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Morgen-Ausgabe für Leipzig un» Vorort, Surch unfrrr Lräaer un0 Spediteur« rmaltügUch in» hau» g«dra»t: monatlich 1.L5 M., »iertrliährlich 1.75 M. Sri »er 0«cchLft»st»U«, unfern Filial«n und »u»gad,N,U,n odgeholtr monallich l M..»i,r1«iiührlich r tN. Vurch Sie Vostr tnoerhaid vrutschland» und dir »rutsche« Kolonien monatlich 1.5» M., »ierteljShrtich -.5» M.. au»s«i>lt«tzlich pvstdestrUgel». vo« leipztzerkagedlatt erscheint werklag» rmal. Sonn- u. Zeterta-slmol. 2u Leipzig, den Nachbarorten und den chrtrn mit eigenen Zilialen wir» »i, stdendauogab« noch am Kben» de» Erscheinen» tu« Hau» geliefert, oeriiner Nedaktion: In den Zelten 17, Zernsprech-finschlug: Kan a Nr. «»7. /trntsblatt des Rates und des pollzerarntes der Stadt Leipzig Nedaktion und S«schüst»steU,: Zohannl.gaffr Nr.». * Zernsprech-slnschlu» Nr. 14 »42, 14 »45 und >«»44. ISS. Jahrgang L—für Inserat« au» Leipzig und Umgebung di« /inAeiAenpreise. Ispattigepetit„i,«4»ps.,»!,»«««,neieil.im.. von auowdrt» Z» Pf., Neklamen 1.2» M., Klein« fl»,eigen diepetitzellr nur r»pf.d.wieü«rhoi.Nab.,Inserat« von Vckordeu im amilicbenLeil Sie Petit- zeil, 5» Pf. Seschäftoan^eige» mit plaNvorscbrtft >m Preise erkoht. Nadatt nach Laris. Seilagra: «Selamtaufl.5M.Sa« Lausend auoschi. Postgebühr, pnzeigen-ftnnahme: lokannisgasse«, bei s<tmtli«>en Ziiialen de»Leipziger Lagedlatte» uud allen stnnoacen-Lxpeüilionen de» In- und Ausland«». Srs<büftsst»llr für Seriin u. die pr. Srandenbura: virrkiionwaiterZliegel, Vrrlin S I*. Vrr Ürner etro»r 47. Zernspre»-finsck!uli: MvriNplah 1S52I. Nr. 44S. /reiisz, den 4. September. ISl4. Ak -kiiWt MWlltrit strkist bk Plins Die österreichische Waffenbrüderschaft im Kampfe gegen die Fran zosen. — Der Bormarsch gegen die Marne. — Der Rückzug der Franzosen. — SOVVO Russen gefangen. — Die französische Regierung flieht nach Bordeaux. Großes Hauptquartier, 3. September. (W. T. B.) Bei der WegliHme des hoch in Felsen gelegenen SperrfortS Givet haben sich ebenso wie im Kampfe um RamnrMe von Oesterreich zugesandte» schwere» Motorbatterien durch Be weglichkeit, Treffsicherheit und Wirkung vortrefflich bewährt. Sie haben uns aus gezeichnete Dienste geleistet. Die Sperrbefestigungen Hirfo» — Les Ayvclles — Cond« — La Fe re und Laon sind ohne Kampf gewonnen. Damit befinden sich sämtliche Sperrbefestigungen außer der Festung Maubenge in unsere» Händen. Gegen Reims ist der Angriff eiugeleitet. Die Kavallerie der Armee des Generalobersten von Kluck streift bis Paris. Das Wcstbeer hat die Aisnelinie überschritten und setzt den Vormarsch gegen die Marne fort. Einzelne Vorhuten haben sie bereits erreicht. Der Feind befindet sich vor den Armeen der Generalobersten von Kluck, von Bülow, von Hausen und des Herzogs von Württemberg im Rückzug auf und hinter die Marne. Vor der Armee des deutschen Kronprinzen leistete er im Anschluß an Verdun Widerstand, wurde aber südwärts zurückgeworfen. Die Armeen des Kronprinzen vo« Bayern und des Generalobersten v. Heeringen haben immer noch starken Feind in befestigten Stellungen im französische» Lothringen gegenüber. Im oberen Elsaß streifen deutsche und französische Abteilungen unter gegenseitigen Kämpfen. Im Osten ernten die Truppen des Generalobersten v. Hindenburg weiter die Früchte ihres Sieges. Die Zahl der Gefangene» wächst täglich. Sie ist bereits auf 9V00K Mann ge stiegen. Wievin Geschütze und sonstige Siegeszeichen noch in den Wäldern uud Sümpfen stecken, läßt sich nicht übersehen. Anscheinend sind nicht zwei, sondern drei rassische kommandierende Generale ge fangen. Der russische Armeeführer ist nach russischen Nachrichten gefallen. Der Generalqnartiermeister von Stein. „Wo liegt Paris?" — „Paris liegt hier." — „Den Finger draus, das nehmen mir!" So -.»» es der g.s.se Marschall Vorwärts einst seinen Soldaten zugerufen, und wahrlich, sein Geist lebt weiter in Deutschlands Willensstärken Heeren. Vor vier Wochen zogen sie aus — vorwärts! war d'e Parole. W s ha te dieser Losung widerstehen können? Festungen und Sperrforts liegen im Wege, nichts vermag den Siegeszug der deutschen Truppen zu hemmen, „sämtliche Sperr eje^aunzeli des nörd lichen Frankreichs sind in unfern Händen", so'lautet der Bericht des Eeneralquartiermeisters. Nachdem die Armee des Herzogs von Württemberg am 30. August bereits Les Ayvelles erobert hatte und die Feste Givet am 31. August gefallen war, sind nun auch die übrigen Sperrforts im nordöstlichen Frank reich, Hirson, Cond«-, La Före und Laon in deutschem Besitz. Mit ganz besonderer Freude erfahren wir jetzt auch aus dem amtlichen Bericht, daß österreichische Artillerie uns auf dieser Strecke unseres Sicgeszuges wirksamste Unterstützung geliehen hat. Damit ist der Bund der deutsch-österreichischen Blutsbrüder auf dem Schlachtfelds besiegelt. Das deutsche Skutari- detachement focht gegen die Serben und die öster reichischen Geschütze donnern aus den deutschen Reihen gegen die Mauern, hinter denen der Feind sich ge borgen fühlte. So wird es weitergchen durch blutigen^ Kampf zum lebten, strahlenden Si 'ge. Schuler an Schulter, treue Brüder eines Stammes. Der Franzose sieht s mit Schrecken. „Vorwärts!" hallt es brausend und jauchzend aus den Reihen der Deutschen und „Rück wärts!" krächzt das Echo im eigenen Lager. Die Marne soll den wütenden Ansturm der Gegner auf halten, hinter ihr sucht die französische Armee den schützenden Hafen. Sie wird ihn nicht finden, denn von allen Seiten drängen di« tapferen Heere der prächtigen deutschen Führer heran. Die Sieger von Combles. von St. Quentin, Generaloberst v. Hausen, der die Gegner aus die Aisn« zursickdränate, der Her zog von Württemberg, der den Maasiiberoana sich erzwang und gegen die Aisne vorging, sie alle drängen nach Süden. Bereits ist die Aisne überschritten und der Vormarsch gegen die Marne fortgesetzt, indes der Angriff auf Renns eingeleitet wird und der deutsche Kronprinz vor Verdun die Feinde mit blutigen Köpfen heimschiät. Das Schicksal Frankreichs vollzieht sich rasch. Von ehernen Armeen sind seine Schützer und Helfer um klammert und ein unbeugsamer, eiserner Wille zwingt sie dorthin, wo der deutsche Ruhm sie haben will: Nach Paris! Aber der Deutsche weih auch, was Lebensart ist, er ist sich sogar dessen bewußt, wenn er in dem Lande ist, das sich selbst die „Wiege der Kultur" nennt. Nach wohlerzogener Leute Art hat er durch seine Flieger den beabsichtigten Besuch an kündigen lassen, und nun kommt er selbst. „Die Kavallerie der Armee des Generaloberst von Kluck streift bis Paris." Kurz und lakonisch teilt es uns der Eeneralquartiermeister mit. Etwas selbstverständliches, das nach dem Programm jetzt an der Reihe war. Jubel wird in ganz Deutschland herrschen, aber Heulen und Zähneklappern ist in Paris. Herr Poincarö hat wohl gewußt, warum er in der Nacht zum Donnerstag mit den Mitgliedern seiner Regierung den Eilzug nach Bordeaux bestieg. Er wußte, daß ein Aufruf zwar sehr schöne Worte enthalten kann, aber nimmermehr stark genug sein wird, um einen Ansturm derjenigen, die für eine ge rechte, für eine deutsche Sache kämpfen, aufzu halten! Und mit ihm denken viele Pariser so, wie uns ein in später Nachtstunde eingelaufenes Tele gramm berichtet, das folgenden Wortlaut hat: „Der „Manchester Guardian" meldet aus Paris vom :i0. August: Viele Leute haben bereits Paris verlassen, und viele reisen jetzt ab. Ein großer Teil der Bevölkerung, namentlich Frauen und Kinder, soll fortgeschafft werden." Und nicht lange wird es dauern, dann werden auch die Armeen des Kronprinzen von Bayern und des Generalobersten von Heeringen in Lothringen, wo sie jetzt noch feindlichen Widerstand in befestigten Stellungen zu bekämpfen haben, sich den Weg er zwungen haben. Von Süden rücken sie heran, und dann — dann wird auch der Feind im Oberclsaß er kennen müssen, daß Widerstand nutzlos ist. Tann wird Frankreich am Boden liegen, und wer von seinen Bürgern noch Ohren hat. zu hören, der mag dem Pariser Einzugsmarjch lauschen! 5Ü1» einen Augenblick! * Wie wir in der gestrigen Abendausgabe mit teilten, hat die französische Regierung ihre bevorstehende Verlegung bekanntgegeben. In der Nacht zum Donnerstag >ind Poinearö und die Regierung uach Bordeaux abgercist. Es mag dem Präsidenten und seinen Ministern sauer angekommen sein, einen Monat nach dem Ausbruche des Krieges diese Maßregel verfügen zu müssen. Es ist ja nichts anderes als — die Flucht. Der Anfang vom Ende! Daran ändern die beschönigenden Worte in dem Aufruf des Präsidenten nichts. Jeder Franzose wird sich sagen: Sind wir noch nicht ganz verloren, so sind wir es sicher halb. Die Regierung flieht — Um besser regieren zu können. Sie will „freie Hand" haben, um den Widerstand „bis zum Aeußersten" zu regeln. „Für einen Augenblick" nur acht sie von Paris fort; denn wenn auch, wie sie zugibt, das französische Heer im Norden zum Rückzüge gezwungen wurde, so rücken doch die verbündeten Russen weiter vor, „um einen entscheidenden Stoß in das Herz des Deutschen Reiches zu führen". Die Niederlage in Ost preußen scheint also in Paris noch nicht bekannt zu sein, oder sie ist in so vorsichtiger Form mitgct^'^ worden, daß der Präsident und - Herren Minister sie mir leidlich gedeckt« .. Gewissen unterschlagen zu dürfen glaubten. Man hat noch etwas weiterliegende Trostgründe herbeigeholt. Da man sicy doch nicht mehr gut auf die Hilfe der Engländer im Norden berufen kann, verweist Poincars auf die eifrige Tätigkeit der englischen Flotte, die Deutschlands Verbindungen mit der Welt abschneide. Im übrigen verläuft sich der Auf ruf in schwungvollen Phrasen, über die kaum etwas zu sagen ist. Sie sind bestimmt, den nationalen Ehrgeiz zu entflammen und den Glauben an eine glückliche Wende wach zu halten. Aber glauben die Herren denn selbst an ihre Weissagungen?! Wir bezweifeln es. Und wird ihnen Paris glauben? Das getäuschte, belogene Paris? Nun wird sich die Lüge an den Lügnern rächen. Schon seit einigen Tagen ergeht sich der alte Kämpe Clemenceau in Drohungen. Er forderte Wahrheit, völlige Wahrheit! Nun hat er sie — die Regierung verläßt mit Herrn Poincars an der Spitze Paris. Ein Schrei der Wut wird sich erheben, und wird erst gefragt nach den Schuldigen — was ist dann noch für die Präsidentschaft Poii.earös zu geben?! Wie schrieb am 2. Sep tember 1870 Napoleon an König Wilhelm: Vrivmit monr^r rm milsiu ä< mo-i troupes . . . Poincare schreibt am 3. September 1914 an leine Pariser: Die Regierung verläßt für einen Augenblick Paris. . . Ach, wir nehmen es ihm nicht übel, wenn er vorzieht, ,ür das Vaterland zu leben. Es ist das vernünftigste, was er tun kann, aber ob ihn die Pariser noch als Präsidenten ziehen lasten werden, das ist nicht jo sicher. Ihr Zorn wird sich noch steigern' wenn sie heute lesen: „Der russische Gesandte Herr Iswolski verläßt Paris, um sich in ein neutrales Land zu begeben." So eilig?! Kann er denn nicht den Anmarsch seiner Rusten ab warten? Er war es doch, der die Saat säte, die nun aufging, und nun entzieht er sich dem Danke Frankreichs.