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Mittwoch, 24. November 1937 Sächsische Volkszeitung Nummer L78, Seite S Die letzten Ausländer in Wir bereiten uns auf den russischen Winter vor. Werden wir ihn noch erleben? Ob man Deutscher, Franzose, Engläirder, Amerikaner oder sonst etwas ist, jeder steht jetzt vor dieser Frage. Gestern abend habe ich einen amerikanischen Ingenieur an die Bahn begleitet — er hatte Rußland, das er erst seit sechs Wochen im Auftrage einer großen amerlkanischen Elektrizitätssirmq be reiste, bereits wieder verlassen miissen. „Vertragsgemäß" sollte er ein Jahr bleiben. „Innerhalb 48 Stunden", lautete der Be scheid der GPU. Er batte seine Botschaft, das Wirtschastskom- missariat und was weiß ich noch angerufen. Alles vergeblich. Es ist nie einfach für einen Ausländer gewesen, in der Sowjetunion zu leben — als „Repräsentant der Bourgeoisie", als „Vertreter des Weltkapitalismus" hat man hier immer aus exponiertem Boden gelebt. Man war höflich kühl gegenein ander — es war nicht angenehm, aber die äußeren Formen des Anstandes wenigstens wurden gewahrt. Nichts mehr von ast dem heute. Das Trommelfeuer, das nun schon fast seit Beginn dieses Jahres auf die Ausländer niederprässelt, hat sich von Monat zu Monat verstärkt und es wird wohl erst dann kein Ende finden, wenn — auch der letzte fremde Staatsbürger das „Sowjet-Paradies" verlassen hat. Die Beschimpfungen ge gen uns beginnen, wenn man am Frühstückstisch seine Zeitung aufschlägt. „Spion" — „spy" — „L'Espion" — in allen Zungen der Welt wirft man uns das Wort „Spion" entgegen. Aber das ist nur der mildeste Ausdruck. Er wird fortgesetzt durch lange Berichte über „Aufdeckung einer ausländischen Sabotage- Aktion". Er findet seinen Höhepunkt in der „Enthüllung" einer „Verschwörung", eines „Mordkomplotts", das „natürlich" von Ausländern angezettelt wurde. Wenn man das Trommelfeuer, das da durch Zeitung und Lautsprecher Tag für Tag, Stunde um Stunde auf die Russen niederprässelt, miterlebt, dann versteht man. weshalb sich die Leute mit scheuem Blick umwenden, wenn man auf der Straße oder im Geschäft ein englisches oder gar deutsches Wort spricht. Auf eine Frage In einer fremden Sprache wird man heute in ganz Moskau kaum mehr Antwort bekommen — die einzige Antwort ist ein erschrecktes Zurückweichen. Der zuchthausgleiche Zustand, in dem wir alle, die wir Ausländer sind, heute Im „Sowjet-Paradies" leben, kommt einem so recht zum Bewußtsein, wenn ein Besuch von außerhalb elntrifft. Vor ungefähr 14 Tagen besuchte mich ein englischer Kaufmann, Mr. Brown aus Manchester. Ich sagte ihm beim Tee, als er einige spöttische Bemerkungen machte, daß Vorsicht gegenwärtig besonders angebracht sei. Er lachte und antwortete: „Ja, ich weiß, hier in Rußland ist man immerzu bewacht. Vor meiner Reise hat man mir die Geschichte von einer unserer Lady's erzählt, die meinte, in Moskau allein spazieren zu gehen. Irgendwo, vor einer besonders schönen alten Mauer, zog sie ihren Photoapparat aus der Tasche und knipste. Schon stand ein GPU-Beamter an ihrer Seite, der sie natürlich ver folgt hatte, und will ihr einfach den Apparat wcgnehmen. Da tritt auf sie ein gutgekleideter Herr zu, begrüßt sie freundlich und beginnt dann mit dem GPU-Beamten zu reden. Das war eln Beauftragter von „Intourist", dem Sowjetreisebüro, der den Auftrag hatte, der Lady unauffällig zu folgen. Ja, ich weiß, hier muß man vorsichtig sein." Ick sah meinen Geschäftsfreund etwas erstaunt an. Man staunt eben immer noch, menn man sptlrt, wie sich Fremde heute das Leben in Rußland vorstellen. Und ich erzählte meinem Engländer darauf die Geschichte meines Landsmannes, der auch eine Mauer hatte photographieren wollen. Er bat dann sechs Wochen in den Korkern der GPU gesessen. Als er auf das Drängen seiner Gesandtschaft endlich Uber die Grenze abge schoben wurde, glich er mehr einem Toten als einem Leben digen. „Aber der Mann muß doch etwas verbrochen haben?", fragt mich Mr. Brown ganz erstaunt. „Ja", erwiderte Ich, „er war — Ausländer". Die 8 Gebote von Moskau. Ausländer im Jahre 1937 in der Sowjetunion sein, heißt eben: 1. Jeder Schritt, den Du tust, Ist überwacht. 2. Jeder Brief, den Du schreibst, den Du empfängst, Ist kon trolliert. 8. Jedes Photo, das Du besitzt, und In letzter Zeit auch jede Grammophonplatte, wird beschlagnahmt. 4. Jedes Telephongespräch, das D» führst, wird überhört. 8. Jeder Russe, mit dem Du sprichst, wird einem Krelizverhör unterzogen. Ist er „unbeliebt", genügt die Tatsache einer solchen Unterhaltung allein, ihn für Monate einzukerkern. 8. Jedes Geschäft, das Du zu machen versuchst, ist nichtig, wenn es dem Wlrtschaftskommissariat nicht gefällt. 7. Jeder Vertrag, den Du schließt, kann morgen als gegen die „Volksrechte" verstoßend außer Kraft gesetzt werden. 8. Jedes Geld, das Du erwirbst, ist nicht Dein Eigensinn. denn sowie Du ausgewiesen bist, droht Beschlagnahme Deines gesamten Barvermögens sowie aller Möbel, Bilder und an derer Güter. So sitzen wlr hier in Moskau — ein paar Hundert noch. Wer konnte, ist schon lang abgereist. Die meisten der anderen sind ausgewlesen. Wir sind die letzten und wollen ausharren vis zu jenem Augenblick, In dem kein privater Ausländer mehr in Sowjetrußland sein wird. Kein Russe wagt mehr mit uns zu sprechen: ihn zu einer Gesellschaft einzuladen, wäre gleich- bedeutend mit der Aufforderung, eln paar Monate in die Ker ker der GPU zu gehen. Wir sehen keinen Fremden mehr; Sorvjetimtzland wir sehen kaum uns noch untereinander. Wir sehen uns nur umgeben von Spionen, Verrätern, Agenten. Wir wollen nichts als unsere friedliche Pflicht erfüllen, der eln« als Kaufmann, der andere als Techniker, der dritte als Journalist. Aber das Sowjetreich, bebend in seinen auf Mord u. Brand gebauten Mauern, braucht einen „Siindenbock". Einer muß schuld sein, wenn die Fabriken, unsachgemäß ge leitet, nicht funktionieren. Einer muß vor dem Volk die Ver antwortung tragen, wenn Berawerkskatastrophen und Explo sionsunglücke, die durch Fahrlässigkeit, Unordnung und Gewis senlosigkeit der Sowjetbürokratie verursacht wurden, Hunderte von Menschenleben fordern. Einer muß schuld sein, wenn der „brave, friedliche Sowjetbürger" sich in Verzweiflung gegen die furchtbaren Terrormaßnahmen der „Genossen" ausbäumt. Dazu braucht man die Ausländer. Dazu sind wir heute noch in Rußland geduldet. Wir, die letzten Ausländer in der Sowjet- Union... London im Nebel Der November hat es in sich, — Omnibusse kracl-en. London, 24. November. Die Londoner sind schon einiges gewohnt, wenn dicht« Nebelschleier jede Sicht in den Straßen unmöglich machen. Ein beliebtes Prachtstück in den englischen Kriminalromanen, dis von Scotland Aard und der Verbrecherwelt Londons erzählen, ist limmer. wieder der Nebel, unter dessen Schuh dieser oder jener Mord geschieht; um enüg ungesühnt zu bleiben. Wenn die Nebelschleier sich heben und di« Luft etwcks klarer wird, da findet der wachthabende Schutzmann an dieser oder jener Stra ßenecke einen leblosen Körper. So war es vor Jahrhunderten schon, und es wird für die Zukunft kaum anders werden, denn der Nebel in der englischen Hauptstadt ist ein ständig wieder kehrender Gast. Am vergangenen Sonntag war London buch stäblich grau in grau. Gerade in den letzten Novembcrtägen meint es der Nebel besonders schlecht mit den Londonern, die zur Zett an sich schon in tausend Aengsten stecken. Geht dach die Gefahr bedenklich um, daß di« Hauptstadt von der Seuche des Typhus heimgesucht werden könnte, deren -Herd heute nicht allein mehr auf Croydon beschränkt ist. Ein schwarzer Sonntag Elu Verkehr ist in London nahezu eine Unmöglichkeit, wenn der Nebel, wie am letzten Sonntag, mit Frost und Schnee verbunden ist. An diesem Tag krachten in diesem entsetzlichen Nebel allein vier Omnibusse auseinander, wobei sechsundznxmzig Menschen mehr oder weniger schiver verletzt wurden. Man ver steht cs unter solchen Umständen, daß die Hauptstadt für die Duskraftfahrer eigen« Schulen eingerichtet hat, die die Schüler praktisch unterrichten, jeder Echleuderbewcgung der Omnibusse Herr zu merden. Das ist in London bitter nötig, denn Reif und Eis niacl-en die Straßen gefährlich glatt. Bemerkt sei in diesem Zusammenhang, daß auch Berlin solche Hebungen für die Buskraftfahrer eingerichtet hat und besonders strenge Prü fungen vornimmt. Berlin ist eben mit Recht vorsichtig, obschon Nebel und Wetter in der Reichshauptstadt mit den grauen Schleiern von London, mit den Gefahren durch Schnee und Eis keineswegs zu konkurrieren braucht. Ein geistesgegenwärtiger Vikar Eines der größten Unglücke an diesem schwarzen Sonntag ereignete sich in nächster Nähe der Emanuelkirä-e, wo der Vikar gerade eine Andacht abhielt. Zwei Omnibusse stürzten aufein ander, wobei 17 Insassen verletzt wurden. Die Verletzten wur den in den Vorraum der Kirche getragen. Ihr Leben hing da von ab, daß Verbandzeug zur Stelle war. Der Vikar war gei- tesgegenwärtig und entschiossen genug, sein weißes Gewand in > chmale Streifen zu zerreißen, die als Notverband dienten. Bis nann die Verletzten im Krankenhaus ihre är'tlick-e Pflege anden. Nebel und Frost breiteten sich Uber große Bezirke von England bis nach Schottland hinaus dermaßen aus, daß nicht nur in der Hauptstadt selbst, sondern auch im Lande schließlich der Verkehr teilweise gänzlich ruhen mußte. Auch die Luft linien waren davon betroffen, der Weg über den Kanal nachdem Kontinent konnte sich nach den vorhandenen Nachrichten nicht reibungslos uich ohne Gefahren abwickeln. Eine Nebenerscheinung der großen Londoner Nebelplage verdient vielleicht als typisch ermähnt zu werden. Eine Frau, Katharina Ellacott, ist seit Sonntag vermißt. Di« Polizei hat ihre besten Hunde auf die Spur der 33jährigen Vermißten ge setzt, die zunächst auch die Spur ausnahmen. Der Nebel brachte es aber mit sich, daß die Hunde die Witterung verloren und die Suche nach der Aermsten schließlich aufgegeben werden mußte. Das Schlimmste aber: Typhus Besonders beunruhigt fühle» sich die Londoner allerdings durch die Typhusfälle am Südrande der Stadt, zumal sich die Voraussage des Gesundheitsamtes nicht erfüllte, daß der Höhe punkt «der Epidemie überschritten sei. Im Gegenteil, in Croy don nimmt die Zahl der Todesfälle wie die der Erkrankungen zu. Nun kommt die Schreckensnachricht, daß auch in einer west lichen Vorstadt Londons, in Kensington, Typhussall« verzeichnet werden müssen, die ebenfalls Todesopfer gefordert haben. Ein Fall in Kensington liegt dadurch besonders tragisch, als fünf Familienmitglieder von der Epidemie erfaßt wurden und Vater und Mutter bereits tot sind. Das zuständige Ministerium er klärt, daß die Epidemie in Croydon nichts mit der in Kensington ursächlich zu tun hätte. Di« bakteriologische Untersuchung de» Trinkwassers wird fortgesetzt, ohne daß bisher ein positives Er- gebnis gefunden werden konnte, desgleichen beiveist die Ausbrei tung der Krankheit, daß bislang auch die Mittel, die Epidemie zu bannen, leider versagten. Zwischendurch wurde die Bevöl kerung der betroffenen Ortsteile auch noch dadurch alarmiert, daß Gerüchte einer Diphtheritisepidemie auftraten. Diese Ge rüchte fänden keine Bestätigung. Enteignung -er Betriebe von Lreusot? Paris, im November 1937. In den Höhen zwischen Saone und Loire, in dem Depar tement gleiä)en Namens, etwa 830 km südöstlich von Paris, liegt die nur 23 000 Einwohner zählende Stadt Creusot und mitten in dieser Ortschaft fomls am Rande, getrennt vonein ander durch den Ortsteil mit dem Rathaus, die Anlagen von Schneider, durch die Creusot zu einem der bekanntesten Orte der Welt wurde. Schneider-Crousot ist ein Begriff. Jeder weiß, daß diese Firma der Rüstungslieferant der französischen Armee ist und insbesondere Artilleriematerialien liefert, aber mich Panzerplatten, Torpedos und Minen für die Marine und Mo tor« für die Flugwaffe. Jeder weiß, daß wohl kein Rüstungs konzern so enge Beziehungen zum Ausland unterhält wie dieser, so vor dem Kriege vor allem nach Rußland und jetzt zu den Skodawcrken in der Tschechoslowakei und daß von niemandem so viel Riistungsmateriallen ausgeführt werden wie von Schnei der. Dadurch wurde Schneider auch zu einem politischen Macht faktor. Der Kampf um Schneider-Creusot steht seit Jahrzehn ten mit im Vordergrund der französischen Innen- und Wirt schaftspolitik. In diesem Kampf wurde eine wichtige Etappe dadurch erreicht, daß das Krlegsministerium am 28. August die Einzelheiten für die Enteignung eines Teils der Anlagen von Creusot ab 27. September erlassen, die Firma aber hier gegen beim Staatsrat Einspruch schoben hat. Ausgangspunkt dieses wichtigen staatlichen Eingriffes ist das Gesetz vom 11. August 1938. Dieses sieht vor, daß bis 31. März 1937 gemäß Vorschlägen der Minister der Vertei digung und des Krieges, der Marine sowie der Luftwaffe Rü stungsbetriebe ganz oder teilweise verstaatlicht werden könnten und daß die weiteren Anordnungen, wie die oben erwähnte vom 28. August von den Ministerien zu erlassen sind. Diesem Gesetz' muß sich auch Schneider-Creusot beugen, aber die Firma behauptet, daß die Anlagen von Creusot nicht unter dieses Gesetz fasten, denn sie dienten, wenn sic auch im Ernstfall auf die Herstellung von Rüstungsmaterialien umgestellt werden kön nen. zur Zeit friedlichen Zwecken, wie dem Bau von Eisenma terialien und Maschinen. Die Anlagen von Creusot sind heute eben nur noch Ausgangspunkt eines weitverzweigten Unterneh mens. Die Anschrift der Generaldirektion ist auch nicht mehr Creusot, sondern Schneider et Cie., 42. Rue d'Aniou. und der Chef des Hauses. Eugen Schneider, wohnt vorwiegend in einer der luxuriösen Straßen an den Ufern der Seine. In Creusot ließen sich vor nunmehr gut hundert Jahren die aus dem Saargebiet stammenden Brüder Eugen und Adolf Der ungarische Minister präsident besucht einen märkischen Erbhof Der ungarische Minister präsident von Daranyi be suchte gestern den Erbhof des Bauern Luther in Leu- enberg in der Mark. Vom Nachbargut waren einige zur Zeit dort beschäftigte Land arbeiter erschienen, um ihren Landsmann zu begrüßen. Presse-Hofsmann, Zanoer-M.) Schneider nieder. Sie gründeten dort 1838 die jetzige Firma als Kommanditgesellschaft auf Aktien mit einem Kapital von 4 Millionen. Zur Herstellung von Rüstungsmaterialien gingen sie aber erst 1888 über, nachdem gesetzliche Schranken gefallen waren und das Ausfuhrgeschäft in den Vordergrund getreten war. Dieser neue Zweig des Unternehmens nahm einen ge waltigen Aufschwung, so daß die Betriebe von Creusot nicht mehr genügten. 1897 wurden Werftanlagcn in Le Ham« er worben und etwas später weitere Werke in der Umgebimg von Le Havre, bei Harfleur und Le Hoc. errichtet. Dorthin und nach La Londe-les-Maures, gelegen an den Küsten des Mittel meeres, wurde immer mehr die Erzeugung von Rüstungsmale- rialien verlagert. Dies vor allem, als die Regierung 1926 die Firma Schneider um eine Erweiterung der Fabriken bat. Seit dem liegen die französischen Rüstungsfabriken an der Seine mündung, in der Gegend von Le Havre. Von dort wird vor allem auch das ergiebige Ausfuhrgeschäft gepflegt, denn etwa vier Fünftel der dort hergestellte» Geschosse wird ans Ausland geliefert. Diese Ausfuhr wird übrigens von der Regierung nicht nur geduldet, sondern begünstigt, da sich während des Weltkrieges gezeigt hat. von welchem großen Vorteil es für Frankreich ist, wenn während eines Krieges der französischen Armee die bei Auslandslieferungen gemachten Erfahrungen zur Verfügung gestellt werden können. Als die Regierung Blum auf Grund des Gesetzes vom 11. August 1936 eine Enteigung dieser Anlagen an der Seine mündung wie auch der in La Londe anordnetc lind später di« Ucberführung dieser Betriebe In staatliche Regie für den 27. Juni bzw. 4-. Juli festgesetzt wurde, mußte die Leitung van Schneidex-Creusot sich fügen, denn es handelt sich hier nm Be triebe. die fast ausschließlich Rüstungsmaterialien Herstellen. Die Firma Schneider hat zwar unterstrichen, daß dieser Schritt unsinnig sei, zumal die Geschichte der französischen Rüstungs industrie zeige, daß die privaten Betriebe dank der Initiative der Unternehmer mehr leisten als die staatlichen Arsenale, aber derartigen Protesten kam keine Bedeutung mehr bei, denn durch das Gesetz sind sie juristisch hinfällig geworden. Dagegen nahm der Schneider-Konzern die Entscheidungen über die Anlagen in Creusot nicht an. da hier zur Zeit Rii- stungsmaterialien nicht hergestellt werden. Die Regierung trug diesem Einwand dadurch Rechnung, daß die Verstaatlichung nur einen Teil der Anlagen betraf, aber die Leitung von Schneider war damit nicht zufrieden, da durch diesen Eingriff der Ge samtbetrieb zu sehr gestört und insbesondere die Rentabilität in Frage gestellt wird. Die Firma sicht hierin einen rein politischen Schritt. Die Regierung wolle dadurch der in weiten Kreisen vorherrschenden Auffassung Rechnung tragen, daß in Le Creusot nur Kanonen fabriziert würden und von hier aste Bestrebungen zur Untergrabung der Friedcnsarbeit ausgingcn. Das sei aber nicht der Fall. Durch das Abtreten der Anlagen an der Seinemiindung und bei La Londe und durch die eventuelle Ablieferung eines Teils des Stammwerkes in Le Creusot erleidet die Firma er hebliche Einbußen, aber keine entscheidenden, denn die Herstel lung von Rüstungsmaterialien ist nur ein Gebiet dieses um fassenden Konzerns, dec seine ersten großen Geschäfte mit der Lieferung von Eisenbahnmaterialicn machte, diese stets sehr ge pflegt hat und seitdem einen Zweig nach dem anderen ausge nommen hat. so jetzt wohl alle Arten von Maschinen herstellt. Außerdem hat der Konzern einen erheblichen Einfluß auf die Elektroindustrie, auf Banken und vor allem aus ausländische Unternehmungen genommen. Es ist wohl das umfassendste und vielseitigste französische Unternehmen, das aber dabei im we sentlichen Im Besitz der Familie Sclmeider geblieben ist. For mest ist es zwar eine Aktiengesellschaft mit einem Kapital von übrigens nur hundert Millionen Franken, also nicht einmal 8 5 Millionen RM„ aber nur wenige Aktien werden an der Börse gehandelt und die Aktionäre haben nichts zu sagen. Es werden auch kaum Berichte ausgegeben, sondern alles bleibt im kleinen Kreis der Familie. Jetzt aber Kat die Firma zu entscheiden, ob Näheres über die letzten Maßnahmen der Re- gierung der Oeffentlichkeit mstgeteilt werden soll. Geschieht dies, dann wird es sicherlich zu einem politischen Kampf um Schneider-Creusot kommen.