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«Ma«, 1». September i»S2 w. Sahrparw. Slr.s«r Unfreundliche Antwortnote Englands An französischem Fahrwasser: Be-auern über -ie Ausrolluns -er Mehrsrase Feste Sallung der RelMeglemm SerM dreist mtt EnWllungen Reue Behauptungen über -rutsche Geheimrüstungen Dazu schreibt unsere Berliner Sch r t ft l e i t n n g: Die Haltung der englischen Negierung hat, wie wir hören, in politischen Kreisen keine besondere Ueber- raschung hervorgcrusen. Deutschland ist nachgerade daran gewöhnt, das, England, wenn eS in lebenswichtigen Fragen hart auf hart licht, in der Nestel die Nolle eines Vermittlers zwischen dein deutschen und dem französischen Standpunkt cinzunehincn pslcstt, soser» sic cs nicht siir rat sam hält, sich vollständist aus die Seite der Franzosen zu schlauen. VS bedarf keiner besonderen Unterstrcichunst, daß die englischen Darlestungcn vom deutschen Standpunkt vollständig unvesriedtgend sind, und das, auch hier jenes formalsurtstische Denken vorherrscht, mtt dem nun einmal in der hochpolitische» GlcichbercchtigungSsragc nicht vom Flecke zu kommen ist. Lloyd George, einer der Mitschöpscr des Versailler Vertrages, hat demgestenliber sehr viel vernünf tigere nnd klarere Ansichten vertreten, und cS wäre wün schenswert gewesen, wenn die englische Negierung sich hätte dazu entschlichen können, dem GleichbcrcchtigungSbegchren DcntschlanS ohne verklausulierte Bedingungen und Hin- auSschlebungsmanöver betzutreten. SS ist aber mit Bestimmtheit zu hoffen, dast die deutsche Regierung sich auch durch die englischen Bemühungen, ES wäre wirklich ein tragischer Widersinn, wenn das Er gebnis der ersten Abrüstungskonferenz bei irgendeinem Staat eine Vermehrung der Rüstungen und eine tatsächliche Wiederaufrüstung wäre. Die Negierung dcö Vereinigten Königreichs sicht deshalb den Zweck der Konferenz darin, ein Abrüstungsabkommen auöznarbeiten, bas aus dem Grundsatz beruht, dasi jeder Staat im Einvernehmen mit den anderen eine Beschränkung aus sich nimmt, die er sich selbst auferlegt und als einen Teil der gegen seitigen Verpflichtungen der Signatarstaatcn freiwillig übernimmt. Die Folge des Abkommens wirb mithin sein, das, keinerlei, Unterschied der Ncchtslage mehr besteht: Die Nüstungcn eines jeden Staates werden durch den gleichen Prozcsi kon trolliert, und die durch bestehende Verträge — wie die ver schiedenen Friedensverträge oder die Flottenverträge von Washington und London — bereits vorgeschricbenen Be schränkungen werden in dem frciivilligcn, umfassenden Pakt, der in Genf ausgehandelt werden soll, wieder in Erschei nung treten. Diese letztgenannte Urkunde wird dann die für alle bindende, wirksame Verpflichtung darstcllen. In dieser Auffassung von der Arbeit nnd dem Zweck der Ab rüstungskonferenz sieht die Negierung des Vereinigten Königreichs die Antwort ans die Glcichbercch tigungssrage, die in der Mitteilung der deutschen Ne gtrrung vom 2ü. August ausgeworsen worden ist. 6. Die Frage der Gleichberechtigung, die mit der Frage der Ziffern nicht zu verwechseln ist, birgt in sich Erwägungen des Nation al st olzcS nnd -er natio nalen Würde, die tief ans Herz eines Volkes greifen und einem Groll Nahrung geben, der ganz verschwinde» und freundlicheren Gefühlen Platz machen würde. Am Interesse einer Befriedung ist deshalb sehr zu wünschen, bas, alle solche Fragen durch freundschaftliche Verhandlungen erledigt werden, ohne dasi dabei vertragliche Verpflichtungen miss achtet oder die Gcsamtziffcr der bewaffneten Macht erhöht würde. Aber dieses wünschenswerte Ziel läsit sich nicht durch ein« befristete Heraussorderung und auch nicht dadurch er, reichen, daß man sich von Beratungen znrückzieht, die gerade wieder ausgenommen werden sollen. Es läsit sich nur er, reichen durch geduldige Erörterung im Wege einer Konferenz zwischen den beteiligten Staaten. die allgemeine Abrüstung herbeigeftthrt werden soll, findet sich in den sehr allgemein gehaltenen Worten von Artikel VIII der VülkerbundSsatznng. Die wahre Lage aus Gründ des Vertrages von Ver sailles ist die, dasi der Teil V noch bindend ist und seine bindende Kraft nur durch Vereinbarung verlieren kann. 4. So viel sei gesagt, um die Grundfragen zu klären. Die Negierung Sr. Majestät ist aber nicht der Auffassung, dasi die von Deutschland ausgestellte These eine spitzfindige juristische Deduktion aus dem Wortlaut des Versailler Ver trages ist. Es ist wohl eher das Verlangen, einen Ausgleich s„Ädjustment"> herbeiznführen, daS sich auf die Tatsache stützt, das, die tm Vertrage enthaltene Beschränkung -er deutschen Nüstungen als Vorläufer einer allgemeinen Rüstungsbeschränkung der anderen gedacht >par und als sol cher verkündet wurde. Sr. Majestät Negierung leugnet diese Tatsache nicht und sucht das Gewicht dieser Behaup tung nicht abzuschwächcn. Was die Negierung Sr. Majestät betrifft, so sind seit der Unterzeichnung des Vertrages von Versailles sehr weitgehende Herabsetzungen aus allen Ge bieten des Nüstungöwescnö vorgenommcn worben. Nichts destoweniger arbeitet die Negierung des Vereinigten Königreiches in Genf aufrichtig daran mit, wettere Nb- rüstungSmas,nahmen, sowohl gualitativcr wie guantitativer Art, die gänzlich in der Richtung eines weitgehenden Aus- glctchs liegen würben, so sehr zu fördern, wie cS nur irgend in ihren Kräften steht. 6. Die Regierung des Vereinigten Königreichs hegt die Hossnung, dasi in Genf trotz der ausgetretenen Schwierig keiten, etnc weltumfassende Vereinbarung zustande zu bringen, doch eine Abrüstung im wirklich bedeutsamen AuS- masie erreicht werden möge, wobei jede Nation sich zu einer genau innezuhaltenden Einschränkung ihrer KriegSivaffen sowohl der Art wie der Menge nach verpflichten würbe. Ein solches Ergebnis kann nur bann erzielt werben, wenn aus die Bedürfnisse wie aus die Gefühle aller S1 beteiligten Staate« die gebührende Rücksicht genommen wird. DaS anzustrebcnde Ziel ist bei den stark gcrttstetcten Mächten die grösitmögliche Herabsetzung und bei den schwach ge rüsteten Staaten jedenfalls keine materielle Vermehrung. di« Angelegenheit ans die lange Rank zu schieben, nicht veranlasit sehen wird, nun etwa einen Rückzieher zu machen. In unterrichteten Kreisen meist man darauf hin, dasi der Entschlusi Deutschlands, an den Arbeiten des Ab- rüstungSbüroS und später der Abrüstungskonferenz so lange nicht teilzunehmen, bis die GleichbercchtigungSsrage im Sinne der deutschen Forderungen gelöst ist, weiter aus rechterhalten bleibt. Dies kann Deutschland um so mehr riskieren, als sich Herriot durch seine auSsallcnden Reden neuerdings ins Unrecht gesetzt hat und nach dem auf der anderen Seite Italien dem deutschen Standpunkt rückhaltlos seine Zu stimmung gab. ES ist anzunchmen, dasi in der morgigen Kabinetts sthung die deutsche Negierung sich u. a. mit dieser eng lischen Note besaht. Ob eine Antwort noch in Aussicht zu stellen ist, läsit sich noch nicht übersehen. An sich hätte ja Deutschland keinen Anlasi, nachdem eS seinen Standpunkt sestgelegt hat, darüber nun weiter zn diskutieren. Der deutsche Entschlusi, nicht nach Genf zu gehen, ist gefallen, und die beteiligten Staaten werden sich wohl ober Übel daran gewöhnen müssen, dasi Deutschland das Selbstbewusit- sein wiedergcsunden hat, nach cigenem Willcn und nach eigenen Notwendigkeiten zn handeln. Paris, 1». Sept. Ministerpräsident Herriot wurde gestern nachmittag vom KammerauSschusi für aus wärtige Angelegenheiten über die deutschen Fra gen gehört. Vor der Sitzung erklärte Herriot, dasi er nicht die nötige Zeit gehabt habe, einen zusammenhängenden Vortrag auSzuarbciten, dasi er aber aus die an ihn gcrich- teten Fragen antworten wolle. Neber die Erklärungen, die Ministerpräsident Herriot am Sonnabend vor dem KammerauSschusi für auswärtige Angelegenheiten abgegeben hat, berichtet die Agentur HavaS, Herriot habe den historischen Verlaus der Ver handlungen geschildert und dabet die Haltung der franzö sischen Delegation unterstrichen, die alles getan habe, um ein Scheitern der Konferenz zu verhindern. Dank leinen und seiner Mitarbeiter Bemühungen habe die Konferenz gerettet und der von anderen Delegationen angestrebte Ab bruch vermiede« werde« können. Herriot habe betont, baß Berlin, 18. Sept. Die amtliche Nebersetzung eines am Sonntag durch den britischen Botschafter der NeichSregierung überreichten Schreibens über die Frage -er deutschen Gleichberechtigung lautet: Der Botschafter Seiner Majestät beehrt sich, aus Weisung des Ersten Staatssekre tärs Seiner Majestät für auswärtige Angelegenheiten fol gendes mitznteilen: 1. Der Notenwechsel über die Frage der „Gleichberech tigung" auf dem Gebiete der Abrüstung, der kürzlich zivt- scheu der deutschen und der französischen Negierung statt gesunden hat, nnd die Ankündigung des deutschen Delegier ten in Gens, dasi seine Negierung eine Behandlung dieser Frage für notwendig halte, wenn sic an der Arbeit der Abrüstungskonferenz weiterhin tcilnchmen solle, wirst Fragen von grösster Bedeutung für daS weitere Fort, schreiten der Konferenz, ja, sogar für die Zukunft der Abrüstung selbst auf. ES liegt der Negierung Seiner Majestät und dem ganzen britischen Volke ansiervrdcntlich am Herze», den Er folg der Konserenz zu fördern, und sie sind der Ansicht, dasi rin internationales Abkomme» znr Beschränkung und Her absetzung der Nüstungen lan dem Deutschland natürlich mit beteiligt sein müsste) nicht nur die Welt von einer Aus- gabcnlast befreien würde, die den wirtschaftlichen Wiederauf stieg hemmt, sondern dasi ein solches Abkommen auch ein sich sogleich auöwirkendcr, gewichtiger Beitrag zur Sicherung des Weltfriedens nnd znr Förderung einer sreundschastlichen Gesinnung zwischen benachbarten Staaten sein würde. In -cm tiefen Gefühl ihrer Pflicht, für die Befriedung zu wirken, nnd nach einer Versöhnung zwischen den verschie denen Standpunkten zu suchen, hält Seiner Majestät Negie rung cs für angezeigt, folgende Bemerkungen zu machen: 3. Sie steht sich genötigt, zunächst ihr Bedauern darüber z« äusiern, dasi eine politische Streitfrage von solchem Ausmasi in diesem Augenblick austancht, wo eS doch so nötig wäre, die Ausmcrksamkcit und Tatkrast nicht von den gegenwärtigen, so dringend erforderlichen Bemühungen um den Wiederaufbau der Produktion und des Handels der Welt abznlenken. Zugegeben, dasi diese Frage der Gleichberechtigung ohnehin vor den Abschlusi der Arbeiten der Abrüstungskonferenz ge rückt wird, so ist cS doch sehr nachteilig, dasi sie tm jetzigen Stadium gewaltsam in den Vordergrund gestellt wird. Deutschland hat an einer allgemeinen MirtschastSdcprcssion und weitverbreiteter Arbeitslosigkeit gelitten nnd leidet noch daran: andere Signatarmächtc des Vertrages von Versailles haben dies anerkannt: sic haben sich infolgedessen bereit gezeigt, ihre finanziellen Forderungen an Deutschland her- abznsctzen und wirklich grundlegend zu revidieren. Für diesen Augenblick eine scharfe Kontroverse aus volitischcm Gebiet zu beginnen, mnsi angesichts der wirt« schaftlichcn Schwierigkeiten Deutschlands als unklug und im Hinblick aus die Deutschland von leinen Gläu bigern erst kürzlich gemachten Zugeständnisse als beson ders unzeitgemäsi erscheinen. Die Negierung Sr. Majestät hofft zuversichtlich, dasi jetzt nichts mehr geduldet wird, waö den Prozcsi des wirtschaft lichen Wiederaufbaues verzögern würde, der so dringend notig ist, nnd den mit allen Kräften zn fördern die Ausgabe der bevorstehenden WcltwirtschastSkonfercnz sein wird. 8. Da aber Deutschlands Forderung ans Gleichberech tigung nachdrücklich angcmeldet worden ist nnd dem glatten, harmonischen Arbeiten der Konferenz ein Hindernis in den Weg zu legen sich droht, hält die Negierung Sr. Majestät es für angezeigt, sich zu der Frage zn änsicrn nnd einige Anregungen dafür zu geben, wie die Forderung behandelt werden könnte. Zunächst mnsi Klarheit darüber herrschen, um was cS bet dieser Forderung geht und wie die gegen wärtige VcrtragSlage ist. Sr. Masestät Negierung kann nicht einer Mlsiachtnng vertraglicher Verpflichtungen Unterstützung gewähren oder moralischen Beistand leisten. Obgleich die Regierung Sr. Majestät die deutsche Denkschrift nicht dahin versteht, als sei darin die entgegengesetzte An sicht ausgesprochen, so möchte sic sich doch der Auffassung an- schltesien, dasi die These, Deutschland könne aus irgendeinem künftigen AbrüstungSabkommen oder der Tatsache, dasi über haupt kein Abkomme» zustande kommt, einen Rechts anspruch auf Abschaffung des Teiles V des Vertrages von Versailles ableiten, sich nicht als rechtlich zulässige Auslegung des Versailler Ber- tragcS nnd des damit verbundenen Schriftwechsels vertreten läsit. Aus der Präambel zu Teil V des Vertrages von Versailles geht hervor, dasi die alliierten Mächte, als sie die Beschränkung der deutschen Rüstungen forderten, den Zweck oder Grund im Ange hatten, der darin angegeben ist. Dieser Zweck oder Grund war, die Einleitung einer allgemeinen Rüstungsbeschränkung aller Nationen zu ermöglichen. ES ist aber ganz etwas anderes, ob der Zweck ober das Ziel eincr VertragSabmachnng angegeben oder ob die erfolgreiche Erreichung dieses Zieles zu eincr Bedingung für die Vcr- tragSabrcde gemacht wird. Noch weniger ist e§ möglich, im Wege einer juristischen Auslegung oeö Vertrages zn dem Schlnsi zu gelangen, die Art, in der das Ziel — nämlich eine allgemeine Rüstungsbeschränkung — erreicht werben solle, mülle genau dieselbe sein, wie die Art, tn ber Deutsch- landS MItstnngen durch Teil v beschränkt worden ist,- denn die einzige Angabe des Vertrages darüber, tn welcher Weise «arNnlkate »8/«» »n., autoihaii »» VI». vllerlrngkbühr »a Psg. «lutwlin»« «usttigr gegen Vorau»egahlung. EchrüMae weiden nicht ausbew-chr« im besten Einvernehmen mit bet ner Negierung bestnde. Frage ber NüstnngSgleichberechti, S«ng nnd den hieraus bezüglichen dentschcn Schritt anbelange, so habe Herriot an seine feste Haltung erinnert «nd eindeutig zum Ausdruck gebrach«, dasi er aus bi« ent weder öffentlich oder hinter den Kulissen gemachten Bor« schlüge stets ohne Umschweis« mtt Formeln geantwortet habe, die sich in den Worten zusammensasien liehen: „Nein! Riemalsi Nichts! Unmöglich!* Er sei ber Mann beS BölkerbunbSoakteS und beS Ber« satller Vertrages geblieben «nd würde sich niemals aus Berhandlungen einlassen, bi« über diesen Rahmen hin« auögtngen. DaS «uSschußmitalted Soulter habe den Minister^ Präsidenten um Ausschluß darüber ersucht,