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A-vn-Ausga-e 70. gahroang. S«. 176 April 1932 kN Gegrünöet 18S6 Dra-tcmlchrlstl NoHrichlen Drelden gkmwltchel-Eammelnummtt: i»rrt Rur lür RachtgUvritlh«: Nr. sov»» SchrllllrUun, u. Hauplackchiluftklle: Drrsden -«. », Mirtcnstraß« »«/» Bq«g»Kbühr VA Itallch zwrlmallg» ZufteNmg monatlich »ra MI. retnlchlle^IIch 70'Vfst. st» ristzo»- lohn», durch Poftbriug ».«o MI. rinIchltehUch d« Big. Postgebühr lohne Bolt»ustellnng«gebahr) bei »mal wbchentlichem »erland. lttnjelnummer 10 Via. «n»elgenpre>!e: Die einlpoiiige ro mm breit« Aelle »b Pla , lür autwüri» «o Psg., die »o mm breite «eNameietie roo Psg., aubechalb rro Vlg. ab», »riienabjchiog It. Daril. kiomiitenometgen und Lieitengeiuche ohne Rabatt Ib Via-, außer halb üb Vlg. Ollertengkbühr »0 Vlg. «utwärtige Auiiräge gegen Borau»be»ahiung. MS u. ««h-s'i'sWH S' «elchaid«.> Drerden. Poltlcheck-Sw. l«u Dresden- Nachdruck nur mit deull.Quellenangabe (Dresbn. Nachr.» iulitsttg. Unverlangt« Vchriltstücke weiden nicht auldewahrt Dle Durchführung -es SA. Verbotes Musterhafte Dljzlplin - ErMterung aus -er Rechten vradtruolckuug uuieror Serlloer SebrUtleltung Berlin. 14. April. Verbot und Auslösung der national- sozialistischcn Selbslschutzorganisativnen haben, wie zu er warten war, die Erbitterung weiter nationaler Volks schichte,l ans daö äußerste gesteigert. CS «st dabei keineöweaö so, das; nur die Nationalsozialisten selbst von dieser Welle der Erregung ergriffen worden sind. Betrachtet man das Echo insgesamt, so kann man seststellen, das, neben den Nationalsozialisten die gesamte bürgerlich-nationale Rechte aus das Vor gehen der ReichSregicrung mit größter Empsindlich- keit reagiert hat. Die Sympathien sind, abgesehen von der Linken nnd iinkSorientiertcn «reisen der potttischen Mitte, jedenfalls nicht bei denjenigen, die die Notverordnung nnterzeichnct haben, nnd noch weniger bei denen, die sic, wie beispielsweise in Preussen, noch vor ihrem offiziellen Ergehen dnrchfiihrten. In allen NechtSkreisen begrlts, t man es unverhohlen, das, sich in der Hochflut der Verfolgung, in deren Zeichen der gestrige Abend und die vergangene Nacht in Deutschland ge standen hat, einige Ländcrregicrungen finden, die nach Mahgabe ihrer politischen Möglichkeiten alles zu ver meide» suchten, was die Verbitterung unnötig steigern könnte. Hier hat man sich der peinlichen Aufgabe im Geiste der Ritterlichkeit unterzogen. Mau war bestrebt, die Gefühle derjenigen, denen man Organisationen, die mit un endlich vielen persönlichen nnd finanziellen Opfern, mit wahren Kamerabschastvgeslihlcn tn einem Jahrzehnt aus gebaut worden sind, zerschlagen muhte, nach Möglichkeit zu schonen, denn es konnte ja nicht die Aufgabe vernünftiger Länderregicrnngcn sein, die schon nahezu iinttberbrückbarc Kluft, die sich im Volke ausgctau hat, noch weiter zu Verliesen. An ihrer empsindlichsten Stelle hat dle National sozialisten nicht so sehr die Tatsache getroffen, das, man den Rahmen der Organisation zerstörte und alles wegnahm, was nach der Notverordnung nur irgendwie weggcnommcn wer den konnte, sondern das, man ausdrücklich in der Notverord nung auch vorsah, Hand ans die Ehrenzeichen, die Standarten und Jahnen der LA. zu legen, die kür jeden Nationalsozialisten Symbol eines zähen und mit dem Blut non 2M Toten nnd vielen Tausenden von Verlebten besiegelten Kampfes nm ein neues Deutschland sind. Ge rade diese Bestimmung ist es gewesen, die den soldatisch empfindenden Menschen besonders gegen den Strich gegangen ist. Hier hörte tn den NechtSkreisen jedes Ver stehen können auf. Nachdem heute ein Neberblick über die gesamte Aktion tm Reiche möglich ist, kann man seststellen, das, die national sozialistischen Formationen in ihrer schwersten Stunde mustergültige Disziplin bewahrt haben. Aller dings war die SA. ans den Schritt gcsaht. nnd an den meisten Stellen sah sich dle Polizei vor leeren Räumen, in denen zum Teil nicht einmal mehr Bitrotische aufgcfundcn wurden. Die Geldzeichen und Standarten sind ausnahmslos rechtzeitig in Sicherheit gebracht worden. Nur die eigentlichen Geschästsunternehmnngen, die sogenannten Zeugmeistereien, wurden gröhtentcils Opfer der Polizeiaktion. Am loyalsten haben, wie der Neberblick ergibt, diejenigen Regierungen gehandelt, tn denen die schwarz-rote Koalition Nicht am Ruder ist. Dazu gehört Sachsen, dessen Stellung nahme heute in einigen Berliner Blättern an hervorragen der Stelle wiedergcgebcn wird. In Braunschweig hat sich die dortige NechtSregierung begreiflicherweise Zeit ge lassen, tn Breme n hat man von einer Polizeiaktion über haupt Abstand genommen und sich daraus beschränkt, den Nationalsozialisten von dem Erlas, der Notverordnung oksi- ziel! Kenntnis zu geben. Auch in Thüringen nnd -en beiden Mecklenburg hat man sich daraus beschränkt, bas tzach der Notverordnung Notwendigste zu tun. Am rigorosesten sind die Negierungen in Bayern, Preußen, Baden nnd Hesse« vorgegangen. Auch -ie Kitlee Auvenö verboten vrabtnralckang anoorar Sorlluor Sodrtttloltnng Berlin, 14. April. Daö Verbot der SA. und SS. ist heute auch auf die nattoualsozialistischen Organisationen „Hitlerjugend" und „V o l k ö s p o r t v e r c i n Bcr- l i n" ausgedehnt worden, weil die letztere Organisation, die seinerzeit die Oessentlichkeit anläßlich der Hebungen auf dem Truppenübungsplatz Döberitz beschäftigt hat, von den Behörden als eine Fortsetzung der SA. angesehen wird. Heute vormittag sanden in der Zentrale der NSDAP. Ber lin und auch an anderen Stellen der Neichöhauptstadt w i e d e r u m p o l i z e i l t ch e D u r ch s u ch u n g c n statt, nm die Räume -er beiden verbotenen Organisationen zu ver siegeln und gestern beschlagnahmtes Material sichcrzustcllen. Zu dem SA.-Vcrbot wird ferner an unterrichteter Stelle noch mitgeteilt, das, am gestrigen Mittwoch der politische Beauftragte Hitlers, Hauptmann Goering, den Versuch gemacht habe, mit dem ReichStnncnminister Groencr eine Aussprache über die Durchführungsbestimmungen des SA- Verbotö herbeizustthren. Groencr habe Goering indessen a n die L ü n d e r t n st a n z e n verwiesen mit dem Hinweis, das, er nicht in der Lage sei, mit einem Beauftragten der Partei zu verhandeln. Lediglich ein Empfang des brann- schweigtjchen Innenministers ttlaggeü hat gestern statt gefunden. Klagge« habe unter Protest erklärt, das, sich Braunschweig der Notverordnung sügen werde. Inzwischen hat daö „Echo de Paris" ein Telegramm ihres Berliner Korrespondenten gebracht, in dem behauptet wird, Hindenburg und Groencr hätten die SA. erst verboten, nachdem sic die militärische Kampfkraft dieses WehrverbandcS aus andere Weise sichcrgeslcllt hätten. In der Wtlhelmstraßc wird dies als eine Unterstellung bezeichnet, die für den Berliner Korrespondenten des „Echo de Paris" noch Konsequenzen habe» soll. ülllerö Ausruf un dir Ruli»aaIs»-lMen Berlin, 14. April. Adolf Hitler hat zu dem SA.» und ST.-Verbvt einen Ausruf an seine Anhänger erlassen, tn dem cS u. a. heißt: „General Groener hat als Auftakt sür die Ländcrwahlen die SA. nnd SS. aufgelöst. Reichs banner und Eiserne Front dagegen werden als staatöpolt- tisch wertvoll angesehen nnd daher nicht verboten. Parteigenossenl Jahrelang leid Ihr getreu meiner An ordnung, legal den Weg zur Erringung der politischen Macht gegangen. Ihr seid in dieser Zeit aut das grausamste ver folgt und gequält worben. Hunderte von Kameraden wur den getötet, vlclc Tankende sind verwundet Die leigen Mörder und Hehler befinden sich jedoch zum überwiegendsten Teil ans freiem Fuß. Für den Versuch der Notwehr habt ihr zahllose Gefängnis- und Zuchthanüslrafen erhalten. WaS General Groener, Herr Brann. Herr Sevcring, Herr Grzefiniki, Herr Stütze! und Herr Dr. Brüning nsw. wollen, weiß ich, nnd Ihr wißt es auch. Unsere Antwort auf diesen neuen Verzivcii'lnngsschlag des Systems wird keine Parade, sondern ein Hieb sein. Am 24. April ist der Tag der Ver geltung. Zu dem Zwecke empfehle ich Euch, meine ehe maligen Kameraden der SA. nnd TS., folgendes an: Ihr seid von jetzt ab nur noch Parteigenossen. Ihr erfüllt als Parteigenossen Eure Pflicht, indem Ihr Euch in den Sek tionen nnd Ortsgruppen zur politischen Wahlarbcit frei willig mehr als je zuvor zur Verfügung stellt. Gebt de» augenblicklichen Machthabern keinen Anlaß, unter irgend welchen fadenscheinigen Vorwände» die Mahlen auSsehen zu können. Wenn Ihr Eure Pflicht erfüllt, wird dieser Schlag des Generals Groencr durch unsere Propaganda tausendfach auf ihn selbst nnd leine Bundesgenossen zurück falle». Denn trotz General Groencr: Solange ich lebe, gehöre ich Euch und Ihr gehört mir. Am 24. April möge cs einer gerechten Vorsehung gefallen, unseren Kamps sür Freiheit und Recht zu segnen!" Anrufung -es StaatSgertchtshofS? Berlin, 14. April. Die Führer der NSDAP, sind fast vollzählig in Berlin versammelt und beraten zur Zeit mit Hitler und ihren Juristen im Hotel Kaiscrhos, welche Schritte gegen daö SÄ.-Verbot unternommen werden sollen. Wahrscheinlich wird der StaatSgcrichtShos an gern ien werden, vor allem auch deshalb, weil vielfach von der Polizei Material beschlagnahmt wurde, was nicht der SA., sondern der Partei gehört. LandlagSabgeordntler StMntkMl verhallet Leipzig, 14. April. Wie vom Polizeipräsidium Leipzig mitgeteilt wird, hat sich tn einer am Mittwoch ab gehaltenen Versammlung der NSDAP, der national sozialistische Landtagsabgcvrdnctc L t n d c n t k v w f k i zu Verhöhnungen und Beleidigungen dcö RciäiSpräsidciitcii hinrctßen lassen. Stndentkvwiki ist im Lause des Donners tagvormittags zu der Sache polizeilich vernommen worden. Mit Rücksicht aus die Schwere der Beleidigung und da Verdunkelungsgefahr vvrliegt, ist die An. gclcgenhctt unter Zuführung deö Beschuldigten der Staats anwaltschaft übergeben worden. Die Musikinstru mente der in der Versammlung anwesenden SA.-Kapelle wurden beschlagnahmt. Im Anschluß an die Ver sammlung kam cs an einigen Stellen der Stadt zu O r d n n n g S st ü r u n g e n. Die Aktion in Chemnitz Chemnitz, 14. April. Wie zu de» bereits gemeldete» polizeilichen Haussuchungen in den Chemnitzer SA.-Ränmcn noch ergänzend berichtet wird, erschien die Polizei am Mitt wochabend 8,M Uhr in Stärkc von ctwa 7 ü Man » und blieb dort bis gegen 1»,M Uhr. Beschlagnahmt wurden insgesamt drei Trommeln, 01 Brotbcutclbändcr nnd einige Landkarten. Auch iii der Wohnung des SA.-FührcrS Schlegel wurde eine Haussuchung vvrgenommcn, die jedoch ergebnislos verlief. Ebenso wurde die Sport schule der NSDAP, in H a in in e r l c u b S d o r s ge schlossen. Zur Zett der polizeilichen Aktion sprach im Marmorpalast der nationalsozialistische WirtschastSpolitikcr Feder, während dessen Rede die S t a n d a r t c n k a p c l l e aus polizeiliche Veranlassung das Podium räum en mußte. MM »er nationalsvzialiktlschen wndtaMaktlvn Dresden, 14. April. Wegen der Auflösung der SS.- und SA.-Formationen richtete die nationalsozialistische Fraktion im Sächsischen Landtag sofort nach Bckanntwerden des Ver botes ein Protestschrcibcn an die sächsische Regierung zu Händen -eö Ministerpräsidenten, das folgenden Wortlaut trägt: „Die nationalsozialistische Landlagssraktion protestiert hiermit gegen die einseitigen VerbotSmaßnahmen der Rcichörcgternng und die völlig ungerechtfertigten Hanö- suchungcii. Sic verlangt tm Namen von weit über IvüüW Mitgliedern und 1)4 Million Wählern Sachsens von der sächsischen Regierung Aollzugsverivctgcruug und sofortigen Einspruch gegen die verfassungswidrigen Willküraltionen des Reiches." Sic Rklmmg tes AMimdts Politisch am unangenehmsten haben aus naheliegenden Gründen diejenigen Gruppen die neue Notverordnung empfunden, die zwischen Zentrum und Deutsch- üattonalcn stehen. Gerade hier ist der Widerstand gegen das SA.-Vcrbot in den letzten Tagen am größten gewesen, weil man mit Recht vermutete, daß die Mehrzahl der Wähler nunmehr nach rechts abwandern würbe. ES war deshalb nur zu begreiflich, daß einige Partei« Aihrer der rechten Mitte am Dienstag und Mittwoch die Reichsregierung geradezu beschworen, von dem SN.« Verbot abzusehen. Dingelbey, Gras Westarp und verschiedene andere politische Persönlichkeiten bieser Richtung wollten beim Reichspräsidenten noch einmal persönlich vorstellig werden, mutzten aber davon Abstand nehmen, weil Hindenburg in zwischen seine Entscheidung schon getroffen hatte. Die Deutsch nationalen nnd Nationalsozia listen werden voraussichtlich durch das SN.-Verbot bet den kommenden Wahlen nicht nur nicht geschädigt werden, sondern sogar zahlenmäßig Vorteile zu erwarten haben. Die Nationalsozialisten sind, obwohl ihnen zum miiidcsten tu Preußen und Bayern ihre gesamte LandtagSwahlorgantsation »erschlagen worden ist, ebenfalls im Hinblick auf das Wahl- drgebnts durchaus optimistisch. Genugtuung in Varis Paris, 14. April. In der Pariser Presse verfolgt man die letzten Ereignisse in Deutschland mit größter Ausmerk- samkeit. Die Auflösung der Sturmabteilungen der National sozialisten wird mit besonderer Gcnngtnnng ver- zeichnet und sehr eingehend besprochen. Die großen Blätter wollen diese Maßnahme der Ncichsreglerung allgemein mit der A br lt st u n gS kvn fe re nz tn Verbindung bringen und betonen, baß die Negierung Wert darauf lege, mit reinem Gewissen in die Hauptphasc der Genfer Ver handlungen einzntreten. Der außenpolitische Bericht erstatter deS „ Echo de Paris",Perti n ar, gibt seiner Verwunderung darüber Ausdruck, daß der Beschluß der RclchSregicrniig erst so spät verwirklicht worden sei. Man habe wohl cingesehcn, baß es in Genf sehr schwer gefallen wäre, die übrigen Mächte von den friedlichen Absichten Deutschlands zu überzeugen, wenn man an der Seite deS amtlichen deutschen HeercS eine 4ünmn Mann starke illegale Armee bestehen lasse. Der „Petit Part st en" betont, daß man sich in bezug auf die angebliche Einigkeit tm Sckwß des Kabinetts ziemlich skeptisch zeigen müsse. Die Be ziehungen zwischen dem Großen Hauptquartier der Reichs wehr und demjenigen Hitlers seien zu eng und zu herzlich gewesen, als daß die Auslösung der Sturmtrupps von einer ganzen Reihe von Generalen leichten Herzens mit angesehen werde. Deutschland habe sich jedoch nicht der Gefahr aus setzen können, tn Genf Rechenschaft über die Daseins berechtigung der Armee Hitlers ablegcn zu müssen. Auch das „Journal" bezweifelt die angebliche Etnslimmlgkeit im Schoß des Kabinetts nnd betont, cö sei tm Augenblick noch unmöglich, die Auswirkungen dieses sensatloncllen Be schlusses auSzulegcn. „Dies ist SttlerS Stim-e!" Wie die Londoner Presse denkt London, 14. April. Bei der Benrlcilnug des Verbotes der nationalsozialistischen LA.-Organisation hält sich die englische Presse völlig an die amtlich gegebene Begrün dung. Durchweg wird dabet »um Ausdruck gebracht, dass die weitere Entwicklung in Deutschland Gegenstand ernster Sorge bleibe. „Daily Expreß" hebt die Schmierigkeit der Lage für Hitler hervor. Aber dennoch sei Hitlers größte Gelegen, bett zu gleicher Zelt gekommen. Wenn er seine Armee anslösen müsse, diese ihm aber Ire« bleibe, wen« er feine Leibgarde entlasse «ab dennoch feine«