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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 22.04.1932
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1932-04-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19320422012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1932042201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1932042201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Enth. Beilage: Der D.N.-Kraftfahrer (Nr. 16, Seite 9-10)
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-04
- Tag 1932-04-22
-
Monat
1932-04
-
Jahr
1932
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 22.04.1932
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i«r oten Parteien den WahlauS- gesichts dieser on den natio- schwarz<roten reue Harz- eS herznstellcn. einem RcichS- »aS dem über- iung vorgelegt gerecht und jebliche Ab. g der Ge- Reparatur al neue Be llona! und zu schassen, S Verkehrs- Renate eit von »««ter« Verbot lduna.) Sin« k, Wirtschaft, Unterschritten: a. D„ Kassel, von Below, stizrat, Berlin, Frauenkampf- der Infanterie zellcnz, Berlin, nant a. D., lmasor a. D^ anterie a. D„ g (NeichSflagae dmiral a. D., ttergutSbesiher, «uito des See» l, General der >n Selchow, President a. D., >on Einem, Gebhardt, Mit osen ist im rsten April- :unb 299 09« en Arbett-- der Saison» agerung der end in de« abhängigen , «st. NSDAP, er» sere nationale anken. mal« Ber» «füge der en und gichtische» d bewährt. Wenn innen auch Sie e« ter Preis M. 1.2«. k^» Xetä. u«t. —Ue. MlNg dlungen mit -esse hat der igen Richt» rordnung ettunge» IN», k Hewerk- erwaltung gen neuer er Reichs- rnehmens, ikehr-rUck- lichen Per» sandel« sich Hauptsache lebe-, »um da in den Lichten ge» Man« zur roch weiter lerschieden« -genannten nt. weil er Man wolle unter Sin- Itischer Aus» n bekämpfen ilche Bertwt- lrt der Dar- le berichteten uS ihnen ge- tcherheit und der« bars die , der vsf««t> endet «erden, scharfe Kritik luberung und ten und nicht teren Mittel« Ns im Donnerstag », da» Fest der om war festlich öffentlichen Ge irrten Musso- Die Rekruten, wurden vom gelegten Cäsar- leS Bronze- tt. In Gegen- »ergäbe der vier Arestag, 22. AprN 1S32 Dresdner Trachrschkeu" Nr. 1« Seite Z Was kann Blsmarck -er jüngeren Generatlon bedeuten? «on Referendar Sand-Bernhard Vrauße Alle Bismarckreden, die jährlich Ansang April in Deutschland gehalten werden, dürfen uns nicht darüber Hinwegtäuschen, daß BiSmarck heute bereits wetten Kreisen unseres Volkes, besonders aber der NachkriegSjugend, fremd geworben ist. Für die Aelteren ist er viel zu ost nur eine große Erinnerung, für die Jüngeren, die die Macht seines Reiches nicht mehr erleben dursten und sür die die Zeit ein gänzlich neues Gesicht hat, ist sein Name nicht viel mehr als der Rus: erobert die alte Macht unseres Reiches zurück! Beide Auffassungen werden ihm nicht vollauf gerecht. Wer einmal die Zeit vor 1871 näher studiert, dem wird mit erschreckender Deutlichkeit klar, in welcher Gefahr wir 1018 standen und er kommt dann zu dem Ergebnis, daft eS geradezu wie ein Wunder erscheint, wenn trotz des Weg falles der Dynastien im Ehaos jener Novemberrevolte das Reich eben nicht auüeinanderbrach, sondern sich seine Ein heit erhielt. Dieses Wunder ist allein die Auswirkung der Genialität seines Schöpfers. 1018 wa.r Bismarcks Geist stärker als die Kräfte der Zersetzung. Gewiß war Bismarcks Werk eine ganze Leistung, aber dennoch ist es un vollendet. Manche seiner Lösungen wird noch in der Zukunft ein Vorbild abgcbcn können, man denke nur an die Frage der Reichs-, der VersassungSresorm. Aber hier liegt nicht in der Hauptsache sein Vermächtnis. Wer Bis marcks Briese an seine Frau kennt, wird daraus Hinweisen, wie sehr BiSmarck ein Vorbild als Mensch abgebe. Aber auch das ist nicht das eigentliche. BtSmarckS lebendige Be deutung liegt vielmehr darin, daß er uns das Beispiel eines durch und durch politischen Menschen gab. Wir mü,sen in BiSmarck einen der wenigen großen deutschen Lehrmeister zum politischen Denken erkennen lernen, als solcher muß er, als solcher kann er in uns wieder lebendig werden, vornehmlich in der Jugend. BiS marck alS Erzieher? Wie ist das gemeint, darf doch nicht übersehen werden, daß es ihm nicht beichteten war, sich ge eignete Nachfolger Heranzubilde»? So und nicht anders, als baß er trotzdem, ja, daß er erst heute vielleicht seine erzieherische Wirkung an den Enkeln vollbringen kann, weil erst jetzt der Sinn sür das spezifisch Politische wächst, wie eS in ihm verkörpert ist. Und das ist ganz besonderer Art! Man sage nicht, unsere Zeit sei eine andere als die Bismarcks und bedürfe deshalb anderer politischer Methodik. Sie bedarf vor allem des politischen Könnens, das die Ausgaben der Zett als Stoss nimmt, der bearbeitet sein will,- und mag auch der Stoss von neuerer Art sein, so bleiben doch die Voraussetzungen deS politischen Könnens stets dieselben. In unserer Jugend ist der nationale Wille in aller Leidenschaft zum Durchbruch gekommen. Jetzt muß ein weiteres geschehen. Die nationale Gesinnung gibt nicht das Recht zu dilettantischer Politisiererei, sondern die Pflicht zu politischer Erziehung. Soll der Rus Spenglers in seiner Rede von 1924 über die politischen Pflichten der deutschen Jugend nngchört verhallen, der dahin geht, daß die echte Gesinnung allein nicht genüge, sondern daß dar über hinaus Politik als schwere und schwer erlernbare Kunst begriffen werden müsse, die Beherrschung des Gebietes vorauSsehe, auf dem man sich betätigen wolle? Wo nicht nur politisiert werden soll, da muß man in die staatsmännische Praxis einzudringen suchen, über politische Programme und Partetschriftcn hinaus. Deshalb tut die Besinnung auf den Politiker Bismarck und ans die Art, wie er politisch dachte und handelte, heute be sonders sür die Jugend not. Hitler hat einmal, nach den Büchern gefragt, deren Studium er für besonders erforderlich halte, an erster Stelle auf Bismarcks „Gedanken und Erinnerungen" verwiesen. Damit hat er den Nagel aus den Kopf getroffen. ES ist erstaunlich, wie ungeheuer viel Bemerkungen Bis marcks Fingerzeige geben, die wie sür unsere heutige politt- sche Notlage geschrieben sind. Gedacht sei etwa an Bismarcks Vorwurf, den er den führenden deutschen Politikern macht, baß sic sich gar zu gern treiben ließen, nie aber von sich aus eine aktive, das heißt führende Politik wagten. An Gerlach schreibt er einmal: »„Können Sie mir nun ein Ziel nennen, welches sich die Regierung vorgestcckt hat, auch nur einen Plan aus einige Monate hinaus,- grade robus sic stnntitnw weiß man da, was man eigentlich will? Weiß das irgend jemand in Berlin und glauben Sie, daß bei den Leitern eines anderen Staates dieselbe Leere an positiven Zwecken vorhanden ist? Wir sind die gutmütigsten, ungefährlichsten Politiker, und doch traut uns eigentlich niemand." Welch et« Borwurf und welch ein« Einsicht steckt in folgender Anmerkung: „Daß man in der Politik aus Ge» fälltgkrit oder aus allgemeinem RechtSgesühl handelt, da dürfen andere von uns, wir aber nicht von ihnen er warten." In dieser Bemerkung lieg» die erste entscheidend« Einsicht, die er uns vermittelt, nämlich die säst selbstverständ lich klingende, daß dir Wirklichkeit wirklich gesehen sein will, ohne Brille und Voreingenommenheit, ohne de« Schleier von Ideologien. Vom Diplomaten sagt er deshalb einmal kund das gilt nicht nur vom Diplomaten«: „Sympathien und Antipathien in betreffs auswärtiger Mächte und Personen vermag ich vor meinem Pflichtgefühl im auswärtigen Dienste meines Landes nicht zu rechtfertigen, weder an mir noch andern; es ist darin der Embryo der Untreue gegen den Herrn ober das Land, dem man dient. Insbesondere aber, wenn man seine stehenden diplomatischen Beziehungen und die Unterhaltung des Einvernehmens im Frieden da nach zuschneiben will, so hört man meines Erachtens auf, Politik zu treiben und handelt nach persönlicher Willkür. Die Interessen des Vaterlandes dem eignen Gefühl von Liebe oder Haß gegen Fremde nnterzuordnen, dazu hat meiner Ansicht selbst der König nicht das Recht . . Jedes dieser Bekenntnisse ist eine Fundgrube politischer Erkenntnis. Erinnert sei auch an den Ausspruch im Reichs- tage am 14. Juni 1882, in dem klar die deutsche Situation erkannt ist, die heute trotz der Niederlage im Weltkriege nicht anders ist als es die damalige war: „Nur Moltke, so sagte damals BiSmarck, sein Heer «nd die Achtung vor ihnen ermöglichen mir, «ine über legene Koalition zu verhindern. Dun Sie diesen Respekt auS der Welt, und Deutschland wird für die anderen eine Art von Polen lein, mit fruchtbaren Grenzprovinzen, die jedermann brancheu kann. Bei dem schwachen deutlchen Ratlonalfinn gibt keine fremde Macht die Hoffnung aus. sich Deutsche zu assimilieren." Inzwischen haben wir Lehrgeld bezahlt, werden wir heute, da wir das Jahr 1982 schreiben, endlich sür Außen- und vor allem Wehrpolttik die Folgerungen ziehen? Diese Beispiele zeigen den lebendigen BiSmarck, sie könnten ins hundertfache vermehrt werden. An uns ist eS, ihn zu gewinnen. Allerdings ist derjenige politischer Ein sichten nicht fähig, der in den „Gedanken und Erinnerungen" nur den Bericht jetzt nicht mehr gegebener Konstellationen, nur die ins einzelnste gehenden Beschreibungen längst toter Personen findet. Vergebens sucht man nach einem System ethisch fundierter Ideen, nach denen die Welt zu gestalten sei, vergebens nach einer grobangelegten Metaphysik des Politischen, vergebens nach ausgesponnenen Programmen, wie etwa diese und jene Frage, ja wie das Netz der politi schen Ausgaben, die in einem Staate entstehen, gelöst werden müsse. Daß das fehlt, ist nun aber nicht eine bedauerliche Lücke, sondern gehört zu dem Wesen Bismarcks, zu dem Wesen seiner politischen Haltung. Hier ist es vielfach an uns, umzulernen. Die zweite entscheidende Einsicht, die er uns vermittelt, ist nämlich die, daß tu der Politik in erster Linie nicht Ideen und Ideologien bestimmend sind, sondern Men schen, lebendige Menschen mit ihrem Wollen und Ver- jagen, ihrer Kraft und ihrer Unzulänglichkeit, daß in der Politik nicht Wünsche und Utopien Ziele zu bilden haben, sondern die nüchternen Interessen des Staates, und schließ lich, daß Politik treiben heißt, das Notwendige z« tu« und durchzusehen mit allen Mitteln politischer Strategie, zu denen neben einem ausgeprägtem Fingerspitzengefühl vor allem auch eine gepanzerte Faust gehört. DaS Not wendige tun ist aber weder mit der Verwirklichung mensch- heitsbeglückenden Fortschritts noch damit identisch, so wenig als möglich und auch daS nur zaghaft zu tun, wie eS deut sche Politik gar zu gern zu handhaben pflegt. Die tiefste politische Weisheit Bismarcks zeigt sich in seiner Stellung zur Außenpolitik und damit verknüpft zvr heikelsten politischen Frage, der von Krieg und Frieden. In seiner großen Ncichstagsrede vom S. Februar 1888 ent- wickelt er eine Haltung, die tatsächlich für jede deutsch« Politik und zu jeder Zeit Richtschnur sein kann. Er macht den seinen aber entscheidenden Unterschied zwischen aggressi- ver Gewaltpolitik und defensivem Kampfe um das LebenS- recht eines Volkes, wenn er sagt: „Jede Großmacht, bl« außerhalb ihrer Interessen» sphäre auf die Politik der anderen Länder z« Sie neuen englischen 8ölle Auf F-rttswaren so°/° - Auf Stahl HI'/»"/<> London, 21^ April, von Mitternacht d«S r». April ah wird ans fakt alle Ferttgfabri tat«, die «ach Sugland eingesührt «erde«, einGefamtzoll »»« -0 Prozent ««legt «erbe«. Ans «ine Anzahl anderer Fabrikate wird ein Gelamt-oll von 1» Prozent gelegt «er den. Für gewifse Waren, wie L«x«S» oder Halbl«x«S» waren, «erden die Abgaben LS bzw, »0 Prozent in einigen Fällen betragen. Für halbferttgen Stahl wird für eine Mindeftperiode von drei Monate« ,i« -eitwetllger Gesamtzoll von Wtt Prozent erhob«« wer, den, um die Einfuhr so lange »« hemmen, bis der Be ratend« Ausschuß für Einfuhrzölle, von dem die oben er» wähnten Vorschläge ausgehen, genügend Zeit gehabt bat, eine« neuen Plan z« unterbreiten. In Begründung der Vorschläge wird betont, daß Eise« «nd Stahl besonders schwierig z« behandeln feie«, da Eisen und Stahl von viele» Industrien verwandt werden «nd in Halbfertigfabrikaten «ine änßerst heftige Konkurrenz bestehe. DaS Komitee sei überzeugt, daß in erster Linie die Erhaltung einer blühen, den Visen- und Stahlindustrie mit hochgradiger Leistungs fähigkeit für den Fortschritt der Nation äußerst wichtig sei. Gnglan-s Aahreszahlunoen an Amerika London, 21. April. DaS Foreign Office bestätigt, daß die amerikanische Negierung wegen der Rückzahlung der auf Grund des Hoovermoratoriums gestundeten IahrcS- zahlungen an England herangetreten ist. Die Jahresleistung beläuft sich auf rund 88 Millionen Pfund Goldstcrltng. Die Note ist bereits in den ersten Tagen des März übersandt worden. Amerika verlangt eine Rückzahlung der gestundeten Jahreszahlungen in zehn Raten bet einem Zinssatz von 4 v. H. Der amerikanische Schritt erfolgte auf Grund der Beschlüsse des amerikanischen Senats. Griechenland gibt die SeldnMrung aus? Athen, 21. April. Unter dem Vorsitz des Mlntsterprä- sidentcn Ventzelos »nd im Beisein führender Finanz leute sand hier eine Konferenz statt, in der über Währungs- und Finanzfragen verhandelt wurde. Die Entscheidung ist dem Ministerrat vorbehalten morden. In unterrichteten Kreisen wird jedoch die Aufgabe der Goldbasis sür den Drachme als höchst wahrscheinlich bezeichnet. Bei den Verhandlungen soll es zu einem Zusammenstoß zwischen Venizclos »nd dem Finanzminister Maris gekommen sein. Borfahrtsrecht -er Straßenbahn beseitigt Berlin, 21. April. Der Neichsrat stimmte am Donners tagabend einer Aenderung der Verordnung über Warnungs tafeln für den Krastfahrzeugvcrkehr an Eiscnbahnttbcr- gängen und einer Aenderung der Verordnung über den Krailsahrzcugverkehr zn. Besonders umstritten war dabei die Aushebung des unbeschränkten Vorfahrt, rechtes der Straßenbahn, die von Württemberg, Hessen, Lippe und einigen preußischen Provinzen bekämpft, ober trotzdem beschlossen wurde. Der Neichsrat genehmigte weiter die von -er NeichS- regierung ausgestellte Berechnung über den Ersatz -er Kosten der R e i ch ö p r ä s t - e n t e n w a h l e n sür die Gemeinden. Die Gemeinden erhalten vom Reich eine Rück vergütung von etwa vier Fünfteln der ihnen entstandenen Wahlkosten. Deckeneinfturr tm Gerichtssaal - 15 Lote Bastia (Korsikas, 21. April. Während einer Gerichts verhandlung stürzte die Saal decke ein und begrub die RechtSanwäitc und viele Zuhörer unter sich. Bei den Auf- räumungsarbelten sind bisher fünfzehn Tote gesunden morden. Die Zahl der Verletzten soll hoch sein. Kleppers Steuerankündigung «ird i« Abrede gestellt. Die Pressemeldung der preußische Finanzminister Klepper habe in einer Rede in Kiel eine neue Steuer an gekündigt, wird von zuständiger Stelle für falsch er- klärt. Der internationale UeberbrückungSkredit verlängert. Der Internationale UeberbrückungSkredit für das Deutsche Reich in Höhe von 125 Millionen Dollar ist bis zum 19. November 1988 zum Zinssatz von 6 Prozent verlängert worden. „Sch bitte euch, wählet!" Mahlpropaganda vor 2000 Jahren In den letzten Wochen ging über Deutschland eine Pa- Plcrsliit von Wahlslugblättcrn und Wahlplakaten hinweg. Der Wahlkampf in seiner heutigen Form ist nun keineswegs eine Erfindung unserer Zeit; es gibt im Gegenteil Zeugnisse genug dafür, daß schon zu Zeiten der alten Grieche» der Kamps »m die Stimmen der Wähler mit aller Kraft geführt wurde. So zeigte AristophaneS in den „Rittern" mit großer satirischer Schärfe, wie zwei Wahlkandidaten, ein Wurst händler und ein Lcdersabrikant, miteinander wetteifern, um sich die Gunst des alt und kindisch gewordenen Demo» (Volk) zu sichern. „Bitte, nimm diesen Stuhl", sagt der eine. — „Seh dich an diesen Tisch", schmeichelt der andere. — „Iß dieses Köstliche aus meiner vortrefflichen Gerste von PyloS!" — „Nimm lieber diesen Kuchen, den die Göttin Minerva selbst gebacken hat!" — .„Hier ist köstlicher Erbsenbrei, dort sind herrliche Fische!" so wird Demos zur Wahl heran ¬ geholt und nimmt schließlich alles, was man ihm gibt, und freut sich, ans Kosten anderer satt zu werden. Auch die Römer wußten die Wähler mit aller Gewalt zur Stimm abgabe anzurcizen. Die Wahlkanbidaten, die tm alten Rom nm die Stimmen des Volkes warben, mußten, um zu zeigen, daß sic moralisch untadelig waren, ein weißes Gewand an legen, die ..ta^a ennckicka", sozusagen die „weiße Weste" der Römer. Und diese Toga sollte, wie Plutarch erzählt, ihr einziges Kleidungsstück fei»; denn man wollte dadurch ver- hindern, daß sie in den Falten ihres Untergewandcs Geld sür den Stimmkanf verbergen könnten. Obwohl der Wähler sang durch Gcldvcrtcilen streng verböte» war, versprachen die Kandidaten einflußreichen Wählern ganz öffentlich be stimmte Summen sür ihre Stimme. Im römischen Gesetz gab es eine eigenartige Bestimmung: Wenn der Kandidat nur Geld versprochen, sein Versprechen aber nicht gehalten hatte, so lag kein Vergehe» vor: gab er aber wirklich Geld, so mußte er an den Staat alljährlich bis zu seinem Tode 190 909 Sesterzen (etwa 8000 Mark) zahlen. „Viele Kandi daten", bemerkt daher Eicero ironisch, „halten sich schon seit langem nur an die ersten Bestimmungen dieses Gesetzes, sie versprechen immer, geben aber nie etwas." Hand in Hand mit diesem Stimmkanf pflegten die römischen Kandidaten die Wähler nach allen Regeln der Kunst zu umschmeicheln und ihnen das Blaue vom Himmel zu versprechen. Am aufschlußreichsten für die Wahlpropaganda in längst vergangenen Jahrhunderten waren die Ausgrabungen, die in Pompeji vorgcnoinmcn wurden nnd gezeigt haben, daß man schon vor 2000 Jahren Wahlproklamation kannte, die denen unserer Tage nur sehr wenig nachstehen. Pompeji wurde am Vorabend einer Wahl sür den Gcmeinbcrat vom Ausbruch des Vesuvs überrascht und begraben. Dank der Lava, die die Aufschriften an Len Häuserwänden luftdicht abgeschlossen hat, wirken diese heute noch so frisch wie am ersten Tage. Besonders die „Straße des Ueberslusses" scheint bei der Agitation der Parteien bedacht worden zu sei». Uebcrall liest man Versprechungen, vielverheißende Programme, Lobpreisungen des eigenen und Beschimpfun gen des gegnerischen Kandidaten. Viele Plakate tragen am Kopf die drei Buchstaben OVI', was heißen soll: „Oro Vos l^ncinli«". „Ich bitte euch, wählet!", daß heißt, eine Ermah nung zur Erfüllung der Wahlpflicht, wie sie heute nicht besser am Platze sein kann. Mit aller Kraft legten sich Freunde, Nachbarn und Kol legen (heute würde man sagen: die Parteileitung) für ihren Mann ins Zeug: „Stimmt für Pansa. Er ist so bescheiden und der Republik würdig!" Ein anderes Plakat hebt her vor, das „Julius Sabinius nicht nur ein weißes Schaf in einer schwarzen Herde, sondern auch niemals betrunken ist". „Wenn ihr gutes Brot haben wollt, so wählt CleontuS Pri- siuS, er ist freigebiger und hochherziger als alle andern. Wenn er gewählt wird, werden wir die schönsten Spiele und das beste Brot (panom ot cireoiwos) haben. Seine Ju gend ist uns ein Unterpfand seiner Aufrichtigkeit nnd seiner Tüchtigkeit. Wählt ihn! Er zahlt gut. Sttmmt dieses Jahr sür ihn, dann wird er nächstes Jahr für euch stimmen." — „ProcliniuS ist ein lauterer Mann, nnd PhonitiuS ist ein guter Mensch!" Gemessenen Schrittes trugen pompejanische „Sandwichniänncr" Wahlplakatc durch die Stadt, die die Kandidaten in Bildern und Karikaturen zeigten. Hier sicht man -en dicken Wanst des „guten" PhotintuS, dort als Gegenstück das spindeldürre Gerippe des „lauteren" Proc liniuS. Die Plakatverbreiter hatte» in Pompeji keine leichte Arbeit; denn cs kam zunächst darauf an, sich einen Platz an der Maner zu sichern. Dann mußte der „Albator" in Aktion treten und die weiße Fläche, die für das Wahlplakat auS- ersehen war, grundieren. Dann kam der „Scriptor", der Schreiber, dem bei seinem ost nächtlichen Werk der „Later- narius", der Lcuchtenträgcr, Helsen mußte. Eine besondere Nolle spielten im Wahlkampf die Frauen. Die pompejanischen Sussragettcn stürzten sich, obwohl sie na türlich kein Stimmrecht besaßen, mit aller Leidenschaft in die Wahlschlacht. Pctronia nnd Statia taten der Oesfentlichkeit kund, daß sie, wenn sie das Stimmrecht hätten, nur sür EaseliuS und AlbucinS stimmen würden. Mit Stolz fügt Statia hinzu, daß ihr Kandidat noch immer von der Malle der Wähler gewählt morden sei: „Was Statia will, will auch daS Volk!" Man kann auch lesen, baß die Kandi datur des LueinS TirrcnuS von seiner treuen Großmutter warm empfohlen werbe. AuS einem Frauenhcrzen kommt der bewegliche Aufruf an die Mähler: „Wer gut und richtig wählt, wird der Liebling der Venus werden!" Dagegen weiß man nicht genau, ob es ein männliches ober weibliches Wesen ist, das seinen Wahlaufruf mit der drastischen Erklä- rung schließt: „Wer gegen uns ist, ist ein Esel!" Ein „Flapper" der damaligen Zett erläßt zur Empfehlung von Julius Polttiu» die Ankündigung, der Kandidat set so schön wie Apollo; die verliebte Animula (Seelchen) bittet, doch un bedingt ihren Geliebten Claudius zu wählen. So ähnlich manche dieser Wahlaufrufe denen der heutige« Zeit klingen, in einem Punkt stimmt der Vergleich zwischen damals und heute nicht: die Aemter des alten Pompeji wurden nicht bezahlt, es war ausschließlich eine Ehre, in öffentlichen Stellen wirken zu dürfen. Statt der Diäten, die die Abgeordneten heute beziehen, mußten damals die Erwählten aus eigene Kosten große Feste geben, öffentliche Brunnen, Wasserleitungen, Thermen, Tempel und Tribu nale bauen, um sich die Gunst der Wähler zu erhalten. Der Kandidat hatte die Wähler auf der Straße zuerst zu grüben, und es wurde ihm übel vermerkt, wenn er nicht jeden genau beim Namen kannte. Schon damals rechnete man darauf, daß jeder Gewählte den Handel heben, den Kaufleuten große Einnahme« ver schaffen, den Käufern aber zur gleichen Zett große Erspar- Nisse ermöglichen würde, daß die Kandidaten nicht nur alle» versprechen, sondern auch alles hallen würden! Kunst un» Wissenschaft -f- Dresdner Theaterspielplan sür heute: Opernhaus: „Don Carlos" (7M). Schauspielhaus: „Einen Jux will er sich machen" (8). Alberttheater: „Der rasende Sperling" (8). Die Komödie: „Die Ballerina des Königs" (8,1fi). Restdenztheater: „Otto in Nöten" (8). Centraltheater: „Das Veilchen vom Montmartre" (8). s Veraustaltungeu. Heut« im Belvedere nachmittag» 4 bi» 7 Uhr reekonzert der „Vereinigung schassender Künstler". s Souvabeudoesper in »er Srenztirche, nachmittag» I UH«. Max Reger sl878 bis 1Sl7>: Phantasie jiir Orgel Über den Choral: Halleluja! Gott zn loben! Joseph Haas igel». l878>: „Deutsche Vesper', Op. 72, nach den Worten der Heiligen Schrift, sür fünf- stimmigen Chor. Joh. Seb. Bach sl68S bis 17K8>: Singet dem Herrn «in neues Lied, Moiett« für zwei Chöre. Mitwirkend«: Der Kreuzchor. Orgel: Kirchenmusikdirektor N. Psannstiehl. Leitung: Kirchenmusikdirektor Rudolf Mauersberger. — Nach der Vesper Turmblasen sPosaunenchor von Ps Ad. Müller). 1 Dresdner Musikschule sDtrektor Han» Schneider). Schluß- konzert mit dem Schulorchcsler DtenStag, den 10. Mai, >i8 Uhr, tm Bciverbehau». -s- Liederabend. Im Rahmen der von der Buchhandlung v. Zahn L Iaensch veranstalteten Dresdner Kulturabende gab der hiesige Konzert- und Oratoriensänger Günther Baum am Donnerstag im Harmoniesaale einen vorzüg lich besuchten Liederabend. Der im letzten Winter wiederholt vor die Oesfentlichkeit getretene varitonist offen barte aufs neue seine schönen, welchen, sympathischen Mittel und seine sehr beachtliche Gesangskultur. Auch auf die Pro grammgestaltung versteht sich Günther Baum vortrefflich, indem er Alte- und Neues, Zartes und Starkes ab- wechslungSvoll anetnauderretht, wobei er aber stet-
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