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7156 Börsenblatt f. d. DlschN. Vuchhande!. Nichtamtlicher TeU. 134. 12 Juni 1912 winnt, in einem festen Vertragsverhältnis. Wer bei einem Kolportagebuchhändler abonniert ist, muß für die Dauer der Abonnementszeit abnehmen und zahlen; wer hingegen ge- wohnheitsgemäß in einer Buchhandlung oder einem be stimmten Zeitungskiosk wöchentlich die neueste Nummer einer Zeitschrift kauft, ist keineswegs gezwungen, dies so lange zu tun, wie der Jahrgang der Zeitschrift läuft. Daraus, daß die Kolpor- tagebuchhandlung mit ihrer Kundschaft in einem bestimmten Ver tragsverhältnis steht, folgt auch, daß sie dieses Verhältnis auf einen andern übertragen kann, denn persönlich zu leisten ist sie nicht verpflichtet. Sie kann also, wie man sich in diesen Kreisen kurz aus drückt, ihre Kunden verkaufen und neue kaufen. Und dies kommt tatsächlich vor. Diese Möglichkeit, einzelne oder alle Kunden zu verkaufen, birgt natürlich die Gefahr in sich, daß ihr auch die Kunden, wie sie sich ausdrückt, »geraubt« werden. Uber diesen Mißstand, der in Fachkreisen schon zu vielen Er örterungen Anlaß gegeben hat, wird in einer der letzten Nummern der »Vossischen Zeitung« unter der Überschrift »Das Problem des Kundenraubes« folgendes ausgeführt, das der Beachtung der beteiligten Kreise empfohlen sei. Dabei wird der Kolportage buchhändler allerdings immer, nicht ganz richtigerweise, als der »Detaillist der neuen Art« bezeichnet, obgleich er schon auf ein ganz ansehnliches Alter von mindestens 40—50 Jahren zurück blicken kann. Es heißt da: Bedauerlicherweise droht die Gefahr des Kundenraubs den Detaillisten der neuen Art gerade von denjenigen, denen er sein Vertrauen schenkt. Der Detaillist, der mit Hunderten und Tausenden von Kunden in dem vertraglichen Kundschaftsverhältnis steht, kann seine Kunden nicht selbst bedienen; er braucht dazu Hilfs personal. Dieses Personal schickt er in den vereinbarten Zeit abständen bei seiner Kundschaft herum, um dieser die bestellte Ware zu liefern, so daß die Kundschaft meist den Geschästsherrn überhaupt nicht, sondern nur das Hilfspersonal kennt. Eines Tages kommt einer solchen Hilfskraft der Gedanke, daß sie »sich selbständig machen« wolle. Der betreffende Hilfsarbeiter beschafft sich also aus irgendeiner Quelle die Waren, von denen er weiß, daß sie das nächste Mal der Kundschaft geliefert werden müssen, und bedient von dem Tage an die Kunden, zu denen er bisher als Angestellter kam, nunmehr auf eigene Rech nung, indem er erzählt, er habe sich nun selbst ein solches Geschäft gegründet und die Leute, denen er ja durch seine vielfachen Botengänge gut bekannt ist, möchten ihn doch unterstützen. Die Kundschaft, die von dem wahren Sachverhalt meist nichts ahnt, erklärt sich vielfach gern dazu bereit, und der eigentliche Geschäftsherr ist seine Kunden, für deren Gewinnung er hohe Provisionen gezahlt hat und die für ihn tatsächliche Vermögenswerte darstellen, auf Nimmerwieder sehen los. Auf diese Art büßen die Detaillisten der geschilderten Art jährlich große Summen ein, und schon manche Existenz ist durch solche Vertrauensbrüche vollständig vernichtet worden. Gegenüber diesen Schädigungen versagt der gesetzliche Schutz vollständig. Nach dem Strafgesetzbuch ist die Handlung keines wegs zu ahnden, und auch das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs könnte höchstens in seinem § 1 in An- Wendung kommen; die Gerichte sträuben sich aber, diesen Para- graphen auf die geschilderten Vorgänge anzuwenden. Zivilrechtlich durch Klage gegen die Kunden auf Feststellung des vertrag lichen Kundschastsverhältnisses kann der Geschädigte natürlich Vor gehen. Er müßte seine ehemaligen Kunden dann aber gleich hundertweis verklagen, und das sollte einmal ein Kaufmann ver- suchen! Wenn sich so etwas herumspricht, dann würde er sein Geschäft in kürzester Zeit schließen können. Abhilfe gegen diese Übelstände ist dringend notwendig. Möglich ist sie durch Änderung und Ergänzung der Gesetze sowie dadurch» daß man.den Gerichten klar und deutlich zeigt, daß der § I des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes hier Anwendung finden muß. Dies ließe sich erreichen, wenn einmal ein großer, interessierter Verband alle in Betracht kommenden Verhältnisse der beteiligten Branchen in einer Broschüre zusammenfaßte und diese allen Behörden, Ge richten und maßgebenden Personen zuschickte. Da müßten einmal alle bösen Erfahrungen auf diesem Gebiete mit zahlenmäßiger Belegung des Schadens gesammelt und dargelegt werden, welche Wunden z. B. dem Kolportagebuchhandel ungerechtfertigterweise, fortwährend geschlagen werden und wie groß für ihn die Not- Wendigkeit ist, des Schutzes der Gesetze teilhaftig zu werden. Der Berbarrd deutscher Kunstgewerbeverelne hält seinen Delegiertentag in München am 24. Juni ab; im Anschlüsse daran findet am 25. ein allgemeiner deutscher Kunstgewerbetag statt. Der Verband umfaßt 46 Vereine mit IS 000 Mitgliedern. Architekt Geheimrat Professor Friedrich v. Thiersch wird über die Erziehung des Kunsthandwerkers,Direktor des Bayerischen National- museums vr. Hans Stegmann über altes Kunstgewerbe und seinen Mißbrauch als Vorbild, Architekt Professor vr. Theodor Fischer über Ausstellungen sprechen. Fontane alS Befürworter selbständiger Buchkritiker im Hauptamt. — Im ersten, soeben erschienenen Heft des III. Jahr gangs der von Fritz Worm (Buchhandlung Ernst Ohle) in Düffel- dorf herausgegebenen »Bücherschau« werden bisher unbekannte Fontane-Briefe aus dem Nachlaß des Dichters Heinrich Kruse veröffentlicht. Wir geben hier einen an Kruse, als er Chef redakteur der »Kölnischen Zeitung« war. gerichteten Brief wieder, der eine auch heute noch ungelöste Frage betrifft; Fontane schreibt am IS. März 1883 an Kruse: »Daß bisher keine Kritiken oder so gut wie keine über Ihr neuestes Stück erschienen sind, hängt, glaub' ich, damit zusammen, daß wir überhaupt keine Buchkritiker von Beruf haben. Es müßte Buchkritiker so gut geben wie Theaterkritiker, ja, sie wären viel wichtiger als diese. Verschaffen Sie mir eine solche Stelle, eine Stelle, die mir amtlich auferlegt, über ein paar Spezialitäten unserer Literatur, etwa über Lyrik oder Roman oder Drama, sei's monat lich oder vierteljährlich, zu berichten, sichern Sie mir dafür ein auskömmliches Gehalt (nicht Honorar), und halten Sie sich von dem Augenblick an versichert, daß es mir eine besondere Freude sein wird, die Arbeiten eines so hervorragenden und von mir so aufrichtig geschätzten Dichters wie Heinrich Kruse regelmäßig und prompt zu besprechen. Es ist mir aber unmöglich, immer wieder und wieder an Arbeiten heranzutreten, die mich, der ich freilich ein langsamer Pußler und Bastler bin (aber ich bin es nun mal), an die drei, vier und fünf Tage beschäftigen und mir als endlichen Lohn 10 einbringen. Davon kann ich nicht leben und habe deshalb mit derartiger Beschäftigung Schicht gemacht. Findet sich nichtsdestoweniger etwas Buchkritisches von mir in diesem oder jenem Blatte vor, so lag einfach ein aus den Ver hältnissen geborener Zwang vor, dem ich mich unterwerfen mußte. Sie wollen diese offene Erklärung gütigst auch einem Zwang der Verhältnisse zugute halten « Ausstellung für kirchliche Kunst in Wien. — Im Sep- tember dieses Jahres wird in Wien gelegentlich des Eucharistischen Kongresses nach dreijährigen Vorbereitungsarbeiten eine große Ausstellung für kirchliche Kunst eröffnet werden, die erste in ihrer Art und ganz nach modernen Gesichtspunkten durchgeführt Sie entspringt einer Anregung des Wiener Universitätsprofessors und Prälaten vr. Swoboda, der seit vielen Jahren bemüht ist, die im Laufe der Zeit zwischen der Kirche und den Künstlern durch den Mangel an Aufträgen entstandene Entfremdung zu beheben. Die bedeutendsten Künstler und Kunstgewerbetreibenden Österreichs werden sich an dieser Ausstellung beteiligen, zu der der Kaiser, das Unterrichtsministerium und das Ministerium für öffentliche Arbeiten reiche Mittel zur Verfügung gestellt haben. Die Jury besteht aus hervorragenden Malern, Bildhauern und Historikern, deren Arbeiten von einem liturgischen Beirate unterstützt werden. ArrsftellrrngspreiS. — Der Verlagsbuchhandlung C. F. Ame - lang in Leipzig wurde in ihrer Eigenschaft als erfolgreicher Kochbücherverlag auf der Gastwirtsgewerblichen Fach- und Kochkunstausstellung in Nordhausen die »Goldene Medaille« zuerkannt Mese Bücher« «fi«. fSe Bschyänsrer: Pädagogischer Handkatalog. Ein literarischer Wegweiser bei der Vorbereitung auf Prüfungen und den Unterricht. Unter Mitwirkung namhafter Schulmänner herausgegeben. 6. Aus gabe 1912. Verlag von A. W. Zickfeldt in Osterwieck a. Harz. 8°. XXIV, 156 u. XXVIII S. Geb. 75 -ä bar.