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Sächsische Volkszeitung : 18.12.1937
- Erscheinungsdatum
- 1937-12-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193712182
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19371218
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19371218
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1937
-
Monat
1937-12
- Tag 1937-12-18
-
Monat
1937-12
-
Jahr
1937
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 18.12.1937
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Sonnabend Sonntag. 18./1S. Dezember 1987 Sächsische Volkszeitung Nummer 29S, Seite 1v Der reichte Nsnii der bleibt das Reh neben ihm, und ihn friert nicht mehr während der ganzen Nacht. Es ist gut, daß der Schmied seine Papiere in Ordnung hat, denn am Nachmittag wird das seltsame Paar vom Gendarmen aufgestöbert, gerade, als vom Dorf her die Weihnachtsglocke ruft. Der Beamte sucht und findet die Flinte. Natürlich glaubt er Hinnerks Geschichte nicht! Der Bursche mutz das Reh, dessen Bein steif ist, tragen. Sie gehen eine Stunde bis zum Förster haus. Dort liegt im Wohnzimmer auf dem Sofa Förster Huckert. Er ist alt. Die Eicht hat ihn in diesem Jahr gepackt, und der Eehilse allein kann wohl den Wald nicht so gut über wachen. Der Alte passt Rauch gegen di« Deckenbalken. „Stimmt, was der Junge erzählt! Wir nannten den Wilderer den „Schwarzen". Er ist uns ost auf Haaresbreite entkommen. Vielleicht erwischen Sie ihn noch, Gendarm. Den jungen Mann lassen Sie mal hier. Er steht aus, als mäste er was Warmes in den Bauch kriegen." Das Reh kommt in den Stall und wird kunstgerecht ver bunden, den übrigen Raub aus der Tasche des Wilderer» holt die Försterstochter, ein rankes, braunes Mädel mit kecken Augen, für die Küche, und gleich bringt die Magd Supp« und Fleisch. Hinnerk spürt, daß er wohl dem Glück in den Weg gelaufen ist, denn am Abend sitzt er mit der einsamen Familie unterm Schimmer des Baumes. Der Ofen brutzelt. Alle sind freundlich und gut. Geschichten werden erzählt, man zieht ihn hinein, beinahe kommt er sich wie zu Hause vor! Oft trifft ihn «in Blick der kecken Augen, und manchmal lächelt die Försters tochter — sie gefällt ihm mehr als je ein Mädel! Und später da sagt der Förster: „Bleib man hier — im Forst ist genug aufzupasten, und anderswo hast du's auch nicht bester!" Was glaubt ihr, wird nächste Weihnacht zwischen Hinnerk und der Försterstochter sein? tiesckickte vom wiederßekundenen 8okn Den Haag. Die alte Geschichte vom wiedergefundenen Sohn ist in ver änderter Auflage, mit neuen Pointen ausgestattet, erschienen, und zwar in der Ortschaft Zoelen, unweit von Tiel. Dort hatte ein« Familie einen Sohn, der wegen einer be langlosen Streitigkeit im Gefängnis in Tiel sah und dem nächst amnestiert werden sollte. Der Bursche hieß Jot. Als «ine» Tages in Tiel «in junger Mensch in ein Kaffeehaus trat, der dem Jot äußerst ähnlich sah, saß dort gerade eine Gesellschaft aus Zoelen, die den vermeintlichen Jot stürmisch begrüßte und im Triumph heimwärts führte. Die glückliche Familie nahm sich des Helmgekehrten mit begreiflicher Herzlichkeit an, und es ist denkbar, daß mehr als «in Kalb geschlachtet wurde. Der Junge wurde von Kopf bis zu den Füßen neu ausstassiert und mit allen erdenklichen Leckerbissen gefüttert. Bis endlich ein Bries von dem wirklichen Jot aus Tiel eintraf, der seine baldige Ankunft mitteilte. Da macht« sich der falsche Jot aus dem Staube und wurde kurz nachher verhaftet. In Tiel stand er jetzt vor Gericht — wegen Betruges. Es war keine Rede davon, daß er den Betrug beabsichtigt habe, aber der Staatsanwalt meinte, er hätte doch rechtzeitig für Aufklärung sorgen müssen. Der Bursche erwiderte ihm habe »ie Verwechslung anfangs Spaß gemacht, nachher habe er die übermäßige Freude der Eltern gesehen und es nicht mehr Lber's Herz gebracht, den Irrtum aufzuklären. Die als Zeu- »en erschienenen Familienmitglieder erklärten, daß der falsche Zot nie etwas verlangt habe, sie hätten ihm als dem wieder- zefundenen Sohn alles freiwillig gegeben, ja, aufgezwungen. Da konnte der Staatsanwalt keine allzu schwere Strafe »«antragen, man hatte dem Jungen ja das Nichtbetrügen chwer gemacht, und er erhielt schließlich die zwei Wochen Irrest nur deshalb, weil er schon einmal vorbestraft und also .rückfällig" geworden war. rasch „einen Topf Kaffee" trinken. Sie essen ihr Stück Kuchen und lesen dabei einen mitgebrachten, sorgfältig eingeschlagenen Roman. Die gleiche Ersclzeinung kann man in der Straßenbahn beobachten. Und daheim im stillen Kämmerlein versenken sich Millionen von Men schen in Romane. Erleben ein Leben mit, das so nie Wirklichkeit war. Schattenspiele der Phantasie . . . Mer überheben wir uns nicht! Wenn gelehrte Leute, die vielleicht alle schöne Literatur als „Schwinde." verachten, sich mit ernsten Forscheraugen in die Chro niken und Urkunden der Geschichte vertiefen . . . treiben sie methodisch etwas anderes? Auch sie beschwören ein Schattenspiel herauf. Gewiß ein Schattenspiel, das mög lichst getreu einem Leben gleichen soll, das einmal wirk lich war. Im besten Falle photographisch getreu — so wie die Filme getreu sind, die Alfred Mel oder Adele Sandrock oder Renate Müller ins Leben zurückrufen — aber in der Tat und Wahrheit ist auch all das Leben, das der Forscher beschwört, versunken und dahin. Nur das Schattenspiel der aus tausend Quellen gewonnenen Erkenntnis gaukelt uns das als Gegenwart vor, was un widerruflich Vergangenheit ist . . . Dichtung und Geschichte — über alle Maßen bewun dernswerte Schattenspiele des menschlichen Geistes. Aber doch nur Schattenspiele ... „Denk es, o Seele!" Machen wir uns nichts vor. Sehen wir den Tat sachen ins Gesicht. Es gehört etwas Mut zu der Frage: „Mas wissen wir überhauvt von den anderen?'^ Die Philosophen haben dicke Bücher darüber geschrieben. Aber über den eigenen Schatten hat keiner springen können . . . Von allem, was außer uns ist, haben und besitzen wir nur das, was davon in uns eindringt. Unsere besten Freunde, unsere Kameraden, die Menschen, denen wir täglich begegnen . . . Nur das Bild, das von chnen in unserer Seele lebt, ist Wirklichkeit für uns. Das ganze bunte Leben, das uns umgibt und einfttngt, begreifen wir nur als Sclmttenspiel: als den Wechsel der Bilder, Gedanken und Gefühle, die in unsere Augen, in unser Denken und Empfinden eindringen. Wenn wir zurückdenken an eine Stadt, in der wir einst gelebt haben, an Menschen, mit denen wir dort befreundet waren— was ist uns von ihnen geblieben? Ein Bild in unserer Seele, ein Schatten, der sich in einer lichten Erinnerung bewegt. Und es macht keinen Unter- Vater und 8okn kdmpken Der Sohi» des velkönlgs Gulbenkia« muß sich »ar de« Londoner Scheidungsgrricht «ine« Kreuzverhör unterziehen, ««bei wieder einmal das „friedvolle" Zu sammenleben reicher Lent« «ntschleiert wir». Vater will genießen, der Sahn »ill arbeit«». Es gibt einig« Leut« in der Welt, von denen man sagt, daß sie die reichsten Menschen auf dem Lrdenballe seien. Wenn man diesen Leuten die Millionen und Milliarden nachrechnet, dann stellt sich heraus, daß der sagenhafte Reichtum keineswegs in den Vereinigten Staaten zu finden ist. Vielleicht sind Män ner aus der Erde, die sogar das Vermögen der indischen Für sten in den Schatten stellen? Auch Frauen werden mitunter als Rekordschlager des Reichtums gerühmt. Eine solche nennt z. B. Japan sein eigen. Dann, nimmt man eines Tages die Zeitung in die Hand, um zu erfahren, daß irgendeine Begeben heit um irgendeinen Mann spielt, der urplötzlich als der garan tiert echte reichste Mann der Erde zu gelten hat. So auch im vorliegenden Falle. In London steht zwar Herr Nubar Eul« benkian vor dem Scheidungsgericht, aber zunächst einmal inter essiert die Richter und die Londoner Oesfentlichkeit nicht dis Scheidungsassäre als solche, sondern der Vater Nubars, obschon er an sich weniger mit der Sache zu tun hat. Denn es ist immerhin nicht alltäglich, zu vernehmen, daß sich ein Vater- mit seinem einzigen Sohne nur deshalb verfeindet hat, weil dieser Sohn ein kosmopolitisches Luxuslcben nicht mitmachen, sondern arbeiten will. Diesem Grundsatz ist Nubar viele Jahre treu geblieben, denn auch er hat die Vierzig bereits über schritten. Das Luxusleben des Vaters. Weshalb Herr und Frau Nubar Eulbenkian in Sch idung leben wollen, braucht die öffentliche Neugierde nicht zu erregen. Bet Scheidungsklagen aber werden bekanntlich Urkunden ver langt; zumal di« Frage der Herkunft und der Nationalität muß genau geprüft werden. Trotzdem inzwischen auch der eigen willige Sohn eines eigenwilligen Vaters ein Vermögen er werben konnte und der Vater selbst seine Millionen kaum zu zählen vermag, scheint die Familiengeschichte der Gulberkian eine nicht restlos klare zu sein. Herr Gulbenkian hat zwar im Jahrs 1928 ordnungsgemäß in London geheiratet, das Gericht glaubt ihm ohne weiteres, daß er England über alles liebt — welcher Engländer glaubte das nicht — aber das alles ist noch kein vollgültiger Urkundenbeweis. Im Kreuzverhör blieb so mit auch Herrn Eulbenkian junior nichts anderes übrig, als seine Geschichte zu erzählen. Bewaffnet mit einer Orchidee im Knopfloch, was nicht für unbedingten Sinn für Würde zeugt, aber zu den Pronuntiationen reicher Leute zählen dürfte, kündet Nubar seine Familienlegcnde. Die Erzählung endet mit der Schilderung des väterlichen Luxuslebens, das der Filius nicht mitmachen will. » Bon wannen kommt di« Fahrt? Während der Sohn mit seinem Vornamen Nubar Sarkis beißt, nennt sich der Vater Carlouste Eulbenkian. Wie der Alte zu seinem fabelhaften Reichtum gekommen ist, darüber schweigt die Geschichte. Es genügt, zu wissen, daß er der König aller Oelkönige ist, und aus Armenien stammt, etwa in der Nähe von Palästina. Dort wurde auch Nubar geboren, so daß er zunächst einmal türkischer Untertan gewesen zu sein scheint. Dann hielt es der Vater für vorteilhafter, der Türkei den Rücken zu kehren, um sich in England niederzulasten. Seinen Sohn ließ er auf britischen Universitäten studieren. Er sollte ein sehr vornehmer Mann werden und, damit diese Vornehm heit auch glaubhaft wurde, ein Leben ohne Arbeit führen. Zu nächst gefiel es Vater und Sohn in England ausgezeichnet, dann aber meinte Carlouste, daß man in Großbritannien gesell schaftlich schwer Fuß fasten könne. Er bestimmte: Aus nach Paris und dann vom Vergnügungszentrum der Welt hinein in das LuxuslebenI Da schieden sich die Wege von Vater und Sohn. Jahrelang drohte und lockte der Alte, aber Nubar blieb fest. Und Carlouste hatte wirklich etwas zu bieten. In Paris ließ er sich einen Palast erbauen von unvorstellbaren Maßen. Eine unendliche Zahl voix Eesellschaftsräumen. «in Seer von chisd, ob die entfernten Freunde noch am Leben oder chon dakingeganaen sind: ihr Bild in unserer Seele ist risch und lebendig so wie die Schatten der toten Film- pieler an der weihen Wand des Lichtspieltheaters . . . Vielleicht stimmt es ein wenig ängstlich, wenn wir uns bewußt werden, daß wir so von Schatten umgeben und begleitet sind. Ein kaltes Erschrecken mag manchen fassen, wenn er bedenkt, daß er selbst diesen Weg zu den Schatten gehen muß, daß auch er einmal nichts mehr in dieser Welt des lichten Scheins sein wird als ein Bild, das aus freundlicher Erinnerung grüßt. Möricke hat diese Wehmut in unsterbliche Verse gefaßt: „Ein Tännlein grünet wo, wer weiß? im Walde, ein Rosenstrauch, wer sagt, in welchem Garten? Sie sind erlesen schon, denk es, o Seele! auf Deinem Grab zu wurzeln und zu wachsen." Mer ist dieser Gedanke denn wirklich so erschreckend? Schon jetzt, da wir noch atmen, sind wir doch selbst für unsere besten Freunde nur ein Bild auf dem lichten Grunde der Seele. Hernach aber, wenn wir nur noch Schatten sein werden . . . Nun, einem Schatten kann niemand mehr wehe tun. Und auch das ist ein Glück ... Auch nur ein Schattenspiel? Fn wenigen Tagen ist Weihnachten. Für wie viele Menschen ist auch das Fest nur ein Säfattenspiel! Ein Spiel, das man um der Kinder willen mitmacht und aus der Erinnerung an die eigene Kindheit heraus . . . Gabentisch und Lichterbaum werden wieder Wirklichkeit, weil das nun einmal so zum Weihnachtsfest gehört. Aber das seelische Erleben, das einst diesen Bildern Sinn gab, ist erstorben. Tot wie jene Schauspieler, deren Schatten auf der weißen Wand nach immer lachen und winken... Nicht bloß „mitmachen" wollen wir die Werhnackts- freude, sondern uns ganz tief von ihr erfassen lassen. Nicht an Äußerlichkeiten hängen bleiben, sondern das Wesent liche, das unvergängliche im Erleben dieses Festes be greifen. Das Glaubensgeheimnis der Weihnachtsbotschaft wollen wir mit gleicher Liebe erfassen wie die sinnvollen Bräuche, mit denen unser Volk dies Fest liebreich um- Ktänzt hat. Denn nur was sich unserer Seele, dem unver gänglichen Teil unseres Seins, unvernichtbar aufprägt, ist mehr als ein Schattenspiel. UM Arbeit uud bttcktüitun höherem Dienstpersonal und 24 indischen Dienern liefen in den weiten Hallen, teils beschäftigungslos umher. Damit nicht genug, ließ sich Carlouste ein Schloß in Südfrankreich mit einem fabelhaften Besitz anheuern und außerdem hatte er in den vor nehmsten Badeorten von Belgien und Frankreich seine ständigen Wohnungen. An Heimat ist da» ga- nichts, an Domizilien freilich um so mehr. Somit blieb die Frage „Woher Du kamst der Fahrt" noch immer ungelöst. Die Fuchsjagd überzeugt? Carlouste versprach seinem Sohn alle Freuden der Welt, wenn er mit ihm «in Leben teilen wolle, das einen Maharadscha gewiß vor Neid erblassen lasten könnte. Nubar sagte trotzdem immer wieder nein. Außerdem, so vernahm das Gericht, war Carlouste stets ein Tyrann, und Nubar hielt cs unter seiner Würde, seinen Vater um „jeden Pfennig" zu bitten. Das alles machte Eindruck auf die Zuhörer, war aber immer noch kein urkundlicher Beweis für die Nationalität. Dies um so weniger, als die Möglichkeit besteht, daß Nubar inzwischen die iranische Staatsangehörigkeit erworben hat. Außerdem stellte es sich heraus, daß Nubar, der während des Krieges in London lebte, dem Krtegsdepartement seine Dienste anbot — oder seine Ge schäfte? —, aber als Ausländer überall Ablehnung sand. Ta spielte Nubar «inen hohen Trumpf aus. Er erzählt« dem Ee» richt, übrigens der Wahrheit gemäß, daß er Uber alles di« Fuchsjagd liebe. Wer aber Leidenschaft für die Fuchsjagd habe, der könne sie nur in England und nirgendwo anders ausüben. „Ich mußte in England leben, um der Fuchsjagd willen!" So Mister Nubar Eulbenkian. Und der Engländer ist zu suchen, dem ein solches Beweisstück nicht wesentlicher erscheint, als eine Ur kunde mit vielen Siegeln. In seiner Jugend, als Baby in Armenien, verlebte Nubar der Tradition gemäß sein« Tage in einem Tragtuch. Jetzt ist er «in smarter Jäger des stolzen Königreiches England. Die Nationalität Naburs kann nicht t» Zweifel gezogen weiden . .. Der Alligator unter der Kettdecke In einem großen Hotel ist man Sorgen gewohnt. Jeden Tag kommt ein neuer anspruchsvoller Gast an, besten Wünsche dem Personal manchmal recht viel Kopfzerbrechen oder Schrecken verursachen. Immerhin sollte man meinen, daß die Stuben mädchen und Diener, die Pagen und Portiers an Absonder lichkeiten gewöhnt sind und sich allmählich eine gewisse Routine in der Behandlung solcher Sonderlinge angceignet haben. Für eine neue lleberraschung aus diesem Gebiet sorgte ein Ehevaar aus Pennsylvanien, das in einem Prager Hotel abgestiegen war. Es hatte stch's im Zimmer gemütlich gemacht, die Koffer aus^epackt und war dann abends ausgegangen. Das Stuben mädchen wollte diese Zeit benutzen, um das Zimmer für die Nacht herzurichten. Als es die Betten ausschlug, entdeckte es in der Mitte unter der Decke einen länglichen dunklen Gegen stand. Nanu, dachte das Mädchen, so was gehört doch nicht ins Bett! Und kopfschüttelnd streckte es die Hand aus, um den merkwürdigen Gegenstand zu entfernen. Der aber gewann in der Hand der Hotelangestellten plötzlich Leben und entpuppte sich als ein leibhaftiger Alligator. Das Tier war über die Störung wütend, schlug und biß um sich, und erschreckt« durch sein Vorhandensein wie durch sein wildes Benehmen da» Stubenmädchen derart, daß es schreiend zur Tür lief und draußen aus dem Flur bewußtlos hinfiel. Die Bestie wurde eingefangen und in einen engen Käsig gesteckt, bis die beiden Eheleute wiederkamen. Groß war der Zorn des Amerikaners, als er erfuhr, was man mit seinem Alligator angefangen hatte. Dies sei sein Talisman, ries er aus, ohne den Alligator könne er nicht leben und reifen, und im übrigen fei er vollkommen har—mlos. Er wollte das Tier wieder mit sich aufs Zimmer schleppen, aber die Hotelleitung bat ihn, aus Rücksicht auf di« anderen Gäste, unter denen das Abentruer schon ruchbar ge worden war, davon Abstcknd zu nehmen. Woraus der Ameri kaner wütend seine Koffer packte, sein Weib und fein Tier mitnahm und in rin anderes Hotel übersiedelte. Ob «r dort mehr Verständnis für seine Marotten sand, ist nicht berichtet worden. 8cklan^cnkaut und Kienenstick Die Grippe geht um. In den öffentlichen Verkehrsmitteln findet alltäglich ein allgemeines Wetthusten und -niesen statt, der Genuß in Theatern und Konzerten ist kein ungestörter mehr, und in Büros und Werkstätten wird jeden Morgen «ine neue Lücke festgestellt. Kein Wunder, daß sich besonders in dem feuchten Klima Englands die Erkältungskrankheiten häufen. Die Rheuma- Leidenden haben eine schwere Zeit. Dies ist um so tragischer, als jeder dritte Engländer zu diesen unglücklichen Menschen ge hört. In jedem Jahr greisen die Rheumatiker zu einem neuen Heilmittel, das gerade angepriesen wird, und alljährlich müssen sie di« Erfahrung machen, daß es wieder nicht» geholfen hat. Im vorigen Jahr war der Bienenstich modern. Ein schottischer Imker hatte behauptet, das L«id«n bester« sich wesent lich, wenn man sich von einer Bien« stechen ließ«. Daraufhin setzte ein Run auf di« Bienenkörb« b«i allen Bienenzüchtern «in, man kaufte das nützlich« Insekt in einem kleinen Gazekasten und ließ sich opfermutig wieder und wieder von d«r Bi-:ne stechen, überall da, wo der Rheumatismus zwickte — bis am Ende des vorigen Jahres «in Rh«umaspezialist ausstand, der verkündete, daß der Bienenstich keineswegs immun mache. Darauf kam die Mod« der Schlangenhaut auf. Hier zulande versuchen wir den Rheuma-Teufel mit Katzenfellen aus zutreiben, drüben auf den britischen Inseln umgürtete man seinen siechen Leib mit Schlangenhäuten und bildete sich «ine Zeitlang ein, gegen di« Schmerzen gefeit zu sein. Die Zoologi schen Gärten mußten Echlangenhäute am laufenden Band liefern, und ihre Riesenschlangen konnten sich nicht ost genug in neuem Gewände zeigen. Dann kam auch hier die groß» Enttäuschung — einem Zoodirektor kam diese Mode doch zu „exotisch" vor, er befragt darüber einen der vielen englischen Spezialärzt« für Rheumatismus, und dieser erklärt« öffentlich» di« Echlangenhaut helfe nicht im geringsten gegen da» all bekannt« Leiden. Wer denkt sich nun die nächste Heilmethode au»? Möglichst wieder «in« so unangenehme! wie mache« di« Lent« da»? Er: „Man sagt, di« Senfsabriken verdienen ihr Geld nicht durch den Eens, der gegessen wird, sondern durch den, der auf den Tellern übrigbleibt." Sie: „Das habe ich auch schon gehört, ich möchte nur wissen, wie sie e» anstellen, ihn zu sammeln." (Berlingsk« Ttd«nd«.j von Tsppivk-Vistrup
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