Volltext Seite (XML)
Freitag. 1. Juni 1SS7 Sächsische Volkszeitung -lummer 128, Seit« 7 Fran; Herwig: IanvonWerth EinNeikerrvman Nlleinisies Vertriebsrecht r Veringsanllalt Moni, München » Nachdruck verboten 30. Fortsetzung.. , „Ehedem Witwe Schmitz, gnädiger Herr, wohlgemertt, «Hedem. Jetzt meine Hausfrau, wenn Ihr mich um Aus« kunft fragt!" „Siehst du, Jose Maria", sagte Ian, als der Alte ge. gangen war. „Auch Tugendjosefa ist dahin!" Sie kam unsicher und zögernd und blinzelte in die Dämmerung. Ian konnte nicht finden, daß sie magerer geworden war all die Jahre. Sie mutzte es gut abpasfen, um durch die Türöffnung zu kommen. Eie erkannte ihn sofort und blieb stehen, die Hände über dem Leib gefaltet. «Herr Jan"!" sagte sie, und die Tränen liefen ihr über die fetten Backen. „Herr Ian!" Und sie trat zu ihm und tätschelte seinen Kopf wie «inem Kinde. „Seid Ihr es denn wirklich, von dem die Buben fingen? Auf dem Bollwerk spielen sie „Jan von Werth"; ich hab ihnen manchen lieben Tag zugeschaut. O Herr Jan!" „Ja, Herrn von Werths Exzellenz, Frau Josepha; macht einen Knicks", sagte JosL Maria. „Nein, Herr AbbS oder Herr Feldpropst, für mich ist es Jan, der kleine Ian. Es war sicher nicht edel von Euch — damals — an ihm und mir so zu handeln. Denn wäret Ihr nicht gewesen, Jan sätze heute hier — und nicht ein anderer." „Zackerbombenundflöh", rief Jan und lachte, „flötzt Euch der General keine Achtung ein?" „Ach, Herr Jan, General hin, General her. Als General habt Ihr ein Habit und als Schenkwirt auch. Zieht Ihrs Habit aus, seid Ihr der Jan. Und um keinen andern sollte es mir zu tun fein." Sie saßen still beisammen. Josephas Ehemann schlurfte hin und her und sah grämlich aus. Jan sah an den braunen Holzwänden empor und hörte die alte Aposteluhr schlagen. „Ist alles wie sonst", sagte er und trank. Zum erstenmal in seinem Leben hörte er das dumpfe Rauschen der Zeit, die von ihm wegflotz. Wo war der rosige Ian von früher mit dem weißblonden Haar? Wo die Tor heit und brausende Sehnsucht des jungen Lebens? Hatte er wirklich hier gelebt und davon geträumt, ein Dragoner zu werden, der nachts am zusammensinkenden Feuer lag? ,Zos6 Maria", sagte er, „ich habe mein Leben aus geben wollen, wie die Ouelle ihr Wasser. Und bin in eine ängstliche Welt gekommen, wo man sich nicht ausgeben darf. Man sagt Exzellenz zu mir, und ich wollte, wir wären wieder jung, und du lehrtest mich den Apfelstich." „Unser Herz ist unruhig", sprach der AbbL vor sich bin. „Unruhig und sehnt sich. Ist es zufrieden, wenn es das Ziel seiner Sehnsucht erreicht hat? Neue Fernen tun sich auf, Jan, und darüber vergeht das Leben." „Da stLt mir nun ein liebes Weib zu Hause. Ich babe lange um Ire gement. Aber sie ist es nicht mehr, um die ich geworben." „Liebt Ihr sie nicht?" — fragte Frau Josepha. „Er liebt sie wie am ersten Tag", sagte JosS Maria rasch, „aber nach den langen Zetten des Wartens, der Un- ruhe und des Sehnens wird sie nun sttll, und ihr Herz altert." Ian sprang auf und rief: „Eine saubere Stunde, um sich auszuhängen! Hätte ich erst den Gaul wieder zwischen den Beinen, und es wäre Mitternacht und es ging« los! Stillsitzen ist kein Geschäft für mich. Latz uns gehen." „Aber Ihr kommt wieder?" fragte Frau Josepha. „Ich seh' Gräber nicht gern!" rief er und reckte sich. Komm. Herzbruder!" Eines Nachts schreckte er aus dem Schlafe auf. „Hier!" rief er und „ja, ich komme!" Eriet fuhr empor und umhalste ihn. „Mein Jan! Was ist dir?" Er sah sie an und strich sich langsam und gleichmäßig die Stirn. „Eine Trompete blies", sagte er leise. „Eine kaiserliche Trompete rief mich. Hast du die Trompete nicht gehört?" „Nein, nein! Wir sind in Köln, in unserem friedlichen Hause, Jan." Da ließ er sich schwer zurücksallen und seufzte. Er merkte nicht, daß neben ihm sein Weib seinen erregten Atem be lauschte und — weinte. Denn in ihr war das deutliche und schmerzliche Bewußtsein: er sehnt sich fort von mir. Jan hatte im Hause und in den Gasten keine Ruhe mehr. Er wurde reizbar wie ein Stier. Er ritt vor die Tore und jagte durch die winterlichen Felder, aber plötzlich hielt er mit einem gewaltsamen Ruck sein Pferd an, denn es schien ihm lächerlich, so ohne Ziel und Zweck herumzu reiten wie ein Narr. Da lam ein Gerücht nach Köln, daß der Verbündete der Franzosen, Wilhelm von Hessen, mit elf Schwadronen und vierhundert Musketieren die Feste Hermannstein entsetzen wolle, in der die Franzosen blockiert waren. Da tobte Jan durch das Haus und lachte und fluchte und wirbelte Griet in seinen Armen herum, die ihn bat: „Reite nicht." Und nach einer Viertelstunde ritt er los, klabaster, klabaster, durch die Gasten Kölns, hatte nach einer Stunde achtzig seiner Reiter aus den warmen Quartieren geholt und jagte kreuz und quer, bis er ihrer einige hundert beisammen hatte. Als er dann lospreschte, gefolgt von dem geliebten Donner der Hufe, als die kalte Luft um ihn sauste und die Fernen eilig auf ihn zukamen, stand er im Dahinjagen in den Bügeln und schrie: „Werth ist erwacht! Werth kommt!" Und hinter sich hörte er wie sonst den hundertstimmigen lachenden Schrei: „Werth! Werth!" Im Angesicht der Franzosen, die hungernd auf den Wällen des Hermannsteins standen, fiel er die Hessen an. Nach einer halben Stunde war alles getan. Aber als er in der Gereonsgaste beglückt und berauscht wieder vom Roste stieg, flog ihm Eriet bebend und bleich entgegen: sie war vor Angst fast gestorben. „Coldatenweib?" rief er, als sie allein waren, „Sol- datenweib, und du hast Tränen?" „Ich habe so lange auf dich gewartet, herzliebster Jan, so lange Jahre. Und nun ich dich habe, drückt mir die Angst um dich das Leben ab." Er lachte und zog das Wams aus. Da schrie Eriet aus und hob abwehrend die Hände: „Jan! Jan! Da — du bist verwundet! Blut!" Jan machte ein erstauntes Eesicht. .Verwundet? Sieh da! Wirklich zwei Schrammen. Hab's nicht gemerkt. Nimm sie für zwei rote Rosen, die ich dir mit heimaebracht." Aber Eriet hörte es nicht mehr. Sie hing ohnmächtig in seinen Armen. In den folgenden Monaten verfiel sie immer mehr. Wenn ein Reiter vor dem Hause hielt, mußte sie an sich halten, um nicht auszuschreien. Immer fürchtete sie die Botschaft, die Jan wieder in den Krieg führte. „Nur so lange t' 'be bei mir, bis — bis unser Kind da ist", bat sie. Und wenn Jan lustig war, sang er, daß di« Wände dröhnten. „Fahr wohl, ich reit' frisch drein: Pardibauz und bum und valdera, Kann nicht mehr bei dir sein, Ach, ach, ja, ja." Aber wenn die Stille ihm allzusehr an der Seele fraß, >rach er in böse Worte aus, die ihn nachher reuten, uns atz halbe Nächte einsam beim Wein, indem er vor sich hin prach. So war es wieder Frühling geworden, und eines Tage» gab der Rat der Stadt dem berühmten General im Gürze nich ein Maifest. Es war ein Fest für Männer, und e» dauerte kaum eine Stunde, da waren die Köpfe heiß, und die Reden gingen laut und frei. Jan trank sich immer mehr in eine verbissene Wut hinein, und Ioss Maria hatte gut zur Ruhe und Mäßigung mahnen: Jan hörte nicht mehr auf ihn. „Soll ich meine Meinung nicht mehr sagen dürfen? HInterbring's doch einer dem sauberen Kurfürsten von Bayern, daß ich ihn einen verdammten Feind des Reichs nenne. Schweigt still! Wenn eine Aktion im guten Nollen war — er hat immer den Balken vor die Näder geworfen. Für einen Dreck haben wir Mantua erobert, denn der Kaiser mußte auf dieses Bruders Geheiß hin wieder heraus geben, was wir gewonnen. Wo ist Wallenstein, der all gemeinen Krieg und allgemeinen Frieden wollte? Und der gute Aldringhen! Wenn er ein Verräter war, Maxens Schuld war es. Anstatt jetzt der Franzose halbtot und ge duckt um Frieden bittet — den ganzen Rhein herunter ist er Meister! Und wer ist's schuldig? Er, immer Er!" Ein hochadliger General, Graf Fiirstenberg. der an der Tafel teilnahm, sagte ziemlich laut zu seinem Nachbarn: „Was wollt Ihr? Man darf es dem Werth nicht zu hoch anrechnen, daß er von der Politik nichts versteht. Er glaubt immer noch als Schenkknecht hinter seinen Wein- mstern zu sitzen. Von da aus freilich sieht der Lauf der (Fortsetzung folgl.l Der Totenschein Der Sonderberichterstatter der „Pramda" meldet am 15. 6. aus Irkutsk: „Die Kolchosbäuerin Iesimenko aus dem Dorfe Paschki (Bezirk Irkutsk) brachte ihren erkrankten Sohn Wolodja zur Stadt. Das Klnd hatte Scharlach und muhte in einem Krankenhaus untcrgcbracht werden. Nach einigen Tagen wollte die Bäuerin ihr Kind besuchen. Ihr wurde die Mit teilung gemacht, dah Wolodja gestorben sei. In der Leichenhalle aber war die Leich« d«s Jungen nicht zu finden. — N<l, dann hat man das Kind bereits beerdigt, — so sagte man im Krankenhaus zu der Mutter und händigte Ihr eine Besä-einl- gung über den Tod ihres Kindes ein. Die Mutter holte sich aus dem Standesamt den Totenschein für ihren Sohn und be schloß, tiefgebeugt von Kummer, doch noch einmal das Kranken- Haus anfzusuchen, um dort etwas Näheres Uber die letzten Augenblicke ihres Sohnes zu erfahren. Und siche da! In einem der Krankenzimmer findet sie ihr Kind. Es lebt! — Es Ist eben mit «inem anderen verwechselt worden — sagte seelen ruhig der Chefarzt des Krankenhairses, Tyschtschenko, derselbe, der die Bescheinigung über Wolodjas Tod ausgestellt hatte. „Ich habe 80VVV0 Franken zu vergeben!" Man sagt dem «Infaäicn Mann In der französischen Pro vinz die größte Einfalt in Europa nach. Nur so erklärt cs sich, daß in diesen Tagen in der Nähe von Ehalons-sur^aon eine Bäuerin Elaude Hubert in wenigen Stunden um 80000 Franken betrogen werden konnte. Bei ihr meldete sich nämlich «in gut aussehender Mann, der nach der Adresse eines gewissen Dr. Bcrnard fragte. E'n Dr. Bernard hatte wirklich in jener Gegend gewohnt, war aber vor einiger Zeit verstorben. Der Fremde, der einen Koffer bei sich trug, versicherte, er habe 800 000 Franken in diesem Koffer, die er Dr. Bcrnard übergeben soll«: „Dr. Bernard oder seinen Erbcnl — Ich möchte nur nicht in diesen späten Stunden noch einmal den Weg mit dcm Geld zuriickmachen. Vielleicht kann ich den Betrag hier irgendwo sicher unterbrinqen. Ich müßte allerdings ein Ver- trauensdcpot haben." Die Bäuerin, der er 5 Prozent Besor- aunasgebühr für die Aufbewahrung des Geldes versprach, kramte ihr gesamtes Vermögen zusammen und übergab es dem Fremden, der seinen wohlverschlosienen Koffer in einem Schrank hinicrlcate, dessen Schlüssel er außerdem noch mitnahm. Erst als der Fremde nicht mehr auftauchte, wandte sich die Bäuerin an die Polizei, die natürlich bald feststelll«, daß der Koster nur Zeitungspapier, aber nicht 800 000 Franken enthielt. Sie handeln mit — Hagelkörnern! In den eiiizelnen Ländern finden sich verschiedene sonder bare Berufe. Man denke an die Schlangenriecher Indiens, jene Männer, die mit Hilfe ihres fein entwickelten Geruchs organs mit absoluter Sicherheit feststellen, ob «In Schlangen loch bewohnt ist oder nicht! Jetzt härt man aus Mexiko von den Vertretern eines ebenfalls einmaligen Bcnrfes. Es handelt sich um «in paar Dutzend Menschen, die Interessenten mit Hagelkörnern beliefern. Ansässig sind sie im amerikanischen Staat Eolima, der dem Geblrgssystem der Sierra Madre Oci- dental angehärt. In den hock-gekegenen Bergzonen Tolimas sind Jahr für Jahr so reiche Hagelniederschläge zu verzeichn««, wie sonst wohl nirgends in der weiten Welt. Run richtet der Hagel im allgemeinen nur Verwüstungen an und ist d««haU> sehr un beliebt, diesen Männern aber kommt er sehr gelegen, je reich licher er fällt, desto lieber ist es ihnen, denn desto größer ist ihr Verdienst. Sobald sich tüe ersten Anzeichen bemerkbar machen, daß ein Hagelschlag herniedergehen wird, breiten sie große Zeltplanen aus, auf denen sic den Hagel einsangcn und dann ihren Abnehmern zustihren. Der Hagel wird ausschließ lich für Kühlungszwecke gebraucht. Wenn der Hagclschlag gcaen Abend hcrniedergeht und die darauf folgende Nacht schön kühl ist, transportieren sie ihre „himmlische" Beut« auch in die tiefer gelegenen Siedlungen hinunter. Diese Händler mit Hagelkörnern wurden der breiteren Oeffcntlichkeit durch di« Aufstellung der letzten mexikanischen Hnndclsübersicht bekannt. Die Statistiker wußten zunächst nicht, wie sie den Posten „Ein nahme des Staates Colima aus Handel mit Hagelkörnern" verbuchen sollten. Ihre diesbezügliche Sorge drang an die Ocstentlichkcit, und seitdem weiß man nicht nur in Colima,, sondern in ganz Mexiko von dielen paar Dutzend Männern, die «inen so sonderbaren Beruf betreiben. Ausgebeutetes Land — ausgebeutetes Volk Die rauhe Wirklichkeit des roten Paradieses von sowjetrussischen Zeitungen beleuchtet Im Spiegel der eigenen Parteipreise der Sowjets erkennt man gelegentlich die grauenvollen Zustände, wie sie tat. sächlich in Rutzland herrsche». Ob es sich um Wohnungsvcrhält- nisse, um Krankenfürsorge, um Korruption in den Fabriken, um Echulverhältniste oder Beamtenbürokratie handelt, überall das selbe Bild des Niederganges, der Verkommenheit, wie es trau riger nicht dargestellt werden könnte. Die „Jswestija" vom 6. und 9. April gibt eine anschauliche Schilderung über die Wohnungsverhällniste: „Das Haus, in dem die Lehrerin Demin in Stalingrad wohnte, brannte vorigen Sommer ab. Tage und Wochen, Monate vergingen, Frau Demin mutzte immer noch in der verkohlten Wohnung ausharren. Sie überstand eine Reihe von Krankheiten und verlangte stets «ine neue Wohnung zuge- wicsen zu bekommen. Dann meldete sie sich in Moskau, wohin auf eine Anfrage der Stadtsowjet Stalingrad zurückbcrichtcte, der Genossin Demin sei eine neue Wohnung zugewiesen. Das war jedoch nicht der Fall. Die Frau erlUt nach einem neuen Besuch des Stadtarztes einen Nervenzusammenbruch. Durch Lähmung der Sprachorgane verlor sie die Sprache und mutzte in eine Nervenheilanstalt übergesllhrt werden. Von dort wurde sie bald wieder nach Hause zurückgebracht, da ein Aufent halt unter Nervenkranken unmöglich war. Sie wurde in Ihr« alte „Wohnung" gebracht, welch« wie ein Sieb ausfah. Nach «inem Jahr erhielt sie Mitteilung, daß ihr eine neue Wohnung zugewiesen werde, wenn das Sowjetprästdium sich dazu in einer der nächsten Sitzungen entscheide." Am 12. April schildert dieselbe „Jswestija" einen ent- setzlichen Augenzeugenbericht aus Kiew: „Am 3. April war die Familie Woinows« ausquartiert worden. Die schwangere Frau lag fünf Tage krank im Hausflur, um auch von da auf einer Matratze auf die Straße befördert zu werden. Der Arzt stellte akute Bronchitis und Grippe fest. Auf Befehl des Stadtsowjets, Genosten Vletchmann, wurde ihr das Liegen auf der Strotze verboten, und er sah seine Mission als erfüllt an, nachdem die kranke Frau wieder in den feuchten Hausflur zurück, befördert war. Entgegen dem Verbot der Miliz hat der Mann heute di« Frau aus dem feuchten Verließ aus die Straß« ge bracht, damit sie etwas Sonn« habe." Die „Prawd a" vom 8. April brandmarkt den Bürokratis mus: ,^va» Grundllbel des Eewerkschastsapparatcs tu der «Lenwärtlgen Zeil li«gt i» d«» bürokratische» Methode» der Führung und in dem unaufmerksamen Verhalten gegenüber den Interesten und Nöten, der einfachen Mitglieder des Gewerk- lchastsverbandes. Im November 193L sprachen die Gewerk- schastssührer in selbstkritischen Reden, reumütigen Beichten und Geständnissen selbst von den Anweisungen, die sie vom Genossen Stalrn erhalten hatten. Ihr Versprechen hat sich nicht erfüllt. Eineinhalb Jahre sind vergangen, und wenn sich die Lag« irgendwie geändert hat, dann nur zum Schlechten. Die Gewerke schaftsorganksationcn haben den Arbeiterschuh verbrecherisch vernachlässigt. Di« erste Pflicht d«s Eewerkschastsoerbandes ist di« unaufschieb- bare Verbesserung des Zustandes des Arbeiterschutzcs." In der Ausgabe 87 geißelt die „Prawda" das unwürdig* Kriechertum in den Fabriken: „Dieser Tage war da» Parteikomitee des Moskauer Werkes „Hammer und Sichel" zur Üeberzeugung gekommen, in der Fabrik den Kampf gegen das Kriechertum aufzunehmen. Bei der Parteivcrjammlung des Werkes baute das Präsidium mit leichter Hand eine Entschlie ßung zusammen, in der angegeben war, daß in der Fabrik eine Anzahl von Kriechern vorhanden sei. Der größeren Glaubwür digkeit halber wurden zwei bis drei Familiennamen genannt. Und nun begann etwas Unbeschreibliches, Unbegreifliches. Di« Versammlung der Kommunisten, die ernst und nachdenklich dis Beschlüsse des Plenums des Zentralkomitees der Kommunisti schen Partei zu erörtern hat (!?), verwandelte sich in einen Rummelplatz. Ungeachtet der scharfen Proteste der Mehr heit begann das Präsidium eine „Liste der Kriecher" auszustel« len, wobei es außerordentlich Demokratisch" zuging. Im Wege der Abstimmung. Zum Kandidaten für das Prädikat „Kriecher" wird Genosse Jurow ausgestellt. Es findet sich jemand, der er klärt, daß Jurow kürzlich ein Wohnzimmer erhalten habe, also sei er «in Kriecher, denn so mir nichts, dir nichts bekomme man keine Zimmer. Abstimmung ergibt 118 Stimmen sllr und 13S Stimmen dagegen. Also ist er ein Kriecher (!). An dieser Be schreibung ist nicht eine Spur erfunden. In der Versammlung und auf dem Wege der Abstimmung hat man Menschen zu Krie chern gestempelt, sie blqmiert und mit Schmutz beworfen. Jurow und Paschko nur deshalb, weil sie Zimmer erhielten. Werme» jenko dafür, daß er d«n Fabriksdirektor von seiner Ziga rette hat anrau chen lassen. Und so weiter. Während der Abstimmung hob der Parteisekretär als erster die Hand hoch." Di« »Wetichernatq M,»kwa" vom ». April besaht