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Morgen «Ausgabe 'Er »»» P»r.rr« zweimal ««gNch Bezugspreis. H<»„ ««»«>», «»«,>,<0 M. ,Lo. »tartaliadrltch M. <S0: f», Addoler »oaattlch M. l^iS; darch „lar, ««»«rU,«» rslllal«, l»« Ha«, gedrachl monatlich -M. I.7L, »lekiei- >«drUch M. »nrch »i« poft innerhald Deoiichiand« mona». ltch M. l.7k »«„tolllhrlich SL5 tou«,chll«t>,ich Postd«ftell,«l»^ Schritlletio», >>» Selchftsilftell«: lohannilgall« Nr.» Amtsblatt des Kales und des pollreüunLes der Stadt Lerprig UV. Jahrgang tftr Vr-c«IpjI« Umgeb, »t« «ftüft-u. ». Behbrb«» im amtl. Teil bi« Peittzeil« 70 Pf, anlw. 7S Pf.: klein« Änzeigo» dl« Pelltz«»« 2S Pf,; Seschdfidanzelgen mit Platzvorlchrist«» «ai Pk«il« «rhdbt. V«Ilag«n: S«s«mk«»flag« M. 7.— da« Taufend aalfchl. Poftgeblhe. Linz leamme. ll> Pf». — Sonn- and Feftlaz« 1ä Pfg. Fernfpeech Aalchlatz Nr. 1«»»L l4S»Z und l«e»4 1916 Nr. 6S2 Sonnabend, den 23. Dezember Jer MMt i>er MlsonWn Note - Deutscher Abendbericht Das Wolfffche Bureau meldet amtlich: Berlin, 22. Dezember. Don keiner Front sind bisher besondere Ereignisse gemeldet. Russische Arte-le über die Lage Rumäniens (r.) Do« der dänischen Grenze, 22. Dezember. (Draht- oe richt unseres Sonderberichterstatters.) Der militä rische Mitarbeiter des .El ovo" bespricht eingehend die deutsche Strategie vor der Einnahme Ploesiis und Bukarests und weist darauf hin, daß nicht allein die schnelle Manövrierfähigkeit und die über alles Erwarten große Zahl schwerer Artillerie dieser Strategie zum End erfolge verholfcn hätten, sondern die bewunderungswürdigen Fähigkeiten der Unterführer, die Gegner über die wahren Absichten so zu täuschen, dah jede Orientierung unmöglich geworden sei. 3m gleichen Sinne spricht sich auch der «Golos" auS, der an seine Kritik die eindringliche Mahnung knüpft, keine Experimente zu unternehmen und sich in letzter Stunde auf diejenige Linie zurückzuziehen, von der auS noch eine volle AktionSsrciheit gesichert sei, und das wäre nur vom Radius Ismali aus möglich, wo die Osfensivkrast der dcutsch-bulgarisch- turkischen Truppen erlahmen würde. Jetzt käme eS darauf an — führt das Blatt weiter auS —, die rumänischen Truppen aus dem deutsch-bulgarischen Kreuzfeuer herausz»führen, in eine gefahrlose Zone zu bringen, die gelichteten Formationen zu ver stärken und den Ofsensivgeist neu zu beleben. Rur auf diese Weise könne Rumänien das Schicksal Serbiens erspart werden. Jetzt sei nicht das wichtigst«, nordöstlich von Bukarest Teilerfolge zu erringen — die zudem nur unter groben Opfern zu erkaufen wären, die in keinem Verhältnis zur Wirkung auf der gegnerischen Sette stehen würden —» sondern die Erreichung der natürlichen Verteidigungslinie, die im Sektor Ismail lieg«, und die sichere Basis zur Verteidigung Beharabiens bilde. Nach einem Urteil der .Wremja" wäre es im Augenblick nicht von Be deutung, wenn die Truppen des Vierbundes Braila besehen und noch weitere Vorräte beschlagnahmen würden, die Hauptsache bleibe jetzt, eine Dezimierung der rumänischen Armee zu verhin dern, denn die Erwartung datz Rußland allein in der Lage wäre, Mackensen zum Rückzug« zu zwingen, sei müßiges Ge rede. Rußland habe zwar gemeinsame Ziele mit allen Verbündeten, doch könnten diese nur erreicht werden, wenn alle Alliierten gleichmäßig ihre Kräfte elnsehen würden, und nicht Rußland allein die Mission zufiele, Rumänien vor einer Verblutung zu schützen. — In einer militärischen Kritik zur Lage weisen .Wjedomofti" auf die Tatsache hin, dah gerade gegenwärtig eine Ergänzung des artilleristischen Materials infolge der völligen Isolierung Rußlands von seinen Verbündeten und von anderen Hilfsquellen außerordentlich schwierig sei, und vor allem Zeit erfordere. Die Losung des Augenblicks sei: Abwarten, Konzen trieren und Material anhävfen und alle Kräfte erst dann einsetzen, wenn die menschlichen and technischen Kräfte dcS VierbnndeS erschöpft sind. Richt Augenblickserfolge, sondern überlegte Handlungen sind nötig, um die Zenlralmächke zur Erschöpfung zu bringen. Dann erst könnten die Alliierten de« Frieden in Berlin diktieren. (r.) DoaderSchwelzerGreuze,22. Dezember. (Draht- bericht unsere« Sonderberichterstatters.) Zürcher Blätter melden aus Mailand: Der Berichterstatter der .Stampa" schreibt: Der Verlust von Ramnicu-Sarat ist nicht zu vermei den. Durch seine» Vormarsch bezweckt der linke feindliche Flügel süd östlich von Ramalcu-Saral kämpfend das Heer Avarescus za umzingel«. Das Blatt wirst de« Militärkritikern des Vier verbandes vor, sie hätten die öffentliche Meinung falsch unterrichtet. Die Verheißung, Rumänien verfüge noch über eine Truppenmacht von 500 VOO Man«, entbehre jeder Grundlage. Im besten Falle habe das rumänische Heer z» Kriegsbeginn 450 OVO Mann gezählt, und heute zähle es «och 100- bis 15V 000 Mann, eine Zahl, die sich mit vieler Mühe durch Massenaufgebot in der Moldau verdoppeln lasse, sofern es gelänge die Serethlini« zu halten. fr.) Wie», 22. Dezember. (Drahlberlcht unseres Son- derberlchterpatters.) Die .Wiener Allgemeine Zeitung" meldet aas L»gaao:I» der italienischen Presse werden der rumänischen Heeresleitung schwer« Vorwürfe gemacht, weil sie nicht verhinderte, dah bedeutende LebenSmitlclvorräte in Rumänien in die Hand der Zentralmächte gefalle« Pud. Rumäniens Geldnot erleichtern und die stürmische Verfolgung der deutsch bulgarisch türkischen Truppen aufzuhalten. Dieses Gefecht war seit Beginn des Rückzuges das erste ernstere Rmgen und spielte sich an der Linie ab, die vom Babadagsee über die Höhen Deni Stcpe bis zu dem Donaudorf Turcocia streicht. Nachdem die Russen anfangs glaubten, daß der Rückzug gelingen werde, bemerkten sie später, daß sie von den Verfolgern ernstlich daran behindert wurden. Sie leisteten einen verzweifelten Widerstand und warfen die neu eing-trosfene dritte Kosakenarmee in den Kampf, in der Hoffnung, daß es dieser gelingen werde, unsere Truppen aufzu- haltrn, bis daS Gros der Armee Sacharow die neuen Ver teidigungslinien erreicht hab«. Die Kosaken stehen viele Tote auf dem Schlachtfeld zurück, darunter ihren Oberst. Donar Law über den deutschen Triedensvorschlag ntb. London, 22. Dezember. (Neutermeldung.) linker Hinweis auf den deutschen Friedensvorschlag führte im Unter hause Bonar Law folgendes aus: Warum leiden wir und unser Land unter der schrecklichen Peln, warum erträgt sie das Volk? Well wir Deutschland vertrauten und weil wir glaublen, daß ein Verbrechen, wie es von den Deut schen begangen wurde, niemals von einem menschlichen Wesen würde begangen werden. Einige Mitglieder deS Hauses sagten: .Laßtuns dleBedlngungen des Frieden«. Vorschlages wissen." Aber kann man ein bindenderes Friedensversprechen verlangen, als der Vertrag gewesen ist, der die Neutralität Belgiens schützen sollte? Können Sie ein Versprechen er langen, daß uns größere Sicherheit gäbe als wir eS hatten, bevor der Krieg ausbrach? Ich hoffe, nicht nur unser Land allein, sondern auch in allen neutralen Ländern wird das Volk di« Lage verstehen, wie sie jetzt «st. Deutschland hat Friedensvorschläge gemacht. Auf welcher Grund lage? Auf der Grundt«-« einer slegraiche« Armee. Was würde das für eine Lage sein, wen» der Fried« zustande käme auf dieser Grundlage der siegreichen deutschen Armee? Gibt es irgend jemand in diesem Haus«, der ehrlich nicht «ur die Bedingungen, unter denen der Krieg der Welt aufgezwungen wurde, sonder« auch die Art und Weise, wie er geführt worden ist, unparteiisch beurteilt, und der ganz ehrlich glaubt, daß die Gefahren und daS Elend, anter denen die Welt leidet, durch etwas anderes geholt werden können, als dadurch, dah man die Deutschen za der Erkenntnis dringt, daß die Furchtbarkeit sich nicht bezahlt macht und Militarismus keine Herrschaft bedeutet. Wir Kämpfen nicht um ein Gebiet oder um größere Stärke eines Volkes. Wir Kämpfen für zwei Dinge. Wir Kämpfen setzt für den Frieden, aber wir Kämpfen auch für die Sicherheit der Friedenszett, die kommen soll. Als die deutschen Vorschläge ans vorgel^t w«rden, gründeten sie sich nicht allein auf die deutschen Siege, sonder» sie erhoben auch Anspruch, dah sie eS auS den Gründen der Menschlichkeit tun. Wolle daS Haus bedenken, was dieser Krieg für Greuel in Belgien, für Greuel zur See und zu Land« mit sich brachte, was für Hin schlachtungen von Menschen in Armenien, denen Deutschland hätte mit einem Wort Einhalt tun könne». Lassen Sie uns in Rechnung ziehen, daß dieser Krieg vergeblich auSgefochten werden wird, sofern wir nicht Sicherheit dafür schaffen, daß es niemals wieder in der Macht eines einzelnen Mannes oder einer Gruppe von Leuten Negk, die Welt in das Elend eines Krieges zu stürzen. (Äbt es keine Wiedergutmachung für geschehenes Unrecht? Soll der Friede kommen, und das größte Verbrechen in der Geschichte der Welt ungesühnt bleiben? Er sei sicher, datz das Land zu jedem Opfer bereit wäre, wenn es sich über die Lage klar werd«. Gin folgenschweres antisemitisches Attentat in Rußland (r.) Stockholm, 22. Dezember. (Drahlberlcht unseres Sonderberichterstatter s.) Ein folgenschweres antjse- mitlsches Attentat wird aus Rishnijorvgorod gemeldet: DaS jüdische Asyl für Flüchtlinge, in dessen engen Räum lichkeiten 2000 rumänisch« Jaden untergebracht waren, ging in der Nacht zum 7. Dezember in Flammen aus. Don dem Gebände brannte in kürzester Zett der größt« Teil nieder. Die Rettung der von dem Feuer eingeschlossene« Menschen war äußerst erschwert. Verbrannt sind etwa 150, verletzt wurde« 450 Personen. Do der Brand ««möglich von den Insassen verursacht sein konnte, wird mit großer Bestimmtheit auf ein Attentat geschlossen. ^.) Stockholm, 22. Dezember. (Drahtberichk unseres Sonderberichterfialters.) Die Geldbestände der rumä nische» Regierung find z» Ende gegangen. Eine amtliche Veröfsent- Nchmng in der «Independance Roumaine" teilt mit, dah die bisheri gen Krlegskofte» in Höhe von 1,1 Milliarden Franken durch die Vorschüsse der Verbündeten gedeckt seien. Rumänien steh« jedoch augen- bllckllch vor der Notwendigkeit sich selbst Geld za beschaffen. Alle Rumäne» werde» daher anfgefordert, für die aufgelegt« Kriegs- »»terplltzuugsaalelhe zo zeichnen. Da ofsenbar die Regierung selbst wenig Zutrauen in das gegenwärtige Anleiheunternehmen hat, be stehlt «in« königlich« Order dem Finanzminister, 400 Millionen Franken a»f dem Kreditwege aufzu bring en, d. h. durch deckungslosen Druck »o» Voknote«. — Die Verbündete« lasten nun das oer- lseene Rumänien auch in finanzieller Hinsicht im Stiche. (r.) Von der Schweizer Grenze, 22. Dezember. (Drahtbericht unseres Sonderberichterstatters.) Wie aus den Be stimmungen der einzelnen rumänischen Behörden ersichtlich ist, drohen schwere Epidemien die Bevölkerung deS Landes zu verheeren, wes halb unter keinen Umständen die Schulen geöffnet werden dürfen. Die stürmische Verfolgung in der Dobrudscha (r.) Budapest, 22. Dezember. (Drahtbericht unseres Sonderberichterstatters.) .Az Est" meldet au« Sofia: Seit der Flucht der russischen Rorddobrudscha-Armee versucht« diese gestern bedeutendere« Widerstand, um den Rückzug zu Der österr.-ung. Heeresbericht "ib. Wien, 22. Dezember. (Drahkberichk.) Amtlich wird gemeldet: Seitlicher Kriegsschauplatz Heeresgrappe der Geaeralfeldmarschalls von Mackeafe» Keine Ereignisse von Belang. Heeresfroat det Generalobersten Erzherzog Joseph Beiderseits des Tro tut-Tales erfolglose feindliche Unter nehmungen. Heeresfront des Deneralfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern. Deutsche Truppen stießen durch zwei feindliche Stellungen bis Zwyzyn vor und kehrten mit Beule und Gefangenen zurück. Italienischer und südöstlicher Kriegsschauplatz Keine wesentlichen Ereignisse. Der Stellvertreter des Ehest des Generalstabes, von Hoefer, Feldmarschalleutnant. Eine atts Forderung Bon Emil Nitzschke, Leutzsch, Mitglied d e r II. K a m m e r. Die bürgerlichen Fraktionen des Landtages haben sich seit Kriegsbeginn darauf beschränkt, abgesehen von der Erledigung des Staalshaushaltplanes, lediglich KriegSarbeit zu leisten, obgleich be sonders für die liberalen Parteien ein eiserner Bestand berechtigter, aber stets abgewiesener Forderungen vorhanden ist. So sind auch die bisher in jedem Landtag wiederkchrenden Anträge, die auf eine Aenderung in der Zusammensetzung der Ersten Kammer hinzielen, unterblieben, und man könnte auch heute noch dieses Thema ruhen lassen, wenn nicht die jüngsten Berufungen gebieterisch dazu zwängen, in aller Öffentlichkeit darauf hinzu weisen, daß die Kreise, die dringend auf einer Reform der Ersten Kammer bestanden haben, jetzt mehr denn je von der Richtigkeit ihrer Bestrebungen überzeugt sind. ES ist vorauszusehen, datz der Kampf um eine Reform der Ersten Kammer sich ganz von selbst zum Angelpunkt der sächsischen Politik macht, und eS ist anzunehmen, dah der weitaus größte Teil unseres sächsischen Volkes sich auf die Seite stellen wird, die den jetzigen Zustand von Grund aus ändern will. Bei diesem Kampf geht cä nicht gegen die einzelnen Mitglieder der Ersten Kammer, deren Leistung die Anerkennung nicht versagt werden soll. Es handelt sich vielmehr darum, datz auS Gründen der Gerechtigkeit und im Interesse dcS Staates selbst die Berufstände daS Recht und die Möglichkeit der Vertretung in der Ersten Kammer be kommen, die zufolge deä wirtschaftlichen Gefüges unseres Bundesstaates von erhöhter Bedeutung für denselben sind. Seit dem Bestehen der Ersten Kammer hat man sich einmal zu einer Aenderung verstanden, die darin bestand, daß man den mitt leren Grundbesitz ausfchaltete mit der Begründung, daß er Ge legenheit habe, in die Zweite Kammer gewählt zu werden. And so ist es denn gekommen, dah das sächsische Oberhaus verfassungs mäßig eine aus Rittergutsbesitzern bestehende Mehrheit besitzt. Welche Verschiebung auch eintritt, diese Mehrheit ist garantiert, sie kann nur durch eine Aenderung der Verfassung aufgehoben werden. Vor dieser darf man aber nicht zurückschrecken, zumal, wenn man berücksichtigt, dah sechs Siebentel der Bevölkerung 007 Industrie, Handel und Gewerbe leben. Die Gesamtheit des Vo Zs- Kann verlangen, dah die hervorragenden Kräfte, die in diesen Ständen, aber auch in anderen, es sei nur auf die fre en Berufe hlngewicsen, vorhanden sind, auch für die Gesetzgebung dcm Staatsganzen dienstbar gemacht werden. Dieser Auffassung scheinen auch eine kurze Zeit Regierung und konservative Partei gehuldigt zu haben. Eine durchgreifende Reform hat erstere allerdings abgelehnt, immerhin war sie bereit — allerdings nur aus dem Wege der Be ru f u ng — weitere sechs Mitglieder in die Erste Kammer aufzunchmen, von denen je eines als Vertreter der technischen Anstalten und des Gewerbes gelten und vier den industriellen Kreisen angehören sollten. Mit diesem Angebot hat die Regierung die Unzulänglichkeit in der Zusammensetzung der Ersten Kammer anerkannt. Da die Industrie aber mit zutreffender Begründung darauf be stand, dah ihr ebenso wie der Landwirtschaft das Recht der Wahl für ihre Vertreter zugestanden würde, und da die Regierung weiter die feierliche Erklärung abgab, datz mit der von ihr beabsichtigten Maßnahme für absehbare Zeiten die Reform der Ersten Kammer ihre Erledigung gefunden haben solle, erfuhr der vorgelegle Gesetzentwurf die verdiente Ablehnung. Auch die konservative Fraktion hatte einen schwachen An laus genommen, der ihr jedoch von der Ersten Kammer übel ver merkt wurde. Den Konservativen sowohl wie der Regierung wurden heftige Vorwürfe gemacht. So fand man es unverständ lich, dah die Regierung sich überhaupt zur Einbringung einer Vorlage entschlossen habe, und von der konservativen Fraktion der Zweiten Kammer wurde aesagt, cs sei nicht konservativ, dah sie die Anregung zu dieser Vorlage mit gegeben habe. Dieser Hieb scheint gesessen zu haben, denn seit dieser Zeit verhalten sich, obwohl inzwischen zehn Jahre verflossen sind, die Konservativen schroff ablehnend, während die Regierung gelegentlich der letzten Verhandlung über diese Angelegenheit im Jahre 1914 wohl die Berechtigung der Reformbestrebungen bis zu einem gewißen Grade anerkannte, aber den Zeitpunkt für eine Bereitwilligkeit der Regierung, ihnen nachzugeben, noch nicht in Aussicht stellen wollte. Vor allen Dingen müsse sie zunächst das Ergebnis der nächsten Wahlen für die Zweite Kammer abwarten. Damit hatte sich die Regierung sehr vifen über den von ihr eingenommenen, allerdings äußerst bedenklichen Standpunkt geäußert. Sie hat damit zu erkennen gegeben, daß sie die Erste Kammer als ein kon servatives Machtmittel gegenüber einer radikalen Zweiten Kam mer in der Hand behalten will. Sie übersieht dabet aber eins: nämlich, dah sie es gerade ist, die durch ihre Zurückhaltung den politischen und sozialen Spannungszustand erhöht und so dem Ra dikalismus mit den Boden bereitet, auf dem er gedeiht. Eine Re gierung, die sich einer Notwendigkeit, und diese braucht wohl nicht weiter nachgcwiesen zu werden, verschließt, arbeitet eben dem Radikalismus, dem sie begegnen will, in die Hände. Nun kann man doch beinahe nicht annehmen, daß Negierung und Konservative der Ansicht sind, daß der jetzige Zustand nack dem Kriege beibchalten werden kann. Wie kann man sich eine sogenannte Neuorientierung in der inneren Politik vor stellen, wenn man nicht dort beginnt, wo von Neaierung und der konservativen Partei schon vor zehn Jahren die Berechtigung zu einer Aenderung zugestanden wurde. Man muh doch bedenken, dah sich in Sachsen, wie in jedem Bundesstaat, nach dem Kriege auf dem Gebiete der Steuergesetzgebung große Umwälzungen not-