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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.09.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140905019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914090501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914090501
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-09
- Tag 1914-09-05
-
Monat
1914-09
-
Jahr
1914
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LlNMSdtttü, A. örMMdrr 19 K Leipziger LogedlatL Nr. ^51. Rsr-Lll-AuSgLÜL. öBttr 7. Kunst- Wissenschaft und Unterhaltung .Zrösihweiler." Unser Berliner Schauspielreferent schreibt: Di« „Kunst für die Kunst" findet in diesen Kriegs zeiten schwerlich Raum. Alle Gedanken alle Her^ schlüge, alle Kräfte dienen einem Werke und einer Sorge. Die Bühnen, die den Selbst- erhaltungskampf aufnehmen, müssen Stücke suchen, aus denen es wie der Atem der Zeit weht. Es ge nügt nicht, daß es deutsche Dramen sind, sie sollen vor allem auch kriegerisch sein. Unsere großen Dichter standen nicht allzu oft auf des Feldherrn Höhen; immerhin aber liehen sich neben den vom preußischen Soldatengeist und vom Geist der Be freiungskriege erfüllten Dramen Kleists noch manches passende ältere Werk finden. Was die jüngere und jüngste Theaterliteratur betrifft, so hüte man sich vor der fixen und wertlosen Eelegenheitsmache; denn niemals heiligt auf der Bühne der Zweck völlig die Mittel. Rkm kann schon zufrieden sein mit einem Stück von den Eigenschaften des Schauspiels „Fröschweiler". Ein Major und ein Ober leutnant der Reserve, die jetzt die Felduniform tragen, di« Herren Hans von Wentzel und Ferdinand Runkel, haben diese dramatische Episode aus dem Novellenschatz des Kriegsiahres 1870/71 zu einer Zeit heransgegriffen, als der Kampf in den Reichslanden noch nicht aufs neue „aktuell" geworden war, und sie haben auf geschichtlichem Hintergrund ein spannendes, nicht gerade zartes, aber doch auch nicht geschmackloses Schauspiel ge schickt aufgebaut. Aus dem Keime: dem politischen Bruderzwist in einem deutschen Pfarrhause des noch französischen Elsaß, hätte freilich ein dichterisches Gemüt eine fülligcre Fruchtpflanze wachsen lassen mögen, als diese aufregenden Szenen sind, in denen sich die Brüder in den Uniformen feindlicher Heere begegnen. Das alte Thema von den Söhnen einer Mutter, die als Rivalen um das Herz eines Mäd chens ringen, erhält durch die Kampfstellung der beiden im Deutsch-Französischen Krieg eine neue Form, und es wird erhöht zum Geichnis eines größeren Dranras. Doch die Verfasser sind über An sätze in der Darstellung der zwiespältigen elsässischen Volksseele nicht hinausgekonrmen, und die Situa- :ien des Stückes packen mehr die Nerven als das Herz. Am Ende sorgt der geschichtlich verbürgte deutsche Sieg bei Wörth für den befriedigenden Aus- grng auch des bürgerlichen Dramas. Als Dichter tragen Wentzel und Runkel zwar nicht Marschallstabe in den Tornistern, aber kluge Generalstabsofsizrere des dretternen Schlachtfeldes sind sie gewiß, so daß der Erfolg nicht ausbleibcn konnte. Begünstigt von der kriegerischen Stimmung des Publikums, das in dieser Eröffnungsvorstellung des älteren Schill er- rheaters alle Plätze füllte, und nicht minder von einer sehr taktfesten Darstellung (Heinz Seeger und Else Wasa seien hervorgehoben), steigerte sich die Wirkung zu starken Kundgebungen. An der Rampe erschien ein Krieger in feldmähiger Uniform; es war einer der beiden Verfasser. Hermann Xiensl. Kunst und Wissenschaft. * Die wirtschaftliche Lage unseres Städtischen Theaters während des Krieges. Es ist bei den deutschen Theatern allgemein üblich, in die An stellungsverträge die Bestimmung aufzunehmen, daß im Falle eines Krieges der Theaterinhaber berechtigt sei, die Verträge mit kürzester Frist aufzukündigen. Dies" ist auch an vielen Theatern geschehen. Der Rat hat von einer derartig harten Mahregel vorläufig abgesehen und ist bemüht, den Theaterbetrieb so gut wie möglich aufrechtzuerhalten. Um den unvermeidlichen Einnahmeausfall einigermaßen aus zugleichen, hat der Rat in vollem Eino er- ständnis mit den Mitgliedern der Städtischen Theater eine Kürzung ihrer Gehälter usw. vor genommen, die sich mit der zunehmenden Höhe des einzelnen Gehaltes sehr erheblich steigert. Bei Bühnenmitgliedern ohne Familie erfährt der Gehalt noch eine weitere Kürzung. Die Künstler baden sich ohne weiteres erboten, die Rollen ihrer zu den Fahnen einberufenen Kollegen mit zu über nehmen und unter Wegfall aller besonderen Spiel honorare jede ihnen zugewiesene Tätigkeit aus zuüben. Infolgedessen wirken manchmal erste Kräfte in ganz untergeordneten Rollen und al» Statisten mit. Schiller-Verein «Literarische Gesellschaft) zu Leipzig S. B. mit Unterstützung von Rektor und Senat der Universität. Am 3. der Vaterländi schen Abende, nächsten Sonntag in der Albert- Hall- wird Herr Geh. Rat Prof, von Strümpell über „Körperliche und sittliche Kraft im Kriege" sprechen. Der ausgezeichnete Künstler, Herr Prof. Tölümaque Lambrino, stellt seine große Kunst in den Dienst der guten Sache. Pros. Lambrino, der Grieche ist, wünscht auf diese Weise seiner Teilnahme an Deutschlands großen Kämpfen und seiner Freude an unseren gewaltigen Siegen Ausdruck zu geben. Außerdem wird am 3. Abend Frau Gertrud Langfelder vom Leipziger Schauspielhaus eine Reihe der in diesen Tagen ent standenen Dichtungen sprechen und der Tenor des Stadttheaters, Herr HansLitzmann, wird Lieder vaterländischen Inhalts spenden. Als gemeinsamer Gesang soll „Die Wacht am Rhein", an der Orgel von Herrn Max Fest begleitet, erklingen. — Karten zu 1,50, 1 50 und 50 sind in der Lincke- schen Buchhandlung, Burgstr. 1—5, zu haben. * Kriegsausruf der Rektoren und Senate der bayerischen Hochschulen. Die Rektoren und Senate der bayerischen Hochschulen erlassen folgen den Aufruf an die Kommilitonen: „Die Musen schweigen. Es gilt den Kampf, den ausge zwungenen Kampf um deutsche Kultur, die Barbaren vom Osten bedrohen, um deutsche Erde, die der Feind im Westen uns neidet. Da entbrennt aufs neue der kuror teutomous, di« Begeisterung der Befreiungs kriege lodert auf. Der heilige Krieg bricht an. Die ^Iwa water entläßt mit ihrem Segen die Söhne, die sie zur Friedensarbeit, die sie zur Pflicht und Ehre und Freiheit erzog. Schart euch als Krieger um die Fahnen, als Helfer um das Rote Kreuz. Ein jeder an seinem Platze mit Kraft und Trotz, mit Faust und Herz. Gott segne die Waffen, Gott segne den Kampf, Gott gebe den Sieg! * Zur Etymologie von Löwen wird der „Voss. Zeitung" geschrieben: Die Stadt Löwen (vlämisch: Leuven, französisch: Louvain), von der zurzeit viel leicht nur das Rathaus und die Kathedrale stehen, führt ihren Namen, wie volksetymologische Weisheit glauben möchte, nicht etwa auf Len Wüstenkönig (Leu) zurück; er ist vielmehr, wie nicht bezweifelt wird, aus „loo" (buschige Anhöhe) und „v e e n" (Sumpf) entstanden. Das brabantische Löwen ist etymologisch mithin eine Namensschwester der hollän. dischen Maasstadt Venlo. . ,. * Eine deutsch-russische Eelehrtenzusammenkunft. In Berlin-Grunewald gab es vor einiger Zeit eine interessante deutsch-russische Gelehrten- Zusammenkunft mit politischem Beigeschmack. Pro fessor Dr. Mrtrofa no ff. der Vermsser eines viel beachteten offenen Briefes über das Verhältnis Ruß lands zu Deutschland, der noch vor dem Attentat von Seraiewo die Schwere der Krise ins rechte Licht setzte, besuchte Prof. Hans Delbrück, den Berliner Historiker. Der Deutsche konnte sich nicht genug wun dern über diese Mischung von schrankenlosestem mos- kowitischen Fanatismus mit höchster Bildung und vornehmster Lebensart. „Wenn ihr uns. nicht Konstantinopel la gt, ist der Krieg un ser m e i d l i ch" so sprach Mitrofanoff immer wieder aus, doch abwechselnd mit der Anerkennung, daß wir die von Gott gesetzten Lehrer des russischen Bolles seien, und daß wir nur Frieden mit ihm zu hatten brauchten, um das ganze Riesenreich uns durch unsere innere Ueberlegenheit geistig zu erobern und zu unter werfen. Wie Delbrück in den „Preußischen Jahr büchern" erzählt, sagte der Russe zu ihm: „Glauben Sic nicht, daß Sie uns besiegen können; ich besitze auf meinem Gute in Saratow ein Haus, das meine Vorfahren seit Hunderten von Jahren bewohnt haben, aber mit diesen Händen würde ich es anzündcn, ehe ich zuließe, daß deutsche Soldaten sich darin einquar- ticren. LLarum der Krieg?" so hieß es immer wie der. Wir könnten uns doch ganz gut mit Ru ß- land vertragen, indem wir Oesterreich mit ihm teilten (!) und Deutsch-Oesterreich zum Deutschen Reich zögen. — Die politrsche Moral, die aus dieser Aeußcrung des russischen Gelehrten spricht, bedarf keiner Kennzeichnung. * Die Felix-Draeseke-Stiftung, die im Jahre 1905 von Schülern und Verehrern des Dresdener Ton dichters gesammelt und dem Meister an seinem 70. Geburtstag überreicht wurde, ist jetzt von der Witwe des Komponisten dem Roten Kreuz zu- geführt worden mit der Begründung, daß sie ganz im Sinne ihres von glühendem Patriotismus durch drungen gewesenen Mannes handle. * Das Bayreuther Defizit. Gestern fand die Schlußabrechnung der diesjährigen Bayreuther Fest spiele statt. Diese mußten bekanntlich am 31. Juli mit der Vorstellung des „Parsifal" vorzeitig a b - gebrochen werden. Von den zwanzig geplanten Vorstellungen fanden nur acht statt; die übrigen aus gefallenen zwölf Vorstellungen brachten ein Defizit von rund 400 000 ./t Knut Hamsun, der Prophet. Es sind uns in der letzten Zeit viele Namen solcher Männer genannt worden, die die Dinge, wie sie heute stehen, mit klaren Worten vorhergesagt haben. Uwd das ist gut. Das Volk hört gern auf die, deren Namen einen guten Klang hat. Knut Hamsun, der Nor weger, hat in einem seiner jüngsten Romane („Die letzte Freude") diese Zeilen geschrieben: ... . . Mich beachteten sie nicht — die beiden Engländer im Ziegenstall; ich wax ja nur ein Einheimischer, ein Norweger; ich hatte ja zu schweigen über die all mächtigen Touristen. Aber sic selbst gehörten der Nation von Läufern, Wagenlenkern und Lastern an, die das gesunde Schicksal von Deutschland eines Tages zu Tode züch tigen wird...."— Der Tag ist gekommen! * Hochschulnachrichten. Professor Dr. Arthur Sachs, Privatdozent für Mineralogie und Unter- richtsafststent am Mineralogischen Institut der Uni versität Breslau, habilitierte sich an der Bres lauer Technischen Hochschule für Mineralogie und Ge steinskunde. — Der Negierungsbaumeistcr Max Philipp aus Tegernau ist zum Professor an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe ernannt wor den. — In Budapest ist der ordentliche Professor der Philosophie an der dortigen Universität und ordentliches Mitglied der ungarischen Akademie der Wissenschaften, Hofrat Dr. phil. Friedrich Mcd- veczky v. Medvecz, im bg. Lebensjahre ge storben. vermischtes. General Lsman über unsere Soldaten. Wir lesen in der „Magdeburgischen Zeitung": Der Kom mandant von Lüttich, General LSman, unternahm von der Zitadelle aus seinen ersten Gang durch Magdeburg. Ein hoher Offizier in Zivil geleitete ibn und leistete ihm Führerdienste. Man durch schreitet das hohe Sandsteintor der Befestigung und tritt in das Sonnenlicht der Straße: der Raum weitet sich, ungehindert kann der soldatische Blick die Dinge umfassen und zu begreifen suchen. Welche Gefühle venEefanaenen bewegen, den man vor wenigen Tagen unter den Trümmern eines Forts hervorzog— wer wüßte es! Da» Geschoß eines 42-Zentimeter- Mörsers, dieser „Dreadnoughts" deutscher Artillerie, warf die Panzerungen gleich einem Erdbeben durch einander. Die seelische Wirkung muß ebenso unge heuer gewesen sein. Man schreitet aus die Zoll drücke zu: Militär kommt herangezogen. Mit festem Schritt von der Hebung heimwärts. Und ein Lied in den Kehlen, als gebe es keine Müdigkeit und kein Nachlassen selbst nach anstrengendstem Dienst; eine Kompanie kriegsfreiwilliger Infanterie. Weiter: Kasernenhof der neuen Feldartilleriekaserne. Kriegerisches Leben. Dampfende Pferde werden aus geschirrt Auf den braunen Kanonenläufen liegt matt das Sonnenlicht. In den Kasernenstuben ein Hin und Her von Drillichjacken und manch fröhlicher Ruf. „Die Wacht am Rhein", „Die Vöglein im Walde"... Die Züge des gefangenen Fremden werden immer düsterer. Es geht auf den Anger zu. Hier voll- ständig „Krieg im Frieden". Felddienstübungen, Schießen von den Militärschießständen her. Alles in echt preußischer Erfüllung der Soldatenpflicht. Doch weiter geht es über den Kaiser-Wilhelm, lZlak hin weg; den Breiten Weg entlang. Und Soldaten auf den Bürgersteigen, Soldaten vor den Haus türen. Soldaten in den Wagen der Elektrischen, Sol daten auf den Straßen, über den Straßen, wahr- scheinlich auch . . . unter den Straßen, Soldaten jeden Alters! Soldaten aller Waffengattungen! Und von der Strombrücke her ein Einziehen von Soldaten, Soldaten . . . „Vieles Unwahrscheinliche erlebte ich während der letzten Tage", sagte der Ge fangene, „nie für möglich Gehaltenes. Aber diese Soldaten! — Deutschland kämpft doch gegen drei Fronten: seine Soldaten müssen doch imsFeld« stehen» hier Soldaten, nur Soldaten... Da» i st gant undenkbar, unfaßbar..." Eine „eroberte bayerische Fahne" in Pari». Die „Neue Zürcher Ztg/ enthält einen Bries au» Paris vom 18. August, in dem u. a. folgende merk würdige Geschichte mitgeteilt wird: „Das Volk pil gert in Siegeszuversicht nach dem Kriegsministerium, wo das erste eroberte Banner seine königliche Seide im Sonnenglanz entfaltet. Ein staubbedeckte» Oifi- ziersauto brachte es gestern von der Grenze, wo sich das Jägerbataillon von Solferino mit dem bayeri schen Infanterieregiment 132 siegreich geschlagen. Nicht freiwillig haben die Bayern das rot-violette Nrachtbanner mit den schwarz - weißen Streifen und dem gestickten Reichsadler preisgegeben; Kugeln und Pulverdampf ließen ihre Spuren, und die Hand, die den Schaft umklammerte, ruht wohl längst in kühler Erde. Im Jnvalidendom, dessen Fassade in diesen Tagen so majestätisch über die still ge wordene Seine blickt, wird die Trophäe neben den Siegeszeichen von Jena und Austerlitz ihren Platz finden." Erstens gibt es, wie die „Magdeb. Ztg." hervorhebt, kein bayerisches Infanterie-Regiment Nr. 132, da die Bayern ihre Regimenter von 1—23 numerieren. Zweitens sind die bayerischen Fahnen blau-weiß geflammt und drittens führen sie keinen Reichsadler, sondern den Löwen mit dem bayerischen Wappen. Was für eine Fahne mag wohl das Jäger- Bataillon von Solferino da erbeutet haben? Nach dem die Russen bei Darkehmen eine Postfahne erbeutet haben, liegt der Schluß nahe, daß es den verbündeten Franzosen gelungen sein dürfte, die Fahne eines Gesellen- oder Radfahrerverein» zu „erobern". Die Kriegsausgabe des „Deutschen Soldaten borts". Vor 25 Jahren wurde auf Anregung von Männern wie Moltke, Waldersee, Verdy du Vernois u. a. der „Deutsche Soldatenhort" als illustrierte Zeitschrift für das deutsche Volk und Heer begründet mit der Ausgabe, den nationalen Geist zu beleben, Liebe »u Kaiser und Reich zu pflegen, deutsche Sitte und Denkweise zu erhalten und zu be festigen. In langer stiller Friedensarbeit wurde diese Aufgabe gelost und Eeneralfeldmarschall Graf Haeseler bezeichnet den „Deutschen Soldatenyort" als die beste Zeitschrift, die der Armee geboten wird. Der „Deutsche Soldatenhort" war bisher ein Band, das Heer und Volk vereinte, nun in der Kriegszeit soll er ein Bindeglied zwischen unserer Armee im Felde und der Heimat werden, indem die Heraus, geber ihn vom 1. September ab al» Kriegsausgabe erscheinen lassen, die den im Felde stehenden Truppen nachgesandt wird. Da der vor dem Feinde stehende bisherige Schriftleiter Generalleutnant v. Below nicht in der Lage ist, während der Kriegszeit die Schriftleitung des Blatte» beizubehalten, hat diese dessen langjähriger Mitarbeiter General der In- fanterie v. Pfaff übernommen, der nun alle Kreis« bittet, ihn durch geeignet« Beiträge zu unterstützen. Einsendungen werden unter der Aufschrift „Deutscher Soldatenhort", Berlin 8VV, Dessauer Str. 13, erbeten. Probenummern versendet der Verleger König!. Sächs. Hofbuchhändler Karl Siegiomund, eben falls Berlin 3IV, Dessauer Str. 13, und jede Buch- Handlung unentgeltlich. Der Kaiser braucht Soldaten. Er lag im Feld auf Todcswacht Im Heulen der Granaten; Sie schrie zu Haus zur selben Nacht, Hat ihm zwei Buben zur Welt gebracht — Der Kaiser braucht Soldaten. Die Taufe tat das Vaterland, Lud Krieg und Sieg zu Paten, Und ob den jungen Häuptern stand Das schwarz-weiß-rote Fahnenband — Der Kaiser braucht Soldaten. Er trabt bei Sturm und Sternenschein Patrouillenritt im Kriege; Sie singt zur Nacht im Kämmerlein: „Lieb Vaterland, magst ruhig sein!" Und tritt dazu die Wiege. Wo solche Frau'n am Werke sind, Das Land ist wohlberaten. „Wer da?" Es knallt durch Nacht und Wind; Gott schütz« Vater, Woib und Kind — Der Kaiser braucht Soldaten. Ad. Holst im „Tag". Deutsche Männer. 16s Geschichtlicher Roman von Wilhelm Jensen. Auch der Klang der Turmuhr erscholl öfter von irgendwoher, dann einmal mit lang andauernden Schlägen, daß Gibich erstaunt sagte: „Schon Mitternacht." Er sah daher mit einem eigentümlichen Glanzspiel in den Augen iuf, der den neben ihm Sitzenden unwillkürlich iilßcrn ließ: „Bist du müde? Du siehst aus, als hättest du geträumt. Wo waren deine Ge. sanken?" Ter Befragte versetzte: „Ein Denken war's nicht, nur wie eine leibhafte Erscheinung ging's mir eben am Gesicht vorbei, als stürme Schill plötzlich mit seinen Husaren in das Fest- schlosj hinein. Dazu rief er: „Ter Reiter und sein geschwindes Roß, Sie sind gefürchtete Gäste —" Alles flog aufschreiend durcheinander, die Kron leuchter loschen aus, aber trotzdem sah ich im Tunket sein Antlitz klar vor mir wie ein licht- auSstrahlendes Bild —" Jakob Grimm fiel ein: „Tu bist von deinem Ritt heut übermüdet, das läßt dir Phantasmata im Gehirn entstehen, und wie die Geisterstunde gerade dazu kommt, spukt dein Kopf dir den Schill als Werwolf vor. Tas ist ein Beleg da für, wie die alten Mären ans der Vorzeit nicht 10t und begraben sind, sondern durch einen An. stoß — den Brief, den du erhalten hast — auf einmal auch in uns wieder lebendig werden tonnen. Es muß sich etwas von Vätern her Angecrbtes darunter bergen, wovon wir selbst nickt wissen — übrigens, »6 vocem, mir ist's in den letzten Woäzen unzweifelhaft geworden, daß im Werwolf — wir schreiben's heut fälschlich „Wehrwolf" — das gotische vair und lateinische Ar steckt, und daß cs einen Mann bedeutet, der durch Anlegung eines Wolfsfelles oder Wolfs, gürtels Wolfsgestalt annchmcn kann." „Ja, damit hast du wohl recht und auch, daß mein Kopf etwas übermüdet ist. Ich tue besser, mich in meine Herberge zu begeben; meine Absicht ist's, morgen noch zu bleiben, da können wir über den Werwolf weiter — ver zeih', daß ich heut abend ein bißchen achtlos gewesen bin." Gibich sprach's, dem Freunde die Hand rei chend, der ihn mit der Lampe zum Austschließen der Haustür über den Flur hinausgeleitete; dann wanderte der Fortschreitende die Straße entlang. Er wußte sich selbst nicht zu sagen, was ihm gewesen sei und ihn öfter zerstreut gemacht habe; veränderte Witterung empfing ihn draußen, der Himmel hatte sich mit einer Wolkendecke überzogen, aus der einzelne weiße Flocken herunterzuschweben begannen. Tie Stadt besaß noch keine nächtliche Beleuchtung, alles lag dunkel und lautlos, nur geradevor erscholl ihm der Ton entgegen, der bis in die Grimmsche Stube hinübergeklungen war. Und nun, als er eine Ecke umbog, fiel über einen freien Platz auch Lichthelle von einem großen Gebäude her, dem Schloß Bellevue, das der neue König Je. rome sich zur Residenz ausgcwählt. Wellenartig ging dort laute Tanzmusik hin und wieder; unwillkürlich hielt der näher Hinzngekommene den Fuß an und blickte nach den hohen erleuch teten Fenstern, an denen sich Damen und Her. ren in graziös ausgeführtcn Reigenverschlingun- gen als Schatten vorüberbewcgien. Tcm Hin. aufschaucnden kam's, ein Phantasma sei es ge. wesen, wie Grimm gesagt, was ihm an den Augen vorbeigegaukclt; um das Schloß regte sich nichts von Reitern, die, „ungeladen zum Feste zu kommen", heranjagtcn, nur der Schnee, fall verdichtete sich, wallte als ein auslöschen, der Vorhang an den Fenstern herunter. Hans Gibich wollte seinen Weg zur Herberge fortsetzcn, doch da schlugen plötzlich Rufe: „Ketener-Ia!" an sein Ohr, unoemlicl) gewahrte er durch oaS Gestüber die Livreen einiger hastig laufender Schloßdicuer, und um einen Augenblick später fühlte er sich von jemand mit der angstvoll nur halblaut hervorgebrachten Bitte: „Stehn Sic nlkr bei, daß sie mich nicht finden!" am Arm ergriffen. Eine weibliche Stimme sprach's. die er schon einmal gehört zu haben glaubte, und offenbar die einer ans dem Schloß fort- flüchtenden jungen Dame. So bedurfte sie eines Schutzes, den er ihr ohne Besinnen zuteil wer. den ließ; hilfreich verstärkte das Flockengewirbel sich noch dichter, und sein Arm zog hastig die Beistandsuchende mit sich von dem freien Platz in eine Straße hinein. Wohin er sich weiter mit ihr wenden solle, wußte er nicht, bis ihm ein Gedanke den Kopf durchschoß, und eiliger den Schritt beschleunigend, klopfte er nach eini. gen Minuten an ein Fenster der Erdgcschoß- behausung Jakob Grimms. Noch erhellt war's, denn der junge Gelehrte hatte sich noch wieder zu seinen Büchern zurückgesetzt; auf den Anruf des Freundes kam er mit der Lampe, die Haus tür zu öffnen, doch stand er sprachlos erstaunt, als er ihn in Begleitung eines jungen, festlich gekleideten weiblichen Mistens vor sich sah. Nicht minder wortlos verdutzt aber blickten sich die beiden Ankömmlinge an, die bei dem Lichtschein zum erstenmal ihre Gesichter wahrnahmen. Tie Hilfesuchende war unverkennbar die Tochter Lorenz FalkeS aus der Wirtschaft zum Gibimen. stein, nnd aus einem sonderbar scheuen Aus. druck ihrer Augen redete, daß auch sie in ihrem Beihclfer den wiedererkenne, mit dem sie vor zwei Jahren zwischen den Mauerresten der alten Burg zusammengetroffen war. Längere Zeit verging, ehe es möglich ward, zu einem Verständnis ihrer Anivefenyeit in >tasscl und des ihr eben Geschehenen zu gelangen. Sie hatte sich ans einem Stuhl im dunkelsten Winkel des Grimmschen Studierzimmers nieder gelassen, gab, mit herabgesenkten Lidern sitzend, nur aus Fragen Antwort und in zusammenhang, loser Wette; so vermochte Gibich erst nach und nach sich die abgerissenen Bruchstücke in eine erklärende Verbindung zu bringen. In oer Wirtjchasl ihres Vaters verkehrende französische Offiziere hatten — herausvernehinbar aus eisri- ges Mitbctrelben ihrer Mutter — einen Plan entworfen, sie müsse in der neuen westfälischen Residenzstadt ihr Glück machen, für sie im Herbst durch Konnexionen eine Anstellung am Hofe der. schafft und waren ihr behilflich gewesen, ohne Vorwissen ihres Vaters in einem Wagen hier her zu gelangen. Offenbar war sie auch in nichts von dem, was man ihr in Aussicht gestellt, enttäuscht worden, die junge Königin selbst hatte sich ihrer, wohl als einer deutschen Landsmännin, freundlich angenommen, sie bald nicht wie eine Bedienstete behandelt, sondern öfter sich ver traulich mit ihr unterhalten, so daß sie als „Mademoiselle Faucon" eine Stellung im Schloß besessen, die ihre Erwartungen noch lveit über, troffen gehabt. Aus ihren Worten ging her vor, man habe sie in dem neuen Hofstaat nicht als eine Bürgerliche, vielmehr als eine Dame von vornehmem Stand angesehen, die dei der Majestät in Gunst stehe und bei der man sich deshalb auch in Gunst zu setzen suche; sie wurde mit kostbaren Toiletten begabt und nahm an allen Hoffestlichkeiten teil. An diesem Morgen batte sie das Kostüm, in dem sie gegenwärtig hier saß, fertig hergerichtet für den Abend auf ihrem Zimmer vorgefunden und es beim Be. ginn der Soiree angelegt. Es habe alle Blicke auf sich gezogen, nnd der König selbst zu ihr gesagt, keine Dame wisse sich so elegant zu kleiden wie sie. Das war's, was Gibich sich aus ihren Er- widerungen auf seine Fragen allmählich zu einem Verständnis zusammenfassen konnte, doch auf Weiteres gab sie nicht mehr Antwort, ver setzte auf seine Erkundigung, tveshalb sie denn vorhin aus dem Schloß hilfesuchend in die Nacht binausgestürzt sei, nur: „Ich weiß es nicht — Er glaubte, sie habe seine Frage nicht verstan- den, und wiederholte diese nochmals. Doch sie entgegnete wiederum: „Ich weiß es nicht — ich »var aus dem Tanzsaal fort, nach meinem Zim. mer gegangen, einen Augenblick auszuruhen — da konnte ich nicht atmen und mußte — mußte in die freie Luft hinaus — und sie kamen hinter mir drein —" (Fortsetzung In der Abendausgabe.)
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