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Dee Rcinbrandtdeutsche Ium SV. Todestage Juliu« Lang-ehn« am S0. Apvtl Dreißig Jahre ist Julius Langbehn, der groß« Konvertit, lot. Doch sein Geisteserbe ist uns verblieben, ein unerschöpf licher Jungbrunnen deutschen Lebens und deutscher Gesinnungs- pslege. Langbehn ist geboren am 26. März 1851 zu Handers- lcben. Der Reichtum dieses Menschen war sein unbeugsamer Wille zu idealem Lebensivege, den er klar vor sich schaut«. Das schied ihn zeitlebens von der Masse seiner Mitmenschen. Langbehn studierte am liebsten ganz unabhängig von der Schule. Er begann eine eigene Geisteswclt auszubauen. Seinen Mitstttdenten erschien er „etwas unverständlich". In Miinchen wurde er der „Einsiedler in der Gartenstraße". Er urteilte von sich selbst, und das ist «in goldener Schlilssel zur Erkenntnis seines Wesens: Norddeutsche werden leicht siir arrogant und lieblos gehalten, wenn sie es gar nicht sind Das habe ich oft erlebt Auch seitens kluger Leute, die gerecht sein wollten. Ein gewisser spröder, reiner, delikater, zurückhaltender, vorsichtiger, aristokratischer Zug im nordischen Wesen wird gern mißdeutet." An Körper und Geist ein Riese, wirkte Langbchns seelen volle Erscheinung überaus ernst und edel. „Bon meiner Vater seite bin ich ganz Kühle, Klarheit, Festigkeit: von meiner Mut ierseite ganz Wärme, Dunkelheit, Weichheit." Dennoch ist Langbehns Inneres bestimmt durch EinlM. „Empfindung, Ge danke, Handlung fließt in eins", urteilt Otto Hansen Uber ihn. Ganzheit, Natürlichkeit, Reinheit sind Leitstern seines Lebens. Trotz äußerster Armut — kurz vor der Iahrhundertivende schrieb er in Niendorf: „Ich lebe wie ein Hund, den inan in den Regen hinausstöht. — Mein Morgenbrot sind Tränen" — ver zichtete Langbehn auf alle Hilfe, die seine Freiheit auch nur in etwa beeinträchtigt hätte. Er lebte nicht für sich, sondern für seinen Berus: von der Kunst ausgehend, Deutschland zu refor mieren. Seine eigene große Seele wurde ihm Maßstab der Welt. Langbehns lenzjunge Persönlichkeit fand das Leben er starrt Es mußte eine Neugeburt kommen: er selbst wollte sie zum Leben bringen. Er sah sich um nach Gehilfen, die natur- hasl-ideal dachten wie er. deren Leben Rhythmus und Ganzheit war, zutiefst in allem: Seele? Er sagte: „Wer kein Herz hat, hat auch keine Vernunft." Doch die Heiser Langbehns schritten nur eine kurz« Wegstrecke mit ihm. Sonst hätte er sie bald als Hemmschuh empfinden müssen Nur Langbehn war Führer zu Langbehns Ziel. Vorländer gegenüber äußerte er sich: „Wenn du mir nicht folgen, dich mir nicht unterordnen willst, dann ist cs besser, daß wir uns trennen " Erst 1893 fand sich sein treuer Gefährte: Momme Nissen; bezeichnend aber ist, daß ihm der Rembrandtdeutsche nie das „Du" angeboten hat, um so bei aller seelischen Gemeinsclmft die befreiende edle Distanz zu ivahren. Langbehn wollt« sein Ideal plastisch verkörpert sehen. Als Mensch naturhafter Originalität, scrn starrem Spießbürgertum, erschien ihm vor allem Rembrandt. Das war ihm ein Mensch, der in der naturhaftcn Entwicklung seines Wesens endete i» kosmischer Weite. Auf Rembrandt wies Langbehn als auf das Vorbild deutschen Lebens hin in: „Rembrandt als Erzieher"! Der Verfasser selbst mag das Werk charakterisieren: „Was es predigt: Persönlichkeit! die Vorbedingung jeder Kultur und Bil dung, ja sogar der Religiosität; denn Puppen und Schatten kön nen Gott nicht verehren. Dazu muß man ein Herz in der Brust haben." Es ist positive Kritik, die hier geboten wird, erfüllt von vaterländisck-em Geiste. Sie wendet sich an Kopf und Herz des Lesers. Das Buch stellt el>er»e Gesetze aus für deutsche Kunst, Wissenschaft, Politik, Bildung, für deutsche Menschheit; «s bezweckt eine Neuschöpsung des deutsck^en Gcisteswesens. Es tadelt, um zu heben, fordert Einheit des ganzen Menschen, Ein heit von Seele und Leib, wendet sich gegen die herrsck-cnde Ein seitigkeit und Vcrknöck-erung, gegen jenes Leben, das kein Gauzbild Gottes ist. Das Werk fand eine unerhört rasche Verbreitung. Ganz Deutschland horchte auf. Paul Cauer schrieb über das Werk: „Man muhte nicht, was man mehr bewundern sollte: die origi nale Kraft und Schönheit der Sprache oder den Reichtum an Kenntnissen und Erfahrungen oder die Tiefe der Weltanschau ung, in die all der mannigfaltige Stoff aufgegangen und von der er nun wieder durchdrungen ist." Neben begeisterter Zu stimmung fand Langbehns Werk Kühle und selbst heftig« Ableh nung. zumeist aus jenen Kreisen, gegen deren Kälte und Verbil dung sich sein Reformeiser wandte. Langbehn war Kunstpädagoge, war aber selbst auch schas sender Künstler. Zahlreich« Lieder hat er gesungen. „Wenn ick dichte, zittert mein ganzer Körper und mein Herz nicht am wenigsten", gestand er selbst. Perlen hoher Vollendung finden sich in Langbehns Poesie. „Was nicht Aus deinem Herzen stammt, Das dringt auch nicht zum Herzen. — Das Licht, Das dir im Auge flammt, Eg leuchtet sehr Und zündet mehr Als hunderttausend Kerzen." Langbehn hinterließ unerschöpfliches Gedankengut. Davon hat Pater Benedikt Momme Nissen viel zu dem herrllck)en Werke „Der Geist des Ganzen" einheitlich geformt und dem deutschen Volke zur Bcberzigung dargeboten. Und dann: Langbehns größte Tat, seine gänzliche Hinkehr zu Gott. Langbehns Le bensweg ist anfänglich bezeichnet und begrenzt durch das Suchen des Idealen Mensck-entums. Dabei aber fand er Gott — und weihte sich ihm rückhaltlos. Di« Weitherzigkeit, Ruhe, Ganz heit des Katholizismus in sich und in zahllosen katholisclren Persönlichkeiten strahlte in seine Seele. Die Vorurteile wichen der Wahrheit. 1900 trclt er in die katholische Kirch« ein und jubelte: Ich wandele wie ein Trunkener, Vor Liebe trunken zu Gott; Ich scheine ein Wahnversunkencr, Was kümmert mich der Spott! Langbehn hatte seinen Ausstieg „aus den Stufen der Natur, Kunst, Volk, Kirche zu Gott" vollendet. Am 30. April 1907 ist er zu Rosenheim gestorben. Sein Leib ruht bei dem der seligen Edigna in Puch. Das Oroaranirn -er ArLnrrngs- feierliehkeiten veröffentlicht Fünf Stunden Krönungsakt. London, 28. April. Am Dienstag wurde in London das amtlicl)« Programm für die Krönung bekanntgegeben. Es ent hält auf 36 Seiten die vollständig« Folge der Krönungsscier- lichkeiten, ein vom amtlickrcn Hosdichter verfaßtes Gedicht und die Predigt, die anläßlich der Krönung in der Wcstminsterabtei gehalten iverden wird. Der gesamte Krönungsakt wird danach von 10.30 Uhr bis 15.30 Uhr dauern. Der eigentliche Krönungsakt in der Westmlnsterabtei wird die Zeit von 11 bis 14.15 Uhr in Anspruch nehmen. Weiter enthält das Programm die Reihenfolge der Krö- nungsprozcssion, die sich vom Buckinghampalast zur Westminster- abtei und von dort wieder zurückbegcben wird. An der Pro zession werden die königlick)« Familie, der Lordmajor von Lon don, der Sprecher des Unterhauses, di« Premierminister Groß britanniens, Kanadas, Australiens. Neuseelands. Südafrikas, Südrhodesiens und Nordirlands sow'e Vertreter Indiens, der Sultan von Iahore, der Sultan von Sansibar, der Emir Abdul lah von Transjordanien und eine Anzahl malaischer Fürsten teilnehmen. Der Krönungszug wird von Vertretern der Garderegimen ter und der Dominionarmee begleitet sein. Bei der Rückkehr Die Gefangennahme des Marschalls Tschiangkaischeks durch den abtrünnigen General Tschanghsueliang hat kein grö ßeres Aussehen in der Welt erregt als die geradezu beispiel lose Haltung, mit der der gefangene Marschall dem Ansinnen der Empörer Widerstand geleistet und sic moralisch und po litisch allein durch die Kraft und Reinheit seines Wollens über wunden hat. Viele haben sich schon damals gefragt, ob dieses seelische Heldentum ein Ausfluß echt konsuzinnischcn Geistes oder einfach die ausstrahlende Wirkung einer großen Persön lichkeit sei. Wir kommen der Deutung dieses seelischen Rätsels näher, wenn wir die Botschaft lesen, die der erste Sekretär der Bewegung „Neues Leben", Oberst I. L. Huang, im Auf trage des Marschalls am Karfreitag an die ostasiatische Zentral konferenz der methodistischen Episkopalkirche richtete. Mar schall Tschiangkaischek, der ebenso wie seine Gattin dieser Kirche angehört, behandelt in seiner Botschaft das Thema „Meine geistliche Auffassung vom Karfreitag", indem er nach den „Deutsch-Chinesischen Nachrichten" in Tientsin u. a. fol gendes mitteilt: „Ohne religiösen Glauben kann man das Leben nicht wirklich verstehen. Der Glaube an die Cache der Revolution ist dem religiösen Glauben nicht unähnlich. Ohne Glauben sind menschliche Dinge, große wie kleine, schwierig zu verwirk lichen. Ost, wenn wir Menschenkinder mit Widerstand zu tun haben, oder uns Gefahren drohen, mochten wir wohl uns zu- rückziehen und unser Werk halb getan lassen Ein solcher Mangel an Vertrauen auf uns selbst erklärt sich oft damit, daß uns der religiöse Glaube fehlt. Ich bin jetzt nahezu zehn Jahre Christ und habe während dieser Zeit dauernd die Bibel gelesen. Niemals jedoch ist dieses heilige Buch für mich so anziehend gewesen als während der zwei Wochen meiner Gefangenschaft in Sinn. Dieses unglück selige Ereignis überkam mich wie ein Blitz, und ich war mit einem Male gefangen und besaß nichts, was irdischen Wert hat. Von meinen Schergen erbat ich nur eins, eine Bibel. In meiner Einsamkeit hatte ich reichlich Gelegenheit zum Lesen und Nachdenken. Die Größe und Liebe Jesus überkam mich wie eine neue Offenbarung, sie stärkten meine Kraft zum Kampfe gegen das Uebel, zur Uebermindung der Versuchung und zum Tun des Rechten. Ich kann die vielen Tugenden Jesus unmöglich auf zählen. Heute, am Karfreitag, möchte ich Ihnen nur einige Lehren erklären, die ich aus den Leiden Jesus gezogen habe. Seine Worte am Kreuz sind unser geistliches Vermächtnis. Den Feinden vergebend, rief er: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun." Ja, wahrhaft groß ist diese Liebe Christi! In all meinem Grübeln sand ich diese Gedanken zu mir wiederkehren und mich mit reicher geistlicher Tröstung versehen Im Neuen Testament lesen wir, daß Jesus, als er zum Das Kunstwerk des Monats im Deutschen Museum zu Berlin ist der „Apostel Matthias" von Tilman Riemenschneidcr. (Weltbild, M.) von der Westminsterabtei werden Vertreter der Beamten, der Armee und der Marine den eigentlicl>en Krönungszug eröffnen. Die Londoner Eisenbahnen und U-Bahnen iverden anläßlich des Krönungstages einen Sonderverkehr einrichten, der bereits um Mitternacht beginnen wird, um rechtzeitig die große Men schenmasse anzutransportieren. letzten Male nach Jerusalem kam. ganz genau von der Gefahr wußte, die ihm drohte, daß er aber siegesgewiß auf einem Esel i» die Stadt einritt, ohne Angst und Furcht zu suhlen. Welche Größe! Welcher Mut! Wie unbedeutend ist mein Le ben im Vergleich damit! Warum sollte ich denn zögern. Nachdem ich gefangcngenommen war, stellten mir meine Schergen Bedingungen und Forderungen. Sie sprachen glatte Worte der Frenndlichkcit. Sie drohten mit der Gewaltan wendung und der Folter und mit öffentlicher Verurteilung durch die „Volksfront". Ueberail drohten mir Gefahren, aber ich dachte nicht daran, vor ihnen zu weichen. Mein Glaube an Christus wuchs. In dieser seltsamen Prüfung dachte ich ge nau au die 40 Tage und Nächte, die Jesus in der Wüste ver brachte, und ivo er die Versuchung zu bestehen hatte, ich dachte seiner Gebete im Karten Gethsemane und der Schmähungen, die er zu erleben hatte. Die Gebete, die er am Kreuze für seine Feinde sprach, gingen mir nicht aus dem Sinn. Ich er innerte mich natürlich auch au die Gebete, die Dr. Sun Iat- sen, während seiner Gefangenhaltung in London gesprochen hat. Alles das war lebhaft vor meinem Geiste, wie so viele andere Bilder noch. Meine Stärke verdoppelte sich, so daß ich den Prüfungen widerstehen konnte, und wie Christus am Kreuze, war ich bereit, das letzte Opfer bei der Verurteilung durch die „Volksfront" zu bringen. Nachdem ich diesen Ent schluß gefaßt hatte, war ich ruhig und gefaßt. Vom Anbeginn an, als ich meine Kadetten ausbildete und die Expedition nach dem Norden begann, habe ich iticincn Untergebenen immer zwei Dinge eingehämmcrt: erstens, wenn sie an mir die leiseste Selbstsucht entdecken oder feststellen, daß ich Pläne habe, die dem Interesse des Landes und des Volkes zuwiderlaufen, dann darf jeder mich für schuldig hal ten und mich töten. Zweitens, sollten meine Worte und Hand lungen der Wahrheit und dem guten Glauben widersprechen oder anzeigen, daß ich die Sache oder den Grundsatz der Re volution verrate, dann darf mich jeder meiner Untergebenen als seinen Feind ansehen und mich töten. Ich bin ehrlich da von überzeugt, daß diese meine beiden Forderungen ein Aus druck« meiner Ehrlichkeit waren und meinem religiösen Glau ben entstammten. Sie sind in einer Linie mit dem Geist der Liebe von Jesus und der Großherzigkeit von Dr. Sun Iatsen. Das Leben von Jesus zeigt uns eine lange Reihe von Leiden und dauernder Verfolgung. Sein Geist der Versöhnung, seine Liebe und seine Großherzigkeit durchleuchten alles. Keine größere Lehre habe ich bisher aus meiner christlichen Erfah rung gezogen." Die „klassische" Agrrr einer Schauspielerin Tschiarrgkaischek und das Christentum Der tödliche Absturz des „Fliegenden Menschen" Der Amerikaner Llem Sohn, der „Fliegende Mensch", der bei seinen Vor führungen über dem Flug- ' selb von Vincennes tödlich abstürzte, wird vom Flug platz getragen. sWeltbild, M.) Ein« halbe Million Schadenersatzforderung in einem Beleidigungsprozeß Ein Beleidigungsprozeß, der eines gewissen pikanten Bei geschmacks nicht entbehrt, ist in Paris von einer bekannten Schauspielerin, Tonia Navar, die bis vor einem Jahr einer der großen staatlichen Bühnen angehörte, gegen einen etwas vorwitzigen Vortragskünstler vom Montmartre, Jean Marsae, angestrengt worden. Frau Tonia Navar verlangt von diesem Chnnsonnier nicht weniger als eine halbe Millian Franken Schadenersatz, weil er in allzu satirischer Weise an der Figur der Schauspielerin, die nach seiner Ansicht zu sehr den „klas sischen" Typ" repräsentiere, Kritik geübt haite. Der Vorgang hatte sich in folgender Weise abgespielt: Frau Tonia Navar hatte selbst das Lokal auf dem Montmartre besucht, wo Marsae auftrat. Eines seiner Chansons befaßte sich auch mit Tonia Navar und ihrer Figur, wobei man berücksich tigen muß, daß diese Schauspielerin bis noch vor einem Jahr die klassischen Rollen des stehenden Repertoirs der französischen Schauspielbühne, die Ph^dre, Andromaque und Hcrmionc, ge spielt hatte. Plötzlich erhob sich zornentbrannt Tonia Navar, und jeder konnte sich davon überzeugen — so heißt es in dem Bericht eines Parises Blattes über diesen Vorfall —, daß „allenfalls etwas griechisch-romanische Körperfülle, aber Nicht- Unästhetisches" vorhanden war. Frau Navar hat erklärt, daß sie die halbe Million Fran ken, wenn das Gericht ihr jemals diesen Schadenersatz zu billigen sollte, wohltätigen Zwecken zuführen werde. Da» Gericht müsse die Grenzen ziehen zwischen freier Kritik und Beleidigung. Es müsse dafür gesorgt werden, daß ein Chan sonnier seine schlechten Witze nicht -u verletzenden Anspielun gen benutzen dürfe.