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112. Jahrgang Morgen * Ausgabe -er Stadt Lerp-i- t»r e«»»,», «»» D«'«n« »«n» in« Hau» -«tracht manatltch M. 2LP, »teil«>lüdkllch 0N. 6L0 fttr Adhol«r mraatllch ck. Llv: tirch »nl«re «a»wertia«n flIUal«» ln» H««4 -«bracht monatlich M. 2LL, »I«rt«I ,«N>tch durch dl« Poft lira«rdald D«utlchland« ch«Iaml-Au»gad« »aaat tch M. 2.75, »Irrtilldhrltch M. 8.25; Morgen A»4-ad« M. 1,78. Ld«ad Au«-ad« M. l,lX>, Sonntags-Ans-ad« M. Ü.M moaatltch <aa«lchll«b»ch V»stdeft«ll-«dadr). Hauvtlckriktleiter: Dr. Erich Everth. Leipzig. Äu)e!gtnpre1s: vi.»« «» » m.r »- ch«hdid«n lm amt«. T«U »t« R»t,n«lj«N« 80 "Pf. « «a«M >8 bl«In« A»j«I-«n dl« ttalauelr«»« L> Vs_ «»«wdrt« L Via V«lchafk«anj«t,«n mlt Vla-oorlchrlst«» i» Vr«ll« «rydhr V«tla-«n^ ch«lamtaallaa« 4N. 7.— da« ioatrnd aillchl. vaft^ddyr, Lt^«n>»m»«r IV pj. — Sau» and Zrlttar« >5 Pf. -«„»»««ch »»«chlntz«,. I44»L >4k!« u»d l4o>» - pottich«»»»,,» i» chchrtltlrllaa- und T«lchdsl«ft»I,: Zvhonnii-off« 4l«.t^ Verlag: Dr Reinhold L To^ Leipzig. Nr. 811 Montag, den 7. Oktober 1918 Starke sranzW-MMMe Angriffe Weitert Der deutsche Heeresbericht Großes Hauptquartier, 6. Oktober 1918. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht In Flandern und vor Lambrai ruhiger Tag. Rege Erkundungstätigdeik an vielen Stellen der Front. Heeresgruppe Boehn Wir gaben in vorletzter Nacht -en zwischen Lrsve- coeur und Beaurevoir an dem Kanal in Linie Banteux— Le Latelet vorspringenden Steliungsbogen auf und nahmen die dort stehenden Truppen in rückwärtige Linien zurück. Engländer und Franzosen fetzten ihre Angriffe zwischen Le Latelet und nördlich von St. Quentin fort. Bcaure- voir und Montbrehain blieben in ihrer Hand. An der übrigen Front sind ihre Angriffe vor unseren Linien ge scheitert. 3n den Kämpfen bei Beaurevoir zeichnete sich das Reserve-Infanterie-Regiment 56 onrer seinem Kom mandeur Major von Loebdecke besonders aus. Heeresgruppe Deutscher Kronprinz. Erneute Angriffe der Franzosen und Italiener am Lhemin des Dames wurden obgewiesen. In Fortsetzung der am 3. 10. begonnenen Bewegungen östlich von Reims und beiderseits der SuippeS haben wir in vorletzter Nacht auch unsere Stellungen bei Brimont und Berru geräumt und rückwärtige Linien bezogen. Der Feind folgte im Laufe des Tages. Wir standen am Abend mit ihm an der Soippes, beiderseits der Straße Reims—Neufchatel, bei Lavannes—Epoye—Pont Faverger und an der Arnes in Gefechtsberührung. Zwischen der von Somme-Py nach Norden fahrenden Straße und östlich von Liry griffen Franzosen und Ameri kaner erneut mit starken Kräften an. Wir haben nach schwerem Kampf unsere Stellungen restlos behauptet. Das westfälische In ai^erie-Regiment Nr. 58 und das west preußische Infanterie-Regiment Nr. 149 zeichneten sich hier bei besonders aus. Die 199. ?nfanterle-Dioision schlug den in fünfzehn Wellen tief gegen die Liry-Höhe ansiürmenden Feind mehrfach zurück. Leutnant Markock mlt Kompanien des Infanterie-Regiments Nr. 357 hat an der Abwehr des Feindes besonderen Anteil. Der Feind erlitt hier schwerste Verluste. Teilangriffe des Gegners am Westrande -er Argo nn en. Heeresgruppe Gallwih. Zwischen den Argonnen und der Maas setzte der Amerikaner seine starken Angriffe fort. Oestlich von Exermont gelang es chm, bis auf die Waldhöhen etwa 1 km nördlich des Ortes vorzustoßen. Hier sind seine in den Rcchnlittagsstunden erneut vorbrechenden Angriffe ge scheitert. Beiderseits der von Lharpentry auf Ro magne führenden Straße brachen die Angriffe wiederum vor den Linien elsah-loihringischer und westfälischer Regimenter völlig zulainmen. Weiter chilich drang der Feind in den FayS-Wald ein. stin übrigen wurde er abgewiesen. Wir schossen gestern 37 feindliche Flugzeuge und zwei Fesselballons ab. Außerdem wurden von emem feindlichen, im Angriffsfluge aus die Pfalz bcstndiichen Geschwader fün» Flugzeuge im Lustkainps abgeschossen. Südöstlicher Kriegsschauplatz Unsere bisher im Rahmen des bulgarischen Heeres kämpfenden Truppen wurden herausgelöst und sind im Rück marsch in ihre Versammlungsräume. Sie haben den an sie gestellten hohen Ansorderungen voll entsprochen und Hervor ragendes geleistet. Asiatischer Kriegsschauplatz Die in Palästina an der Sette un,erer treuen türkischen Bundesgenossen kämpfenden deutschen Bataillone muhten in» Verein mit den schwachen türkischen Kräften erdrückender feindlicher Uebermacht weichen und sind im Rückmarsch Über Damaskus in nördlicher Richtung. Der Erste Generalquartiermeister. Ludendorff. (W.T.-B.) * * * Berlin. 6. Oktober, abends. (Amtlich.) TeilkSmpse nördlich von St. Quenkin und kn der Cham - pagne. Zwischen den Argonnen und der Maas wurden heftige Angriffe der Amerikaner abgewiesen. Die Front opfert Blut und Gesundheit. wer Rriegsanlethe zeichnet, opfert nichts. Er erfüllt nur eine Pflicht, die ihm noch dazu gut verzinst wird. Es darf nicht sein, daß sich ein Deutscher dieser lichtesten aller Rriegspflichren entzieht. Der Widerhall der Kanzlerrede Berliner Stimmen G Berlin, 6. Oktober. (Drahtbertcht unserer Berliner 5 ch r i f t l e i t u n g.) Bon den Blättern der Rechten findet sich mit der Rede des Kanzlers ernst und würdig allein die .Kreuz- icitung" ab. Sie schreibt: .Jeder, dem des Vaterlandes Wohl und Wehe heiß am Herzen liegt, w rd niemals diese Stunde vergessen, in der der Reichskanzler von dem Platze aus, da bislang immer unsichtbar schwarzweißoote Siegesfahnen zu Häuplen wehten, nun die weiße Fahne entfaltet." Das Blatt des Bundes der Landwirte indessen murrt: .Wir finden es in jeder Beziehung unzweckmäßig, daß Deutschland die Trümpfe, die es in der Hand hak, vorzeitig prcisgibt. Bei allem Wunsch nach Frieden müssen wir also für diese Art des Friedensangebotes die volle Verantwortung der Mehrhe't überlassen, die es macht und die uns In diese Lage schließlich hineingesührt hat." Und die .Deutsche Zei tung" deklamiert über .ein Olmütz des Reichstages". Diese guten Lenk scheinen noch immer n cht zu wissen, was — leider — die Glocke , geschlagen hak. Deshalb ist es nützlich, was in der .Berliner Dö r s e n z ei t u n g" über die Entstehungsgeschichte des Friedens schrittes gesagt wird: Cie ist hervorgegangen aus den Beratungen in den verschiedenen Kronratssitznngen. Aus der teilweise veröffentlichten Liste der Teilnehmer kann man entnehmen, daß alle G e s i ch t s p u n k t e, nicht nur die politischen, eingehend geprüft und erörtert worden sii d, bevor man sich entschloß, sich in solcher Weise an den Präsidenten Wiffon zu wenden. Das Programm der Mehrheitsparteien, das die Grundlage der neuen Regierung bildet, ging nicht so weit wie die Friedensnote. So ist sie nicht auS dem Schoße der Volksvertretung hervorgegangen. Die wett überwiegende Mehrheit des Deutschen Reichstages aber hat sie in voller Würdigung der gegebenen Lage gebilligt. Der «Vorwä rts" erwirbt sich er neut das Verdienst, im Anschluß an die gestrige Kanzlerrede nochmals vor einem zu frühen Verlassen der Berkeidigungsbasis zu warnen. .Den Arbeitern, die wißen, was es heißt, einen Streik abzubrcchen, braucht kaum mehr ouSelnandergesehk zu werden, was es heißt, «'nen Krieg ab- zubrechen. Man geht nicht eher in die Werkstatt, als bis zwischen den Vertretern beider Teile eine Einigung zustandegekommen ist. Man macht Schluß, wenn der Streik abzubröckeln beg nnt. Aber man ver meidet es, in aufgelösten Haufen zur Arbeit zu ziehen. Dasselbe gilt vom Kriege. Wird er abgebrochen, dann heißt es mit geschlossener Front in den Fr eden zu gehen, heißt es, die kurze Spanne Zeit aus- zubalkcn, bis di« Einigung erzielt ist, heißt es, die Disziplin und Ordnung wahren bis zum letzten. Daß den Russen die Kraft dazu fehlte, war em Verhängnis, und aus ihrem Fehler sollen wir lernen. Die Auslösung der russischen Disziplin hat erst den vorübergehenden Sieg der deutschen Imper'aststen zur Folge gehabt. Die Auslösung der deutschen Disziplin würde nur einem gegnerischen Imperialismus zur Hilfe kommen, der nicht so leichi vergänglich wäre. Die „Germ an »a" iw"ibt: Run wartet das deutsche Volk auf die Antwort von der andern Seite. Es sieht ihr entgegen voll Hoffnung, aber auch voll starker. Mutes. Unseic Austastung vom Rechlssrieden, wie ihn Regierung und Volks vertretung heute erklärt haben, ist ehrlich und unerschütterlich. Rur eins scheint zu fehlen zu der Beglückung und Beruhigung der Menschheit: Daß sich d"e Auftastung des Gesagte« als ebenso aufrichtig erweis«. Mögen d'e kommenden Tag« dt«s« letzte Hoffnung erfüllen." Die ,N or d d. All Zt schreibt: «Wenn die Antwort di- und deutlich als die Absicht, Deutschland zu vernichten, zu deuten sein sollte, dann werden die deutschen Volkskräfte sich in einer Weise ent wickeln, die auch die unerhörtesten feindlichen Angriffe zum endgültigen Scheitern bringen mühten. Das ist die Grundlage und die innere Recht fertigung dieses neuen Fricdensoersuches." Die Aufnahme bei den Neutralen Haag, 6. Oktober. (Eigener Drahrberichk.) Der «Nieulvc Courant" sagt zu der K a n z l e r r e d c u. a.: Die Rede ist schon an sich wichtig. Noch wichtiger ober wird sie dadurch, daß sie daS Programm eines Mannes bildet, der in vollständiger Uebereinstimmung und nach eingehender Besprechung mit der par lamentarischen Mehrheit der Neichsleitung verfährt- Die Aus schaltung der Militärischen Einflüsse ist von allergrößter Bedeutung. Auch die Mitteilungen über die Politik hinsichtlich der russischen Ronüstaatcn und die offenen Erkiarungen über Belgien und über die EntschäüigungSfragc verdienen die größte Aufmerksamkeit. Zweifeiios wurden diese Worte noch einen viel größeren Eindruck heroorgeruscn haben, wenn sie zu einer Zeit gesprochen worden wären, wo Deutschland militärisch noch in besserer Lage war- Aber auch jetzt noch und besonders nachdem ein formeller Vorschlag an die geistigen Führer der assozierten Machte vorlicgt, bringen sie die Gegner Deutschlands in eine Lage, die die größte moralische Ver antwortung auf sie legt. Dies ist um so schwieriger, als der Ton des Vorschlages sich gegenüber früher vollkommen geändert hat. Wilson, der damals die 14 Punkte formulierte, wird kaum etwas anderes iun können, als den Vorschlag in ernsthafte Erwägung zu ziehen. Eine sofortige Antwort, wie auf die Buriannote, wird diesmal ausbleiben. Wir müssen Geduld haben. Der Funken der Hoffnung, daß ein redlicher Friede lwmmt, brennt jetzt, wie sehr auch die Durchhalter in den beiden Ländern den Krieg weiter führen möchten. Vorläufig brennt aber nur ein kleines Fünkchen, und cs ist für dis Neutralen noch zu früh, große Freude zu zeigen. Amsterdam, 6. Oktober. (Dcahloericyk.) «Hel Vadcrland' schreibt: Deutschland um- Oesterreich Ungarn nehme Wilsons Programm an und ersuche um die Veriiultlung Les Präsidenten der Vcreimgien Staaten, um dem Krieg ein Ende zu machen. Das ist ein großes Er eignis, taS beoorstond, und das doch allen a>s Urverraschung kam. Eine grche Ucberraschung, deren Fv'gen noch nicht zu Übersehen sind. Die Mittelmächte erkennen die KricgSzicle ihres eig:nen Gegners als richtig an. Sie meinen, daß sie nicht unter dem Einfluß des Verlaufs der kriege.i.chrn Ere'gniste ausgestellt wurden. Prinz Mar von Baden Hot, indem er dieses Vertrauen ans Wilson ausspricht, Anspruch auf dasselbe Vertrauen von s.nten der Alliiert:». Er erk ält feiert ch, daß die neue deutsche Regierung die von der Mehrheit des Voll.es getragen wird, ebensowenig gezözert yaben würde, diesen Schritt z» tun, wenn in diesem Augenblick die Kriegsaussichken für die Mittelmächte günstig wären. Kopenhagen, 6. Oktober. (Drahtbericht.) Die innerpolitl- jchen Ereignisse in Deutschland nehmen hier das ganze Zn- tercsse g«sangen und drängen die Begebenheiten an der Fron« roll- kommen tn den Hinte g: und. Die dänische Presse spricht durch weg die ' »sicht aus, daß das parlamentarische System nun in Deutsch- !and in Wirklichkeit durchaejuhrt werde und erhofft damit eine günstige Rückwirkung auf einen bawaen Abschluß des Krieges. Die Ernenirung des Prinze,. Max von Baden zum Reichskanzler hat allgemein «im nLnMoe Ausnahme gefunden. Der ehrenvolle Rechtsstreite L. L. Wilson ist heute der Schiedsrichter der Welt. Oder nicht einmal CcyicdSrm-ler, denn er ist ja Partei. Kommt jetzt ker Friede zustande. le hat er >hn diktiert. Wie vor einigen Tagen Bulgarien «ein Gcfinick in dic Hönde des Präsidenten der Ver einigten Staaien legre, so wendet sich jetzt das Deutsche Reich an ibn. Wann ist einem Sterblichen eine ,o«cye Stellung zuteil ge worden? Nicht der Papst, nicht eine neurrale Negierung sind um >hrc Vermittelung angegangen worden, sondern das Haupt der Entente. Man wollte osienbar die Wahrscheinlichkeit des Ge lingens so hoch steigern, wte möglich. Wie wir hören, ist zuerst er wöge,« worden, dag der Reichstag von sich auS, selbstverständlich mit Einverständnis der Regierung, an daä Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten sich wenden sollte: dagegen ist geltend gemacht worden, daß eS nicht ratsam wäre, den amerikanischen Senat in solcher Frage zu übergehen, und daß eS auch angebracht erscheine, dem Präsidenten persönlich diesen Triumph nicht vorzuenthalten, der ihm sicherlich genügen könnte, wenn er lediglich persönliche Ziele des Ehrgeizes versolgte. Der Beschluß, das Gesuch um Frieden und Wasfenstillstand abzusendcn, ist einstimmig in der Sitzung des Kronrates gefaßt worden, an der auch der General- fcldmarschall von Hindenburg tcilgenonunen hat. Damit dürfte jede Opposition innerhalb des deutschen Volkes von vornherein er ledigt sein. Ein solcher Widerspruch und innerer Streit wäre ja auch das Schädlichste, was eS jetzt geben könnte. In dieser Ein sicht hat der Reichstag vorläufig aus jede Erörterung verzichtet. Uebrigcns wurde die Eröffnung der Aussprache bemerkenswerter weise nur von den Unabhängigen Sozialdemokraten und von den Polen verlangt, die den Schritt der Regierung grundsätzlich un ausdrücklich billigten; die Konservativen aber haben sich an -er Geschäftsordnungsdebatte nicht beteiligt, also nicht zu erkennen gegeben, daß sie irgend etwas einzuwenden hätten. Sie waren ja natürlich auch über die Stellung der Obersten Heeresleitung unter- richtet. Wenn inan versucht, sich ein Bild von dem jetzt vielleichii koinmenden Frieden zu machen, so ist zunächst zu beachten, dah in der Note an Wilson keine Einschränkung mehr gemacht, keine Bedingung mehr gestellt wird, sich auch nichts von der Unverletz lichkeit des Reichsgebietes noch von den deutschen Kolonien findet. Auch in der Kanzlerrede steht nichts davon. Dagegen ist ausdrück lich von einer bedingungslosen Zustimmung zu der ReichstagSent- schließung vom 10. Juli 1917 die Rede, ohne daß damit gesagt ist, daß die in ihr gezogenen Grenzen unseres Entgegenkommens be hauptet werden muffen. Auch in oer belgischen Frage hört man nichts mehr von «Sicherungen", sondern cs wird lediglich von der «völligen Wiederherstellung Belgiens, insbesondere seiner Unab hängigkeit und seines GebietSmnfangeS" gesprochen, un- dazu kommt, als etwas Neues aus unserer Seite, die «Verständigung über eine Entschädigung" (man spricht von 6 Milliarden). Der Ostsriede wird grundsätzlich preiSgegeden. Neuerdings besteht ja auch Rußland darauf, nicht bloß die Entente. Die Politik, die wir seit jenem Frieden und zum Teil schon vorher dem Baltikum, Litauen und Polen gegenüber verfolgt haben, wird ebenfalls dementiert, denn alle früheren Behauptungen über die Berech tigung unseres Vorgehens in jenen Gegenden werden aufgegeben. Besonders wichtig ist, dah die ganze polnische Frage wieder auf gerollt ist. Was das bedeuten kann, zeigt der vorgestrige Hinweis des polnischen Aeichstagsabgeordneten Seyda, daß unter WilsonS Friedensbedingungen auch ein allpolnischcr Staat mit eigenem Zu gänge zum Meere sich befinde. Ob die Erklärung des Reichs kanzlers über Elsaß-Lothringen, wonach für das Land im Ver bände des Reiches nur noch die Autonomie in Frage kommen kann, aber von einer etwaigen monarchischen Spitze keine Rede mehr ist, am Ende von den Ereignissen bald überholt sein wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls werden wir gut tun, uns mit Fassung zn wappnen für den Augenblick, wo wir im Falle der Annahme unseres Angebotes hören, was im einzelnen von uns gesorderk wird. Sonderbare Gedanken werden wach bei der Erinnerung daran, daß wir einen Frieden, wie wir ihn jetzt zu gewärtigen haben, längst hätten haben können, ja einen viel besseren. Vor Jahren erwiderte dem Schreiber dieser Zeilen ein bekannter alldeutscher Schriftsteller auf Vorhaltungen, weshalb er so bcrserkerhaft gegen den sogenannten Scheidemannfrieden auftrete: «Ich bin nicht gegen diesen Frieden, sondern gegen den Weg, auf dem Scheidemann zu ihm zu kommen sucht, weil er nicht dahin führt; wenn wir nur einen Scheidemannfrieden bekämen!" Heute wissen wir, daß wir ihn nicht mehr bekommen. Jener Friede hätte besagt, daß zwar alles, was französisch war, auch französisch bleiben, aber auch dah alles, was deutsch mar, deutsch bleiben sollte. Fri'iher hätte man das haben können durch ein Bekenntnis der Regierung zu solchem. Denn die Feinde waren nicht immer so verbissen, wie sie jetzt nach ungelxuren Anstrengungen, die auch sie gemacht haben, geworden sind. Aber jener Friede sollte ja bekanntlich der Ruin Deutsch lands und eine Schmach dazu sein- Hier liegt tragische Schuld, nicht nur der leitenden Männer, auch eines Teiles deS Volke- gegen sich selbst. Der Kanzler sprach von einem Rechlssrieden, der also auch uns nicht Unrecht tun dürfte. Allein, was hier Recht und Unrecht ist, darüber wird vorläufig zwischen den Kriegführenden Meinungs verschiedenheit herrschen. Der Kanzler hofft ferner aus «einen dauernden und ehrlichen Frieden für die ganze Menschheit, der unsere Ehre nicht berührt". Wieder erhebt sich die Frage: Was gebietet und was verbietet unsere Ehre? Weil im Juli 1014 der österreichisch-ungarische Monarchie auS Rücksicht aus ihre «Ehre" nicht .zugemuket" werden konnte, auf eine internationale Konferenz zu gehen, die die serbische Streitfrage schlichten sollte und vielleicht nicht alle Wünsche Oesterreichs erfüllt hätte, müssen jetzt wir Zumutungen ertragen, gegen die iene Bedenken flockenleicht wie gen. Sie waren mit einem Hauch wegzupusten, -le Last aber der vier KriegSjahre ist drücken- schwer und wir- noch nach Jahr-