinander. Ver wundete schrien auf. Rrrum — rumm, rumm, fielen neue Bomben. „Alles rauStreten!* gellte de» Kompagnieführer» Stimme besonnen wie immer durch die Baracke. Auch draußen war der Teufel lo». Maschinengewehre bellten wütend in die von Leuchtkugeln gespenstisch erhellte Wtnternacht. Dazwischen knallten die Abschüße etner nahe- gelegenen Flngabwehr-Batierie. Sanitäter eilten geschäftig durch die Dorsstraße, während die Flieger mit immer leiser werdendem hoben Summen ihre Bahn landeinwärts zogen, al» habe sie dl« Nacht verschluckt. Die Soldaten froren. Al» die ersten Lichter in der Barack« ausslammten, zählte die Kompagnie tm jungen Jahr, da» eben angebrochen war, vier Tote. Sie lagen friedlich in der Nähe de» einen ShrtstbaumeS, und ihr« Augen starrten ihn fragend an. Sie waren gleich ihm er loschen. Am nächsten Abend ging die Kompagnie tn Stellung. Eisern, entschloßen, gelaßen wie immer. Eine Trupp«, auf die Verlaß war. L» em -Alltag Oheim aber sagte am dritten Tage de» Monat» .Salbe dein Haar, pudere dein Gesicht und nimm von deinem Vater.* Und er brachte die Weinende »ahm ihr der Vater den Klöppel au» der Hand „Schnüre dein Bündel und folg« mir/ Und sie nach Osten vom Morgen bi» zur Mittagüraft. Da kamen sie tn den Wald von Lengko Sono. Aus dem Berg der wetten Aussicht blieb Pa Djakimin stehen, wies wett Uber die Täler und aus da» Meer hinaus und sagte: „Die» ist da» Reich der Njat Noro Ktdul, der Herrscherin Uber die Küste de» Südens. DaS Land mit seinen steilen Felsen, seinen gekrümmten Bergrücken, dem vielgestaltigen Wald, den Schluchten, aus denen Nebel steigen, alles hat sie aus dem Wasser emporgettirmt, «» tst ihr Eigentum. In weiter Ferne drüben überm Meer weilt sie jetzt und formt Wolken. Und harrt de» Tage», an dem sie heranstürmen wird, um ihr Reich und seine Bewohner wieder tn die Tiefe zu reißen. Fürchte di« Göttin, mein Kind, und hüte dich, in Not und Gefahr ihren Namen anzurufeu, denn von Stund an wirst du ihr verfallen sein.* Und weiter wanderten beide. Al» e» dunkelte, er- reichten sie bas Haus de» Oheim», mitten zwischen Gummi bäumen. Einige Wochen später stand Masinem am Zaune und wiegte de» OheimS Kind. Da kam ein langer Mann gegangen: mit Hellen Augen schaute er sie an, und der Wind blies ihm blonde Haare um die Stirn. Da erschauerte Mastnem und bog den Kopf. Der Oheim aber sagte am dritten Tage de» Monat» Sawal: „<7 " ' ' - . . Abschied von , .. . zu dem Hause des blonden Manne» Masinem mußte bereit sein, wenn der Herr rief. Wenn er auSruhte im großen Stuhl, bann hockte sie im Winkel und harrte seine» Befehl». Bei Tische reichte sie ihm die weißen runden Platten mit Speise und stillte sein Glas mit gekühltem Wasser. Auch reinigte sie seine Kleider und Schuhe. Er aber war geduldig und lächelte, wenn sie ihn nicht verstand. Als der Herr einst au» war, stand Masinem trän- mend im Garten. Da kam eine schöne stolze Fran des Weges daher, die trug das Abzeichen der Tänzerinnen. Und die Frau näherte sich dem Hause de» Meißen. Da vertrat ihr Mastnem den Weg: „WaS wollt Ihr hier, tm Hause meine» Herrn?" Doch die andere verzog verächtlich den Mund. Langsam sagte sie, als sie Masinem zur Seite stieß: „Ich will zu meinem Herrn!" Als der blonde Mann am Abend nach Hause kam, da sand er Masinem nicht mehr, wohl aber die Tänzerin. Die ließ er von seinem Aufseher sortpeitschen,' er selbst jagte zu Pferde den Weg hinab. Der Mond stand schon hoch, da trabte da» Pferd tn ruhigem Gange zurück zum Stall. Die Bügel lagen überm Eattelknops. Später kam der Herr zu Fuß und neben ihm schritt Masinem, den Kops sroh erhoben, mit verweinten, aber glückseligen Augen. Dann ries in später Nacht der Herr alle Bedienten zufammen vor die Galerie. Neben seinem Stuhle stand aufrecht Masinem. Und der Herr sagte: „Leute, vom heutigen Tage ab gilt der Herrin Wort genau so viel, wie da» meine!" Masinem lebte im Hause ihre» blonden Gebieters wie tm Traum. Ungläubig ob ihre» unfaßbaren Glücke», waltete sie tn den hohen Zimmern. Sie lernte all sein Gut hinter geschloßenen Laden, in Schränken und tn Truhen kennen und bewahren. Sie hütete und bewachte seine Habe, al» sei rS ihr Eigentum. Wenn der schweigende Mann Bilder von rätselhaft fernen Ländern betrachtete, dann schaute sie Ihm staunend über die Schulter. Sie saß zu seinen Füßen und lauscht« nach den weichen Klängen, die er au» einem schwarzen Kasten hervorzaubern konnte. Wenn au» dem Dorfe die Weisen de» Tempelorchesters herttbcrklangen, nahm sie einen hauchdünnen Schleier, entblößte ihre Schul- tern und tanzte vor ihm di« uralten Tänze der Srrtmpi, der auserkorenen Tänzcrinndn de» Gotte» Bromo. Masinem las in der Seele des Herrn von seinen Sorgen und Nöten. Und eine» Tage» erkannte sie, daß Sorgen ihn bedrängten, so daß er nächtelang keinen Schlas sand. Da sprach sie zu ihm: „Sindoro, die Arbeit zehrt an Euch, Ihr müßt Ne von Euch tun für etntge Zett, auf daß Eure Seele neue Kraft gewinne * Und der Herr antwortete: „Du bist mein guter Geist, Mastnem, ich werde deinem Rat solgen: Lab uns an» Meer zieh« und un» auSruhn* Sie brachen tn der Morgenfrühe auf. Die Kuli» schleppten Kisten nnd Gepäck. Und als sie am Mittag die steilen Hänge von Lengko Sono erreichten, stiegen sie ab und ließen die Pferde zurück. Tapfer kämpfte sich Masinem an der Seite ihre» Herrn durch da» Gestrüpp de» Walde». Und der Herr hielt sie an den Händen, oder er nahm sie tn seine starken Arme und trug die Leichte Uber einen steinigen Vach. Und sie jauchzte vor Freude und Uebermut. Doch al» sie da» Rauschen der Nranbung in der Ferne vernahmen, da erschrak Masinem. Der Herr aber freute sich und be- schleunig«« seinen Schritt. So war er als erster am Strande de» Meeres, wars seine Kleider von sich und lies hinein in die wühlende Brandung. Masinem aber hatte lähmende Angst im Herzen. Mit den Kult» kniete sie aus der Düne und sah, wie der Mann von Welle zu Welle schwamm. Und bann schrie sie laut aus, denn Haienfloßen schnitten durch» Wasser zwischen dem Strandt und dem weiße» Körper da Eiserne Neujahrssrüße / Vierwelten hieß da» kleine armselige Nest, in dem La» Bataillon nach zermürbendem Stellungskampf Ruhequartter bezogen hatte. Das nächste „Estaminet* befand sich tn Lou- cou, wer aber wirklich Zivil sehen wollte, mußte schon bi» nach Menin lause», dem alten flandrischen Städtchen, mit seinem elenden Katzenkopfpflaster. Dafür trugen aber die kleinen Mädchen schöne, blonde Hängezvpschen mit roten Schleifen und hatten frische, rote Backen wie so ein gut durchsounter BorSdorker Apfel aus der Vorkriegszeit. Aber iu der Silvesternacht des NUbenjahre» UN7 türmte kein Mann ans eigene Faust in der Gegend umher. Bet dampfendem Punsch, Liebesgaben und „Budenzauber" feierte da» Bataillon kompagniewcise die letzte Nacht de» Jahres. Am fröhlichsten in der Baracke der „Zwölften*. Da strahl ten noch einmal zwei Tannenbäume all ihren weihnacht lichen tterzcuschtmmer durch einen durstigen Raum, der mit seinen langen Tischen und Bänken, den Reihen über- cinandergestcllter rohgezimmerter Bettstellen den Soldaten allerhand bedeutete. Alles, wa» sich bei geringsten An sprüchen damals wünschen ließ. Ein Dach über dem Kopf, trockene Bohlen unter de» Füßen, die Kameraden all« bei sammen, vom Kompagnieführer bis -um jüngsten „Sommer soldaten*, Mnsik, Stimmung und den Feldbecher immer wieder voll Punsch. Feine Sache, das! Die Küchenbullen konnten endlich mal zeigen, was sie leisteten. Die Zwölfte hatte Durst. Auch der gehörte zu einem richtigen Kom- pagniefest. Und so saßen sie denn da, knapp achtzig Mann, und blinzelten gut gelaunt tn all die ungewohnte Helligkeit. Jetzt brannten keine ewig stinkenden Karbidlampen, keine „Hiubenburakerzen" — weiß der Teufel, wie dieser Name entstanden sein mochte —, sondern nur die AltjahrSkerzen der Kom»»agnte am Shrtstbaum. „War kein schönes Jahr, Hein!" ries etner der alten Leute einem blutjungen Gefrei ten Uber den Tisch zu, „Mensch, die Ostertage bet Monchy, gab das aber Kattun!" — „Prost, Hermanni" quittiert« der andere unbekümmert darüber. Gezecht wurde wacker. Ge sungen nicht minder. „Grüßet mir den Junafernstteg*, „Een Grobschmieb sett vör sine Dör* — die meisten Leute stammten von der Waßerkante — und dann natürlich die LieblingSwetsen bc» Lanzer»: „Argonnerwalb* und „Ktth- ler Wein, der soll es sein .. .* Wenn etner ein neue» Lied ansttmmte, sangen alle Mann aus voller Kehle mit. Tas brauchte nicht erst wie aus dem Ercrzierplatz kommandier» zu werden. Sie sangen, wie sic selbst waren. Ranh, derb, aber herzlich. Als daö Auge des KompagnieltthrerS verstohlen über sie htnglttt, wußte er: Die laßen dich nicht tm Stich. Dankbarkeit? Schlcksalsverbundenhctt? Kameradschaftlichkeit? Er wußte nicht, was es war, da» ihn plötzlich Hochtrieb und ihn In die unversehens eingetrctene Stille des festlich geschmückten Raumes Worte sprechen ließ, die er sich eigentlich für eine kleine Neujahrsansprache zurechtgelegt hatte. Schlichte, schmucklose Worte über Frontkameradschaft und Liebe zur Heimat nnd ante Vorsätze für die künftige Entscheidung. Sie kamen erst tropfenweise, dann flüssiger, nnd schließlich rißen sie ihn fort über alle Schranken, die eherner Drill und Subordination äußerlich zwischen Führer und Mann- schäft gezogen. Ein Mann sprach zu Männern, die alle» mit Ihm geteilt, Dreck, Tod, Zweifel, Hunger und Durst, da große Grauen sinnloser Menschens,»lachten und jene Liebe zu den armseligen Fetzen von Granaten aufgewühlten Erd- bobens, der ihnen gütig Schutz gewährte, wenn die Lust vom Eisen barst. Sie hatten ihn alle gut verstanden. Er merkte es am Händedruck, al» er von Mann zu Mann schritt. Aber sie wären keine lebenstüchtigen Hanseaten gewesen, wenn sie der Ernst dieser Stunde kopfhängerisch gemacht hätte, Et»
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