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7». Nahrsang. Str. »a Dienstag, 5 April t»SL Lra»lant<t>rltt! Nachrtchlea Drebbe» l?«nIvrc-I,kr-Lammklnummer! »b»«t Nur lü« NachlgclvrLche: Nr. raolt Schrllllcllung u. HaupIgelchLIIsstrN«! Lrrtdcn -«. t, warlenftrabe b»/1» Rkiq«»», Dreldnr. VoM<tzrck-pto. lass Dresden Nachdruck nur mit deutl. Quellenangab« lDretdn. Nachr.) i»lMg. Unverlangt« Schrtltstück« «erden nicht aulbewahrt lohn), durch «ostbe,ug ».»0 «k. etnlchllehlich »I V!» Postgebühr tohne P°st»ustellung«gebühr) »et 1 mal wbchenUlchem Berland. «tnhelnummer »0 Via-, auherhald Lachlen« ti Big. «lnjelgenprelie: Die etnlpaltig« «0 mm breite Zette bi Psg., iüe auswltrt« «0 die 90 mm »rette Reklame,eile NX) Vlg., auherhatb iia Vlg. ab,, «rilenablchlag lt. Dort!, Namiltenan,eigen und Etellengeluche ohne Rabatt » Vlg., außerhalb 9» Plg. vllertengebühr !>» Vlg. «tuswärllge Aultriige gegen Borau«be,ahlung. Ende -er Mllitürdittatur in Elidilawien RtUtritt ter Beimater Regierung Belgrad, 4. April. Ministerpräsident General Zlw, kowitsch hat am Montagmittag dem König Alexander aus Schlos, Dedinfeiv bei Belgrad den Gesamtrücktritt der Regierung unterbreitet. Der König ha« den Rück tritt angenommen. In einer Sißnng des Ministerrats, die am Vormittag stattgesunden hatte, erklärte General Ziwkowitsch, daß er sich aus dem politischen Leben zurück» ziehe. Gr habe am SS. Januar 1»L8 in einem Augenblick höchster Gefahr sttr den Staat als neutral« Persönlichkeit die Rrgiernng nnd damit die Pflicht übernommen, die Ver- hältnifse in Sitdslawien wieder zu normalisieren. Er glaube, daß er seine Pflicht erfüllt habe und trete daher von der Regiernng znrück. Die Nachricht von der Aufgabe der Militärdiktatur ries ungeheures Aussehen hervor. Der bisherige Außen minister Marinkowitsch ist an Stelle ZiwkowitschS zum Ministerpräsidenten ernannt worden. Seinem Kabinett gehören sämtliche Mitglieder der bisherigen Regie, rung mit Ausnahme von Ziwkowitsch an. Die Minister sind bereits Montag nachmittag vereidigt worden. Der Rücktritt des Diktators hat, obwohl er schon seit Dezember erwartet wurde, in politischen Kreisen insofern Ueberraschung hcrvorgerusen, als er fast unmittelbar nach -en ernsten Kundgebungen an der Belgrader Universität erfolgt ist. General Ziwkowitsch dürfte wieder ,nm Kom mandanten der Garde ernannt werden. Gin feiner Kronzeuge Berlin, 4. April. fEtg. Drahtmeld.f Wie aus Kattowitz berichtet wird, haben die polnischen Behörden einen gewißen Joses Ptelawskt verhaftet, weil er mit Hilfe eines von ihm hcrauSgegcbencn Skandalblattes ErpressungSversnchc au verschiedenen Personen des öffent lichen Lebens in Oberschlesien unternommen hat. Bei diesem verhafteten Ptelawskt handelt es sich nm die gleiche Person, die alsKronzengc der polnischen Staatsanwalt schaft tn dem Prozeß gegen den Gcschästssührer des Dent- schen BolköbundeS. Otto N l i tz, und gegen den Schulrat Dudek fungierte. Das „Material", bas der fetzt Ber» hastete im Auftrage des polnischen Hauptmanns Eychon in den Jahren lNS5 und 1»-'ü zusammcutrng und zu sammenfälschte, bildete die Unterlagen für den großen Schlag der polnischen Regierung gegen die Organisation der deutschen Minderheit in Oberschlesien PielawskiS Do-- kunicntcnsabrikativn hat sogar im B ö l k e r b u n d S r a t eine Rolle gespielt, als nämlich der polnische Außenminister die osfizicNc Erklärung abgab, daß nach seiner genauen Kenntnis der Dinge der Führer des Deutschen BolksbundeS illegale nnd hochverräterische Handlungen gegen den polni schen Staat begangen habe. Piclawski bestach im Auftrage des polnischen Spionagedienstes Angestellte des Völker bundes und deS deutschen Generalkonsulates in Kattowitz, um sich von ihnen Material geben zu lassen, das er dann nm- und verfälschte. Als alles dies nicht anSreichte, um die Führer ber deutschen Minderheit ins Gefängnis zu bringen, fertigte Piclawski sich die Photographien einer angeblichen Bescheinigung an, durch die Otto Ulitz nachgeivtcscn werden sollte, daß er polnische Staatsangehörige zur Desertion ver leitet habe. Wenn nun Piclawski von den polnischen Be hörden verhaftet worben ist, so zeigt das. daß er seine Fähigkeiten als Verleumder und Erpesker wohl so stark auögcnutzt hat, daß cS selbst den polnischen Behörden zu viel wurde. Ein MsMlSbelMgitmSvrM Der Schah von Persien verklagt dcntsche Journalisten Berlin, 4. April. Im Schöffengericht Berlin-Mitte fand heute ein MascstätSbelcidigungSprozeß statt, den der Schah von Persien gegen einige persische und deutsche Journalisten angestrengt hatte. Der Pro zeß endete nach kurzer Dauer mit dem Freispruch der sechs Angeklagten. Lediglich zwei wurden mit 80 Mark wegen formeller Ucbertrctung der Prcßgesehe bestraft. Tie Verhandlung selbst hatte unter Ausschluß der Oessentlichkeit stattgesundcn. Der Freispruch erfolgte nach rechtlichen Gründen, da nach Ansicht deS Gerichts die vom deutschen Gesetz zur Voraussetzung gemachte Gegenseitigkeit nicht ver bürgt sei. Das persische Gesetz sehe nicht den gleichen Strafschuß für Souveräne vor, den das deutsche Gesetz biete. Lediglich tn einem Falle sah das Gericht die Gegen seitigkeit als vorliegend an, hier aber wurde die Frage, ob eine Beleidigung des Schahs von Persien vor gelegen habe, verneint. SkSkNMWtke SiiWldcps an Sumnbkkv Gemeinsame Lan-esttste nach dem Starkeverhältnis von 1S3O Berlin, 4. April. Der Führer der Deutschen Volks partei, Dingel dep, veröffentlicht einen Offenen Brief an die Adresse des deutschnationalcn Parteivor- sitzendcn Dr. Hu gen berg, in dem er den Hugenbergschcn Vorschlag eines gemeinsamen Vorgehens der bürgerlichen Rechtsparteien für die Prenßcnwahlen aufgreift und sctner- seltS dazu weitere Vorschläge macht. Was die DNVP. uud die DVP. angcht, schlägt Dingcldey vor, daß beide Parteien eigene Listen ausstcllcn, die aber tn den Wahlkreisen untereinander verbunden werden. Die Reststimmcn sollen ans eine gemetnschast, lich anszustellende preußische Landesliste verrechnet werden. Als Verteilungsquot« aus diese Landesliste wünscht Dingeldey das Wahlergebnis vom September 18 88 angewandt zu wissen. Dingcldey erklärt sich bereit, sofort eine gemeinsame Sitzung aller bürgerlichen Rechtsparteien einznbcrufen, falls die Deutschnationalcn aus diesen Vorschlag ctngehen. Der deutsch nationale AbgeorbneteSchmib t- Han nover hat in einem seiner persönlichen Verantwor tung entspringenden Schreiben geantwortet, da Dr. Hugenbcrg bereits nach S ü d b c u t s ch l a n b abgercist ist. Schmidt-Hannover weist daraus hin, daß die zwischen Zentrum und DNVP. stehenden Gruppen durch ihre tn den letzten Jahren betriebene Politik nachweisbar so viel Widerspruch und Ablehnung selbst in den eigenen Reihen erfahren hätten, daß die früheren Stitrkeverhältntsie nicht mehr als machtpolittscher Maßstab dienen könnten, Und verzeichnet weiter, daß die DVP. das Angebot Hugcn- bergS parteiamtlich als „indiskutabel" abgelchnt habe. Dieser schroffen Absage seien die Absagen ber DVP. an die kleinen Gruppen der Mitte gefolgt. Herr Dingeldey habe seine neueste Einstellung zu einem Zeitpunkte bekannt- gegeben, der, wie er selbst wisse, es rein technisch unmöglich mache, die etwa in Betracht kommenden Gruppen für ernst- haste Verhandlungen znsammenznsassen. „Nuter diesen Umständen wird Ihr nach Ihrer bisherigen Haltung über raschender Brief von vielen als ein Versuch ausgesaßt wer- -en, sich in letzter Stunde der Verantwortung sür die Ab- lehnnng des dentschnationalen LammlnngSvvrschlageS zu entziehen." Berlin, 4. April. In einer Berliner Versammlung be handelte der preußische LandtagSabaeordnet« Buchhorn von der Deutschen Volkspartei die Stellung der Deutschen VolkSpartct im Wahlkamps. Es stehe fest, so betonte er, daß cS ctncn Ruck nach rechts geben werde. Aber Hugen bcrg und Hitler würden die ersordcrlichcn Mandate nicht ausbringen, um souverän über das Schicksal Preußens zu entscheiden. Tie Deutsche Volkspartei müsse dafür sorgen, baß sic eine T r a d t t i o n S k o m p a n i e im Preußischen Landtag bleibe, die später wieder einmal ein Regiment sein werde. Brüning in Karlsruhe Karlsruhe, 4. April. Nach Beendigung seines Oster- nrlaubS begann Reichskanzler Dr. Brüning in der badi schen Landeshauptstadt vor 8000 Zuhörern seinen Redefeldzug. Daß er nicht nach London fahren könne, sei nicht so Ve« bauerltch, weil ausgezeichnete Männer an seiner Stelle fahren werden. , Daß da» deutsche Volk nun noch drei weitere Wochen tn den Wahlkampf gezogen werde, sei ein trübes Zeichen sür den Teil, der die Kampagne herbeigesührt habe. „Solange wir die fetzige politische Stabilität tn Deutschland nicht sichern können, wird cS durch die immerwährenden politischen Un ruhen keine Erholung der Wirtschaft geben und wird die Ankurbelung der Wirtschaft aus sich warten lasten." Brü ning beschäftigt sich sodann eingehend mit der national- sozialistischen Bewegung. Da» Ziel der NSDAP., die höchste Macht im Staate — den ReichSpräsidentenposten — zu erhalten, sei, parteipolitisch gesehen, berechtigt, aber vom vaterländischen Standpunkte ans verwerflich, wenn man sich in den Parlamenten der Länder vor der Mitarbeit drücke. Die Propaganda der NSDAP, sei in Wirklichkeit ein voll- endetcS System, nämlich da» System rücksichtslosester Demagogie. „Die großen Dinge, die langsam berangereikt sind in der Außenpolitik, und die wir zum Teil bewußt ber- beiführen konnten, diele Dinge sind nur dann zu vollem Erfolge zu bringen, wenn e» gelingt, baS System der »ergangenen zwei Jahre, da» System der fetzigen Regierung, durchzubalten. niemals dem Volke demagogische Versprechungen zu machen, son- der« die Wahrheit zu sagen." Nach dem Reichskanzler ergriff der Außenminister a. D. Dr. Enrtius zu einigen abschließende» Ausführungen da» Wort. Autarkie o-er Weltwirtschaft? Zu all den Gegensätzen, die im Zeichen der Wahlkämpfe das deutsche Volk zerreißen, ist tn den letzten Tagen noch ein w i r t s ch a f t s p o l i t i s ch e r dazngekommen, der die Gemüter nicht so erhitzt wie die innenpolitischen Streitobjekte, aber trotzdem von einschneidender Bedeutung ist. Es han delt sich nm den wirtschaftspolitischen Systcmwechsel, besten Notwendigkeit von allen Seiten anerkannt ist, besten Rich tung jedoch umstritten bleibt. Pflege des Binnenmarktes lautet die Parole der Landwirtschaft, Förderung der AuS- suhr antworten die Industrie- und Handclskreise. Noch schärfer, einseitiger, aber auch übertrieben wird die Debatte zugcspiht tn den Schlagworten: Autarkie oder Welt wirtschaft? Zwei hervorragende Vertreter aus beiden Lagern haben die gegensätzlichen Meinungen besonders deut- lich formuliert: der NcichScrnährungSminister Schiele, der in Kempten die agrarische These vertrat, und Geheimrat Kastl, der vor dem RcichSvcrband der Industrie allen autarkischcn Bestrebungen eine scharfe Absage erteilte. Welche Folgerungen die NcichSrcgierung als die be rufene Mittlerin und als Führerin der staatlichen Wirt schaftspolitik aus diesem Kamps der Meinungen zu ziehen gedenkt, ist noch nicht abzuschen. ES scheint, daß ihre Energien auf diesem Gebiet ebenso wie auf dem ber arg vernachlässigten Außenpolitik durch die Anteilnahme am Wahlkamps gelähmt werden. Unterdessen türmen sich aber auch die wirtschaftlichen Gefahren rings um Deutschland immer höher. Im NeichShanShalt wachsen au» den wieder holten SanicrnngSversuchcn der Notverordnungen neue Fehlbeträge. In den Anßcnhandelszissern sinken Ein- und Ausfuhr ständig ab, so daß wir in kurzem vor der Tatsache stehen, daß der Aus^hrwcrt den der Einfuhr gerade noch deckt. Daraus emstcyen neue Dcvlsenschwicrigkcitcn, und es erhebt sich die Frage, wie die privaten Rückzahlung»- und ZinSvcrpflichtungcu aus dem Anleihcdicnst erfüllt werden sollen, nachdem von den politischen Tributzahlungen praktisch schon längst keine Rede mehr sein kann. DaS Ausland denkt jcdensallS gar nicht daran, uns zu Helsen. ES will nur Geld, keine Ware, ohne Rücksicht auf den volkswirt schaftliche» Grundsatz, daß große nnd dauernde Geldttber- tragungcn nicht ander» als in Form von Warenlieferungen möglich sind. Die für Deutschland wichtigsten Einfuhrländer erhöhen fortgesetzt die Zollmauern und schassen überdies durch Einführung von Kontingenten noch künstliche Be schränkungen für die deutsche Einfuhr. Mit feder einzelnen dieser Maßnahmen wird der durch die FrtedenSverträge schon zum Ersticken eingeschränkte deutsche LebenSraum weiter verengt und die Erfüllung der uns ouserlegten Ver pflichtungen noch unmöglicher gemacht. Ja, man mutet dem deutschen Volk sogar zu, daß cS trotz eigener Bedrängnis seine politischen Gegner wirtschaftlich stützt, damit auch diese ihren ZahlnngSpslichtcn dem Hauptgläubiger Frankreich gegenüber Nachkommen können und damit die französische Politik in die Lage versetzt wird, diese Kräfte ernent gegen die deutschen Interessen cinzusetzen. Nichts anderes bezweckt ber Tardtcuplan im Donauraum. Die dortigen Vasallen Frankreichs sind wirtschaftlich und finanziell zerrüttet, weil sie, wiederum infolge der Zerstörung des wirtschaftlichen Gleichgewichts in Mitteleuropa durch die Pariser VorortS- verträge, ihre Agrarüberschüste nicht loSwcrbcn können. Und nun soll Deutschland überredet oder gezwungen werden, ihnen die Tore zu offnen, damit Ne wieder auf eigenen Füßen stehen nnd Frankreich die Kredite zurückzahlen können, die sie hauptsächlich zu RüstungSzwccken gegen Deutschland erhalten haben. Ist diese Politik schon Wahn sinn, so hat sie doch Methode. Keine Methode ist aber in der deutschen Abwehr zu erkennen. Bisher hat cS eine solche überhaupt nicht gegeben, und auch fetzt steht die RcichSregierung dieser Entwicklung noch hilflos gegenüber. Seit zwei Jahren besteht die Tätig keit deS Reichskanzler» darin, den dringendsten Notständen von Tag zu Tag mit Einzelmaßnahmen abzuhclken, aber jeder Ansatz zu einem großangclegten, methodischen Plan zur Selbsthilfe — man denke nur an die vergebliche Arbeit de» WirtschaktSbelrateS — ist im Keim erstickt worden. Auch tn der Handelspolitik waren alle bisher getroffenen Maß nahmen nur Notwehrakte von Fall zu Fall. ES gibt keinen Plan, keine konstruktive Idee, nur noch Ueberreste des Wahnes, wir könnten auch auf diesem Tummelfeld der nack testen Jnterellenpolitik mit der „Verständigung" weiter kommen. Wir hängen noch am Prinzip der Meistbegünsti gung, die e» nirgend» mehr gibt: wir räumen Vorzugszölle ein. obne einen Gegenwert kür die Erleichterung unserer Ausfuhr zu erhalten, und wir lallen un» gelegentlich vou einem pfiffigen Partner wie Polen über» Ohr hauen. An Protesten gegen diese handelspolitische Ideen- und Taten losigkeit fehlt e» nicht: wenn sich aber eine Bewegung erhebt, die positive Ziele weist und neue Wege empfiehlt, dann er bebt sich stürmisch der Streit der Interessenten und verhin dert eine gedeihliche Entwicklung. So gebt e» auch mit den vielfach verkannten Autarkie bestrebungen. Kaum ist d-s Wort ausgesprochen, da falle« schon die Zwischenrufe: „Für Deutschland gibt es nur Wett»