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«vntao, 12. September i»»2 «.Sahrvang. Ar.«» Der Empfang bel Hindenburg verfKoben MllAiMM dks Bimdcs »er Skmmclnc graIN INs der Negierung werde der Kanzler an die sozial politische Botschaft deö Reichspräsidenten erinnern, die in dein Augenblick erging, als der Reichspräsident das Wirtschastsprogramm der ßicgierung in Ncudcck billigte und die Forderung ansstellte, das, der sozialpolitische Fort- schritt nicht etwa beseitigt, sondern verteidigt werden müsse. Diese Forderung mache sich die Rede des Kanzlers voll zu eigen. In den BersassungSsragen werde der Kanzler nur die allgemeine Notwendigkeit einer Reform betonen. Bei der Ausarbeitung der Rede hat man alle wichtigen RcichsrejsortS hcrangezvgcn, da der Kanzler eine um- sassende Darstellung der bisherigen und ein Programm der künstigcn RcgicrnngSarbeit zu geben beabsichtigt. In dem, was über den Inhalt der Rede verlautet, findet sich wieder die Unterstreichung, das; der Reichskanzler von An griffen ans die Oppositionsparteien absehen werde. Die Regierung wolle den Kamps mit den Parteien aus Rücksicht aus die wirtschaftliche Situation nur im Not fälle. Sic würde eine Verständigung durch ein Nachgebcu der Parteien vorziehcn. Diese Verständigungs bereitschaft werde daun in einem Appell gipfeln, die Volks- geincinschast dem Parteienstreit vorauzustcllcn. arlensiratze So/*» zz Pfg., augerhalb »8 Vla« Offerlenaebühr sc» Pfg. «ultvSrttge AustrSge gegen vorausvezahlung. wandten sich Göring und das Zentrum am Sonnabcndnach- mittag an den Reichspräsidenten mit der Bitte um Vor verlegung des Empiaugstermins aus Montagnachmittag und Verschiebung der Kanzlcrerklärung aus Dienstag. Hindenburg teilte im nuchsolgrndcn Konimnniguö sein Ein- vcrständuts mit: Nclchütagspräsldcnt Göring hatte beantragt, bah eine Unterredung zwischen dem Herrn Reichspräsidenten und den Vertretern der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter, vartci, des Zentrums und der Bayrischen Volkspartei statt« finden möge. Hiermit hatte sich der Reichspräsident ein verstanden erklärt und die Unterredung aus Diens tag anbcraumt. Am Sonnabend hat Herr Göring gebeten, das, die Unterredung schon am Montag stattsinbcn möge. Auch hierzu hat der Reichspräsident sein Einverständnis erklärt. Wenige Stunden darauf besannen sich die National sozialisten und das Zentrum sedoch eines anderen und baten um abermalige Vorverlegung des Termins. Seit dem schweigt Hindenburg. Es verlautet, das; dieses Vor gehen nur noch weitere Verstimmung bei ihm hervvrgeruscn hat. Da die Entscheidung des Reichspräsidenten, der, wie ge sagt, diesem taktischen Spiel kein Verständnis mehr cnt- gegenzubringen in der Lage ist, noch auSsteht, war am Sonntagabend eine Klärung dieser reichlich verworrenen Lage noch nicht möglich. Es wird aber, wenn nichts Un vorhergesehene» eintritt, damit zu rechnen sei», daß der EiNpsang der iteuen KoalltivitSparteien aiü D o n » e r S ta g nach Abschluss der RetchstagSdebatte über das Wirtschaft»- Programm stattfindet, und nach einer als für diesen Termin wahrscheinlichen Vertagung des Parlamentes. Das Programm der nächsten Tage würde demnach wie folgt aus- schcn: Montag 1k Uhr Znsammentreten deö Reichstags und grobe Kanzlerrede über das Wirtschastsprogramm. Dienstag, Mittwoch und Donnerstag NeichötagSanösprachc über die Kanzlerredc nnd anschließend Vertagungö- beschlns, für alle Abstimmungen. Donnerstag gegen Abend Empfang der Fraktivnssührcr der Nationalsozialisten, des Zentrums uud der Bayrisä-en VolkSpartct beim Reichs präsidenten. Die ReichstagSanssprachc wird, wenn diese Termine sich bewahrheiten sollten, vollständig unter dem Einfluß des nach folgenden Empfanges beim Reichspräsidenten stehen. Die in Krage kommenden Parteien werden deshalb zweifellos be müht sein, sich lediglich aus sachliche Anssührungcn zu be schränken und scdc unvorsichtige Redewendung zu vermeiden, da sie sonst eine Verweigerung deö Empfanges beim Reichs präsidenten befürchten müssen. Ucbcr den Inhalt der Ausführungen, die der Reichs kanzler von Papen machen wird und die zeitlich etwa eine Stunde in Anspruch nehmen dürsten, verlautet, das; der Reichskanzler sehr stark den Gedanken der Gemein schaft bet Znrückdrängnng der parteipolitischen Gegen sähe und Ausschaltung der parteipolitischen Interessen ver- treten wird. Bei Behandlung des W i r t s ch a f t S p r o - Eine weitere amtliche Mitteilung Berlin, 11. Sept. Amtlich wird mitgcteilt: In einigen Zeitungen wird die Möglichkeit unterstellt, -aß die Reichs regierung in unaufrichtiger Weise „die zum Ziele einer Verständigung gesuchte Aussprache beim Herrn Reichspräsi denten dazu benutzen wollte, nm den Reichstag nachher sd. h. nach der Rcgicrungserklärungf sofort aujzulösen, ohne ihm die Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben". Diese bisherigen Gepflogenheiten in befremdender Weis« widersprechende Verdächtigung der Neichöregierung muß aus das schärfste zurückgewlescn werden. Der Tatbestand ist fol gender: Ans Wnmch mehrerer Mitglieder des Reichstags präsidiums hatte der Herr Reichspräsident sich bereit erklärt, am Tage nach -er Regierungserklärung Vertreter-er ReichS- tagssraktioncn, die gemeinsam eine arbeitsfähige parlamen tarische Mehrheit bilden zu können glauben, zu einer Aus sprache zu empfangen. Die Ncichsregicrung hatte diesen Wunsch bereitwilligst befürwortet. Der Zeitpunkt dieser Aussprache war von den Parteien, die beim Herrn Reichs präsidenten vorstellig geworden waren, selbst gewählt wor den Er ist der Ncichsrcgierung völlig gleichgültig. Ueber seine Zweckmäßigkeit sind nachher bei den oben genannten Parteien selbst Zweifel ausgctancbt, die zu mehrfachen neuen Bitten führten, die dem Herrn Reichspräsidenten zum Teil sogar durch die bereitwillige Vermittelung deö Herrn Reichs- kanzlcrs vorgctragen wurden. Der Herr Reichspräsident hat sich auch sogleich mit einer Vorverlegung deö Empfanges auf einen Termin, der der Regierungserklärung vorauSgchen konnte, einverstanden erklärt. Die Annahme ist irrig, daß die Neichöregierung durch vorzeitige Neichötagsauslöfnng eine politische Aussprache im Reichstag zu verhindern wünscht. Die Neichöregierung steht vielmehr einer solchen Debatte mit großem Interesse ent« gegen, weil sie sich von ihr eine sehr nützliche Aufklärung deS deutschen Volkes verspricht, und weil sie keine Möglich, keit nngenußt lasten möchte, auch im Reichstag eine Mehr heit für ihr Programm z« sind««. Berlin, 11. Sept. Das politische Wochenende stand im Zeichen einer bedeutsamen Erklärung des Reichswehr ministers von Schleicher, die amtlich verössentlichl wurde und folgenden Wortlaut hat: Entgegen anderslautenden Gcrlichten, die znr Zeit nm« lausen, teilt RelchSwehrmtnistcr v. Schleicher mit, daß er nicht bereit ist, zu einer Verfälschung des Gcdan« kens einer unabhängigen Prästdtalregieruna durch ein tatsächlich von den Parteien gebildetes Kabinett die Hand zu bieten. Er betont, daß er es als eine Untreue gegen über dem Herrn Reichspräsidenten ansehen »iirdc, wenn er irgend etwas tun würde, was den Bestand des Kabinetts gefährden könne. Auögelöst wurde diese Erklärung durch in zunehmen dem Maße umlaufende Gerüchte, das; der Reichswehr minister gewissermaßen sein eigenes politisches Spiel spiele und sogar bereit sein würde, an den; von den Nationalsozialisten immer energischer geforderten Linrz deö Reichskanziers v. Papen aktiv mitzuwirken. I Title Gerüchte waren schließlich bis zum Reichsprüsi - 1 deuten gedrungen, und nachdem anch der Kanzler mit ihnen befaßt worden war, schien es für den Reichswehr minister nicht mehr möglich, sich ans eine im kleinen Kreise I abzcaebcnc dementierende Erklärung zu beschränken. Die I bierlcchte selbst, um die cs sich dabei handelt, haben natürlich I auch reale Hintergründe. Es ist bekannt, daß General i r. Schleiche, von jeher besonders gut« Beziehungen znr i NSDAP. gehabt hat und deren Einbeziehung in die i politische Verantwortung immer wieder bestirwortcte. Der Ist. August durchkreuzte allerdings diese Bestrebungen. ! Hitler wurde nicht Kanzler, wie cs v. Schleicher und auch v. Papen gewünscht hatten. Am Widerstand des Reichs präsidenten, der von einer Kanzlerschaft Hitlers eine Bc- chnetdung seiner Befugnisse befürchtete, scheiterte der Ver- uch. Seitdem datiert die immer mehr zunehmende Fcind- chast der NSDAP, gegen v. Papen, in dem sic — übrigens zu Unrecht — denjenigen sehen zu müssen glaubt, der eine Kanzlerschaft Hitlers hintertrieben habe. Die Wahrheit ist, daß eben am 18. August zwei sehr starke ausgesprochen antokratische Führerversönlich« leiten, nämlich Hindenburg und Hitler, auseinander stießen, die in ihren politischen Konzeptionen nnd als politische Persönlichkeiten sich gegenseitig nahezu auoschlvsscn. Nur einer von beiden konnte die unbedingte Führung behalten oder bekommen. Hindenburg erwies ich als der Stärkere. Der Kampf, den Hitler seht anch gegen die Persönlichkeit des Reichspräsidenten führt, hat hier seine Wurzel. Hindenburg hält seitdem Papen in seinem Amte, wäh rend die NSDAP, die Position des Kanzlcrs leidenschaftlich bcrennt. Im Hintergrund steht das Zcntru m, das diese Ossrnsivc gegen den verhaßten „Renegaten" Papen unter- stiiht, um sich eine Genugtuung wegen des BrttningsturzeS auch Hindenburg gegenüber zu verschaffen. Seit dem Ist. August gilt aber das Vertrauen Hindenburgs zu Schleicher als erschüttert. An der lebten Notverordnung oll Schleicher nur noch passiv mitgcwirkt haben. Er soll eitdcm stimmungsmäßig zwischen dem Kabinett, in dem er icmlich vereinsamt zu sein schien, und dem andrängendcn Nationalsozialismus mit seinen weitcrgehcndcn Querver bindungen zu den christlichen Gewerkschaften des Zentrums gestanden haben. Ans dieser Situation ist der in den leßtcn Tagen von nationalsozialistischen Kreisen auch direkt an Schleicher hcrangetragene Plan eines neuen Kabinetts entstanden, in dem Schleicher die K a n z l e r sch a s t, Straßer die Bizekanzlcrschaft und Sieger wald das Rcichsarbcits- iniuislerinm übernehmen sollten. Nord gestern scheint Schleicher mit Stcgerwald in dieser Angelegenheit Be sprechungen gehabt zu haben. Diese bisher latenten Spannungen sind durch die Er klärung Schleichers und durch die übrigen Vorgänge der letzten -13 Stunden, vor allem aber im Kampfe um die Not verordnung ans Tageslicht gekommen, deren sozial politischer Teil die Arbcitnchmerorganisationen aus den Plan rief. Die NSDAP, hat sich diesen Tendenzen an geschlossen. Man hoffte, den Reichspräsidenten dafür zu ge winnen, daß er sich von Papen trennen und die Not verordnung weitgehenden Abänderungen unterwerfen würde. Hindenburg hat bisher aber strikte abgelehnt Papen fallen zu lassen. Noch einmal hat Papen also an der Schwelle der ent« scheidenden Neichstaasberatungen seine Stellung in vollem Umfang behaupten können. Aus diesem Grunde operiert nun die Opposition auch dem Reichspräsidenten gegenüber mit großer Vorsicht und mit kaum noch im einzelnen begreiflich zu machenden takti schen Winkelzügen. Der Sonnabcudnachmittag und -abend stand im Zeichen eines Hin nnd Her bas an bicBlütczetten des Parlamentarismus erinnert. Bekanntlich war der Empfang der brann-schwarzen Arbeitsgemeinschaft beim Reichspräsidenten für D t e n s t a a m t t I a g angcsctzt. Der Kanzler war ausdrücklich von Hindenburg zur Teil nahme ausgesordcrt worden. Die Nationalsozialisten hatten aber angckündiat, sie würden Sicherungen ver langen, damit sie bet dem bevorstehenden Besuch nicht vor vollendete Tatsachen gestellt würden. Infolgedessen großes, das deutsche Volk befriedigendes Reinemachen stattsände. Das sei für Frankreich wichtiger uud biete ihm bet den gegenwärtigen EntwicklnngSmöglichkciten der Technik eine größere und dauerhaftere Sicherheit, als noch so starke Grenzbefestigungen. An solch bedrohlichen Aus blicken in die Zukunft habe die Saarbcvölkcrnng sicherlich keine Freude. Deshalb sei sie auch in erster Linie dazu be rufen, zu einer Brück« zwischen Frankreich und Deutschland zn werden, einer Brücke, die fest fundiert ist ans seiner be währten Treue zu Heimat und Vaterland. ES gebe unendlich viele Gebiete, aus denen beide Länder sich ergänzen und auf denen eine beiderseitige Verständigung znm Wohle und Vorteile beider Völker dienen könnten. Dr. Röchling schloß mit -en Worten: „Wir stehen, wenn nicht alles täuscht, an einer Zeitenwende. Mögen sich in beiden Ländern Männer von stolzer Vaterlandsliebe und ehrlicher Sorge nm die Zu kunft von Land uud Leuten finden, die klug nnd stark genug sind, trotz aller Enttäuschungen in der Vergangenheit den Weg der Verständigung zu gehen l" AIS zweiter Redner sprach Dr. Mchrmann (Berlin) -um Thema: „Rhein, Mosel nnd Saar im Versailler Diktat » Er kennzeichnete di« alte französische Nheinpolitik, der die geopolitische Rechtfertigung fehle und die dem Willen entsprungen sei, an der Spitze der europäischen Völker auf der Rheiii-Rhoncliuie, der Querverbindung durch den Fest landskörper, die OpcrationSbastS für die Vormachtstellung aus dem Kontinent zu gewinnen. Selbst nach der Räumung des besetzten Gebietes habe Frankreich durch die Entmilitari sierung deö deutschen Westens zwischen Basel und Emmerich eine militärische Interessensphäre und Einmtschungszone be halten. DaS französlsch-belgtsche Festungssystem umfasse flankierend unsere linke Nhetnseite. Unter seinen Kanonen liege Las gesamt« Westdeutschland wie ein völlig schutzlose» ». SthlMer tritt Ärrücdtcn entgegen vradtmolüuug unnoror vorUnor SvkerlttlvUuug „Deutsch -ie Saar immer-ar" Koblenz, II. Sept. Mit einer Mitglieder- nnd Vertreter versammlung in der Städtischen Festhalte leitete der B u n d der Saar vereine am Sonntagvvrmittag seine Iahrcö- tagung 1N82, die zwölste sei Bestehen deö Bundes, ein. Nach den Begrüßungsansprachen wars der Leiter der Geschäfts stelle Saar-Vcrein-Berlin, Verwaltnugsdtrektor Theodor Vogel, einen Rückblick auf die Tätigkeit der Organisation im vergangenen Jahre. Er stellte dabei fest, das; die fran zösische Saarpropaganba noch immer eine außerordentlich rege Tätigkeit entfalte, waö auf eine finanzkräftige Unter stützung durch einflußreiche Kreise in Frankreich schließen lcksse. Als Ziel und Ausgabe der Geschäftsstelle der Saar- Vcrelne bezeichnete der Redner, dem Volkswillcn an der Saar Geltung zu verschaffen, in der Forderung: Deutsch die Saar immerdar! Im Anschluß an die ArbettStagnng fand, ebenfalls in der Städtischen Festhalte, eine große öffentliche Vcr- s a m m lung statt. Den ersten Vortrag hielt Kommerzien rat Dr. Dr.-Jug. Hermann Röchling (Völklingen) über „Die politische und wirtschaftliche Lage des SaargcbietrS". Wenn in zweieinhalb Jahren die Volksabstimmung im Saargcbict stattsände, so erklärte er unter anderem, so werde sie ein glänzendes Trenebekenntntöznin Reich darstellcn. „Wir stehen vor der Ditr deö Vaterhauses und wolle« ' hinein, gleichgültig, wie in ihm die Hanöorbnung bestellt ist!" Auch im Interesse deö französischen Ansehens sollte dem jetzigen Zustande des Mißbrauches der Macht uud der Rechtsbeugung ein baldiges Ende bereitet werden. Der Redner bekannte sich al» Anhänger der V e r stä n d i g u n g zwischen Frankreich und Deutschland. Voraus- sehung sei allerdings, daß vorher auf politischem Gebiete ein