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Sonnabend/Sonntag, 1S./20. Juni! 1SS7 Sächsische Volkszeitung Nummer 141, Seite 10 Spiels zu setzen. Er klatscht« iki di« Hände Md rief: „Rün mag die Malibran Kopsschmerzen haben!" , Dann sagte er zu dem jungen Musiker: „Kcmmen Sie, Ci« geben heut« abend im Theater «in Konzert." Der Jüngling stand wie verdutzt da. Es war ihm, als siele ihm das Glück in den Schoß. Aer er fatzt« sich sofort und bat, sich noch schnell dazu umziehen zu dürfen. „Nein", antwortet« Meister Zamptert, ,d>e Zeit drängt!", ergriff dann den Geigenkasten und zog den jungen Musiker mit sich fort. Erft al« sie beide auf dem Wege nach dem Theater waren, fand Zamptert Zett, sich über die Person de» jungen Künstler» zu unterrichten. „Ich heltze Ole Bull", so erzählte der bezaubernd« Geiger, der um so redseliger wurde, je mehr sie sich dem Theater näherten, „und stamme aus Bergen in Norwegen." „Epielid Eie schon lang« Geige?" „Ich konnte schon mit fünf Jahren richtig« Tön« hervor» zaubern und habe schon mit acht Jahren vertretungsweis« im Musikverein mttgewtrkt. Dann war ich Musikdirektor in Bergen. Und nun versuch« ich mir mit der Geig« di« Welt zu erobern." „Aber wie ist es möglich, daß Sie fremd umherrelsen?. Warum spielen Sie nicht in einem Orchester?" „Ich habe viel Unglück gehabt", antwortete Ole Bull- „Ich könnte jrtzt wohl im Orchester der Komischen Oper in Parts spielen, aber als ich mich dort beworben hatte, legt« man mir ein so einfaches Mustksptel zum Vorspiel vor, daß ich übermütig fragt«, ob ich von vorn oder von hinten anfangen soll«. Darauf wurde ich ungehört abgelehnt." Als sie das Theater erreichten, hatten die Besucher schon ihr« Plätze eingenommen und warteten darauf, dt« weltbe« rühmte Sängerin zu hören. Meister Zampleri ließ den Vorhang ziehen trat auf die Bühne und verkündete in einer Ansprache, dqß Maria Mali» Iran ihr Konzert wegen Kopfschmerzen abgesagt habe. Eine Welle der Enttäuschung ergriff die Zuschauer. „Dennoch werden wir heute abend einen Kunstgenuß er leben", fuhr Meister Zampleri fort, „wie er nicht jeder Ge neration beschert ist. Lin außergewöhnliches großes Glück hat «ns Ole Bull, den Geigerkönig au» dem Norden, zugesührt. So fremd, wie er in unser Land kam, so berühmt wird er es serlasfrn. Er spielt di« Geige, wie sie vor ihm nur Paganint gespielt hat." Meister Zampleri verneigte sich. In den Rängen und im Parkett entrüsteten sich die Zuschauer, daß sie mit einem unbe kannten Geiger vorlieb nehmen sollten, wo sie sich aus «in« der namhaftesten Sängerinnen der Zett gefreut hatten. Als Ole Bull aber die ersten Striche getan hatte, dachte niemand mehr an Maria Malibran. Und als Ole Bull sein Konzert beendet hatte, wurde sein Weg zum Ruhm durch einen Blumenregen erössnet, wie ihn das Theater in Bologna noch nicht erlebt hatte. Die Musiker stürmten auf die Bühne und beglückwünschten den Geiger, der es wirklich königlich verstand, den Bogen zu führen. Za, die Begeisterung wurde so groß, daß Meister Zampleri sogleich ein zweites Konzert mit Ole Bull vereinbaren mußte. Der nordisch« Ecigerkönig stand am Ansang seiner rühm» reichen Laufbahn. Lr konnte nickt mit äem Ropk äurck die >Vanä Es gelingt nur wenigen Begünstigten, mit dem Kops die Wand einzurennen, meistens erweist sich die Wand härter als der Schädel, wie einige Beulen hinterdrein zu beweisen pflegen. Daß einer aber diese Redensart nicht sprichwörtlich, sondern ganz wirklich ausprohieren wollte, ist sicherlich noch nicht da gewesen. Wenn man aber hört, daß es sich hier um einen Studentenulk und dazu um eine fortgeschrittene Stimmung handelte, so sagt man höchstens „Aha!" und denkt sich sein Teil. Der Studentenulk in Kowno, bet dem es darum ging, mir dem Kopf die Wand einzurcnnen, endete nur leider recht tragisch, denn die Wand erzeigte sich auch in Wirklichkeit härter al» der Kopf. In einer Gastwirtschaft der litauischen Haupt stadt wettete ein Student mit seinen Kameraden darum, daß sein Schädel sich ganz erstaunlich hart erweisen würde. Das ungewöhnliche Unternehmen lockte noch mehr Zuschauer herbei, s» daß der Wirt in dieser Stunde eine vorzügliche Einnahme erzielen konnte. Da» war aber auch das einzig positive Ergebnis der dummen Each^denn der Student rannte mehrere Male mit voller Wucht, aber immer vergeblich, gegen die Wand an. Da» Wirtshaus blieb schön stehen, wie es stand, jedoch der wahn» sinnige junge Mann taumelte schließlich, nachdem er seinen Schädel mit etlichen Beulen verziert hatte, bewußtlos zu Boden. Zotigere?arküni8 — nickt8 / Lcknappsckuü von einem LekSnkeltsssIon / tVer möekte nickt nett aurrseken? Zm eigentlichen Salon ging es zu lebendig her, um sich in Ruhe besprechen zu können. Da hatten die Mädchen all« Hände voll zu tun, und in höchster Geschäftigkeit flogen ihre weißen Kittel um di« schlanken, zierlichen Körper. . . . Mit einem Nagelscherchen und rotem Lack sahen wir Anni, und an den Bestrahlungsapparaten stand di« schwarzbraun« Marte. Mit Kinnbinden machte sich die Chefin persönlich zu schaffen, während eine Etage höher getanzt und gesprungen wurde — das Bemühen jener Damen, die in der Gymnastik eine letzte Chance zur Gewichtsverminderung zu sehen glauben. . . . Und was die Kundinnen nicht alles wissen wollen?! Ob Fleischgenuß der Haut gefährlich werde, und welche Mittel zweckmäßig seien, um irgendeine Falte auf der Stirn zu be seitigen. . . . „Ach, ich kann mich vor Schmarotzern nicht mehr retten!" Wir folgen der Direktrice ans Telefon und hören zu, wie eine der wesentlichsten Fragen in der Schönheitspflege ihre Lösung erfährt. . . . Zur Debatte stehen die Mitesser im Ge sicht. Dis einer ungenügenden Pflege die Schuld gegeben wird, dringen Wort, der Entrüstung aus dem Apparat. . . - „Aber was denn sonst, gnädige Frau?I Wasser und Seife schützen vor den Pickeln nicht, im Gegenteil, zu häufiges Waschen ruft sie hervor. » . Nun ist der Protest verstummt. Ueber eine Viertelstunde läßt sich di« Unsichtbare beraten. Wenn st« alle», was ihr fernmündlich geraten wird, befolgen sollte, kann die Stadt um «ine schöne Frau bereichert werden. Warum auch nicht, wo der Kampf gegen die Mitesser fast spielend zu bewältigen ist. Meist genügen zur Reinerhaltung der Haut schon De« stchtswasser und Tagesschutzcreme. Sind di« Mitesier aber einmal da, dann muß vor allem «ins vermieden werden : — die Poren auszudrücken l Wer dies tut, darf sich nicht wundern, wenn Infektionen und Eiter bildungen auftreten. Es gibt ungefährlicher« Wege, wir er innern nur an die vielen pulverisierten Kräuter, mit denen die Haut erweicht werden kann, so daß der Mitesier schließlich, bet Vermeidung jeglicher Gewalt, wie ein« überreich« Frucht von der Haut absällt. Weiße Pünktchen sind zuweilen etwas sehr Schönes, nur dürfen sie nicht um die Augen herum zu sehen sein. Dann lassen st« nämlich auf einen Defekt in der Verdauung schließen. „Ich habe alle Hautpflegemittel probiert, st« nutzten alle nichts ..." — Wie konnte der jungen Dam«, die persönlich erschienen war, geholfen werden? — „Wir müssen mal di« Kost umstellen, meine Liebe! Das Zuviel an Säure ist an Er hatte eine Gehirnerschütterung, und dazu eine nicht unge fährliche Schädelverlehung erlitten, so daß man ihn schleunigst ins Krankenhaus schaffen mußte. Romantik in äer Rücke Kann man einen Menschen bestrafen, der einen anderen glücklich macht? Die Frage ist ganz eindeutig, und es scheint un möglich. solches Tun mit einer Strafe zu belohnen. Doch die weisen Richter, die kürzlich hier einen im wahrsten Sinne des Wortes „romantischen" Prozeß zu verhandeln hatten, waren einer durchaus gegenteiligen Meinung. Weshalb? Es war nicht nur ein romantischer, sondern auch ein psychologischer Pro zeß. In diesem Falle handelte es sich nun um die Psychologie einer Köchin, es ging hier um kulinarische Genüsse und lyrische Schwärmerei. Im Prozeß handelte cs sich nunmehr um Schwär merei, und das war gerade das Schwierige daran. Die biedere Köchln Martha B., die für ihre Herrschaft aus gezeichnete Mehlspeisen zuzubereiten wußte, verwandelte sich eines Tages — es vor vor vielen Jahren — in ausfallender Weife. Ursache? Bei ihrer Freundin hatte sie einen jungen Mann kennengelernt und dann nie wiedergesehen. Doch in den vielen Jahren erhielt sie von ihm immer wieder liebesdurch- glühte Briefe. Er war stets fern, er konnte nicht kommen, war „beruflich verhindert". Diese Liebe und Entfernung war trau rig und freudig zugleich. Sie machte das Leben so interessant, wenn auch manchmal die beidere Martha B. die Schwermut überkam. Aber eines Tages war es zu Ende. Nicht etwa, daß die Fernliebe sich in eine Nahliebe verwandelte, um bald in einer Enttäuschung zu enden, nicht etwa, daß eine Absage für immer kam. Nein, Martha erfuhr, daß ihr Geliebter gar nicht existierte, und daß die glühenden Liebesbriefe ihre Freundin zum Ber- fgsier hatten, die sich „mal. einen Spaß" erlaubt hatte. Schöner allem schuld. Einer säurefreien Diät werden Sie sich unter ziehen, und das Eepünktel wird eins, zwei, drei verschwunden sein." Daß mitunter sogar das Parfüm zu Sorgen Anlaß gibt, lehrt uns eine Frau, die von dem köstlichen Saft enttäuscht worden ist. . . . Sie wird dahin belehrt, daß man Parfüms nie auftupfen darf. „Das nächste Mal versuchen Sie es mit Zerstäuben. Die Wirkung wird nicht ausbleibcn, das Aroma erfüllt den ganzen Menschen und der Duft ist anhaltend. . . . Im übrigen haben Sie ein Parfüm gewählt, das meine» Erachtens zu ihrer Persönlichkeit nicht paßt. ..." — Ein wichtiges Thema ist angeschnitten worden: die richtige Wahl eines Parfüms! Die Dame war blond, also hätte sie statt des gewählten schweren «in mildes, Parfüm nehmen müssen, «Ines, dessen Name etwas Leichtbeschwingtes hat, ins Deutsche überseht, müßte cs vielleicht „Traum" heißen oder „Freude", „Flirt" — man kann sie nicht alle aufzählcn, diese zahllosen leichten Parfüms... Schwere Düfte sollten nur dunkle Typen umgeben, ,Mebe" paßt zu schwarzem Haar, auch „Feuer" oder „Elan"... Extravagantes dürfen sich die Brünetten erlauben, „Tuberose" ist im Augenblick von ihnen sehr begehrt... Unter welchen Gesichtspunkten diese oft seltsamen Namen gegeben werden? Viel zu erfahren war darüber nicht. Die Auskunftgeberin hatte eine Heidenangst, mit jenem Paragraphen in Konflikt zu kommen, der da den Verrat von Betriebsgeheimnissen ahndet... Doch an einem Beispiel konnte man sich eine Meinung bilden. Die Erfinderin eines Parfüms sann über dessen Namen nach, als sie einen Spaziergang in CHIe unternahm. „Wie soll Ich mein neues Fabrikat be zeichnen?" — Immer wieder schoß ihr diese Frage durch den Kopf, kein Vogelgezwitscher, nicht die schönsten Blumen konn ten sie zum Verstummen bringen. Da sand sie, daß die Wiesen von Kenturky merkwürdig an die Novität erinnerten. Der Name wurde während des Bummels gefunden, „Bläuliche Weide" würde die englische Bezeichnung ungefähr auf Deutsch heißen. Beim Hinausgehen begegnen einem mitunter ganz «in fache Frauen. Eie haben dasselbe Recht, gut auszusehen wie irgendeine Fabrikantengattin oder der Filmstar Soundso. Schön sein zu wollen, ist eines der Merkmale des „Ewig-Weiblichen", also erfaßt dieser Wunsch all« Schichten des Volkes. Und wer möchte gerade jetzt, in dieser Sommerszeit, mit einem zerfurch ten Gesicht Herumlaufen, wer hätte Lust, wenn alles ringsum blüht, mit Kummerfalten ans Tagewerk zu gehen? ' Spaß sieben Jahre lang, sagten die Richter, mit Recht empört. Was sollte der Spaß für einen Sinn haben? Da zeigte sich di« andere Seite der Köchlnnenpsychologie, die unromantische. Martha versah ihren Geliebten — da er über schlechte Zeiten klagte — jede Woche einmal postlagernd mit den ausgesuchtesten Erzeugnissen ihrer kulinarischen Produktion. Außerdem lagen «lle 1t Tage ganz wie zufällig einige Banknoten dem Paket bet. Die Alternative, vor der die Richter standen, war tn der lat nicht leicht. Betrug? Natürlich Betrug Doch ein Betrug, der einen anderen Betrug ausgelöst hatte, einen schönen Betrug, der einen Menschen sieben Jahre lang glücklich gemacht hat. Aber das ist Psychologie. Und Psychologie ist so eine Sache. Der „ferne Geliebte" mußte für seine „Beglückungsaktion" ins Gefängnis wandern. Aber was hat Martha B. davon? Da» Kochen macht ihr jetzt gar keinen Spatz mehr, und die Herrschaft klagt, daß es ihr nicht mehr schmeckt. Vor allem aber tst da» Leben der biederen Martha gar nicht mehr interessant. Und das tst wohl das Bedauerlichste. Die ^ekäkrlicko ^ukgabe Während des Feldzugs gegen Spanien, den der berühmt» englische Feldherr Wellington leitete, mußte auch San Sebastian erobert und zunächst eine feindliche Batterie erstürmt werden. Das war eine äußerst gefährliche, wenn nicht gar aussichtslos« Sache, und freiwillig meldete sich kein Regiment zur Aus- führung. Da suchte der Feldherr ein schottisches Regiment dazu au», wandte sich an den Kommandanten und sagte ihm viele schöne und ermunternde Worte. „Ihr Regiment", sagte er, „ist da» erste in dieser Welt, es wird den Plan durchführen." Worauf der Kommandant nur trocken erwiderte: „Jawohl, Mylord, aber bevor der Befehl Eurer Herrlichkeit gänzlich aus- geführt sein wird — wird cs, aller Wahrscheinlichkeit nach, auch das erste in jener Welt sein!" Und es mutz ja nicht eine ganze Nacht sein — auch eine schöne Stunde an einem schönen Abend kann be glücken . . . Für die andern Tage, für die Mehrzads der Tage, für den Alltag und Arbeitstag aber loben wir uns die Beglückung der stillen Morgenstunden . . . resmitte feiern, wie sie die Jahreswende festlich begehen — im Blute spüren sie es doch alle, datz es eine beson dere Zeit ist. Nie ist die Lust zu fruchtbarer, sich in ruhiger Sclzasfenssreude entfaltender Arbeit stärker. Mag der Frühling die Zeit der grossen Pläne, des var- wärtsstürmenden Wollens sein. Der Sommer bringt auch die Gedanken zur Reife. Wer gewohnt Ist, seiner Berufsarbeit einen höheren Rang einzuräumen als den einer mechanischen Pflichterfüllung, der erlebt jetzt schönste Stunden. Was ist der frühe Sommermorgen eine herrliche Zeit zum Sinnen und Schaffen! Noch liegen die meisten der städtischen Zeitgenossen in den Federn, noch herrscht im Hause die friedliche Stille der Nacht. Aber für dich, der sich gewöhnt hat, mit den Hühnern aufzustehen, ist es die beste Zeit, deine Gedanken zu ordnen, dein Sinnen und Trachten zu fester Form reifen zu lassen. Nicht nur der geistig Arbeitende kennt diese befruch tende Kraft der besinnlichen Morgenstunden des Som mers! Gerade wer körnerlick schwer zu schaffen hat, wird in weiser Einteilung des Tages lieber die Nachts ruhe eher beginnen und sich durch Frühaufstehen eine Ruhepause verschaffen. Eine Pause, die ihn freimacht von aller Hetzerei am Morgen, die ihm eine innere Ausgeglichenheit verleiht, in der er seinem Tagwerk dann viel besser gerecht werden kann. Kritische Leser verziehen nun vielleicht spöttisch die Mundwinkel: Die schönen Iuninächte lobpreisen und die frühen Morgenstunden loben — wie reimt sich das zusammen? So, wie schönes und schlechtes Wetter sich auch in dieser Jahreszeit zusammenreimt, meine allzu klugen Freundes Nicht jede Nacht ist so sternenklar und warm, datz es sich lohnte, sie zu ourchschwärmen. Die Urlaubszeit ist zusammen mit dem Sommer angebrochen. Schon sind die ersten Glücklichen, die die frühesten Plätze auf den Urlaubsltsten erhalten haben, unterwegs. Und nur noch wenige Wochen, dann brechen die großen Ferien an, die den Schulkindern die holde Freiheit von der Enge der Schulzimmer bringt. Da hebt dann die grohe Völkerwanderung wieder an nach Gebirge und See. . . Eine Mahnung zur Ferienzeit, meine Freunde: Vergeht die sächsische Heimat bei euren Urlaubsplänen nicht! Wie mancher seufzt, wenn er seine großen Wünsche so schwer mit seiner kleinen Brieftasche tn Einklang bringen kann! Und doch liegt ihm die rechte Lösung vor der Nase: Urlaub in der Heimat. Hand auss Herz: Kennen alle Sachsenkinder, die schon in den Alpen oder an der See waren, alle Schönheiten ihres eigenen Hei- matgaues? Waren alle Vogtländer schon in der Lausitz, alle Lausitzer schon im Erzgebirge? Elbsandsteingebirge und Lötznitzhiigel, das Burgental der Mulde und Leip zigs stolze, an historischen Erinnerungen reiche Bauten, die starken Türme der alten Sechsstadt Bautzen und die grünen Wälder um die - einzigartige Ruine auf dem Oybin — habt ihr das wirklich alles schon gesehen? Und wenn ja, wenn ihr wirklich euren eigenen Ur aub anders wo verbringen wollt, dann schreibt wenigstens euren Freunden in anderen Gauen: Auch Sachsen ist ein Reise gebiet von herrlicher Schönheit! Und noch ein anderer Gedanke für die Ferirn- ahrt: die Wochen, da wir Städter uns von den An- trengungen der Berufsarbeit erholen dürfen, sind für >en Bauern die Zeit der schwersten Arbeit. Wer noch unge Arme hat, der wird sich gern, sofern er irgendwie Möglichkeit hat, als Erntehelfer zur Verfügung stellen. Solche Mitarbeit in den Wocken der Ernte, die ja für alle von höchster Bedeutung ist, wird nicht jedem mög lich sein. Eins aber kann von jedem verlangt werden: datz er Achtung habe vor der Arbeit des Bauern und datz er dies"m Stand, der für die Ernährung des Volkes sorgt, die Ehre gibt, die ihm gebührt. Das wären so ein paar nützliche Gedanken für diese Tage an der Mittagswende des Jahres. Nach Lust und Laune mögt ihr, meine Freunde, die angesangenen Fäden weiterspmnen . . . Deshalb habe ick euch auch dieses „Garn" zuge worfen, ehe die feierliche Zwteteilung des guten Jahres 1V37 fällig wird. Denn in der Hast unseres modernen Arbeitstempos fallen einem die festlichen Gelegenheiten nur zu oft erst hinterher ein. — „Ach, war nicht gestern Tante Emmas Geburtstag?" fragt der vergebliche Haus vater. Freilich, aber nun ist es zu spät. So werden manche am 1. Juli entsetzt fragen: „Ach, ist wirklkch schon das halbe Jahr herum?" Diese etwas entsetzte Verwunderung hinterher ist wenig zweckmäßig. Einen solchen feierlichen Augenblick mutz man sorgfältig vorbereiten, um ihn in der richtigen gehobenen Stimmung erleben zu können. Dazu habt ihr nun, da ich euch rechtzeitig aufmerksam gemacht habe, genügend Gelegenheit...