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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.09.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-09-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140903013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914090301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914090301
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-09
- Tag 1914-09-03
-
Monat
1914-09
-
Jahr
1914
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Eine dedkutsmk Ätzung der Leipziger Stadtverordneten. LripÄgrr Krirgskreailbsnk. — Mievsrlismesre. — Neue UrmenbrowSckerei. Leipzig, 2. September. * Den Vorsitz führt der Vorsteher Justizrat Dr. Rothe. Am Ratstische Oberbürgermeister Dr. Dittrich, Bürgermeister Roth, Bürgermeister Dr. Weber, Polizeidirektor Dr. Magier, Stadträte Esche, Scharenberg, Trautmann, Peters, Dr. Köhler, Zopfs, Lampe, Dr. Göhring, Dr. Ackermann, Joachim, Seifert, Reh wold t, Ryssel, Reinhardt, Böhme, Hof mann, Dr. Barthol, Meyer, Franck e, Oehler, Gangloff. Der Vorsteher Dr. Rothe hieß zunächst die Stadtverordneten nach langer Pause willkommen. Am heutigen Sedantage treten wir — so bemerkte der Vorsteher — unter ganz veränderten Verhält nissen zu unserer ersten Sitzung zusammen. Was habe sich nicht alles verändert! Deutschland sei in einen Weltkrieg verwickelt worden. Mit großer Begeiste rung seien alle deutschen Volksangehürigen ohne Unterschied des Standes und des Glaubensbekennt nisses dem Rufe zu den Fahnen gefolgt, und unsere tapferen Heere seien im Westen und im Osten unauf haltsam von Sieg zu Sieg geeilt. Angesichts solcher großer Taten erscheine das, was hier geschehe, klein. Und doch erfüllen wir hier ebenfalls eine große Auf gabe. Wir haben dafür zu sorgen, daß die allgemeine Ordnung aufrechterhalten, die Arbeitslosigkeit ver ringert und die Not gelindert wird. Unsere Brüder müssen, wenn sie aus dem Felde zurückkehren, ge ordnete Verhältnisse in Landwirtschaft, Industrie und Handel vorfinden, damit sie ihre gewohnte Beschäfti gung aufnehmen und den nötigen Verdienst finden können. Mit doppeltem Pflichteifer und mit der Einmütigkeit, die unser ganzes deutsches Volk in die sen Tagen ausgezeichnet hat, wollen wir daher an unsere Aufgaben gehen. Wenn wir so für unsere Stadt Leipzig arbeiten, dienen wir zugleich unserem ganzen deutschen Vaterlands! (Lebhafter Beifall.) Der Vorsteher gedachte hierauf des Ablebens des Stadtrats Schmidt, der 13 Jahre lang beiden städtischen Kollegien ersprießliche Dienste geleistet habe. Das Andenken des Verstorbenen wurde durch Erheben von den Sitzen geehrt. Sodann gab der Vorsteher bekannt, daß nach einer Mitteilung des Rates der Stadtrat Pommer darum gebeten habe, aus gesundheitlichen Rücksichten mit Ende September aus seinem Amte zu scheiden. Der Rat habe die Gründe als berechtigt anerkennen müssen. — Der Vorsteher bemerkte hierzu, daß die er forderlichen Ersatzwahlen demnächst vorgenommen werden sollen. Hierauf teilte der Vorsteher mit, daß eine Anzahl Stadtverordnete einberufen seien bezw. sich freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet haben. Der Stadtv. Reuter sei verhindert, den Sitzungen beizuwohnrn, da er in Barcelona festsitze und bisher keine Gelegenheit gefunden halbe, hierher zu kommen. Weiter bemerkte der Vorsitzende, daß der Rat in Aussicht genommen habe, die neuen Gebäude der 5. Bürgerschule in L.-Lonnewitz und der Ober- realschule am Nordplatz zu Militär-Lazaretten einzurichten. Der innere Ausbau zu Schulzwecken werde daher erst später erfolgen. Schließlich wurden vom Vorsteher eine größere Zahl von Eingaben, die während der Ferien eingegangen sind, bekanntgegeben. Unter diesen be fand sich eine Eingabe von Händlern auf dem Meß platze, in der der Rat darum ersucht wird, an Aus länder, namentlich an Russen, keine Stände zu vergeben. Stadtv. Dr. Bennewitz machte die Eingabe zur seinigen. Nach Eintritt in die Tagesordnung wurde zu nächst an Stelle des Stadtv. Reuter der Stadtv. Hinrichsen in den gemischten ständigen Ausschuß für die diesjährigen Stadtverordnetenwahlen ge wählt, sodann wurden die Ablehnungserklärungen von 18 Bürgern gegen ihre Wahl als Wahlgehilfen genehmigt und die erforderlichen Ersatzwahlen vor genommen. Die Umwandlung des Pensionsfonds für invalid gewordene Arbeiter der Gaswerke in einen Un terstützungsfonds für die Arbeiter der städtischen tech nischen Werke wurde genehmigt. Der Kirchensteuerordnung für die Kirchgemeinde Markkleeb erg wurde zugestimmt. Gründung einer Leipziger Kriegskreditbank. Der nächste Gegenstand betraf die Uebernahme einer Garantie in Höhe von zwei Millionen Mark seitens der Stadtgemeinde für die Leipzi- ger Kriegskreditbank und Zeichnung eines Aktienbetrages von 7S0 008 Mark bet der Landes kriegskreditbank zu Lasten des Betriebs vermögens, dem die Beträge wieder zufließen sollen, die bei Auflösung der Bank nach Beendigung des Krieges zurückgezahlt werden. Der Finanzausschuß beantragte: der Vor lage zuzustimmen und den Rat zu ermächtigen, bis zu 500 000 Aktien der Leipziger Kriegs kreditbank zu zeichnen. Vom Berichterstatter des Ausschusses, Vizevorsteher Tobias, wurde folgendes ausgeführt: Seit unserer letzten Sitzung hat sich die Gesamt lage für Deutschland, dank unserem tapferen Heer, glänzend gewendet. Ruhe und Vertrauen ist überall zurückgekehrt. Besondere Befriedigung werden vir all« empfinden, daß es gelungen ist, dem perfiden Albion deutsche Kraft fühlen zu lassen. So stolz wir auf unser Heer und unsere Flotte sind, so stolz können wir auch auf den gesunden Kern unseres wirtschaftlichen Lebens sein. Nicht nur die krieg führenden Staaten, sondern sogar die neutralen haben Moratorien eingefiihrt. Nur Deutschland macht «ine rühmliche Ausnahme, trotzdem die Zu fuhr wie Ausfuhr lange Zeit brach lag und zum Teil noch liegt. Wir dürfen nicht vergessen, daß unsere große wirtschaftliche Entwicklung erst seit 1870 datiert. Wie zum Waffengange Geld, Geld und wiederum Geld gehört, so auch zum Kampfe des wirtschaftlichen Lebens. E» gilt, wie Eie au» der Vorlage, die Sie ja alle kennen, ersehen, die wirtschaftlichen Wunden zu lindern, namentlich der mittleren und kleineren Leute, und auch dadurch unserer Arbeiterschaft Be schäftigung zu ermöglichen. Es ist uns bei 4 Mil- lionen Garantie und 4 Millionen Kapital ein vier- bi» fünffacher Diskontkredit bei der Reichsbank in Aussicht gestellt. Da» würde heißen, daß die Leipzi- ger Krieg»kreditbank für eine Million bar ge- zahlte» Kapital über 32 bi» 40 Millionen Dis kontkredit bei der Reichsbank verfügen könnte. Die Gründung dieser Lokalbank ist ein Ruhmes blatt für Leipzig. Es waren schon am zwei ten Tage, nachdem die Gründung beschlossen war, von privater Seite bedeutende Beträge zur Verfügung gestellt. Leipzig gibt wiederum ein glänzendes Zeugnis hohen Eemeinsinns und Vertrauens in eigene Kraft. Es beweist, daß es bereit und im stande ist, durch Selbsthilfe die entstehenden Schwie rigkeiten zu überwinden. Ganz besonders muß die Opferwilligkeit unserer gesamte« Bankwelt sowohl der hiesigen wie der Filialen der auswärtigen Banken, desgleichen der Prioatbankiers hervor gehoben werden, die sich mit beinahe IV2 Millionen beteiligt haben. Allen voran, und das erachte ich als eine besondere Pflicht zu betonen, steht die All gemeine Deutsche Credit-Anstalt. Nicht allein, daß sie im Verein mit Stadt und Handelskammer die Führung übernahm, sie stellt auch den Vorsitzenden Les Aufsichtsrats in der Person ihres Direktors Dr. Schön, sie stellt Vorstand, sonstige Beamte, juristi schen Beirat, und vor allen Dingen auch die Räume für die neue Bank in ihrem eigenen Bankgebäude, und zwar alles unentgeltlich. Aber auch die Han delskammer, unter Führung ihres Präsidenten Schmidt und Syndikus Dr. Wendtland, be wältigten, neben der Garantie, die die Handels kammer leistet, eine große Last von Arbeit. Sie haben wesentlich zum Erfolge beigetragen. Nicht zu letzt muß man auch dem Herrn Oberbürger meister zu besonderem Dank verpflichtet sein, daß er den Weg gesunden hat, den Erfordernissen der Stadt gerecht zu werden, daneben aber auch dem Lande zu helfen. Damit komme ich zum Verhältnis der Landesbank zur städtischen Bank. Als nach mehrfachen Besprechungen Plan und Unterlagen für eine Leipziger Kriegskreditbank fix und fertig waren, erhielt die Handelskammer ein Schreiben des Ministeriums, in -em um Aufgabe von Adressen potenter Persönlichkeiten behufs Zeich nung für die Gründung einer Landesbank gebeten wurde, gleichzeitig wurde die Handelskammer zu einer Besprechung nach Dresden geladen. Dem Ministerium wurde sofort telegraphisch und brieflich Kenntnis von der in die Wege geleiteten Leipziger Kriegskreditbank gegeben und darauf hingewirsen, daß nirgends eine Landesbank geschaffen sei. Es wurden die Bedenken gegen eine solche des näheren ausgeführt. Die telegraphische Antwort des Mini steriums lautete, daß die erhobenen Bedenken be reits vom Ministerium erwogen, es diese aber nicht zu teilen vermöge. Die darauf im Ministerium statt gehabte Besprechung verlief für Leipzig ergebnislos. Die Regierung erklärte, daß eine zu große Selbstän digkeit den einzelnen Lokalgruppen nicht zugestanden werden könne, eine Dezentralisation nicht wünschens wert sei. Dresden, als Sitz der Bank, stimmte einer Landesbank natürlich zu, andere Bezirke hatten für eigene Banken nicht genügende Mittel, so wurde in Dresden, ohne Rücksicht auf Leipziger Wünsche, die Gründung einer Landesbank, bei der der Staat sich mit 2 Millionen Mark beteiligte, beschlossen. Der Standpunkt Leipzigs war, daß eine Bank mit Sitz in Dresden für Leipzig wenig Wert habe. Eine Bank in Dresden, an der Spitze ein Staatskommissar, ein hauptsächlich aus Dresdener Herren zusammengesetzter Aufsichtsrat, an dem sich erst Lokalausschüsse mit Unterausschüssen an gliederten, könne Leipzig nicht die erforderlichen Dienste leisten. Dazu sei nur oine örtliche Bank im stande, die schnell und leicht arbeite. Andere könn ten Leipziger Verhältnisse und hiesige Industrie zweige gar nicht beurteilen. Ein Lokalausschuß mit beschränkten Befugnissen sei für uns ausgeschlossen. Jeder andere Apparat wie eine Lokalbank würde schwerfällig und auch bureaukratisch arbeiten. Theo retisch sei die Angliederung an eine Landesbank schön — in der Praxis würde sie versagen. Wir müssen die realen Verhältnisse zugrunde legen. Da bei bestehe die Gefahr, daß die Majorität der Lan desbank A.-G. durch Generaloersammlungsbeschluß Leipzig, gegen dessen Willen, noch weiter in Anspruch nehmen könnte, zum Beispiel durch Nachzahlung, Zu sammenlegung ufw., trotzdem bei einer gemeinsamen einzigen Landesbank die Leistungen Leipzigs natur gemäß starke sein müßten. Wenn man daher unbe dingt an einer Leipziger Lokalgründung festhielt, so war das lediglich eine harte Notwendigkeit, keine Eigenbrödelei und Partikularismus in einer vater ländischen Sache, auch keine Unfreundlichkeit gegen Regierung und Land. Das beweist, daß die Stadt bereit ist, 75V 008 die Handelskammer 1)4 Mil lion der Landesbank zu gewähren. Die Stadt Dresden gibt nur 800 000 »tt, also nur 50 000 mehr als die Stadt Leipzig, trotzdem für Dresden die Landesbank gleichzeitig als städtische Bank zu betrachten ist. Dabei hat sich Dresden noch besondere Vorteile für sich bei Besetzung des Aufsichtsrates ausbedungen. Die Existenz der lokalen Leipziger Kriegskreditbank bedeutet auch eine große Ent lastung -er Ansprüche, die an die Landesbank ge stellt werden. Wenn, wie der Finanzausschuß in seiner e sten Sitzung beschlossen hat, eine Garantie von 2 Millionen für die Lokalbank und eine Aktien zeichnung von 75kf000 .2 für die Landesbank über nommen würde, so tut die Stadt Leipzig mehr für das Land als für die Stadt, da die Garantie erst nach dem Verlust des Aktienkapitals käme. Voraus sichtlich werden in Wirklichkeit nur die ersten 25 Pro zent auf die Aktien eingezahlt werden und die restie- renden 75 Prozent wahrscheinlicherweise nicht in Frage kommen. Das genaue Aktienkapital der Leipziger Bank läßt sich heute noch nicht feststellen, weil eine größere Anzahl Zeichnungen noch aussteht, namentlich von Fachoerbänden. Immerhin ist die Gründung der Bank mit ausreichendem Kapital vollständig ge sichert. Dafür, daß ihre Organisation schnell und praktisch arbeiten wird, bürgt die Erfahrung der an der Spitze stehenden Herren (wobei ich mich natür lich ausschließe). Der Aufsichtsrat ist mög lichst zahlreich gedacht, an diesen soll sich ein weiterer Kreis von Persönlichkeiten anreihen, die ebenfalls ehrenamtlich ihre Sachkunde und Ge schäftserfahrung in den Dienst der zu bildenden Kredit-Unterausschüsse stellen. Inwieweit letzteren eine gewisse Selbständigkeit eingeräumt werden kann, ist noch der Erwägung vorbehalten. Ver, schleppung von Gesuchen darf nicht ein treten. Dor gewissen Enttäuschungen möchte ich aber jetzt schon warnen. Nicht jeder, der kredit bedürftig ist, soll unterstützt werden, sondern er muß auch kreditwürdig sein. Der Zweck der Bank ist, denen zu helfen, die durch den Krieg in Ver legenheit geraten sind. Bei Festsetzung der Sta tuten will man sich gewisse freie Hand lassen, um eventuell auch Darlehen auf Buchforderungen usw. gewahren zu können. Alles soll aber ehren amtlich geschehen und die Auflösung der Bank stattfinden, sowie der Frieden oder sonst geordnete Verhältnisse eingekehrt sind. Den aus der Vorlage ersichtlichen, vom Rat beschlossenen Voraussetzungen stimmte man ebenfalls zu. Am nächsten Tage, nach der Sitzung des Finanz ausschusses, erschien zu aller Ueberraschung in den Zeitungen der Aufruf de» Ministerium», unterstützt von der hiesigen Gewerbe kammer, zur Aufforderung von Zeichnungen für die Landesbank. Vorher hatte die Regierung uns schon zugesichert, diesen Aufruf ausschließlich in der „Leipziger Zeitung", als Amts- blatt, erscheinen zu lassen und in keiner andere». Sie ist, was selbstverständlich ist, auch dem nach gekommen. Der Aufruf ging von der Ge werbekammer aus. Die ltzewerbekammer hatte sich nämlich Vorbehalten, Zeichnungen für das Land, da ihr Bezirk ein über Leipzig hin ausgehender ist, zu sammeln. Niemand hatte aber daran gedacht, daß es durch eine Annonce in den Blättern geschähe. Das Vorgehen der Gewerbe kammer wurde als äußerst betrüblich bezeichnet, um so mehr, da die Gewerbekammer sich dessen be wußt sein mußte, daß gerade ihren Kreisen An gehörige in erster Linie auch bei der Lokalbank in Frage kommen würden. Wenn nun die Gewerbe kammer auf Vorhalten sich dahin äußerle, daß sie die Zusicherung der Regierung nicht gekannt habe, so wurde doch im Ausschuß gesagt, daß das Gefühl ihr hätte sagen müssen, daß ein derartiger Aufruf für die Landesbank in den Zeitungen besser unterblieben wäre. Die Gewerbekammer war von der in Aus sicht genommenen Lokalgründung in allen ihren Tei len unterrichtet. Sie war von Anfang an von der Handelskammer aufgefordert worden, sich zu beteili gen, hat es aber aus Mangel an Mitteln abgelohnt. Daß der ministerielle Aufruf durch die Gewerbe kammer veröffentlicht worden ist, hat auf unsere Zeichnungen sicherlich einen Einfluß gehabt, da wohl mancher aus anderen, hier nicht näher zu erörtern den Gründen gern Dresden berücksichtigt. Der Ausschuß hofft, daß die Gewerbe kammer in weitsichtiger Weise auch für die Leipziger Gründung eintreten wird. Man möchte doch keine Mißstimmung auf kommen lassen und bisher nicht vorhandene Gegen sätze Hervorrufen. Es würde sicherlich dankbar be grüßt werden, wenn die Gewerbekammer, falls es ihr mit Kapital nicht möglich ist, mit ausreichender Garantie sich bei der Leipziger Bank beteiligte. Um nun für alle Eventualitäten gerüstet zu sein und um die Leistungen der Stadt für die Lokalbank nicht denen für die Landesbank nachzustellen, hat der Finanzausschuß in einer soeben, im Beisein des Herrn Oberbürgermeisters stattgefundenen Sitzung be schlossen, außer der zu bewilligenden Garantie, die kaum in Frage kommen dürfte, den Rat zu ermäch tigen, bis zum Betrage von 500 000 -<t Aktien der Leipziger Bank zu zeichnen. Es wird sich auch dadurch eine Abrundung des Kapi tals ermöglichen. Dabei möchte noch einmal ein dringender Appell an unsere Bür gerschaft gerichtet werden, an jeden, der es irgendwie kann, schnellstenssich an der Zeichnung für die Leipziger Lokalbank zu beteiligen. Im Ausschuß wurde gewünscht, dem Kollegium ans Herz zu legen, es genau so zu machen, wie mit der Vorlage über Maßnahmen aus Anlaß der Mobil machung, das heißt einstimmig und ohne De batte zuzustimmen, um dadurch zu zeigen, daß alle Kreise einmütig zusammcnstehen, wenn es das Wohl des Ganzen gilt. Und nun, meine Herren, lassen Sie mich schließen mit Gedanken, denen vor kurzem der Oberbürgermeister von Berlin bei ähn licher Gelegenheit Worte verlieh, die auch für Leipzig zutreffen: Im Kriege gilt die Tat. Dre Gesund haltung der Finanzen ist ein« der wichtigsten Auf gaben, die eine Stadt im Kriege zu erfüllen hat. Das deutsche Wirtschaftsleben hat sich in bewunderns werter Weise den Erschwernissen des Krieges ge wachsen gezeigt. Der Großindustrielle, wie der mitt lere Geschäftsinhaber, jeder zu seinem Teil, mag dazu beitragen, daß ich der wirtschaftliche Blutumlauf lebendig und regelmäßig vollzieht. Die Taten un seres Heeres verlangen es, sie rechtfertigen es aber auch, daß Handel und Industrie, die Leipzig groß ge macht haben, den Hemmungen und dem An prall dieser Tage st and halte. (Bravo!) In der sich anknüpfenden Debatte ergriff zunächst Oberbürgermeister Dr. Dittrich das Wort und 1 sprach -em Ausschüsse seinen wärmsten Dank für den gestellten Antrag ans. An diesen Dank knüpfte er die Bitte, daß aus allen Kreisen der Bürgerschaft reichliche Zeichnungen stattfinden mögen, denn je mehr Kapital gezeichnet werde, desto größer sei auch der der Kreditbank eingeräumte Kredit und um so ausgiebiger werde man dann helfen können. stadtv. Pflaume gab der Befürchtung Aus druck, daß diejenigen, die der Hilfe am meisten be dürfen, den wenigsten Kredit erhalten werden. Es seien das di« mittleren und kleinen Geschäftsleute. Die Sicherung, die sie geben könnten, sei in vielen Fällen nicht groß und man müßte ihnen auf den guten Namen hin Kredit gewähren. Es würde daher richtig sein, wenn die Kriegskreditbank den kleinen und mittleren Banken einen Teil ihres Diskonts ab nehme, damit diese den betreffenden Geschäftsleuten beispringen könnten. Redner teilte sodann mit, daß eine Anzahl auswärtiger Sparkassen di« vor Aus bruch des Krieges in Aussicht gestellten Hypotheken gelder nicht zahle. Dadurch würden die Bauherren außerstand gesetzt, ihr« Arbeiter weiter zu beschäf tigen. Er Möchte den Rat bitten, bei der Regierung dabin vorstellig zu werden, daß die Sparkassen ihre Zusagen erfüllen. Stadtv. Klemm wendete sich gegen die der Ge- merbekammer gemachten Vorwürfe. Letztere habe an den Verhandlungen wegen Errichtung einer Landes kreditbank von Anfang an sich beteiligt und auch eine Garantiesumme von 250 000 übernommen. Nicht der Gewerbekammer, sondern der anderen Seit« seien Vorwürfe zu machen. Oberbürgermeister Dr. Dittrich: Di« Leipzig«! Gewerbckammer habe von dem Plane, «ine Leipzi ger Kriegskreditbank zu errichten, gewußt, ehe noch die Verhandlungen wegen der Landeskreditbank be gannen. Er hoffe, daß die Gewerbekammer sich jetzt noch der Stadt und der Handelskammer anschließe. Was die vom Stadtv. Pflaume angeregte Hypothe- kcnfrage anbclange, so werde der Rat vorstellig wer den, sobald ihm zuverlässige Unterlagen übermittelt werden. Vizevorsteher Tobias: Das Verhältnis zwischen Handelskammer und Gewerbekammer s«i bisher stets ein gutes gewesen, und es liege d«r ersteren daran, dasselbe zu erhalten und zu fördern. Leider hätten auch persönliche Vorstellungen des Vorsitzenden der Handelskammer bei der Gewerbekammer keinen Er folg gehabt. Nach kurzer weiterer Debatte wurde der Aus schuhantrag einstimmig angenommen. Für die Anbringung von 6 weiteren Schau kästen am Städtischen Kauf Hause wurden 3150 bewilligt. Die Abhaltung der Michaelismesse. Es folgte die Beratung der Vorlage wegen Ge währung von 33)4 Prozent Nachlaß an die Meßab Mieter im Städtischen Kauf haus und Handelshof auf den Michaelismiet zins, soweit er vorausbczahlt ist, mit Oü^s Prozent oder bis 5. September d. I. bezahlt wird, und zwar im ersteren Falle durch Anrechnung auf den Mietzins für dre Osteroormesse 1915. Der Hochbau- und Verkehrsausschuß beantragten Z u st i m m u n g. Vonr Berichterstatter Stadtv. Käppler wurde bemerkt, daß dre Abhaltung der Schaumesse in verschiedenen Kreisen Befremden erregt habe. Aber die Schaumesse sei mit der Kleinmesse so innig ver bunden, daß man glaube sie abhalten zu müssen, weil man sonst einen Rückgang des Handels auf der Klein messe befürchtete. Vizevorsteher Tobias: Ueber die Abhaltung der Kleinmesse, besonders aber der Schaumesse, könne man verschiedener Meinung sein. An der Tatsache sei leider nichts mehr zu ändern. Hinsichtlich der Mustermesse habe er den dringenden Wunsch, daß von allen Meßvermietern ein einheitlicher Nachlaß gewährt werde. Oberbürgermeister Dr. Dittrich: Der Rat stehe auf dem gleichen Standpunkt und habe in diesem Sinne eingewirkt. Unsere Stadt habe ein großes Interesse daran, daß die Mustermesse zahlreich be schickt werde, und zwar schon wegen des Eindruckes nacb außen hin. Die Ratsoorlage fand darauf einstimmige Annahme. Für den Umbau der Erdgeschoßräume des Hauses Gieß erstraße Nr. 77 wurden 1370 -tt bewilligt. Der Feststellung des Wertes -es Landes, das vonr alten Leihhausgrundstück zur Nord straße abgetreten werden muß, mit 350 bez. 300 .lt für 1 Quadratmeter wurde zugestimmt. Erbauung einer neuen Armenbrotbäckerei. Zu der Natsoorlage wegen Errichtung einer neuen Armenbrotbäckeroi an der Dessauer Straße mit einem Kostenaufwand von 125 057 aus Stammvermögen und unentgeltlich« Ueber- lassung dieser Bäckerei zum Betrieb an das Armen direktorium für den gemeinschaftlichen Armeivver- band Leipzig, beantragten die Ausschüsse: statt 125 057 .<t nur ein Berechnungsgeld von 115 000 zu bewilligen unter der Bedingung^ daß aus diesem Betrage auch die Kosten für Anschaffung einer Teig teilmaschine mit bestritten werden, rm übrigen aber der Vorlage zuzu stimmen. Weiter beantragten die Ausschüsse, eine Ein gabe der Bäcker-Zwangsinnung, die sich gegen die Ratsvorlage aussprach, damit für er ledigt zu erklären. Nachdem der Berichterstatter Stadtv. Vogel I die Verhandlungen der Ausschüsse, die gegen 8 Stim men -en Antrag auf Zustimmung beschlossen haben, des näheren erläutert hatte, ergriff Stadtv. Schu mann das Wort und ersuchte den Rat um Zurück ziehung der Vorlage: die vorgebrachte Begründung sei nichtssagend. Bürgermeister Dr. Weber wendete sich entschie den gegen eine Aeußerung des Vorredners, daß die Vorlage geeignet sei, eine Beunruhigung im Bäcker gewerbe hervorzurufen. Davon könne keine Rede sein, denn es werde nur ein Zustand aufrechterhalten, wie er seit 1803 schon besteht. Gegen die Ratsvorlage sprachen des weiteren die Stadtvv. Klemm, Simon, Sander. Vogel II, Pflaume und Knappe, von denen der letztere für den Fall der Annahme beantragte, die Ausführung des Beschlusses bis nach Beendigung des Feldzuges auszusetzen. Oberbürgermeister Dr. Dittrich bemerkte hierzu, daß der Rat hierauf nicht eingehen könne, denn der Bau solle dazu mit dienen, Arbeit zu schaffen. Er könne nur nochmals betonen, daß ein neuer Zustand nicht geschafft werde. Für die Vorlage sprachen die Stadtv. Fritzsche I und Lange. Der erstere wies darauf hin, daß die Erhaltung der Armenbrotbäckerei im Interesse der Armen lieg«, denn sie liefere ein geradezu ausge zeichnetes Brot. Die Annahme der Vorlage erfolgte mit allen Stimmen g«gen die der Mitrelstaizdssraktion, mit der nur der Stadtv. Dr. Junck stimmte. Der Antrag Knappe wurde mit großer Mehrheit a bg e l e h n t. Die Eingab« wegen Neubefestigung der Nonnen- straße von der Karl-Heine- bis zur Weißenfelser Straße und der Ernst-Mey-Straße von der Könneritzbrücke bis zur Forststrahe ließ man auf sich beruhen. Zur Herstellung der Naunhofer Straße zwischen Schönbachstraße und Straße IV und der Än- schlußstrecke der Marienbrunnenstraße wur den 08 352 bewilligt, ferner zur Beschleusung und Herstellung des Unterbaues von Strecken d«r Dessauer Straße und der Straße «I 28 750 sowie zur Einlegung der Wasserlettungsrohre in Strecken derselben Straße 12 700 -tt. Bei Beratung der letzten Gegenstände war von Stadtv. Kress in auf die terlweis« Einstellung städtischer Arbeiten und auf die schr bedauerlich« Einschränkung des Straßenbahnbetrieoe» hingewiesen worden. Stadtrat Peters bemerkte zu ersterem, daß die teilweise Einstellung der Arbeiten damit im Zu- sammenganye gestanden habe, daß sich das nötige Material nicht immer heranbringen ließ. Es sollen jetzt soviel Arbeiter als möglich, namentlich bet den Hochwasserregulierungsarbeiten auf den Lindenauer Wiesen, eingestellt werden. Bürgermeister Roth erklärte, daß die Straßen- babngcsellschaften von der in Anbetracht der Zeitoer- hältnisse geübten Nachsicht einen zuweitgehenden Gebrauch gemacht hätten. Der Rat werde unbedingt auf Einführung eines regelmäßigen Betriebes dringen. Gegen die ungehörige Einstellung von weiblichen Schaffnern sei der Rat energisch voraegangen und habe sie einfach Herunterbolen lassen. (Bravo.) E» folgt« eine nichtöffentliche Sitzung
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