Volltext Seite (XML)
«. MkWW. v»nmr«av, i. September i»rr kN Gegrünöet 1ZSH »ruck «. Verlag! LIepIch ck Nelcharbl, »««den. Postlcheck-«lo. lass rretdea Nachdruck nur mtt deull.oueNenangab« (Lresdn. Rachr.) »ulilllg. Unverlangt« Schrylstücke werden nicht aulbewahrt rnadtanschelstt Nachrichten Dresden Sernlprecher-Sammeinummerrereil Nur kür NachigeivrSchei Nr. >00ll Gchrtltieiiun, u. Hauptgelchdlttstell«! »reibenl, Marienstraie »»/«» Beauataedüd« bet tägNch »weimaliger ZulleNung monaUtch r.ea Mk. ieinichlieblich ?<> Vfg. für Trlger- Iodn>, durch »ostbeiug ».»0 Mk. elnlchlletllch d« Ni». Vostgebühr lohn« PMustellungtgebLhr) bet? mal wichentllchem versand. Einzelnummer N> Via-, außerhalb Sach! en» lli Big- Anjeigenprelie: Dl« ^nivÄtlge so mm breile geNe SS vlg., sür auiwSrt« «0 VIg., di- so mm breiie N«Nam-»e>l- roo Pig., außerhalb >so Big. ab«. Nrilenabichlag It. Darli, Samllienanzeigen und Slellengeluche ohne Rabatt »» Psg., außerhalb » Big. vileriengebadr so Pia. «»«w.iriiae «iiNrgge gegen «orau<be,ablung. Deutscher Vorstoß in -er Wehrsrage Paris empfiinat eine deutsche Denkschrift Paris, 81. Ang. Die Agence HavaS läßt sich heute von ihrem Sonderberichterstatter auSGuernesey melden, das, Ministerpräsident Herriot gestern abend von einer deut- scheu Note in Kenntnis gesetzt wurde, die in seiner Ab wesenheit am Quai d'Orsay eingegange» sei und die deut schen Forderungen ttber den Umbau der Reichswehr be handele. In der Meldung heisst es weiter, der französische Ministerpräsident habe es abgelehnt, eine Erklärung darüber abzugcbcn, ehe er nicht den Text der Note selbst kenne. Dieser soll ihm erst heute abend nach Cherburg Über mittelt werden. Es verlautet, dast Herriot die Absicht habe, diese Angelegenheit im morgigen KabincttSrat zur Sprache zu bringen. Der Quai d'Orsay hat am Mittwochabend eine Halbamt, liche Erklärung zur deutschen Note heranögegeben, in der die auS England kommende Havasmeldnng be, stätigt wird. In dieser Erklärung heisst eS: „Nicht zum ersten Male hat sich das Deutsche Reich flir die die Reichswehr berührenden Fragen interessiert. Im April dieses Jahres hat Reichs kanzler Brüning in diesem Sinne bet Tardtcu, Mac- donald und Stimson einen Schritt unternommen. Im Jnli dieses Jahres ist Reichskanzler v. Pap en bei Herriot vor stellig geworden. Der französische Ministerpräsident erwiderte seboch, daß er sich in jenem Augenblick ans keinen Fall mit der Frage beschäftigen wolle. Bor einigen Tagen hatte das Reich versucht, auf dem Wege über die Presse die Frage anszurollcn und zugunsten Deutschlands zu plä dieren. Am Dienstagabend hat nun der Ncichsausicnmiuister dem französischen Botschafter Francois Poncet in Berlin eine Denkschrift saistv mömoiro) in bezug aus die Verfassung der Reichswehr überreicht. Diese Denkschrift wurde heute Mittwoch) dem Quai d'Orsay -»gestellt." In der kurzen Erklärung sind keine sachlichen Einzel heiten enthalten. In politischen Kreisen nimmt man an, dast vor dem Kabinettörat am Donnerstag, bzw. vor der Rückkehr des Ministerpräsidenten Herriot nach Paris, keine Auskünfte ttber den Inhalt erteilt werden sollen. Roch ehe der Inhalt der deutschen Denkschrift in Paris bekannt ist, sestt das Trommelfeuer der französischen Presse gegen die deutschen Glelchberecktigungosorde- rungen in stärkstem Maste ein. Von der Voraussetzung ausgehend, dast der deutsche Schritt aus der Linie der mündlichen Erklärungen und des letzten Artikels des N e i ch s w c h r m i n i st c r s liegt, richten sich die Angrisfe gegen den deutschen Standpunkt in seiner Gesamtheit. Ministerpräsident Herriot wird be schworen, den deutschen Forderungen ein unnachgiebiges Nein entgcgcnzusctzcn und sich nicht zu irgendwelchen Zu geständnissen aus dem Gebiet der Versailler Mtlitärklauscln bewegen zu lassen. ES wird ihm vorgeworscn, in Lan sänne zu entgegenkommend gewesen zu sein. Das nationalistische „Journal" schreibt, der inner politische Kamps zwischen Nationalsozialisten und „Milita risten" habe für Frankreich keine Bedeutung. Man werbe beide deutschen Gruppen stets geeint finden, wenn es darum gehe, gegen die Mtlitärklauscln des FricdenSvertragcs Sturm zu lausen, deren Aufrechterhaltung die beste Garantie für den Frieden darstellc. In seinem Artikel kündige der ReichSwchrmtnistcr ganz einfach an, dast Deutschland seine Reichswehr aus eigener Machtvollkommenheit von den Fesseln des Versailler Vertrages befreien werde. Es sei nicht besonders erstaunlich, dast Feldmarschall v. Hindenburg, General v. Schleicher und Hauptmann v. Papen in aller erster Linie die alte deutsche Militärmacht wiederherstellen wollten. Frankreich sei gewarnt. — Auch der „Temps" reitet eine Attacke gegen den RetchSwchrminister. Die Forderungen seien nicht neu; doch lege ihre Begründung von der ganze» preustischc» Arroganz der neuen Herren des Reiches beredtes Zeugnis ab. General v. Schleicher tue so, als ob die militärischen Bestimmungen des Versailler Ver trages nicht mehr vorhanden seien. Wenn der Minister schreibe, dast Deutschland in Zukunft bereit sei, an einer wahren Abrüstung mitznarbciten, dast man die Geduld des deutschen Volkes jedoch nicht überspannen dürfe, so treibe er seine „Treuherzigkeit" kaltblütig bis zur Un verschämtheit. , AuS Berliner politischen Kreisen erfahren wir hier zu: Bet den ausländischen Meldungen, in denen von einem deutschen Schritt zur Herbeiführung des NüstungSausglcichs die Rebe ist, scheint cS sich nm Indiskretionen zu han deln. Die Tatsache als solche dürste richtig sein, dagegen lässt sich im Augenblick noch nichts Authentisches über die Einzelheiten des Schrittes feststcllen. Es ist aber wohl an- znnehmcn, dast von zuständiger deutscher Seite im Lause des morgigen Tages dazu Stellung genommen wird. Ile Kenlercnz des ReiMmSmMMms MMIIWN aus NerstSiMuna mlt Studeuburo Berlin, 81. Angnst. Die Besprechung des NeichStagS- präsibtiims, das Hauptmann a. D. Göring heute ein- bertes, dauerte nur kurze Zett. Das Präsidium nahm Kenntnis von dem Autworttelcgramm des Reichspräsidenten, das folgenden Wortlaut hat: „Für die Mitteilung von der Wahl des NcichStagS- präsidinmS sage ich Ihnen besten Dank, ebenso sttr die mir kundgcgcbene Absicht des ncngcwähltcn Präsidiums, sich bereits jetzt und hier mir vorznstellen. Da ich im Laufe der nächsten Woche nach Berlin zurückzukehren ge denke, bitte ich Sic und die Herren Vizepräsidenten von einer Fahrt hierher Abstand zu nehmen und den geplanten Besuch bei mir im Laufe der nächsten Woche in Berlin abznstatten. Den Zeitpunkt hierfür werde ich Ihnen dort angcbcn. Einstweilen spreche ich Ihnen und den Herren Vizepräsidenten aus diesem Wege meine guten Wünsche für Ihre Geschäftsführung ans. gez. v. Hindenburg, Reichspräsident." Das NeichütagSvrästdium glaubt a«S der Fassung der Ant wort die Geneigtheit des Reichspräsidenten entnehmen zu können, vor weiteren Entschlüssen dem Präsidium die Mög lichkeit z« geben, ihm über die neue Lage Vortrag halten zu dürfen. Man nimmt an, dast dies noch vor der sür Donners tag nächster Woche in Aussicht genommenen zweiten Voll, sisjung beS Reichstages der Fall sein wird und hosst, den Reichspräsidenten doch noch überzeugen zu können, daß ein arbeitssähiger Reichstag vorhanden sei. Notverordnung Ansmo nlichsler RoKe vrnNtmolcknng nnioror vorUoor Sokrlttloltnng Berlin, 81. August. Das Neichskabtnett trat am Mitt- wochnachmittaa unter dem Vorsitz des Reichskanzler» von Papen zu einer Sitzung zusammen, die vorzugsweise der Fertigstellung des Wirtschaft»- und Arbeit»» beschafsungSprogramm» gewidmet war. Diese Abschlustarbeltcn an dem von der Regierung in seinen Grundzügen ja bereits bekanntgegebenen Programm biirs- len sich noch bis gegen Ende der Woche yinzlcben. Man rechnet damit, dast die ersorderlichc Notverordnung am Sonnabend in allen Einzelheiten ausgearbeitet sein wird, so dast sie dem Reichspräsidenten zur Unterzeichnung vor belegt werden kann. Da die Berössentlichung der Notverordnung sicherem Ver nehmen nach sür den Dienötag der nächsten Woche geplant ist, wird ihr Text durch einen Herrn aus dem Vitro des Rcichspräsidcntcnpalais nach Ncudcck gebracht und dort vom Reichspräsidenten vollzogen werde». Neben dem Wirt schaftsprogramm wurde heute innerhalb des Kabinetts auch noch einmal die tnnerpoltttsche Lage erörtert, ohne dast sich jedoch, wenigstens nach dem, was darüber an Infor mationen zu erhalten ist, neue Gesichtspunkte zur Beurtei lung der Lage ergeben hätten. Die zwischen Zentrum und Nationalsozialisten über die Möglichkeit der Bildung einer Koalitionsregierung in Prcusten geführten Verhandlungen haben wegen des Katholikentages, der in Essen stattsindet, eine gewisse Unterbrechung erfahren, da die führenden ZentrumSpolttikcr sich nach Essen begeben haben. Eine Fortsetzung der Verhandlungen dürste daher erst sttr den Anfang der kommenden Woche zu erwarten sein. Die Mussten -es neuen Reichstaves Berlin, 81. August. Das soeben vom NctchStagsbüro auSgcgebenc ReichstagShandbuch über den am 31. Juli ge wählten Reichstag enthält wie üblich die persönlichen An gaben über die neuen Abgeordneten. AuS diesen Mittei lungen ergibt sich u. a., dast der neue Reichstag 63 Abge ordnete ausweist, die jünger als 82 Jahre sind. Der Jahrgang 1900 ist bei den Kommunisten durch einen, bet den Nationalsozialisten durch 2N Abgeordnete vertreten, der Jahrgang 1901 durch einen Kommunisten und acht Natio nalsozialisten, der Jahrgang 1002 durch fünf Kommunisten und sieben Nationalsozialisten, der Jahrgang 1908 durch drei Kommunisten und sechs Nationalsozialisten, der Jahr- gang 1991 durch eine» Kommunisten «nd drei National- sozialistcn, der Jahrgang 1996 durch einen Kommunisten und drei Nationalsozialisten. Der Jahrgang 1996 ist merk würdigerweise im Reichstage nicht vertreten, der Jahrgang 1997 dagegen ist durch vier Mitglieder im neuen Reichstag vertreten. Diese Abgeordneten, die also im 26. Lebens jahre stehen, sind die Benjamin« des neuen Reichs- Parlaments. DaS jüngste Mitglied des Reichstage» ist der kommunistische Abgeordnete Janka, der am 17. Mai 1997 in Chemnitz geboren wurde und seit 1924 al» Sekretär der kommunistischen Partei tätig ist. Gleichfalls aus dem Jahre 1997 stammen der MeichSfiistrer der Hitlerjugend, Baldur v. Sch» rach, der nattonalsozialistlschc Abgeordnete Nühelm ann und der kommunistische Metallarbeiter Karl Bartel, der am SO. März 1907 in Lohmen bet Ptrua geboren ist. Präsi-ialresieruns un- Reichstag Drei fast gleichzeitig cingctretenc Ereignisse, das Schei tern deö letzten VerständigungöversuchcS zwischen Papen und Hitler, die Ncgierungöbcsprcchung mit dem Reichsprä sidenten in Nendcck und der glatte Verlaus der Netchs- tagSsitzung, haben den inncrpolttischen Konflikt in ein akutes Stadium gebracht. Am Beginn dieses entscheidenden Ringens zwischen der Präsidtalrcgierung und dem Reichs tage ist eS notwendig, sich ohne Rücksicht aus Partei» Meinungen und Wünsche, rein sachlich über die Gründe und LösungSmöglichkciten des Konfliktes Klarheit zu verschaffen. Worum geht cs? Neun Zehntel des neuen Reichstags, dessen Wahl von der Regierung Papen herbeigeftthrt wurde, weil sic von den gestärkten nationalen Parteien Unter stützung ihrer Arbeit erhoffte, stehen ihr in erbitterter Feindschaft gegenüber. Der Gedanke, aus dem diese Regie rung geboren wurde, hat damit vollständig Schiffbruch er litten, weil zwischen den Machtansprüchen der nationalsozia listischen Bewegung und dem Angebot der Negierung kein Ausgleich zustande kam. AuS der geplanten Teilnahme, Unterstützung oder Tolerierung wurde Opposition. Mehr als 650 von 608 Abgeordneten brennen daraus, der Negie rung durch ein Misstrauensvotum die Grundlage ihres Wirkens zn entziehen. Je grösser und bestimmter diese Gefahr wirb, um so stärker betont die Negierung ihren Willen, trotzdem im Amte zu bleiben und ttber alle Hindernisse, die ihr der Reichstag tn den Weg legen könnte, hinwcgzugehen. Gegen über allen Gerüchten von StaatSstreichplänen verkündet sie immer wieder die feste Absicht, im Rahmen der Verfassung zu bleiben. Damit ist ihr weiterer Weg genau abgesteckt. Sie muss nach oder vor dem Misstrauensvotum zur Auf- lösung des Reichstages schreiten und ihn innerhalb eine» Zeitraumes von 60 Tagen neu wählen lassen. Um diese Verpflichtung aus Artikel 25 der Verfassung haben sich alle Erörterungen der letzten Tage gedreht. Denn auch die Prä- sidialrcgierung ist sich nicht im Zweifel darüber, dass ein im Herbst nach dem alten Wahlrecht gewählter Reichstag keine wesentlich andere Zusammensetzung aufweisen und jedenfalls sttr sie keine Mehrheit bringen wird. Unter diesen Umständen wird ein fünfter Wahlgang in diesem Jahre sinnlos, ganz abgesehen von den schweren Gefahren, die eine neue Entfesselung der politischen Leidenschaften für Staat und Volk im allgemeinen und für die ruhige Ab wicklung des grossen Wirtschaftsprogramms im besonderen in sich bergen. Am Schluss eines solchen Wahlkampfe» könnte ja doch, wenn die Negierung ihren Zwölf-Monate- Plan zu Ende führen will, nur eine abermalige NcichStagS- auflösung stehen, die unter Umständen bis Mitte des nächsten Jahres noch ein- oder zweimal wiederholt werden müsste. Das märe politischer Wahnsinn, allerdings mit Methode. Und darüber hinaus ein Zustand, der eines grossen Volkes unwürdig ist. Darum hat man sich hin und her überlegt, ob der ver fassungsmässige Zwang znr sofortigen Ausschreibung von Neuwahlen nicht irgendwie umgangen werden kann. Zu nächst ist die Möglichkeit eines Volksentscheids erwogen worden, der das Wahlrecht ändern und damit die Voraus setzung sür einen anderen Ausfall der nächsten NctchStagS- wahl schaffen sollte. Aber man hat wohl cinsehen müssen, dass bei der feindlichen Einstellung der vom geltenden Wahl recht begünstigten Parteien ein solcher Volksentscheid ebenso zum Scheitern verurteilt märe, wie eine entsprechende Ge setzesvorlage im Reichstag. Dann sind allerlei staatsrecht liche Konstruktionen entstanden, die mit verschiedenen Be gründungen die These ausstellcn, bass durch die politische Entwicklung ein Notstand geschaffen sei, zu dessen Be hebung das Staats notrccht weit über den Artikel 48 der Verfassung htnauSgchende diktatorische Möglichkeiten biete. Am meisten Beachtung fanden die Darlegungen des alldeutschen IustizrateS Class mit der Behauptung, dass die Staatsgewalt gegenüber dem jetzt vorliegenden „echten Staatsnotstand" souverän sei, und dass man deshalb dem Reichspräsidenten und der NelchSregierung das Recht zu sprechen müsse, sich bet ihren RettungSmassnahmcn über for male Bestimmungen der Verfassung htnwegzusetzen. Zu ähnlichen Folgerungen kommt auch mit anderen Gedanken gängen der Berliner StaatSrechtSlehrer, Professor Carl Neuler I^itersi-Kelie Vm8ckau 8eite 9