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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.12.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-12-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191612038
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19161203
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19161203
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-12
- Tag 1916-12-03
-
Monat
1916-12
-
Jahr
1916
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Kunst - Wissenschaft. Leben Der kennt den Ernst der Arbeit, der l» Men An schwere« Werke seine Kräfte «atz. Der kennt der Arbeit Glück, der nm der Arbeit willen Den Lohn der Arbeit ganz vergab« Frida Schanz. Weh dem, der wgt Veranstaltung des Schillervereins im Alten Theater am 2. Dezemder 1916 Grillparzers Lustspiel wurde gestern wieder erweckt. Dem Dichter üvt es bekanntlich bei der Wiener Uraufführung eine bittere und nach haltige Enttäuschung bereitet. Indessen, man kann schon begreifen, daß ?s einem sonst mit greifbaren Harmlosigkeiten oder Inlrigenkomödicn verfütterten Publikum bei diesem Lustspiel nicht recht geheuer war, and daß seine Hilflosigkeit dem seltenen Produkt gegenüber schließlich aut Zischen revoltierte. Dies wäre recht gleichgültig gewesen, wenn dieser Mißerfolg nicht Grillparzer in seinem weiteren Schaffen in empfindlicher Weise gehemmt und ihn von der Oeffentlichkeit fern gehalten hätte. Wir kosten heute die Reize dieser schwingenden Heiter keit mit besonderem Vergnügen und nehmen es gern hin, wenn auf die kultivierte Stimmung des bischöflichen Kreises die saftig karikierte Varbarci trifft. Auch die freundliche Lehre des Dichters, die er in den Geschehnissen so launig vergegenwärtigt, stecken wir dankbar ein. Und selbst mit dem mißgebürtigen, viehischen Kerl, dem Galomir, der noch dazu der schönen Edrika Bräutigam sein soll, findet man sich ab, wenn er sich so komisch gebärdet wie gestern abend. Uederhoupt tat die Aufführung, geleitet von Adolf Winds, das ihre, und auch das Szenische war durchaus ansprechend. Zelse- Gött läßt als Küchenjunge Leon einen urwüchsigen Uebermut springen, gestikuliert brav mit Armen und Beinen, ein gutgelaunter, findiger Bursche, dem das Herz auf dem rechten Fleck sitzt. Das unverwüstlich Sieghafte, den Lebensjubel, wie Kainz ihn hier lösen konnte und Gestalt werden ließ, strahlt er freilich nicht aus. Lothar Koerners Kattwald ist prachtvoller Barbar, brummt grimmig wie ein Bär und doch ein gutmütiger, trinksreudiger Kumpan — mit wohlgefällig zwinkernden Augen, wenn von den Freuden der Mahlzeit die Rede ist. Sein Töchter, lein Edrita hatte von diesem barbarischen Vater erstaunlich wenig ge- ecvt; nahm die Sache im übrigen sehr fröhlich und scharmierte ebenso üblich wie liebenswürdig mit Leon. Vielleicht hätte sie hier bester mit Anka Kernic getauscht, während wiederum Martina Otto Shakespeares pratia vermutlich mannigfacher schattiert und farbiger ausgcstaltet hätte, als unlängst Fräulein Kernic. Ganz Tier, stumpfe Augen, starrend oder quirlend in einem verschwommenen .Antlitz' von unsagbarer Physio gnomie, Kalibartsch stammelnd, unwiderstehliche Groteske, vollendeter nrtikulationSunfähiger Blödigkeit Mamelok (zugleich bewährte er wieder glänzend Zadecks Maskenmethodc). Hermann Rudolph be sah als Bischof ebensoviel natürliche Würde, wie er überzeugte und überzeugende Menschlichkeit ausströmte, und Oskar Ingenohl zeich nete den Zärtling Atalus mit humoristischen Zügen, weich besaitet, und nickt eben mit Gaben des Geistes gesegnet. Or. kcieärick Sebreckt. Leipzig 3. Dezember. KrisgSwejhnachttmette der Lrs.-Abt. Train 19 zum Besten des ^reiSverbandrs Heimaldank. Wieder einmal ward gesungen und ge sagt von der guten alten Mär, das Kindlein sei geboren, das über alle Welt ein starker Held werden sollte. Und uralt auch sind die Metten spiele, di«, aus dem Volk hervorgegangen, in aller Einfachheit der Empfindung ZV«, ab« desto wahrer und natürlicher, dies welten- bewegMde^EikÄgnt» durch naive Darstellung verherrlichen wollten. In gedanklichem Zusammenhang mit den Mysterienspielen wurde das Weihnachtsspiel auch im Sachsenlande gepflegt. Es ist Hugo Eberweins Verdienst, ein solches Spiel nach Art der obererzgebirgischen Metten unter Verwendung erzgebirglscher Welhnachtsmusik zusammengestellt zu Haden, das gestern in der beinahe überfüllten Alderthalle die erste Ausführung und herzlichste Anteilnahme fand. Mannigfaltige Fakto ren wirkten zum Ganzen. Alte Vorstellungen gewannen neue Gestalt, liebe Bild« tauchten wirb« empor aus dem Nebel weit zurückliegender Erinnerung und erschienen in frischer, farbiger Beleuchtung. In weiher und bunter Gewandung, mit Kronen und Lichtern, hielt die Engelschor ihren Einzug in die weite Halle hin zu der zweigeteilten Bühne. Alt- Weissagung »«kündet« sich, Gesänge, Musik und Gespräche der Hirten ertönten, di« uwrgenländischen Weisen traten hin vor den grimmen Herodes und der Chor sang, den ersten Teil, das Hirtenspiel, beschließend der Tochter Zion die Iubelhymne. Das folgende Christspiel bot die Szenen im Stall zu Bethlehem, den Chor anbetender Hirten, das Wie- genlied Jesuleins, die alte Melodie der stillen, heiligen Nacht, die An betung d« Engel, Weisen und Hirten und endlich den Sang der gnadenspendenden Weihnachtszeit. In glücklich« Weis« stellt« H. Lderwein das alles zusammen. Die alten schönen Texte harmonierten innig mit den Melodien lang ver gangener Jahrhunderte und altitalienische Pastoralmusiken von Corelli und Manfredint für Orgel und Orchester wie auch eine instrumentale Airtenmustk unbekannter Herkunft fügten sich fein ein. Kleine, dialogi sierte Szenen und lebende Bilder gereichten dem Spiel zu besonderer Zierde und lebendiger Ausgestaltung. Von Wert und Bedeutung war das Fehlen alles Theatralischen. Alles, Sprache, Gestik, Musik, Kostüme u. a., war auf das rein Gefühlsmäßige gestimmt. So gewann auch alles zugleich verinnerlichte Stimmung, die sich dem Zuschauer ganz unwillkürlich mitteilte, sich fortspann und steigerte. Ein gutes Stück Volkskunst erstand vor unseren Augen und ein interessanter Bei trag zur sächsischen Volkskunde wurde dargeboten: beides durchdrungen von religiösem Geist und anhänglicher Liebe zu urväterlichem Brauch und Herkommen. Herr Oberlehrer Hugo Eberwetn war Poet, Darsteller, Sänger, Lautenspieler und Oberspielleiter in einer Person, und Spruchsprecher dazu. Sein Verdienst war es auch, alle Kräfte zu dem Spiel ausgewählt und angeregt zu haben. Solistisch standen »hm zur Seite die Damen L. Ebcrwein, Härtig, Holz und Kollmann sowie die Herren Kupsch, Klaus, Dr. Kreiner, Baier und Kühn. Als Dirigenten von Chor und Orchester betätigten sich die Herren M. Fest und Hoffmann, an der Orgel und in der Szene die Herren Uhlig und Pohl und für die choreographische Leitung zeichnete Frl. E. Grondona. Die Chöre setzten sich aus Mit gliedern der Frauenhochschule und des Kgl. Lehrerseminars, und Schüle rinnen der II. Höheren Mädchenschule wie Schülern der Oberrcalschule zusammen. Ein schönes Merk ward gestern abend vollbracht und zu einem guten (für die Berufsausbildung der Kriegsbeschädigten) bsigetragen. Um so zuversichtlicher kann in einigen Wochen das Eberweinsche Mettenspiei wiederholt werden. Lugen Legnitr. I Prager Erinnerungen Der bekannte Leipziger Graphiker Prof. Hugo Steiner-Prag hielt in der Kgl. Akademie für graphische Künste einen Vortrag über das Thema .Im alte nP rag auf den Spuren des Golem'. Steiner-Prag, der in der Moldaustadt geboren ist und dort seine Jugend verlebt Hal, war durch den Roman .Der Golem' von Gustav M e y r i n k angeregt worden, in einer Folge von 25 Litho graphien die Eindrücke festzuhalten, die er von dem Werk empfangen hat. Das alte Prag steht in diesen Blättern wieder auf. Das alte, längst entschwundene Ghetto mit seinen düsteren Geheimnissen und der gespenstischen Gestalt des Golem wird wieder lebendig. In seinem Vortrag schilderte Steiner-Prag nun die Welt des Meyrinkfchen Ro mans aus eigener Anschauung und wies nach, daß sie wirklich bestanden hat und zum Teil noch besteht. In Lichtbildern ließ er das alte Prag, das Ghetto, die Synagoge, den Iudenfriedhos, malerische Winkel aller Art und die Paläste der Kaiserftadt vorüberziehen und verband damit seine eigenen seinen, stimmungsvollen Blätter. Alle Sagen und Legenden klangen hinein. Aus eigenen Iugenderinnerungen wußte Steiner-Prag interessant zu erzählen. Am Ende der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts trat in Prag eine Gruppe junger Dichter Schriftsteller auf, die den Kampf gegen eine mächtige literarisch-künst lerische Vereinigung aufnahm. Einige Maler und Bildhauer gesellten sich in der Folge hinzu. Die Liebe zur Heimatstadt hielt sie zusammen, die sie in langen Wanderungen zu erforschen suchten. Im Mai 1898 war auch Detlev von Liliencron dabei. Er hatte in Prag einen Vortragsabend veranstaltet, in dem er aus seinen Werken vorlas. .Im Triumph zogen wir mit ihm durch unsere alte Stadt, deren Schönheit unauslöschlich auf ihn wirkte.' Die Erinnerung an jene Stunden ist im .Poggfred' unsterblich geworden. Ueber Rainer Maria Rilke erzählt Steiner-Prag: .Do war ein großväterisch gekleideter junger Mann in den Straßen zu sehen, eine weiße Tuberose leuchtete in sei nem Knopfloch, und oft trug er Blumen in der Hand. Er hatte schon Gedichtbücher herausgebracht, deren Verse wir mit Andacht zitierten. Seine Briese waren mit weißer Tinte auf dunkellavenüeidlaues Papier geschrieben. . .' lieber Meyrink selbst berichtet «: .An Alter und Erfahrung uns allen überlegen, beherrschte er uns bald. Niemand wußte eigentlich recht warum. Vielleicht war seine messerscharfe Klug- heil, seine umfassende Bildung, vielleicht sein beißender Spott daran schuld, sicher aber sein immenses Wissen von okkulten Dingen und seine Hingabe an die Mysterien aus unbekannten Welten, in deren Bezirken er vertraut zu sein schien. Eines TageS überraschte er uns mit Geschichten, die er vorzulesen begann, in denen es in tollen Sprün gen phantasierte. So wurde der Mann mit dem seltsamen Lächeln der Dichter der .Orchideen', des .Wachsfiguren-Kavinetts' und des .Golem'. I- 8t. Kleine Mitteilungen In der Oper findet nochmals kurz vor Weihnachten eine ge schlossene Aufführung von Wagners Nibelungenring statt, und zwar am Freitag, den 8. Dezember, .Das Rheingold'. Gastspiel des Kammer. sängerS Walter Soomer, Anfang 7sihr; am Sonntag, den 10. De zember, .Die Walküre', Gastspiel des Kammersängers Walter Soomer, Anfang 6 Uhr; am Mittwoch, den 13. Dezember, .Siegfried', Gastspiel des Kammersängers Waller Coomer, Anfang 8 Uhr; am Sonnabend, den 18. Dezember, .Götterdämmerung', Gastspiel des Kammersängers Waller Soomer, Anfang 8 Uhr. Der Vorverkauf für diese vier Vor stellungen findet ab Montag, den 4. d. M., zu den üblichen Kassen stunden an der Tageskasse des Neuen Theaters statt. 60s Sei getreu! Roman von Erica Grape Lörcher Cop>rt>rM 1918 XubU«r 8ed«rl lr.w-d.t1. UvrllL. (Nachdruck verboten.) Trotzdem der Warlesaal von Gefangenen dicht gefüllt war, hörte man doch kaum einen Laut. Nur ein Kinderweinen oder ein fragendes Ktnderstimmchen klang zuweilen auf. Aber die Er wachsenen warteten müde, mit einem Ausdruck, als hätten sie sich resigniert in alles ergeben. Jung und alt, Reiche und Arme standen bunt durcheinandergewürfelt. Einige trugen noch die dünnen Sommerkleider, in denen man sie bei Kriegsausbruch vom Fleck weg verhaftet. Zum Teil hatten sie nur noch die dürftigste und zerrissenste Kleidung aus dem Körper. Andere wieder schienen erst fttzt irisch zu diesem Gefangenenschub zugestohen zu sein und trugen neuere und wärmere Kleidung. Plötzlich ging ein« Bewegung durch die gedrückte, verängstigte Schar. Draußen fielen harte, scharfe Kommandorufe. Der Marichtritt von Soldaten erklang. Als sich draußen in der Menschenmenge eine Gasse formte, blitzten im Nebel des Spätnach« mittags Bajonette auf. Soldaten rückten heran. Nur unwillig machte die Menge Platz. Man wollte doch den Genuß haben, diese schändlichen .bockes' als wehrlose Gefangene genau sehen' Deswegen schob sich die Menge wieder zu einem wogenden Schwa l zusammen, wie nun die .bockes" aus der Tür de? WartLsagles traten und die Soldaten sie in ihre Mitte nahmen. Deck Ihre Befcbützung schien ihnen nicht besonders wichtig zu sein, lingestraft reckte sich mehr als ein Arm aus der Menge, um einem del .bockes einen gehörigen Puff zu versehen. Ja, eine gut- ccksp'dctc Dame, die sonst den Anspruch machte, zur Hautevolee d Ortes gerechnet zu werden, fand es jedenfalls besonders geist- r ' . durch die Bajonette der So'datcn hindurch zu versuchen, Al , ulh ihr Sealm'"tzchen vom Kops zu stoßen. Als diese mit einer e r rten Bewegung ihre Mütze seslhielt, wurde sie mit dem Schirm m aller Gewalt aus die Hand geschlagen, und eine weibliche E > iime -schrie kreischend: .Seht diese Kanaille! Sie hat die Munden von unfern Soldaten mit Vitriol übergossen und will sich letzt noch mausig machen! Schlagt sie zusammen, damit man sie nickt noch durchfüttern muß!' Trotzdem gaben sich die Soldaten keinerlei Mühe, Almuth zu schützen. Man versuchte, sie an den Armen zu packen, sie hin und her zu schütteln und sie zu schlagen. Steine, ja selbst Glasstücke wurden nach ihr geworfen. Erst als einer der Steine einen neben ihr gehenden Soldaten traf, verlangte dieser mit einem derben Fluch Nuhe, und der an der Spitze marschierende Korporal schrie den Gefangenen mit einigen groben Ausdrücken zu, sie möchten sich beeilen, daß inan unter Dach und Fach käme, denn er habe wirklich keine Lust, ihretwegen diese Unannehmlichkeiten auf sich zu nehmen. «Schneller! Schneller!' heulte nun die ganze Menge, welche unaufhörlich millief oder folg:«. Die Gefangenen begannen zu laufen, so schnell ihre Füße sie tragen konnten. Für die meisten war es eine unsägliche Oual in ihrem ermüdeten, halb ver hungerten, in Seelennot fast gebrochenen Zustand. Frauen schleppten keuchend ihre Kinder, Männer suchten die Gebrechlichen und manche schier zusammenhrechendcn Frauen zu stützen. .Schneller, schneller!' schrie der Pöbel, der sich letzt ein be sonderes Vergnügen daraus machte, die .bockes' vorwärts zu Hetzen, gerade weil er sah, daß sie ermatteten. Ein dumpfer, heulender Schrei rang sich jetzt in zwei Worten in dem erregten Pöbel hervor. Sie wuchsen in ihrem Klange zu einer furchtbaren, von Innerstem Haß durchglttbken Drohung an: mortj mori!' Der Klang der Stimmen, die Wut der verzerrten Gesichter bewies, daß es keine leere Drohung sei, sondern eine sich immer inc.hr zlftpitzende bedrohliche Situation, in die sich alles gegen seitig hineinhetzte und hineinsteigerte. Die Lippen zusommengepreßt. die Hände gekrampft, eilte Almuth weiter. Wie in Krislallhelle lag plötzlich die ganze Situa tion vor ihr. Dieser Pöbel, der sich jetzt bedrohlich um Wehrlose zusommenrottete, deren einziges Verbrechen darin bestand, einer anderen Nation onzugehören, — war er nicht ein Nachkomme jener Iokobinerzeit? Kein Volk in Europa besaß in seiner Ge schichte einen solchen Schandfleck, wie die Französische Revolution cs war. Im Grunde hatte sich in diesem Volke seit damals nichts geändert, dessen Kultur sick auch in dieser Situation als die ödeste Tünche erwies! Diesem Volke war sie jetzt ousgelieferk, stand sie vollkommen schutzlos und machtlos gegenüber, weil sie sich vom AuSbruch des Krieges hotte überraschen lasten, weil sie — ver trauend aus einen selbstverständlichen Schutz und Sicherheit — in seiner Mitte geblieben mar. — Nun lies sie hier wie ein gehetztes Dienstag, den 5. Dezember, abends ^8 Uhr, findet im VortragSsaale deS G r a s s i m u s e u m S der vierte Lichtbildervorirag des Herrn Prof. Graul über .Deutsches Barock und Rokoko' statt. Er wird über den Ilebergang vom Barock zum Rokoko sprechen. In der N e u e i n st u d i e r u n g von Mozarts Oper .Titus" am Dienstag, den 8. Dezember, sind beschäftigt: Annie Gura-Hummel. Valeska Nigrini, Luise Modes-Wolf, Elte Sckuiz-Dornburg, Rudolpk Jäger, Stefan Kaposi. Die musikalische Leitung Hut Professor Otto Lchse, die Inszenierung befolgt Obcrsplellciter Dr. Ernst Lert. Ein Teil der Bühnenansichlen ist nach Entwürfen Karl Friedrich Schnckels im Malersaale des Stadttkeatcrs angefertigt. Nur noch etwas über eine Woche wird die Bildnis-AuS- stellung aus Prwatbesih im Leipziger K n n st o e r e i n, die In weiten Kreisen ein ungewöhnlich icebastcs Interesse findet, der Be sichtigung offen bleiben. Ebenso die beiden nebenyerge.hendcn Sonder- auSstellungen der Leipziger Malert!» Hedda Harms and des verstorbenen Münchener Sezcssionisten Albert Weißgerber, Originalzeichnungen und Pastelle für die Münchener Jugend, in deren Kreis dieser Tage ein kleines Oelbild deü Meisters eingesügt wurde, das im Besitze eines be kannten Leipziger Musikers sich vorfand und das gleichfalls ver- käuflich ist. In der Kunstausstellung P. H. V e » e r L S o h n ThomaSrlng ?9, sind neu ausgestellt: Gemälde von Ernst Liebermann-München, Grapkik und Handzeichnungen von Otto Greiner, Frist Bohle und Sion L. Wenban. Ferner sind noch ausgestellt: Gemälde und Plastiken von Rcinh. Martin Kunste-Hellerau. Gemälde von Luise Schneider-Dörffel- Leipzig, Lüdecke-Cleoe-München. Hans Tkoma, Toni Stadler, Mar Klinger; Handzeichnungen von Thoma, Menzei, Liebermann, Greiner, Klinger, Israels usw. — Sonntags geöffnet von 11 bis K!2 Uhr. In der Galerie Del Vecchio wurde soeben die neue, umfang reiche Ausstellung eröffnet. Sic enthält unter vielen anderen Einzel werken Arbeiten von Otto Pippel, Rud. Petuel, C. v. Dombrowski, Karl Wagner, Wilhelm Kuhnert, Heinrich Schlitt, F. Halbcrg-Krauß, Ale?. Weise, L. v. Plänckner, Müller-Br.eghel, F. Bayerlein, Hans Klakt. Ferner Graphiken von Ma? Brüning, L. Moe, P. Anst, Fr. Hecker, H. Haberl, M. I. Fliegerbauer, M. Hager, P. Leschborn, I. Baldeweg, H. Maaß. — Geöffnet von ll bis 2 Ühr Sonntags und 9 bis 7 Uhr wochentags. Die Königlichen Hoftheatcr in Dresden werden vom I. Januar ab eine eigene Zeitjchrift unter dem Titel: „Der Zwinger ", Blätter der Dresdner Hoftheatcr, herausgeben. Verant wortlich zeichnet der erste Dramaturg Dr. Karl Wollf. Der Inhalt wird Einführungen zu neuen Werken und Neustudierungen, sowie Kunstskizzen aller Art umfasten. Bei einer Aufführung dec „Fledermaus", die am Montag, den ll. Dezember, im Charlottenburger Deutschen Opern haus als Ehrenvorstellung für den 60jährigen Oskar Sauer stattfinden wird, wird die Partie des GefängniStnspektors Albert Bass er mann singen. Der bekannte Schauspieler Friedrich Kans er Hot ein derbes Lustspiel in fünf Bildern verfaßt, „Ian, der Wunderbare", das demnächst im Theater an der Köntggräster Straße in Berlin feine Erstausführung erleben wird. Die Grundsteinlegung zum Hause der Freundschaft In Konstantinopel, das die Deutsch-türkisch-: Vereinigung in Kon- stantinopel errichten will, ist für Kaisers Geburtstag des nächsten Jahres in Aussicht genommen. In diesen Tagen sind in Berlin Bc- sprechungen mit der hier weilenden türkischen Kommission gepflogen worden, und auf Grund dieser und des vorliegenden Materials wird iuur der zur Ausführung bestimmte Entwurf des Geh. Regierungsrales Prof. Dr/G«rm a n B est e l m c n c r im einzelnen ausgestaltet werden. Professor Albert Körte-Freiburg i. B. Nachfolger von Bruno Keil in Leipzig? Professor Dr. phil. Albert Körte, Ordinarius der klassischen Philologie an der Universität F reiburg i. B., hat — wie wir hören — einen Ruf an die Universität Leipzig als Ordinarius der klassischen Philologie und Mitdirekkor des klassisch-philologischen Seminars als Nachfolger des verstorbenen Professors Dr. Bruno Keil erhalten. Prof. Dr. Körte ist am S. Sep tember 1866 als Sohn des verstorbenen Geheimen SanitätsratS Dr. Fr. Körte geboren. Er wirkte bereits außer in Freiburg, in Basel und (Siesten als Ordinarius. Von seinen Schriften sind u. a. bekannt: „Anatolische Skizzen" (1898): „Gordion, Ergebnisse der Ausgrabungen jm Jahre 1900" (mit seinem Bruder Gustav Körte) 1904; „Menandreo" (1910). Im Alter von 87 Jahren starb der außerordentliche Professor dec klassischen Philologie an der Universität in Münster in Westfalen, Franz Ignatz Schwert. Der Verstorbene war sachwistenkschafllich durch die Hcrausgcbe verschiedener Werke über römische und griechische Klassiker hervorgetreten; außerdem durch die Uebersetzungen der Ge dichte deS Papstes Leo XIII. Der außerordentliche Professor für deutsche Literatur an der Uni versität Basel, Dr. Albert Geßlec, ist im Alter von 54 Jahren gestorben. Wild, mit Steinen beworfen, auf das unflätigste beschimpft, zwischen einer Schar fremder Leidensgenossen durch ein unbe kanntes französisches Städtchen einem dunklen und ungewissen Ziel entgegen. Zudem seit Tagen in ungenügender Verpflegung, vor Frost und Hunger zitternd. Hatte es je in ihrem Leben wirk lich andere Tage und Stunden gegeben, wie sie jetzt in ihrer Er innerung suchte? Wie in einer Vision sah sie sich gerade jetzt in diesen Momenten tiefster Entmutigung wieder im Rittersaal von Cch'oß Dupiaissy — da Friedel ihr das alte Geschmeide mit den rub,neuen Herzen in der Sumpfen Ahnnng vom Halse löste, auch ihr Schicksai könne cS vielleicht sein, ihre Treue mit dem Tode be siegeln zu müssen. Jener Stunde am Bahnhof dachte sie, da sie in schmerzlicher Trennung die letzten Küsse getauscht unter dem Schwure: .Sei getreu!' Und dieses Gelöbnis, unter dem sie geschieden, hielt sic noch immer hoch. Auch jetzt in dieser fürchterlichen Situation konnte sie ihre Festigkeit, die sie gegenüber den Bewerbungen de-s Vicomte von Heraucourt gezeigt, nicht bereuen. Endlich öffnete sich ihnen in einer abgelegenen Straße ein longgezogenes, schmuhiq-graues Haus. Uever dem Portal stand in verwischten Buchstaben: .dlsison tt'srret'. Erleichtert, endlich eine Zuflucht zu finden, stürzten sich alle in das geöffnete, große, dunkle Portal. Denn da jetzt einige Soldaten unter der Hilfe des Portiers das Hoftor hinter den letzten Gefangenen zuschlugen, mußte sich der Pöbel draußen in seinem Haß auf drohendes Heulen beschränken. Aber es gab kein Ausruhen. Kaum drückte man sich, noch nach Atem ächzend, an die Mauer der Eingangshalle, als der Korporal befahl, sich im Hof des Gefängnisses in drei langen Reihen ouszustellen. Auch diesem Befehl folgte man in stummer Resignation und in der Hoffnung, dann endlich einen einiger maßen warmen und ruhigen Platz zu finden. Doch die Gedulds probe dauerre noch länger. Eine Stunde hakten sie im unbedeckten Hof im herabrleselndcn Schneeregen zu stehen. Die ganze Mell schien hinter den grauen Gefängnismanern zu versinken. Heber sich den dunklen Schnechimmel, in der zunehmenden Dämmerung sich gegenseitig fast nur noch an den Silhouetten erkennend, stand die Schor der Leidensgenossen. Jeder einzelne, so verschieden in feinem Schicksal vom anderen — und doch olle gemeinsam den einen sehnsüchtigen Gedanken nach der fernen deutschen Heimat im Hörzen tragend. (Fortsetzung ln der Morgen - Ausgabe.)
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