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Nummer IW, Sette 10 Sächsische Volkszeitung Sonnabend/Sonntag, 8./S. Mal 1937 M U- > 8 'M. L» ' 4' eiv Viel« KM« ist -i Ass tz'H' " r^* . bekam, konnte kein Vorwurf treffen, Venn «in alter Hut eignet sich nun mal nicht zur Sparkasse. Der Wandersmann aber war inzwischen über alle Berge, und alle Nachforschungen nach ihm erwiesen sich als ergebnislos. Vielleicht hat er bisher den Schatz im Schweißleder noch nicht einmal bemerkt. Und wenn — ob er ihn der mildtätigen Mutter bzw. dem rechtmäßigen Besitzer zurllckbringen wird, erscheint zumindest ungewiß! Es war einmal — da legte man sein Ersparte» in Strümpfe und alte Truhen — modern« Menschen vertrauen ihren Mammon den Sparkassen anl v 1 o k gefunden, wieder in die Luft geworfen ... wieder gesucht, und wieder gefunden . . . Das hat mich vor dem Wahn« sinn bewahrt, meine Herren." — seine kostbaren Tränen über di« sanstgeröteten Wangen perlen läßt! Miß Harding Pipers verdient aber auch 110 Dollars, und darunter tut st« es nicht. Aber auch dieses berühmte Klageweib — in Neuyork heißen die triinenseligen Damen tatsächlich so — muß neuerdings Kon kurrenz fürchten, und zwar in Gestalt des Mannes. Wenn Frauen weinen, so ist das zwar sehr rührend mitanzusehen, aber mancher hat schon zu Hause genug von Frauentränen. Doch ein weinender Mann — das muß doch erschüttern! Zweckmäßig gibt sich dieser — natürlich ebenfalls gut bezahlte — Herr das Aussehen eines ollen ehrlichen Seemanns oder eines rauhen Kriegers. Er seht sich mit verbissenem und unnahbarem Ee- ficht auf seinen Platz, und es ist gewiß ein sehenswertes und eindrucksvolles Schauspiel, wie sich nach und nach die Schroffheit seiner Züge mildert, wie es um seine Nasenflügel zuckt und wie der männlichste aller Männer sich dann verstohlen über die Augen wischen muß. O, man versteht sich drüben in Amerika auf Wirkung! Es ist jedoch zu hoffen, daß diesen Klageweiber und -männer in ihrer Heimat genügend Arbeit finden, damit sie nicht an» Auswandern denken. »!>'j UM Darüber Isebt man Größe. Der Perserkönig Kambyse» richtete «inst an seine Freund« und Vertrauten die Frag«, ob er die Groß« seines Vaters, de» Königs Lyrus, erreicht habe. Vis auf einen stimmten all« zu. Und dieser eine war Krösus Nach dem Grund seiner Haltung befragt, antwortet« der König von Lydien: „Du kannst mit dem großen Tyrus schon deshalb nicht gleich sein, weil du keinen solchen Sohn hast, wie dein Vater in di« ihn hinterließ." voröankon ihren Kulsotmung äor Flüssigkeit, die sonst den Lebewesen den Tod bringt, hängt ge- radezu Gedeih und verderb für di« Petroleumfliege ab. Zwingt man die Petroleumfliege, außerhalb des Petroleums zu leben, dann geht sie in etwa 12 bis 1b Stunden zugrunde und zwar In der Hauptsache wohl deshalb, weil ihrem Körper gewebe der Schutz des Petroleum» fehlt, so daß da» Gewebe nach und nach austrocknet. Wovon aber lebt di« Larve dieser sonderbaren Fliege, wenn sie sich im Petroleum aufhält? Eie deckt ihren Nahrungsbedarf au» organischen Stoffen, desgleichen macht st« sich über Insekten her, di« da« Unglück haben, in das Petroleum zu fallen. Zur Atmung bedient sich di« Petroleum fliege geschützter Luftlöcher und zwar hebt fi« sich jedermal, wenn sie atmen will, etwa» über di« Oberfläche de» Petroleum» hinaus. Hat sich die Larve bis zu etwa sieben bi» neun Milli« meter Länge entwickelt, dann steigt sie zum Zweck« der Leu puppung au» dem Petroleum. Oie Klageweiber von ^ew^ork Ist in der amerikanischen Millionenstadt eine uralte Sitte wieder lebendig geworden? In der Tat gibt es dort jetzt Frauen, di« für Geld ihre Tränen fließen lasten. Allerdings tun sie das nicht in einem Trauerhause, sondern — im Kino. Ein neuer Beruf ist entstanden. Der Kinobefitzer engagiert sich Damen, die herzhaft zu schluchzen verstehen, wenn sie wollen. Und ihre Aufgabe besteht darin, an den rührseligen Stellen des Films ihr Taschentüchlein zu ziehen und diskret loszuheulen. Man sollte nicht glauben, wie ansteckend solches Weinen wirkt, und wie befreit man sich fühlt, wenn man ein Weilchen mit« geschluchzt hat! Dementsprechend steigert sich dann auch der Er folg des betreffenden Films, und der Kinobefitzer kann solchen Klageweibern gut und gerne achtzig Dollar in der Woche aus zahlen. Unbestrittene Meisterin dieses Handwerks ist jedoch Miß Florence Harding Pipers. Eie ist jung, hübsch, elegant und zieht schon darum die Blicke der Kinobesucher auf sich. Wie rührend, wenn dann solch ein bewunderungswürdiges Geschöpf Line Lliege lebt — irn Petroleum Daß das Petroleum einem Tier Existenzmöglichkeiten bieten könnte, erscheint als Unding, denn im allgemeinen ist das Pe troleum nicht ein Förderer, sondern ein Vernichter des Lebens. Und doch pflegt sich di« Petroleumfliege im Larvenstadium in dieser Flüssigkeit aufzuhalten und sie scheint sich darin auch recht wohl zu fühlen. Ja, man erlebt das Merkwürdige: von dieser Di« Snad«. Der alte Trampdampser lag am Pi«r. Spät in der Nacht kam der Kapitän, der alte Menschenschinder, alkoholgeladen und schwankend aus der Stadt zurück, wollt« über den Lauf« steg, trat daneben und fiel in da, haifischwimmelnd« Waste» Niemand sah es, nur John Simons sprang nach und fischte den Käpten heraus. „Wie soll ich dir danken, John", sagt« der Gekittete ge rührt und warf «inen Blick in da» Master nach den enttäuschten Haifischen. .Miinsche dir etwa», John, al» Belohnung für deine Tat." „Ich wünsch« mir, daß Ei« keinem davon erzählen, Käpten, sonst hauen mich die Kamerad«» windelweich." Niemand kaulte 10 Kronen kür 5 Kronen Die bewegteste Geschäftsstraße Kopenhagen, heißt Ströget, und der belebteste Teil dieser immer gefüllten Hauptverkehrs ader inmiten der Stadt ist das enge Stück zwischen Rathausplatz und Königs Neumarkt, auf dem sich während einer knappen Viertelstunde Weges aus schmaler Fahrbahn di« Autos und auf noch schmalerem Fußsteig an glänzenden und leuchtenden Läden vorbei die Pastanten drängen. Unter denen, die einer Nach mittags in dieser Gegend gerade so um die Zeit des Büroschlusses promenierten oder nach der Arbeit die letzt« Geschäftsstunde eine ersten Vorfrühlingstages zur Besorgung benutzen wollten, er regte ein würdig gekleideter Herr Aussehen, der, einen der braunen Zehckkronenscheine entfaltet in der halb erhobenen rechten Hand haltend, eilig vorwärts strebt«. Verwundert sahen sich die Leute um, al» er hier und da an einen ihm Begeg nenden herantrat und diesen, wie man deutlich hören konnte, höflich, wenn auch etwas dringend fragte, ob man ihm nicht den Zehner für einen Fünfer abnehmen wolle. Aber niemand fand sich dazu bereit, niemand von SO, die dieser seltsame Herr auf seinem Wege vom Neumarkt zum Rathausplatz ansprach, ließ sich zu dem doch gewiß verlockenden „Geschäft" bewegen, für b Kro nen 10 Kronen «inzutauschen. Der erste, ein alter Mann, Arbeiter oder Handwerker, be antwortet« di« liebenswürdige Frag«, ob «r nicht so gut srin wolle, de« Braunen gegen «inen Blauen — denn das ist di« Farbe der Fünskronenscheine — «inzuwechseln, mit einem abfällig strengen Blick, besten Deutlichkeit nicht» zu wünschen übrig ließ, und ging unbeirrt weiter. Ein junge» Mädchen, an da» er die selbe Aufforderung richtete, verbat sich energisch, aufgehalten zu werden. Gin Kontorist nannte e» ein wirklich tolle» Anfinnen, am hellichtrn Tag« Falschgeld auf offener Straße anzubieten. Ein Taxichausseur winkt« belustigt ab und fuhr unter grünem Licht schnell, soweit das die dicht aufgeschlossene Reihe von Omni« Lüsten und anderen Fahrzeugen zuließ, über die nächste Kreu zung. Andere meinten, man täte gut, die Polizei Herbeizurusen. E» war eigentlich nur einer, der sich, gerade noch vor dem Rat- Lausplatz, den Zehnkronenschein wenigsten» in die Hand drücken ließ, aber auch er gab ihn, nachdem er ihn ein-, zweimal hin und her gewendet hatte, mit dem Bemerken zurück, der sehe ja noch ganz gut aus, aber verlaß sei wohl nicht auf ihn, und «a» sollten überhaupt solch« Flausen. Wenn auch in keiner dänischen Polizeioerordnung steht, daß man Zehnkronenschein« nicht für Fünskronenscheine verkaufen darf, geglückt ist es jedenfalls nicht, oder, richtiger gesagt: doch geglückt ist die Wette, um di« es sich handelte, und di« der gewann, der keck behauptete, er werd» nicht einmal für fünf Kronen zehn auf Ströget los werden, und seien noch so viel« Kopenhagener, jung und alt, unterwegs .... Schlaue und Töricht«. Mite auswendig lernen! Sieben Stecknadeln! Wenn sieben Stecknadeln geniigten, um einen zu lebenslänglichem Kerker Verur teilten im untersten Keffer der Bastille zu trösten — wie viel leichter sollten wir das Gleichgewicht der Seele finden! Ist es doch meist nur eine recht kleine Sorge, ein herzlich belangloser Aerger, der uns die schönen Tage des Lebens vergällt! Dinge, die mit gutem Willen leicht zy meistern sind ... Vielleicht haben viele von euch vor einiger Zeit den Film „Die Nacht mit dem Kaiser" gesehen, in dem die ungemein begabte Jenny Iuao eine sehr drollige Roste zu spielen hatte. Sie steffte eine Schauspielschülerin dar, die für ihren Beruf herzlich wenig Begabung mitbringt. Bei ihrem ersten Auftritt hatte sie ihre Mitmenschen damit zur Verzweiflung zu bringen, daß sie unentwegt einen Satz memorierte, den einzigen Satz, den sie in irgendeinem Stiick auf der Biihne zu sprechen hatte. Diesen Satz sofften affe, die dazu neigen, sich über jede Kleinigkeit zu ärgern, statt sich Uber jede Kleinigkeit zu freuen, auswendig lernen: „Ich soffte weinen — aber ich lache, ich sollte traurig sein — aber ich bin vergnügt!" Nicht nötig! „Tschä, mtn Derrn," sagt Hinnerk, al» er von der großen Eüdseereise zurllckkommt, „ick hält di jo girn «n lütten Assen mitbrokt. Aewerst d» Käptn wull dat »ich verlöwen." Flötet Stin« gerührt: „Och ne«, Hinnerk... dat'» doch nich nödig ... ick hew jo dtl" Smith verlangt« ein klares Sodawasser. „Was, du bist Abstinenzler geworden?" fragt« der Freund. „Ja," antwortet» Smith betrübt, ,,al» ich neulich heim kam und mein« Alt« doppelt sah, hab« ich mit dem Trinken Schluß gemacht." Man sprach über Urlaub, was den «inen Herrn sichtlich langweilte. „Haben Ei« denn keine Urlaubspläne?" fragte man ihn. „Das hätte doch gar keinen Zweck", brummte der Mann, „denn wann mein Urlaub lo»g«ht, da» regett der Ehef, und wohin es geht, das bestimmt meine Frau!" Da8 Her, 6a8 üie mei8te Zeit ver8ck1äkt Das Alpenmurmeltier, das auf deutschem Boden nur noch in den bayrischen Alpen anzutreffen ist, dehnt seinen Winter schlaf oft überaus lange, zuweilen bis zu zehn Monaten jähr lich aus. Es schlägt seine Wohnung niemals im Walde selber aus, sondern zieht zerklüftete Bergreviere vor. Die Nordseite der Berge wird von ihm grundsätzlich gemieden, da es An spruch auf reichlich viel Sonne erhebt. Ebenso benötigt es viel frisches Master. Seinen Nahrungsbedars bestreitet es hauptsäch lich aus würzigen Kräutern, Gräsern und Wurzeln. Lin liut i8t keine 8parka88e! Ls war einmal rin junger Bursche, der sein« kleinen Er- sparniste sorgsam aus die hohe Kante legt«. Sonntag für Sonntag bekam er von Muttern sein nicht allzu reichlich be messenes Taschengeld, mit dem er jedoch so häuslich umging, daß immer noch einig« Groschen zurückgelegt werden konnten. Au» Groschen wurden dann langsam gute deutsche Reichsmark, die sich in diesen Wochen zu einer Summe von runden bü Mark summiert hatten. Der junge Bursche sann und sann, wie er seinen sauer ersparten Schatz am besten und sichersten vor dem Zugriff der bösen Diebe sichern konnte. Er war dabei schlau genug, sich zu sagen, daß viel Silbergeld in Mutters altem Strumpf leicht auffallen würde, und so begab er sich zum ver trauten Nachbarn, der so freundlich war, die Groschen und Märker in «inen soliden Fünfzlgmarkschein umzuwechseln. Beim Ueberlegen, wie der Fünfziger am besten zu ver« fteckeir sei, fiel der Blick de» jungen Burschen endlich auf einen allen Hut in seiner Kammer. Er nahm ihn vom Haken herunter, klappte da» Schweißleder auseinander und legte den Schein sorgfältig hinein. So, jetzt würde nach menschlichem Ermessen niemand an sein Erspartes herankommen! Nun spielt der Zufall im menschlichen Leben manchmal «ine vertrackte Rolle. Er wollte es nämlich dieser Tage, daß «in Bruder von der Landstraße in das Haus der Mutter des spar samen Burschen kam und um ein« milde Gabe bettelt«. Müll«r haben «in gutes Herz, sie reichte ihm ein gut belegte» Butter brot, und al» fi« sah, daß er barhäuptig durch den Regen ging, entsann sie sich des alten, aufgetragenen Hutes ihres Sohnes. Ei« Holle ihn aus der Kammer und schenkte ihn dem Wanders mann, der mit Dank fürbaß schritt. Als der Sohn abend» heimkam und seinen alten Hut — seine wohlgehütete Spar kaste! — vermißt«, da war Holland in Not. Aber di« Mutter, di« selbst «ine« ordentlichen. Schrecken I^okeit8reokte In einem amerikanischen Staat waren jahrzehntelang die Hundemarken einfach« Hundemarken, rund« Blechstückchen mit einer Nummer dran. Aber dann bekam es die Hundesteuer behörde mit der Kunst zu tun. Ein Bildhauer wurde bemüht, und die neue Marke war sehr schön, aber auch sehr groß. Denn der Bildhauer sagt«, auf einer kleinen Marke würde seine Kunst nicht so richtig zur Geltung kommen. Nun gibt es aber auch recht kleine Hunde. Die stolperten nun über das gute repräsentable Stück von Hundemarke, das ihnen am Halse baumelt«. Und gerade di« kleinen Hund« ge hören immer besonder» tierliebenden Damen. Deshalb ent setzten sich auch die tierliebenden Damen über den Umfang der Hundemarke. Und eine, die besonders praktisch veranlagt war, nahm ein« Feile und feill« die Hundemarke so klein, daß nur die Nummer übrig blieb, denn sie meinte, die Nummer sei das Wesentliche. DI« Behörde meinte das indessen nicht. Für sie war die Kunst das Wesentliche. Cie verlangte, daß die Hundemarke unbeschädigt blieb Sie beschuldigte die Dame der mutwilligen Beschädigung staatlicher Einrichtungen und «rwirkte einen Strafbefehl gegen sie. Um diesen Strafbefehl tobt jetzt der Kampf. Es wird noch «in großer Prozeß daraus. Die Behörde ist hartnäckig. Sie meint, wenn schon eine Behörde in Kunst mache, dann möge man ihr dankbar sein und sie nicht auch noch daran hindern.... fskpiÄävp-vsmM, unck rvd»tiSr — ür«I, ku,^»ki ?!»«» ck«i- 8.8.1 I 2 „Ohne sie konnte ich nicht von hier weagehen", erklärte er. „Sie mässen wissen: Es sind 46 Jahre, seit ich in diesen Kerker geworfen wurde. Dort sehen Sie die Striche, die ich Jähr fiir Jahr in das Mauerwerk gekratzt habe. Wahnsinnig wäre ich geworden, wenn mich nicht die Stecknadeln gerettet hätten. Zwei davon trug ich bei mir, die andern fünf fand ich in den Ritzen des Bodens. Wer weih, wer sie verloren hat . . . Und nun habe ich Woche für Woche diese Nadeln, nachdem ich sie rr cr . L- IL sängen zu herrlicher Blüte bringen — auch die Lebens freude läßt sich kultivieren, wenn man ihre feinen Keime nicht zertritt, sondern mit Liebe und Sorgfalt pflegt. Stecknadeln in der Bastille Aus der großen französischen Revolution wird uns eine nur dem Anschein nach schreckliche, in Wahrheit sehr tröstliche Geschichte erzählt: Als man die Bastille, das von den französischen Königen eingerichtete Staats gefängnis, stürmte, gelangte man beim Oeffnen der Zetten schließlich in den untersten Kerker, wo die für Lebenszeit Eingeschlossenen sich befanden. Man öffnete auch diese Türen . . . Menschen wankten heraus, die durch zahrzehntelange Einschließung stumpfsinnig oder irre geworden waren. Einer der Häftlinge dieser untersten, hoffnungs losen Abteilung schien aber gar keine Lust zu verspüren, seine Zelle zu verlassen. Er kniete am Boden und suchte und suchte ... „Können wir Ihnen helfen?" fragte man ihn. — „Nein", sagte er, „bitte nicht. Ich muß sie auch diesmal allein finden . . ." „Er hat den Verstand verloren!" sagten seine Be freier untereinander. — Als aber -er Häftling sich nach einer Weile aufrichtete und aus der Zelle trat, wunder ten sie sich über die Lebhaftigkeit des Auges und die sichere Haltung, die der Mann trotz der langen harten Haft zeigte. Lächelnd öffnete er die Hand und ließ sieben ver rostete Stecknadeln sehen. L-: LZ „ wr-r-r -r- o " rr 'M .K,' von Balzac glauben dürften, sogar recht gut abgefunden. Jedenfalls aber hat er sich dank seinem unverzagten Mut später von seiner Niederlage recht gut wieder erholt. „Die Gesundheit Seiner Majestät ist niemals eine bessere gewesen", schließt das berühmte Bulletin Napo leons vom 3. Dezember 1812 aus Molodetschno, mit dem er seine Niederlage gegen Rußland zugibt. Kurzsichtige Forscher haben in dieser Schlußwendung eine Brutalität oder Geschmacklosigkeit sehen wollen. In Wahrheit war sie ein Appell an das Land, trotz der Niederlage guten Mutes zu sein: War doch der Kaiser noch da, der Frank reichs Heere so oft zu Siegen geführt hatte. „Kann ich dir nicht einen Wunsch erfüllen?" fragte Alexander, König von Makedonien, Herr der halben Welt nach Eroberung des Perserreiches, den Philosophen Diogenes, den er bewunderte. „Doch", sagte der Philo soph der Bedürfnislosigkeit, der behaglich vor seiner Tonne lag, „du kannst mir aus der Sonne gehen!" Und bewundernd rief Alexander aus: „Wenn ich nicht Alex ander wäre — ich wünschte, Diogenes zu sein!" In der Tat kann man darüber streiten, wer glück licher war: Der Eroberer, dem die halbe Welt nicht genügte und der schließlich wie ein Meteor durch einen plötzlichen Tod jäh verschwand — oder der Weise, der im engen Raum seiner Tonne Zufriedenheit fand. Frei lich möchten wir nicht behaupten, daß es empfehlenswert sei, sich in der Nachfolge des Diogenes von vornherein auf eine Tonne zu beschränken. Auch nicht aus eine geistige Tonne, wie sie von so vielen Liebhabern eines engen Gesichtskreises geschätzt wird! Aber wenn man schon einmal irgendwie in einer Tonne sitzt, sich mit wenigem zufrieden geben muß, dann ist es ein Glück, wenn man die Kunst des relativen Wohlbefindens gelernt hat. Also auch bei der schlechtesten Lage die guten Seiten herauszufinden weiß und sich an ihnen erfreuen kann. Nicht nur Hyazinthen und Zimmerlinden kann man mit Liebe und fleißigem Begießen aus unscheinbaren An