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Sächsische Volkszeitung : 29.03.1936
- Erscheinungsdatum
- 1936-03-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193603296
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19360329
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19360329
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1936
-
Monat
1936-03
- Tag 1936-03-29
-
Monat
1936-03
-
Jahr
1936
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 29.03.1936
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SSchfifche Dvlkszeilrrng Nummer 7S. LS. Miirz 1SSS. Die Geisteskultur des Mittelalters Das Schlagwort van der „Geistesfinsternis des Mittel alters^, siir die natürlich die Kirche verantwortlich gemacht wird, licht sich nicht widerlegen durch Hinweise ans Einzcl- talsachen, sondern nur durch das Aufdeckcn geschichtlicher Zu- sgmme»hängc von Jahrhundert zu Jahrhundert. Denn der Geist des Menschen schreitet unanshaltsam fort von einer Erkennt nis und einer Eroberung zur anderen. Er hat das Meer ge zwungen, die Laste» der Schiffe zu tragen, hat in den spröden Marmor die Schönheit menschlicher Züge gemcitzelt, hat die Sieinniassen gotischer Dome zu den Wolken emporgctürmt. hat tief unten in dem Schatz der Erde und hoch oben Im Reich der Lüste sich neue Wege gesucht und seine Rächte tageshell erleuch tet mit kleinen künstlichen sprühenden Sonnen. Dieser Fortschritt beruht letzte» Endes auf einer Immer schärferen, Immer klareren, immer tieferen Erkenntnis der Wahrheit. Das Suchen nach der Wahrheit, die Liebe zur Wahr heit hat scne Wissenschaft begründe«, die die Mutier und Kö- nigin aller irdischen und welllichen Wissenschaften ist — die Philosophie. Philosophie — wörtlich überseht „Liebe zur Weis heit" — war im Altertum gleichbedeutend mit Wissenschaft und Tugend lehre. Sie war damals U n i v c r s a l Wis senschaft. Naturkunde, Mathematik und Astronomie, Slaats- und Mescllschafislehre, Lebenskunde und Religionswis senschaft gehörten zu ihrem Gebiete. Diese Auffassung ist durch das ganze Mittelalter hindurch in Geltnng geblieben mit einer einzigen Ausnahme. Nämlich das Christentum Halle neben der Vernunft — der Alleinherrscherin im Reiche der Philosophie — eine zweite Erkenntnisguelle erschlossen, die göttliche Of fenbarung. Nu» muhte eine Scheidung von Philosophie und Theologie sich vollziehen. Der lehteren wies inan die Durchforschung und Durcharbeitung der übernalürlichen Heils wahrheiten zu, der Philosophie das Gesamtgebiet der weltliche», irdischen, natürlichen Wissenschaften. Damit ist nicht gesagt, das; die Philosophie von seht ab aushörte, sich mit den Fragen nach dem Ursprung der Welt, dem Dasein Gottes und anderen religiösen Problemen zn befassen. Das iai sie auch weiterhin, aber sie unterschied sich dabei non der Theologie in der Methode. Während nämlich die Theo logie Bibel, Ueberlieserung und Vernunft als Erkenninis- gnellen benuhte, slühte sich die Philosophie auf die Vernunft allein. So verstehen wir die Begriffsbestimmung, die Tho mas van Aguin, der gröhte unter den Philosophen des Mittel allers, non seiner Wilsenschakl gibt, wenn er sagt: „Philosophie ist die Erkenntnis aller Dinge ans ihren lebten und tiefsten Gründen, sofern sie durch das Licht der Vernunft er worben ist". In den letzten Worten ist der klare Unterschied von der Theologie gegeben. Wir erkenne» also, dah, abgesehen von der oben genannten Einschränkung, der Begriff der Philo sophie Im Altertum und Mittelalter so ziemlich derselbe ist. Die Neuzeit aber bringt hierin eine wesentliche Aenderung. Nämlich die einzelnen Wissenschaften, die bisher innerhalb der Grenzen der Philosophie gepflegt nnd gefördert worden ivarcn, haben sich Im Lause der Jahrhunderte so weit entwickelt, dass sie diese Grenzen durchbrechen und selbständig werden. Die Na- turforschnng, Astronomie, Mathematik, Staatslehre und andere trennen sich von der Philosophie nnd werden Wissenschaften siir sich. Und dieser Loslösungsprozeh ist weiter nnd weiter ge gangen. je mehr die geistige Arbeit der Menschheit fortschritt und sich vertiefte. Man erinnere sich nur der im späten Mittel- nlter beginnenden, durch die solgenden Jahrhunderte unauf haltsam fortschreitenden tieferen Erkenntnis der Naturkräfie nnd Nnturgcsehe, die eine gründliche Umstellung des wissen schaftlichen Arbeitens verlangten und bewirkten. Dieser geistesgeschichlllche Ueberblick mar notwendig, um dem Mittelalter und seiner Einstellung gerecht zu werden Sein Fortschritt in den weltlichen Wissenschaften wurde nicht ge hemmt durch die „Geistesfinsternis" — die mangelnde Denk- krast oder innere Unfreiheit seiner ordenspriesierlichen Lehrer, sondern durch ihre allzu starke Abhängigkeit von der Weltmeis- heit des Altertums. Diese Einstellung lag im Geiste der Zeit, die Kirche trägt nicht an ihr die Schuld, wie das gewaltige An sehen des Aristoteles auch im Kulturkreise des Islam beweist. Und weiterhin lag es im Zuge der Zeit, dah die mittel alterlichen Denker ihre Geisteskraft und ihr Interesse vorab den religiösen Problemen zumandten. Auch das Mittelalter hatte sie in der Auseinandersetzung ml! den Irrlehren der Ma nichäer, Katharer, Albigenser, Waldenser und Hussiten, ganz besonders aber im Kampfe der kirchlichen Wissenschaft gegen das Frcidcnkcrtum des beginnenden 13. Jahrhunderts. Die Lehre des Aristoteles war von arabischen und jüdischen Philo sophen in einem Sinne umgedeutet worden, die auf Leugung eines persönlichen Gottes und auf Leugnung eines Fortlebens nach dem Tode hinauslief. Es ging um die Fundamente des christlichen Glaubens, um die seelsorglichen Belange, die den Lenkern des christlichen Mittelalters am nächsten lagen, weil sie eben — Priester waren. Es galt vor allen Dingen, den durch allerhand asiatische Phantastik entstellten Aristoteles so zu verstehen, wie er verstanden sein wollte, und dann zu unter suchen, ob und wie weit dieser geistesgewaltigste unter den grie chischen Philosophen auch dem christlichen Denker ein Führer zur Wahrheit sein könne. Dieses Problem hat Thomas von Aauin gelöst, indem er für alle Zeit den Nachweis erbrachte, dah gerade die Lehren des Aristoteles uns zu tieferem, gründ licherem Erfassen der Heilswahrheiten sichren und dadurch zur Festigung der christlichen Glaubensüberzeugung dienen. Hierfür nur ein Beispiel aktuellster Problematik — die arteigene Religion". Dah die Wahrheit als solche überzeitlich und iiboroölkisch Ist, bedarf keiner Frage. Aber erst der von Aristoteles ausgesprochene, von Thomas klar und scharf betonte lledanke. „dah die Erkenntnis der Art des Erkennenden gemäss sich vollzieht", bringt die volle, wissenschaftliche Lösung der in Aede stehenden Frage. Das innere Erleben und Erfassen des — für alle Nationen der Erde gleichen und selben Evangeliums — wird beim Germanen anders als beim Romanen, wieder an ders beim Slaven, beim Inder, bei den Völkern der mongo lischen Rasse sich vollziehen. Aus dieser Verschiedenheit des inneren Ersehens geht eine bunte Fülle mannigfachster Kunst- schövfungen, Brauchtiimer, Andachtsübungen, religiöser Dich tungen hervor, deren jede das Werk und der Ausdruck einer bestimmten Volksart ist. Arteigen in diesem Sinne ist also mohl die Religiosität, aber nicht die Religion an sich. Dieses eine Beispiel aktuellster Art mag uns zeigen, wie Thomas von Aguin durch seine gedanklichen Grundlegun gen für Jahrhunderte gearbeitet hat. Das Verdienst, diesen gcistesgewaltigcn Denker des Mittel alters schon In seinem frühesten Werden erkannt zu haben, ebiihrt einem Deutschen — dem „Gelehrtesten unter de» -mischen Heiligen, dem heiligsten unter den deutsäzen Gelehrten" ICnglert), Albert dem Groh en. Und der Name dieses Mannes gibt uns einen dritten, noch viel zu wenig beachteten Grund, von der Wissenschaft des Mittelalters anders und besser zu denken. Denn die naturforschende Tätigkeit des menschlichen Geistes, die in den letzten Jahrzehnten ihre grohartigste» Triumphe feierte, hat eigentlich niemals stillgestanden. Mochte durch die allzu grohe Abhängigkeit von den Autoritäten der Antike, mochte durch dl, Dororlnglichkelt d«r religiösen Pro bleme In den Interessen der mittelalterlichen Denker auch der Fortschritt profanwissenschafllicher Geistesarbeit langsamer sich vollzogen haben — ausgeschaltet war er nie. Die Loslösung der Einzclmissenschaften von der Philosophie zu Beginn der Neuzeit vollzieht sich nicht als Katastrophe, sondern als Ergebnis eines Rcifeprozesscs. Und was besonders die Entwicklung der Naturwissensäzaft betrisft, so ist hervorzuhebcn, dah kein Gelehrter des Mittelalters sie so gefördert hat wie Albert der Grohe. Wohl hat er dem Zuge der Zeit folgend, seine naturwissenschaftlichen Kenntnisse und Experimente zur Klärung theologischer Fragen — Feststellung des Begriffes des Wunders — benäht, aber gerade dadurch hat er die Grundpro bleme der experimentellen Naturwissenschaft in Fluh gebracht: Was hat die Natur aus sich selbst heraus zn geben? Wie weit gehen die Kräfte, ihre Möglichkeiten? Wie hängen die Gesetze alles dynamischen und organischen Geschehens unter sich zu ¬ sammen? Wir misten genau, dah wir mit all diesen Fragen heute noch nicht fertig sind — umso grösser muh unsere Achtung sein vor dem Mann, der sie klaren und scharfen Geistes in An regung brachte und in Angriff nahm. Das nachdenkliche Betrachten der Welt, das Sinnen und Grübeln über ihre Rätsel, der starke Trieb zur Klarheit und Gründlichkeit im Erkennen und Forschen «st unserem deutschen Volke ganz besonders eigen. Jin Zusammenhang mit diesem Gedanken sei hervargehoben, dah die beiden Erfindungen, die in technischer Hinsicht das Mittelalter von der Neuzeit trennen — Vuchdruckerkunst und Schiesspulver — und eine völ- lige Umgestaltung millelallerlicher Kuliurverhältnisse bewirkten, auf Deutsche zurückgehen. Auch in den Jahrhunderten, die vom geistigen Erbgu' der Antike zehrten und febten war unser Volk ein Volk der Denker, dessen bestbeoalagte Persönlichkeiten dem Fortschritt kommender Zeit die Wege bereiteten. Romanische und gotische Baukunst So sehr ivir auch davon über,zeugt sind, dah nicht durch das Zusammenwirken bestimmter kultureller Faktoren, loirdern letzten Endes durch die Persönlichkeit alles Grohe in Wissenschaft, Kunst und Lclien geselzaffen wird, so können wir das Wirken und Säzasfen der Persönlichkeit doch nur verstellen im Zusam menhang mit den w e l t a n s cha u l i ck e n Gedanken, von denen sie duräzdrungen, mit den Verhältnissen, von denen sie umgeben, mit der Art desVolkes. aus dem sie geboren ist. Das Dasein grosser Kunstwerke geht zurück auf das tsienie überhaupt, ihr So sein zum grohen Teil auf die genannten Gegelnmheilen. Darum ist es nicht nur gewagt, son dern direkt falsch, zu bolzaupien, die Meister der romanischen und gotischen Baukunst hätten ganz dassell»e gesrlgrfsen, ivenn sie „zufällig" anderen Glaubens gewesen wären. Es gibt hier kei nen Zufall, sondern nur strenge Folgerichtigkeit. Die Dome des Mittelalters sind plastische Offenbarungen und Kundgebungen kalholiscl>er Glaul>ensüber,zeugung und katholischen Lelrcns, in ihrer jen-eiligen Ersclzeinung bestimmt durch den Geist ihrer Zeit und die völkische Eigenart ihrer Meister. Es ist durchaus kein Zusall. dah die cluniacenlischc Reform und der Beginn der romanischen Baukunst eng lx'isaminen lie gen.. Die cluniacensische Reform war ein gewalligcs, begeister tes Miedererivaäien eines ch r i st n s t r c ue n, echt reli giösen Le Ixus. Dieses Lelx'n muszle anregend wirken auf jede religiöse Kunst, ganz lx'sondcrs al»er auf diejenige, die bestimmt und lxrusen mar, die Gollesburgen, die Wohnstätten Christi unter den Mensclx'n zu sri-affen. In hochgemutem, kraftvollem, begeistertem Strelxni wagt man sich wieder an das baukünstle rische Problem der Wölbung. Die massigen, auf dem Grundrih des lateinischen Kreuzes erbauten und von gcivaltigen Rund- bozzen ül>erdccklen Hallen in ihrer majestätischen Rulx und Ge- schlossenl»!!, bringen den (siedanken des Moitesreiches auf Erden zu einzigartiger Darstellung uird sind ein plastisäier Ausdruck jenes tiesinnrren, religiösen Ernstes, der die Seele der clunia- ccnsisel-en ^teivegung n>ar. lind nun verstehen mir auch, dah der romanische Stil in Deutschland seine schönsten Werke gesämisen Kat. ia. dah er ge radezu der deutscl-e Kirchenkxnisttl genannt werden Kan». Reli giöser Ernst Ist ein Grundzug des deuts<i>en Aieseus. Der Ge danke des Goitesreläzes auf Erden war in der damaltzzen zeit- lx'stimmten Form — der engen Verbindung von Banst tum und Kaisertum — dem deuisäzen Volke besonders geläufig. Dcuisä>e Gestaltungskraft und deutscher Formensinn wünsäzen sich den Autzenlmu und den Innenraum eines Domes gewaltig und gross, aber das deutsäze Herz verlangt, dah es doch eine Kirche sei. „in der man lx len kann" — ein l>ei aller Majestät der Formen den noch Irauiiäzes und stimmungsvolles Gotteshaus. So verstehen ivir, dah gerade Deutschland seinen Domen die newaltlgen, mas sigen Türme gab. das, an den weilen Sicinflääien des Innen raumes farlvnfrohe Wandgemälde leuchteten, in ihrer Wirkung nicht l»eral»gemindert, sondern erhöht durch den dämmernden Schein der durch die kleinen, bunten und rundbogigen Fen ster siel. Der „parzival" Aus dem reichen Schatze mittelalterlicher deutscher Dicht kunst soll im Rahmen dieser Abhandlung nur e t n Werk Her vorgehaben werden: Wolfram von Eschenbachs tiefste, gedankenreichste Schöpfung. Sie steht In der Reihe jener gro hen Dichtungen der Weltliteratur, die sich mit dem Lebe ns - problem beschäftigen, und gibt die Lösung In einem Sinne, der uns die innere Harmonie zwischen Deutschtum und Christen tum im schönsten Lichte zeigt. Parzivals Vater Ist im ritterlichen Kampfe gefalle»: die Mutter, die sich den Sohn erhalten möchte, erzieht ihn, den Menschen fern, im einsamen Walde. Niemals soll nach ihrem Willen die Sehnsucht nach Kämpfen und gefährlichen Aben teuern In dem Knaben erwachen. Zum Iungmann herangereist, begegnet er im Walde Rittern in glänzender Rüstung. Nun er hebt sich mit Allgewalt die Stimme des Blutes, Parzival ner- läht die Mutter, kommt an den Hof des Königs Artus und ge winnt sich eine Wasfenrüstung. Aber unbändiger Tatendrang treibt ihn fort. Nachdem er selbst ein Ritter geworden, befreit er die schöne Königin Kondwiramur ans der Gewalt ihrer Feind« und gewinnt sie zur Gattin. Auch im Familienleben findet er keinen Frieden. Heimweh nach der Mutter lastet schwer auf seiner Seele, und auf seiner Wanderung durch ein same Wälder gelangt er endlich zur Gralsburg. König Amfortas, der dort gebietet, ist von einer Speerwunde siech — Parzival hätte ihn heilen können durch eine Frage nach der Ursache seines Leidens, aber er nnterläht diese Frage und ver scherzt dadurch sein Glück. Am Margen nach deni Gralfest fin de» er den leuchtenden ^äal v-eeinlamt. den Burakm leer, lein Pferd wartet an der Pforte. Schwert und Schild sind daneben an die Mauer gelehnt. Traurig reitet er fort. Eine Frau, die er, über den Leichnam ihres Geliebten gebeugt, im Walde fin det und der er seine Ritterdienste anbietet, weist ihn von sich, weil er den Gralkönig nickt von seinen Schmerzen befreit. Er seht seinen Weg fort, findet im Schnee des winterlicken Waldes drei Blntstropsen, die einer wunden Taube entfallen sind, und beim Anblick dieses Blutes erwacht in ihm die Sehn sucht nach seinem Weibe, das er verlassen hat. Bald finden ihn die Ritter des Königs Artus und geben ihm ehrenvolles Geleite zu ihrem Herrn — aber als er an der Königslasel sitzt, erscheint ihm die Botin des Grals und flucht ihm, weil er keine Frage gestellt nach den Leiden des Amfortas und nach der Bedeutung des heiligen Kelches. Nun erheben sich schwere Kämpfe in der Seele Parzivals. — Trotz und Gotteshatz ringen in seinem Herzen mit der Sehn sucht nach dem Gral und der Wiedervereinigung mit der gelieb ten Frau. In der Schilderung und Ausmaluiig dieses Kampfes zeigt sich die echte deutsche Gemütstiele des Meisters Wolfram von Eschenbach. Parzival verliert sich immer weiter auf sei- Alles Künstlerschaffen ist Leben — und alles Leben trägt die Gesetze und Kräfte seiner Entwickluna in sich. Aus der romanischen Kunst geht die gotisclie organisch lieroor Der Kir- äPnhistariker Ehrhard hat recht, wenn er sagt: „Wie man sich auch zur Frage nach ihrer lder gotischen Kunst) Entstehung und nach ihrem Iechniscl>en Zusammenhang nut der ro manischen stellen mag — beide gehören innerlich unzweifelhaft zu sammen wie die Wurzel und der ans ihr hervorwachsende Stamm,, wie die Knospe und die Blüte, die sich aus ihr ent faltet. Denn sie ist der monumentale Ausdruck des Aufschwun ges des religiösen Lebens, der im 12. Jahrhundert grundgelegt worden mar. Die kirchliche Burg konnte sich nunmehr zu einem kirchlichen Palast umwandeln, der die ganze Pracht des Heilig tums nach nutzen offenbaren sollte" lEhrhard: „Das Mittelalter und seine kirchliche Entwicklung") Der gotische Stil ist den beiden geistigen Grundrichtungen des Mittelalters, der Scholastik und der Mystik, eng verwandt. Die theologiscl)«» .Summen" der Scholastik — ganz besonders diejenigen des hl. Thomas von Aguin — zeigen in ihrem grotz- zügigen Aufbau, in ihrer einheitlichen, folgerichtigen Durchfüh rung. in ihrer lichtvollen Darstellung und in ihrer Ausführung auch der geringfügigsten Einzelheiten im inneren Zuiammenganq mit dem Ganzen, offenbaren dieselbe Geisteshaltung die in den Werken gotischer Baukunst sich offenbart, lind das Innere des gotisäien Domes mit seinen leicht und >rei zum Himmel slrel-en- den Säulen und Bogen, mit seiner Fülle sarb-.i.-n Lick'es mit seinem Reichtum an Bildern aus der heiligen Gesck'ckte. die au» hohen, breiten Fenstern sonnenleuchtend auf den Beter nieder schauen, ist ganz dazu geschaffen, sich in Gatt zu oer'enken und mit Gott zu vereinen im Geiste und Sinne der Mnstik. Der gotisctie Baustil ist in Teutlck^"d erst zur Herrschaft gelangt, naclidem er in Nordfrankreich unvergängliche Werk« der Kunst geschaffen. In unserer -Heimat erlebte er ein« der Art unseres Volkes entsprechende Umgestaltung. Von der geistig religiösen Welle, die damals ganz Eurova überflutete, wurde auch Deutschland erfatzt, und unsere Ahnen sanden an dem neuen Stil gar manches, was ihnen homogen und sninpathisch war; bracht« es doch das Gewaltige, zum Himmel Strebende eines gesunden Christentums zum Ausdruck, konnte in diesem neuen Stil doch das Eigenartige, das Persönliche des religiösen Er- lebens sich in mannigfachster Weise zur ltzeltuna bringen. Aber die Deutschen übernahmen ihn, wie bereits erwähnt, nicht, ahn« ihm die Zeiä)en ihres Oistes auszupräm'n. Im Strelxn nach innerlich vornehmer Einsgchheil und Gedicgenlzeit führten sic — im Gegensatz zu französischen Vorbildern — die Seitenschiffe zur Höhe des Mittelschiffes empor Am schönsten und lel-endigslen aber zeigt sich die Eigenart der deutlclien Gotik wiederum in der Ausführung der Türme, di« zum Himmel ragen wie steingewor dene Iubelhymnen deutscher Geisteskraft und deutscher Glau- lx-nsfreude In diesen Türmen, in denen unsere Ahnen die Grundgedanken gotis<j>er Kunst zur Höbe der Vollendung führ ten, hat die innere Harmonie von christlichem G-n und deuts<i>er Art ihren schönsten, unmittelbarsten Ausdruck gesunden. nen Irrwegen — fünf lange Jahre wandert er ruhelos umher, bis er am heiligen Karfreitag einen Ritter im Walde trifft, dem er sich anvertraut. Dieser rät ihm. sich einem heiligen Einsiedler mitzuteilen Parzival befolgt den Rat. Die Worte des Klausners ge ben dem Zweifler und Sucher zunächst dw richtige Einstellung zu Gott. Der ewige Vater, der mit dem Blick seiner Allwissen heit in jedes Herz hineinschaut, hat ein Verstehen für jede» seiner Menschenkinder: „Der Höchste kennt nicht mehrende Schranken; die Sonne sieht nicht die Gedanken, denn sie sind ohne Schlaf; versteckt, vor allem Menschenblick verdeckt, tief in des Herzens dunklem Schrein —< doch Gottes Allmacht blickt hinein " Wohl haben wir Menschen den freien Willen, uns für den Schöpfer oder gegen ihn einzuslellen. Aber die Vernunft sagt uns, das; ein Kampf gegen Gott sinnlos ist, und der Glaube lehrt uns, das; mir durch Reue und Butze wiedergewinnen kön nen, was mir verlassen und verloren haben: „Die Botschaft sagt uns zweierlei: jedem Mann zu Kausen sei Gottes Hatz und Gottes Minne, was wollt lieber ihr gewinnen? Der Sünder ohne Reue verwirket Gottes Treue. und nur. wer tilget seine Schuld, erstrcitet sich des Hi-««uels Huld." In diesen Worten des grötzlen aller ^eulscken Dichter des Mittelalters wird auch nickt im geringsten angcdeuiet, das; ein Mann seiner Ehre etwas vergibt, wenn er bereut nnd bützt. Im Gegenteil: indem er den Hockmut lägt und in wahrer Her- zensdemnt der Fügung und Führung des Allerhöchsten lick hin gibt, findet sich der Mensck zurecht mit sich selbst, crschlietzt sich richtigen und guten Gednnken. gewinnt Kraft und Mut zu segensreicher Tat und wächst dadurch an innerem Wert. Parzivals Beispiel beweist es. Nachdem er seiner Schuld ledig geworden und sich innerlich umgestelll. sinket er die Krakt. sündige Minne zu verschmähen, und nach ehrenvoll bestandenen ritterlichen Kismpfen weilt er wieder an König Artus Tafel runde. Dort «risst ihn die Botin des Grals: sie bittet ihn um Verzeihung dafür, das; sie ihm einst geflucht, und kündet ihm an, datz die Gattin, die er nach so kurzem Eheleben verlassen, ihm Zwillingssühne geboren habe. sitzirzioal kehrt zur Grals burg zurück, durch seine Frage befreit er Amfortas von seinem Leiden, und erhält die Kunde, dah seine Frau mit ihren Söhnen
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