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Sächsische Volkszeitung : 17.07.1937
- Erscheinungsdatum
- 1937-07-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193707174
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19370717
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19370717
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1937
-
Monat
1937-07
- Tag 1937-07-17
-
Monat
1937-07
-
Jahr
1937
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 17.07.1937
- Autor
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Sonnabend,Sonntag. 17./18. Juli 1937 Sächsische Volkszeitung Nummer ISS, Seite 1v geschlafen... denn er schlles wirklich alsbald ein, wle ihn Ikneipv cs geheißen hatte. Der funge Priester aber staunte Immer n ieder über die völlige Verwandlung des Prälaten und konnte es beinahe nicht begreifen. Ais sie di» Stufe» des Vatikans hinabgestiegcn, da konnte er sich nicht enthalten. Kneipp zu fragen, wie es denn gekom men fei, daß er erst aufgeregt einsilbig und schweigsam und später so redselig und ausgeschlossen gewesen sei. Kneipp sah Amelia Larkart Amelia Earhart, di« verschollene Fliegerin, die bei ihrem Flug um die Welt im Stillen Ozean, so kurz vor Er» reichung ihres Ziels gezwungen war. aufs Wasser niedrrzugehen und 808-Ruse auszusenden, hat von mehreren Stationen ihres Fluges ausführliche persönliche Berichte an den „Paris Coir" gesandt, in denen sie die wichtigsten Eindrücke während ihres Unternehmens schildert. Ihr Flug silhrte sie bekanntlich von Florida nach Holländifch-Guayana und von da die ganze brasi lianische Nordküste entlang bis beinahe an die östlichste Spitze von Brasilien. Von dort, das heißt von Fortalezza aus, schreibt sie am 6. Juni: „Wir haben heute IWO Kilometer Dschungel überflogen, die, zusammen mit den 500 Kilometern Wasser unser« Tage reise lang und interessant gemacht haben. Zwischen Paramaribo lNiederländisch-Euayana) und hier gab es nur einen einzigen Fleck, wo man im Notfall hätte landen können: ein weites Feld mitten im Dschungel. Aber da alles gut ging, brauchten wir nicht eine Landung zu wagen, die hätte gefährlich werden kön nen. Ich war sroh, als ich im Nachmittagsnebel von weitem Fortalezza zwischen einem Berg und dem Meer aussteigen sah. Ich war tatsächlich ohne meteorologische Berichte losgeslogen, und die Schwierigkeiten des Geländes machten die Reise für ein Landslugzeug unangenehm. . . . Wir haben den Amazonenstrom überquert, und es war ein eindrucksvoller Anblick, diesen unge heuren Strom, der noch breiter ist als der Mississippi, leine Wasser von Westen nach Osten der Küste zuwälzen zu sehen und seine mächtige Mündung ins Meer. Wir haben heute auch den Aequator überflogen, aber mein Begleiter, Fred Noonan, muß sich darüber trösten, daß er nicht die klassische Taufe an mir voll zogen hat, die berühmte „Linien-Tause". Er hatte in einer Tkermosjlasche Eiswasser dafür vorbereitet, mit der Absicht, es mir im gegebenen Augenblick über den Kops zu gießen. Aber, beschäftigt, wie er gerade war, unsere Position zu ermitteln, ver gaß er es im richtigen Zeitpunkt vollkommen. Morgen sliegen wir nach Natal weiter. Da diese Stadt nur 10 Kilometer von hier enlsernt ist, werden wir etwas später ausstehen als gewöhnlich. Das wird eine ganz gute Vorberei tung auf die lleberquerung des SUdatlantiks nach Dakar sein, 2500 Kilometer Flug über den Ozean. Wir werden die Ge legenheit des notwendigen Aufenthalts benutzen, um die Ma schine ein wenig zu Überholen und unsere Hemden waschen zu lasten. Ich habe tatsächlich meinen ganzen Wiischcvorrat auf gebraucht. und meine Schuhe sind in Fetzen. Mein Koffer ist allerdings nicht sehr groß, und obwohl er nachgewicsenermaßen alles enthält, was für einen so langen Flug notwendig ist, so ist dieses „Notwendige" leider recht mager. Es tut mir leid, mor gen wieder weiter zu müssen, denn diese Stadt scheint entzückend, aber einmal hosse ich, mich in allen dielen Städten, die ich jetzt berühre, so lange auszuhalten, wie ich Lust habe." Don Saint Louis im Senegal schrieb die Fliegerin am 8. Juni: „Heule nachmittag hat meine Elektra afrikanischen Boden berührt. Ich hatte eigentlich die Absicht, in Dakar zü landen. Wenn ich nicht bis dahin gekommen bin. ist es aus schließlich meine Schuld. Als ich zum ersten Male die afrikanische Küste erblickte, machte ein dicker Nebelschleier sie undeutlich. Mein Begleiter Fred Noonan, kritzelte mlr auf ein Stück Pa pier, daß ich weiter nach Süden halten müsse Hätte ich aus ihn gehört, so wären wir wenige Minuten später in Dakar gewesen, aber eine Wendung nach links und ein Flug von 100 Kilo meter die Küste entlang schienen mir angenehmer. Aus diese Weise sind wir nach St. Louis gekommen. Als wir uns erst ein mal über dem Flugplatz bcsanden und unsere genaue Position sestgestellt hatten, schien es mir weiter, zu landen als den Flug an einer unbekannten Küste fortzusetzen mit der Aussicht, vor der Ankunft in Dakar von der Nacht überrascht zu werden. Das Wetter war während des ganzen Fluges lehr schlecht. Fast die ganze Zeit hatten wir Gegenwinde, deren Stärke während der ersten Hälfte etwa 35 Kilometer in der Stunde betragen haben muß. Dann kamen eine Zeitlang Wolken, gefolgt von klarem Himmel, dann wieder Wolken, diesmal fcbr niedrig, und am Schluß endlich der heftigste Regen, den ich fe erlebt. Glück licherweise sing diese Sintflut erst lange nach Tagesanbruch an. Unsere Geschwindigkeit scheint beinahe die vorhergesehene ge wesen zu sein. Ich hatte mit ungefähr 250 Kilometer in der Stunde gerechnet. Da die ganze Strecke etwa 3203 Kilometer den jungen Konfrater über seine Brille hinweg schmunzelnd an. „Des möchten'» wissen? Des Ischt ganz einfach. I versteh was von der Gsundheit und der Herr von der Kirche. Zu- erscht ivar e r der Bapscht und nachher mar i der Bapfcht." Er kicherte fröhlich in sich hinein. Der Priester aber lachte so laut, daß der Schweizer, der am Ausgang wie eine Bildsäule stand, verwundert ausblickte... sAus K. B. Nr. 28.) / Von ttirem klue / um «Ile Welt lang war, muß unser Durchschnitt gerade ein wenig darunter ge wesen sein, aber während dieser Etappe habe ich, ebenso wie bei den vorhergehenden, nicht die Höchstleistung aus den Motoren herausgeholt, denn ich will sie so sanft wie möglich behandeln, in Anbetracht der großen Leistungen, die sie noch bewältigen mästen. Im Notfall kann ich von meinen 500 ?8 noch 35 Kilo meter mehr in der Stunde verlangen. Heute abend bleiben wir hier, morgen werden wir nach Dakar fliegen, wo wir die Vor bereitungen für unsere weiteren Pläne treffen werden. Eine außerordentliche Hitze soll, wie ich höre, di« Flugbedingungen im Innern von Afrika möglichst ungünstig gestalten " Und von Thartum in Nubien endlich lautet das Tagebuch: ' „Heute, den 1«. Juni, ist Sonntag. Letzten Sonntag war ich in Brasilien, und nächste Woche hoffe ich in Australien oder, bei einigem Glück, noch weiter zu sein. Seit Miami haben wir 16 000 Kilometer und seit Oakland 21 000 Kilometer zuriickgekegt, also annähernd die Hälfte unserer 40 000-Kilometer-Reife. Das Gebiet, das wir heute überflogen haben, erinnert merkwürdig an Arizona und an Neu-Mexiko, so sehr, daß ich mich manchmal in den Arm kneifen mußte, um mich zu vergewistern, daß ich nicht träume. Der Tschadsee erinnert sonderbar an den Salzsee. Der große Unterschied zwischen hier und den Bereinigten Staaten ist die außrrordentliche Arbeit, die bet uns von dem Menschen vollbracht worden ist. In den Tei len von Znnerafrika, die wir überflogen haben, scheint cs tatsächlich keine Wege zu geben. Ls sind kaum Pfade, di« sich durch das Dickicht schlängeln. Nur selten tauchen Felder aus. wo man landen könnte. Trotz unserer Bemühungen. Löwen. Elesanten oder gar Krokodile zu sehen, habe ich nichts dergleichen erblicken können, obgleich das Gebiet angeblich reich an solchem Wild ist. Es ist freilich wahr, daß wir ganz damit beschäftigt waren, unsere Karten und unsere Meßinstrumente zu beobachten. Die einzigen Tiere, die wir ge sehen haben, war ein Trupp von Rhinozerossen, die sich nicht ein mal rührten, als sie unsere Motoren 100 Meter über sich surre» hörten. In der Nähe des Tschadsees bemerkten wir große, weiße Vögel, wahrscheinlich Pelikane. In wenigen Minuten werden wir nach Mastaua in Eritrea wcitersliegen. unserer letzten Station in Afrika. Ich weiß noch nicht, ob wir uns in Aden auf halten oder unmittelbar nach Karachi sliegen werden. Der Flug von Mastaua nach Karachi ist der schwierigste üer ganzen Reise, weil man ständig wüst« Gegenden überfliegt, wo die Möglichkeit, «inen geeigneten Landungsplatz zu finden, gleich Null ist." Lrkindei' 8in<ä drollige klrkin6ungen unä Lrrungensckakten unter 6ie l^upe genommen Ein Liegnitzer Erfinder hat eine kleine Borrichtung er sonnen, die am Reisen des Fahrrades angebracht wird und die jedesmal, wenn dem Reifen die Lust ausgeht, schrillePseis- töne von sich gibt. Warum ausgerechnet schrille Pseistöne? Echt's nicht ein wenig melodischer? Wenn jeder, dem in der Welt die Luft ausgeht, pfeifen möchte, das müßte ein schönes Geheule geben. Auf eine noch groteskere Idee ist «In schweizerischer Er finder verfallen. Er will den Leuten das Bergsteigen einfacher machen. Der Mann denkt sich die Sache so: der Berg steiger hat sich unter jeden Schuh einen Blasebalg zu schnallen und außerdem einen besonders gearbeiteten Rucksack umzuhängen, von dem aus zwei Schläuche zu den Blasebälgen führen. Jedes mal — so kalkuliert der schlaue Kopf — wenn der Bergsteiger auftritt, wird die Lust in den Rucksack gedrückt, der Bergkraxler kommt immer mehr von der Erdenschwere los. Ein anderer kann es nicht mehr länger mitansehen, daß Unge schickten die Butterbrote immer wieder aus die beschmierte Seite satten. Dem ist einfach dadurch abzuhelsen, sagt sich das überspitzte Erfindergehirn, daß man eine Schraube (!), die durch eine Eummischeibe gepolstert wird, in die unbeschmierte Brot seite steckt. Daß der spekulative Erfindergeist sich ausgerechnet zu der Schraube flüchtet, macht mich bedenklich, dlomon est amen . . . Das einzig Versöhnende dabei ist, daß sich der Herr Erfinder die Unantastbarkeit der Butterseite von dem einzelnen Staatsbürger nur mit einem Groschen bezahlen lasten will. Wieder einem anderen Erfinder kommt es daraus an, die Zeitungshyänen zu treffen, die in den Cafes die Zeitung weit über die normale Zeit hinaus in Anspruch nehmen. Im Griff des Zeitungshalters ist ein winziger, uhrwcrksähnlicher Mechanismus angebracht, der nach zwanzig Minuten einen Miniaturwccker selbsttätig in Bewegung setzt und dem Neuig- keitslcckermaul plausibel macht, daß auch noch andere Leute An spruch aus die Zeitung haben. Dem Betrieb der öjsentlichen Lesehallen dürste die Einführung des signalisierenden Zeitungs halters aber kaum zu empfehlen sein, denn das ewige Geraste! macht die aussichtsührcnden Beamten mit der Zeit reis sür die Nervenheilanstalt. Eine an sich recht niedliche Neuerung stellt sich in einer Er findung vor, die unlängst in amerikanischen Geschäslshäusern Eingang gesunden hat. Es handelt sich um eine Kombination von Ladentiir und sprechendem Film. Cowie man die Tür öffnet, setzt sich die Sprechvorrichtung in Bewegung. Man hört zunächst eine kurze, aber freundliche Begrüßung: „Bitte, treten Sie ein! Seien Sie herzlich willkommen! Nehmen Sie Platz! Wir stehen Ihnen gleich zur Verfügung!" Dann folgt ein süßer einschmeichelnder Walzer. Der Kunde hat keine Ge legenheit sich zu langweilen, er wird mit den besten Eindrücken empfangen, — ein» neue Form von Kundendienst, die sicherlich viel für sich hat Die Praxis wird nach und nach freilich ent scheiden müssen, ob die automatische Begrüßung nur Vorzüge hat. Da die Böswilligkeit der Menschen nun mal nicht ausstirbt und da auch Amerika nicht frei von Lausbuben ist. die schabernack weise die Tür ausreißcn, dürfte auch der automatische Willkam» mcnsgruß nicht eitel Freude sein. Dem Geschäftsinhaber, der mit beißendem Sarkasmus zu stöhne» gewohnt war: „Alle halbe Stunde kommt keiner." wird in Zukunst vermutlich die Regsam keit der Ladentür nickt minder aus die Nerven fallen als bisher ihre Faulheit. Es wäre noch von mancherlei anderen Dingen zu reden, die Form und Gestalt in Ersindergchirnen angenommen haben, von Dingen, die ohne Zweifel ungeheuer interessant sind, namentlich, weil sie zeigen, in wie lichte Weiten sich der Gedanke vor arbeiten kann, wenn der Drang nach Ruhm und Reichtümern der Mitberater ist. Es wäre noch zu sprechen von den zusammen legbaren Schrubber- und Besenstielen, von den Kasseetasten mit Spirituserwärmung, die auch bei noch so angeregtem Klatsch den Kaffee auf angenehmer Temperatur hält, es wäre zu reden von den Sitzstangen für Vogelkäfige, die aus kühl und aus warm eingestellt werden können, es wäre zu sprechen von . . . Lasten wir es genug sein! . . . Ein Gewaltiges ist der Mensch, noch dämonischer aber ist sein Geist, wenn es ihn nach Ersindungen dürstet, die uns — gerade noch gefehlt haben ... Der blamierte 8alvmo Da nichts auf Erven einmalig bleibt, wiederholen sich auch die ausgefallensten Begebenheiten. Kamen da zum Land richter eines griechischen Städtchens zwei Hirtenfrauen aus den Skrgcn mit einem dringenden Anliegen. Sie stritten sich um einen sechs Monate alten Säugling. Beide behaupteten, dies sei ihr Kind, und der Richter erinnerte sich natürlich auch prompt an den biblischen Fall, wo Salomo, der königliche Richter, das umstrittene Kind einer der beiden weinenden Mütter zusprcchen sollte. Ter griechische Landrichter machte es sich verhältnismäßig leicht mit seiner Entscheidung: er hielt sich einfach an den Präzedenzfall, ließ ein Brotmesser holen und erklärte, das Kind zu gleichen Teilen zerschneiden zu wollen, damit jede der Frauen die Hälste bekäme. Wie Salomo hofft« er, daß die richtige Mutier lieber aus das Kind ver zichten als cs halbiert sehen wollte. Salomo hatte mit seiner Hoffnung mehr Glück — die beiden Hirtensrauen kannten dis biblische Geschichte sehr gut. Sie wußten also, worauf es an kam, um das Kind zu erhalten, und — verzichteten beide. Ja, um zu zeigen, wie ernst es ihnen mit dem Verzicht war, ver ließen sie beide das Haus des Richters und gingen wieder in ihr« Bergheimat zurück, beide he send, daß ihnen das Kind nachgeschickt würde. Der Richter aber hatte ganz vergessen, sich die Namen und die Anjchrist der Hirtensrauen auszu schreiben, und nun sitzt er da mit dem Säugling, der jetzt aus einmal gar keine Mutter mehr hat, und hat noch dafür Sorge zu tragen, daß das Kind nicht umkommt. Hoffen wir, daß sich die wahre Mutter nach einer Weile doch wieder meldet und den verratenen und verkausten Salomo von der unerwarteten kleinen Bürde befreit. wir ins Bolkswohl gegangen, Freund Oberhuber und ich. Und gegen das Ende des Monats haben wir nur noch von Kommißbrot und klarem Zucker gelebt..." „Zucker?" wundert sich Suchebrod. Jawohl!" nickt Klabautermann. „Das kennst du wohl nicht? Das hat mir der Oberhuber damals bei- aebracht. Wir waren ja beide arme Luder, Geld übrig hatten wir keins. Und Raucher waren wir beide nicht. Denn mit einer Zigarette kann man sich auch den Appe tit gründlich verlegen. Aber dazu muh man gewohnheits mässig Zigaretten rauchen, und das war uns zu teuer..." „Von dem klaren Zucker das wolltest du erzählen", erinnert ihn Suchebrod. „Ja freilich! Bin ja schon dabei. Das Rezept ist sehr einfach: Man kauft sich den billigsten klaren Zucker, den es gibt, nimmt einen Lössel und schüttet sich den Mund ganz mit Zucker voll. Den zerkaut man und wiederholt dasselbe zwei- bis dreimal. Dann ist auch der wütendste Appetit radikal verschwunden." „Pfui Spinne!" schüttelte sich Suchebrod. „Zu einer solchen Pferdekur braucht man aber elend gute Zähne!" „Tie hatten wir ja damals als junge Kerle!" lacht Klabautermann. „Die Zahnarztrechnungen sind uns erst in höheren Semestern präsentiert worden . . . Uebrigens haben wir es uns trotz unserer im allgemeinen leeren Taschen damals doch nicht nehmen lassen, ab und zu ganz groß auszugehcn." „Al/o doch!" nickt Suchebrod. „Freilich — was wir damals „ganz groß" nannten. Wir gingen In irgendein Speiselokal mittlerer Güte, bestellten das Menü und tranken dazu eine Flasche bil ligen Wein. Darauf haben wir immer gespart. Und ich habe darauf gehalten, datz ein solcher Ausflug in die feinere Welt immer erst dann stieg, wenn die nötigen Iechinen bereit lagen. Oberhuber, der hätte freilich öfter einmal Liist zu einem solchen Ausflug gehabt. Wenn er dann aber drinsatz im Lokal, verlieh ihn der Mut und er bestellte sich einen Fleischsalat. Da habe ich aber nicht mitgcmacht. Nein, mein Lieber, habe ich gesagt, entweder richtig oder gar nicht . . . „Hättet ihr das Geld nicht lieber für euer Studium anwenden sollen?" fragte Suchebrod vorsichtig. „Nein!" verneint Klabauterman mit voller Ueber- zeugung. „Bon dem, was ich studiert und gelernt habe, habe ich vieles neu lernen müssen, manches vergessen, Jene trotzigen Aufstände gegen die Finanzmisere aber gehören zu meinen schönsten Erinnerungen. Viele weit bessere Dinge als damals habe ich ja inzwischen zu essen bekommen — aber so geschmeckt hat es mir nie wieder!" Einmal ganz ohne Sorgen sein „Ein schönes Alter ohne Sorgen", sagte die Sieb zigjährige und lächelte, „das hatten wir beide uns immer gewünscht, mein Seliger und ich. Aber dann ilt es ja doch etwas anders gekommen. Damals, als wir jung waren, nicht wahr, da haben wir auch tausend kleine Wünsche gehabt. Mein Seliger hat so gern Zigarren geraucht, aber nur Sonntags hat er sich eine gegönnt. Ich habe für mein Leben gern Konzerte gehört, aber die Eintrittspreise waren mir zu hoch. Man hat gespart, und gespart . . . Alles für die Kinder. Und für ein schönes Alter. Als dann der Krieg gekommen ist und mir den Aeltcsten genommen hat, da war das ja alles schon ganz anders. Und als das Upglück über das Land kam mit der Inflation, da war es aus mit dem Traum vom Alter ohne Sorgen . . . Aber sehen Sie: der Herrgott hat es doch alles noch gut gemacht. Zwei von meinen Kindern leben noch und haben selber Kinder. Und ich bin soweit noch gesund und gut auf den Beinen. Jetzt bin ich glücklich, datz ich für mein Enkelkind schassen und sorgen darf. Denn ganz ohne Sorgen — das wäre ja doch nichts. Das denkt man sich wohl, wenn man zu viele Sorgen hat. Aber aushalten würde man's ja doch nicht. Heut bin ich glücklich darüber, datz ich immer mein Päckchen Sorgen gehabt habe bis heute. Zum Ausruhen ist ja noch Zeit genug. Wenn ich einmal da drüben liegen werde neben meinem Seligen, dann werden wir ia wohl ganz ohne Sorgen sein." * Einmal . . . Ia, so könnte ich nun noch zwei Dutzend solcher kleinen Geschichten erzählen: Einmal eine Reise nach Italien machen, einmal das Grotze Los gewinnen, ein mal mit dem Zeppelin sliegen, einmal zur Olympiade nach Tokio fahren, einmal boxen können wie Schmeling, einmal so schön sein wie Willy Fritsch oder Sybille Schmitz, einmal eine richtige Leica besitzen, einmal einen Weitzfuchs geschenkt bekommen . . . Ia, wo ist da ein Ende? Diese Reihe lätzt sich steigern bis zum grötzten aller ganz «rotzen Wünsche: Noch einmal im Leben von vorn anfangen könnenI Aber willst du nicht lieber diese Plauderei selber fortsetzen? Denn auch du, mein Freund, hast deine heim lichen, ganz großen Wünsche. Wenn du es auch vor andern nicht zugibst. Du selbst darfst dir es ja doch wohl gestehen. Aber denke an diese Wünsche bitte nicht mit der Wehleidigkeit des Unglücklichen, dem alles zum Ärger nis wird, sei es Sonnenschein oder Negenwetter. Son dern mit der ehrlichen Freude des Heiteren, der in allem das Mute sieht. Denn es kommt ja gar nicht darauf an, ob unsere großen Wünsche erfüllt werden. Sondern dar auf, datz wir sie treu im Herzen bewahren Denn unsere großen Wünsche — das sind zugleich die starken Hoss- nungen, die uns über die Abgründe des Lebens hin»r«t vorwärts und in die .KubruEt sichren.
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