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Originelle ^eirnt8 -/Vn^eigen Lnglanä mackte 6en /^nksnK — ,,^uk ä!«8em nickt mekr ungewoknlickem >Ve§e" Lange galt die Heiratsanzeige, die letzt rund 160 Jahre alt ist, als der „ungewöhnliche Weg" zur Anbahnung der Be ziehungen zwischen den Geschlechtern. Erst die Zeit um die Jahrhundertwende, als man sich seiner in zunehmendem Matze zu bedienen begann, stempelte ihn zu einem „nicht mehr unge wöhnlichen". Zuerst scheint in England ein findiger Kopf aus den Gedanken gekommen zu sein, mit Hilfe eines Zeitungsinserats sein Lebensgliick zu begründen. Die Zeitung, in der es er- schien, war die „Morningpost". Sie brachte in ihrer Ausgabe vom 8. Juli 1777 folgende, offenbar durchaus ehrlich gemeinte Anzeige: „Gibt es ein Mädchen, das etwas Vermögen besitzt und verständig und edel genug ist, einen guten Gatten einem reichen vorzuziehen und dessen Feingefühl keinen Anstob daran nimmt, aus diese Anzeige zu antworten? Ein junger Mann mit vorzüglicher Bildung im Alter von 26 Jahren, der eine gute Gesundheit, einen klaren Kopf und ein liebe volles Herz sein eigen nennt, würde sich glücklich schätzen, seine Bekanntschaft zu machen. Antworten sind zu richten an P. Q., Kaffeehaus Eastlestreet, Leicester Fields." Es entzieht sich unserer Kenntnis, ob der heiratslustige Ver fasser dieses Inserats damit sein Ziel erreicht hat. Fest steht aber, datz fein Beispiel Schule machte; denn der von dem be kannten Dichter Leigh Hunt gegründete „Examiner", eine zu jener Zeit recht angesehene englische Zeitschrift, greift in ihrer Nummer vom März des Jahres 1822 aus einer älteren Samm lung von populären Anzeigen gerade das vorstehende Inserat der „Morningpost" heraus und rühmt ihm nach, datz es einen wirklich vertrauenswürdigen und aufrichtigen Eindruck mache, „was wir sonst noch von keiner einzigen Heiratsanzeige sagen können, die uns jemals vor Augen gekommen ist". Aus diesem Zusatz geht hervor, datz damals schon sich nur zu häufig un lautere Absichten hinter deratigen Gesuchen verborgen haben mögen. Der „Allgemeine Heiratsanzriger" von 1861 Zu Anfang des 19. Jahrhunderts taucht zum ersten Male auch der gewerbsmätzige Heiratsvermittler im Inseratenteil der englischen Zeitungen auf, der schon erwähnte „Examiner" be richtet am 28. Mat als von einem Novum, datz „sich im Morgenblatt ein Heiratsagent öffentlich anbiete, diskreten Briefwechsel zu vermitteln und sich verpflichtet, die aufrich tige Gesinnung und die Vermögensverhältnisfe jeder Partei fcstzustellen, ehe er eine Begegnung arrangiere." In Deutsch land gehört wohl zu den ältesten Heiratsanzeigen ein im „Hamburgischen Correspondenten" vom 23. März 1792 erschie- neues Inserat, das in schwülstigem Stil abgefatzt ist und scham haft das „Betreten dieses damals noch ungewöhnlichen Weges" mit dem englischen Beispiel zu entschuldigen sucht. Eine Annonce in der „Allgemeinen Zeitung" lätzt jedoch erkennen, datz es bereits um 1861 ein Blatt mit dem Titel „Allgemeiner Heiratsanzeiger" gab, das ausschlietzlich Heirats gesuche und -osferten brachte. Natürlich lietz auch die holde Weiblichkeit sich nicht die Gelegenheit entgehen, von der neuen Möglichkeit, die sich ihr für die Suche nach einem Lebens gefährten oder auch nach einer Lebensversorgung bot, aus giebig Gebrauch zu machen. Vor rund 128 Jahren, am 9. Mai 1812, erschien im „Leipziger Jntelligenzblatt" die folgende ori ginelle Anzeige: „Vier honette, sehr schöne achtzehn- bis vierundzwanzig jährige Mädchen guter Erziehung, vom Lande, wovon jedes sogleich 3669 Gulden als Heiratsgut erhält, wünschen in einer gröberen Stadt Versorgung zu finden. Sie schmeicheln sich, gute Hauswirtinnen zu werden, jeder Wirtschaft ge wachsen und nur wegen der Abgelegenheit ihres Vaterortes von anständigen Heiratslustigen ungesucht zu sein, denn sie sehen mehr auf die Geschicklichkeit und Rechtschaffenheit als auf Vermögen. Um das Nähere können nicht über vierzig Jahre alte und mit keinen leiblichen Eebersten behaftete Subjekte sich schriftlich erkundigen mit der Aufschrift „Suchet, so werdet ihr finden". Abzugeben im Verlagskontor des Jntelltgenzblattes, Petersburger Straße 33. Datz dabet strengstes Stillschweigen beobachtet werden wird, versteht sich von selbsten." Ob die vier honetten Mädchen gesunden haben, was ihr Herz begehrte, entzieht sich unserer Kenntnis. Wir erfahren nur, datz von zwanzig „Subjekten" der erwünschten Art Bewerbungs schreiben eingegangen sind. Betrügerische Heiratslotterie. Ein recht origineller Kauz mutz ein junger Mann gewesen sein, der im Oktober 1821 durch folgende Anzeige in der «Loui- Das Im Tyrolia-Verlag Jnnsbruck-Wien-Mllnchen erschienene Buch von Wilhelm HUnermann „Pater Hofbauer. Der Fähnrich Gottes" ist ein be achtenswerter Versuch, das Leben der Heiligen nach neuen volkstümlichen Gesichtspunkten zu schildern. Der lehr hafte und gelegentlich sllbliche und unglaubwürdige Ton der Heiligenlegende von ehedem ist überwunden. Es ist aber auch keine geschichtliche Studie mit gelehrten Rand bemerkungen. auch kein literarischer Wortklllngel, der mehr der Glorie des Dichters als der des Gegenstandes gilt. Sondern das Buch von Hünermann ist eine leben dige, wirklichkeitsnahe und dabei doch von kindlichem Glauben getragene Erzählung, die den Leser in Span nung versetzt und ihn nicht loslätzt, bis er die letzte Seite gelesen hat. Im folgenden geben wir ein Stück der Darstellung wieder. Hofbauer, der aus materiellen Gründen seiner Neigung, Theologie zu studieren, nicht »achgehen kann, hat das Väckerhandwerk gelernt und ist leit einiger Zeit in der Bäckerei „Zur eisernen Birne" in Wien in der Johannesgasfen als Geselle tätig. „Ja, was habt ihr denn alles?" fragte der Meister sein Weib. „Du lieber Gott", sagte die, „hast denn keine Augen im Kops? Aber so seid ihr Mannsleut'. In der Politik witzt ihr immer alles haarklein, was der Papst denkt, und was der Kai- ser denkt und alles, aber was um euch her passiert, davon witzt ihr halt rein gar nichts. Hast denn nicht gemerkt, datz die Rest rumläust wie 's leibhaftige Regenwetter und datz der Klemens vergeht vor lauter Herzweh?" nana Gazette" zu Geld und zu einer Frau zu kommen ver suchte: „Ein junger Mann von guter Statur und angenehmen Eigenschaften, der sich nach einem Weibe sehnt, bietet sich allen Witwen und Jungfrauen unter 32 Jahren als den Preis einer Heiratslotterie an. Es sollen 660 Lose L Dol lar 86 ausgegeben werden. Nur eine einzige Nummer wird aus dem Rade gezogen, deren glückliche Besitzerin ihn selbst und die 36 666 Dollar gewinnt." Dieser reichlich unverfrorene Ehekandidat sand bald Nach ahmer. Im Jahre 182» bot sich im „Petit Mercnre", einer ln London herausgegebenen französischen Wochenschrift gleichfalls ein junger Mann als Preis einer Lotterie aus, die 96 Lose zu je 28 066 Franken zählen sollte. Heute ist die Heiratsanzeige ein durchaus ernstzunehmendes Mittel zur Eheanbahnung, Uber das kein vernünftiger Mensch die Nase rümpft. Dennoch kann man sich aber mitunter nicht eines stillen Lächelns erwehren, wenn der oder die Ehesuchende bei der Selbstcharakterisierung der Phantasie gar zu sehr die Zügel schietzen lätzt. Dafür nur ein Beispiel, das einer großen deutsch-schweizerischen Zeitung entnommen ist. Heirat. SOS SOS! Unbemannte elegante Jacht irrt ziellos im Lebcnsozean herum. Welcher kühne Steuermann vermag sie zielsicher in den rettenden Hasen der Ehe zu steuern? Dieser Versuch zur Bemannung der eleganten Jacht ge hört zweifellos zu den originellsten seiner Art. Schade, datz man nicht erfährt, ob sich der gesuchte kühne Steuermann gesun den hat. „Ja, gemerkt hab ich's schon. Aber die Ursach, die möcht ich halt wissen." „Ja, hast denn wahrhastig ein Brett vor dem Schädel? Kannst dir denn das nicht zusammenreimen?" „Du meinst die Resl und der Klemens . . ." „Ja, freilich mein ich. Der Bursch hat's dem Mädel ange tan und die Resl möcht halt, datz er den Mund auftät und ein Wörtlein spräch, das dem Herzen wohl tut. Und der Bursch, ja, ich mein, datz der das Mädel halt auch lieber sieht als ein ganzes Schock alter Weiber zusammen. Aber er traut sich halt nicht, es der Meistcrtochter zu gestehen. Das hat dein Weib gemerkt und hat dazu keine Lampe und Schustcrkugel gebraucht wie der Elias." „Herrgott, Donnerwetter! Das ist doch kein Grund, datz man hier herumläust wie ein Huhn, das nicht weitz, wohin mit dem Ei. Die Resl und der Klemens! Aber, Alte, das ist ja grad das, was ich mir gewünscht hab nun schon das ganze Jahr, seit der Bursch bei uns ist. Dann käm doch wieder ein rechtschaffener Bäckermeister in die Eiserne Birn', wenn ich die Augen zumach. Ich will's den Bursch schon lehren, datz er den Schnabel auslut und der Resl sagt, wie's ihm ums Herz ist. Das latz nur meine Sorge sein, Frau Meisterin." Und der Bäcker rieb sich vergnügt die Hände, daun faßte er sein« Frau fest um die Schultern und drückte ihr einen ordentlichen Schmatz aus beide Backen. „Geh, sei nicht narrisch, Alter!" schrie die auf und wischte sich mit dem Schürzenzipfel die ehelichen Licbespfänder vo» Gelickt. — In >Vien in cier )okann68ZÄ886n IVie 6ss Kerrl au8 6em Vsckerksu8 „Lur ehernen kirne" 6en (reellen Kiemen8 Moldauer rum HIsnn Kaken wollte Lin8tinununZ ank die k'erlenreit Plauderei sm >Vockenen6e Von iAsrsbu. Rührend ist es und tröstlich, in den Briefen zu lesen, die Maximilian Dauthendey, der Dichter und Maler, während des Krieges aus Java an seine Frau im fernen Deutschland geschrieben hat. Der Weltwanderer, den es ruhelos sein Leben lang in die Ferne getrieben hatte, lernte nun, zum Verbleiben in der Fremde gezwungen, die heilige Sehnsucht nach dem Vaterland kennen Diese tiefe Sehnsucht ist der Grundton aller seiner Briefe, so wie das tiefe Grün der Grundton im Bilde der sommer lichen Landschaft ist. Dazwischen aber blühen wie bunte Blumen Gedanken auf über tausend andere Dinge, Ge danken von oft überraschender Leuchtkraft. Da beschäftigen den Dichter einmal ängstliche Nach richten, nach denen er vermuten konnte, seine Frau habe den Versuch einer Reise nach Java unter falschem Namen gemacht und sei in Alexandria verhaftet worden. Seine Freunde suchen ihn zu beruhigen, und er berichtet seiner Frau darüber: „. . . als ich erzählte, dah Du vielleicht in Alexandria gefangen bist, und sehr traurig war, tröste ten mich die jungen dreißigjährigen Ehefrauen der Freunde und sagten: ,Ach, man wird doch keine ältere Dame vom Schiff holen!' Ich staunte schweigend. In wendig muhte ich lächeln. Ich habe Dich nie für eine ältere Dame angesehen. Für mich bleibst Du auch im weihen Haar nur so alt. wie ich Dich 1894 In Stockholm zum ersten Male im schönen goldroten Prachthaar ge sehen habe. Aber für die andern sind wir beide ältere Leute geworden. Das kommt mir, her ich weih, dah wir unsterblich sind, komisch vor." Ein gutes Wort ist oft nötig Kann man das schöner sagen. Er ist fünfzig Jahre alt, der gute Max Dauthendey, als er das schreibt. Und kein langes Mah des irdischen Weges ist ihm mehr zu gemessen: ein Jahr später schon ruht er in her Erde Javas, verzehrt von unstillbarem Heimwek. Und dennoch ühlt er sich so jung! Nicht einmal das Urteil der Jün geren, die seine Frau eine „ältere Dame" nennen, kann hn jrre machen. Er lacht innerlich über die Kurzsichtig- reit der anderen. Er findet diese Art, einen Menschen nach Aeuherlichkeiten zu beurteilen, einfach komisch. Was bedeutet schütteres Haar und graue Schläfen, was bedeuten Falten im Gesicht? Gar nichts: denn wir sind ja unsterblich . . . Wenn der Sommer seine Mittagspracht entfaltet, meine Freunde, ist es gut, ein solches Wort strahlender Gewihheit zu lesen. Denn für manches Gemüt kann gerade aus dem Leuchten eines solchen Sommertages, aus der Stille eines Ferientages sich das Blümlein Schwermut entfalten. Das Blümlein Schwermut, auf dessen Grunde Träncntrow'en blinken wie Tau . . . Das kann ganz plötzltzch geschehen; eine solche Stimmung kann dich überfallen wie ein Sommergewit ter, das aus heiterem Himmel Wolken zusammenzieht und unvermutet Blitze und Reaen herabsendet. Viel leicht hast du einmal in einer müßigen Stunde in alten Briefen gekramt und bist auf ein paar Blätter gestoßen, die dich schmerzlich an vergangenes Glück erinnern. Oder du hast Lichtbilder von früheren Reisen kervorgeholt, siehst dich selbst lachend am Ostseestrand sihen oder ln berggerechter Tracht auf einem Alpengipfel. Dann kann es geschehen, dah du verstohlen den Spiegel herholst und das Antlih von einst mit dem von heute vergleichst. Daß du dich an die Klettertour erinnerst, die damals zum Gipfel führte, und dir heimlich gestehst. Heute könnte ich das nicht mehr. . . „Wo ist die Zeit, die goldene Zeit?" Was sind das für Torheiten! Lehrt uns nicht draußen die Natur selbst, daß jede Jahreszeit ihre Be sonderheit hat? Daß es töricht wäre, im Dezember frische Erdbeeren und im Juni frische Winteräpfel zu ver langen? So hat auch jedes Lebensalter seine eigene Schönheit. Und nur wer seine Lebenszeit schlecht an gewendet hat, mag mit leidvoller Sehnsucht sich de, sorglosen Freuden der Kindheit erinnern: „Wo ist die Zeit, die goldene Zeit, wo sind die süßen Stunden, worin ich von der Eitelkeit noch wenig Gram empfunden? Ich war ein Kind, ich trieb mein Spiel, das selbst der Unschuld wohlgesiel, und durst' an keinem Morgen vor Kleid und Nahrung sorgen." So klagt der größte deutsche Dichter des Barock, Johann Christian Günther, dem nach Goethes Wort sein „Leben wie sein Dichten zerrann", weil er sich nicht zu mäßigen wußte. „Mäßigen?" wird nun mancher fragen. „Mäßigen also soll man sich? Klingt das nicht nach mittelmäßig?" — Nur für den, der kein anderes Maß kennt. Die Auf gabe ist eine ganz andere: Nicht ein mittleres Maß gilt es für jeden einzuhalten, sondern das Höchstmaß dessen zu verwirklichen, was seinen Gaben und Kräften nach als Leistung möglich ist. Unseren Vorfahren im Hoch mittelalter galten „maze und stete" als die vornehmsten Tugenden. Und da sich wohl der Schnitt der Kleider und der Lautstand der Sprache, aber nicht das Blut geändert hat, das in deutschen Adern fließt, so haben diese Ideale uns auch heute noch etwas zu sagen. Die Mahnung, die sie an uns richten, lautet: „Sei dir selbst und sei den anderen treu!" Vorsatz für den Sommer Das Fehlgehen tm Irrgarten der Gefühle, „roman tische" Träumerei zur unrechten Zeit, Sentimentalität in Stunden, die nüchterne Geistesklarhcit erfordern — das sind Fehler, für die wir Deutsche eine starke Neigung l>aben. Es gibt gewiß Fehler, die weit weniger edel sind. Aber auch edle Fehler können Schaden anrichten. So wollen wir uns. da nun der Sommer dieses holden Jahres seine volle Pracht entfaltet, das Mort darauf geben: Keine sommerliche Schwermut mehr! Son dern Freude an dem goldenen Füllhorn sommerlicher