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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.06.1916
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1916-06-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19160624019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1916062401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1916062401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-06
- Tag 1916-06-24
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Monat
1916-06
-
Jahr
1916
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Aus Leipzig und Umgebung Johannistag k. I^t. .Des Jahres Hohgezit', höchste Fülle des Lichts, auch der kurze Nest der Nacht noch durchschlmmert von untergegangener Eonne. Und ringsum üppiges Lebensschwelgen: Nun ist vollendet, was der Frühling wob, am Baum die Früchte und im Feld die Nehren. Schon will die Luft, die schwer die Flügel hob, mit Rosenhauch die Sommerwelt verklären. Das war die Zeit des Jubels unserer frommen Heidenahnen. Da wurden in heiliger Mittsommernacht ihre Berge flammenfröhlich, um prasselnde Feuerstöße tanzten singende Reigen, und Lebensglaube und Lebenslust sprang durch die Flammen, Glut durch Glut. Es ist viel Sinn im kindlichen Gebaren. Nur Flachköpfe spotten über das „Heidentum". Die christliche Kirche hat die freudvolle Mende nacht dem Licht- und.Leoensgott Baldur genommen und sie den» finstern Prediger der Wüste, dem Täufer Johannes geweiht. Nicht nm des Gegensatzes willen — so unklug war die Kirche nicht. Der Täufer war ihr derVorbote des Lichts, das in die Welt kommen sollte, selber ein Leuchtender in der unerbittlichen Klarheit seiner sittlichen Urteile. Also Vertiefung des Llchtglaubens nach der ethischen Seite hin. Wobei sie freilich übersah, daß auch Baldur n'cht bloß der naturhaste Gott des Sonnenlichts und des von ihm geschaffenen fruchtbaren Lebens war, sondern auch und erst recht der Gott aller ethischen Klarheit und Reinheit und des von solchem Licht durchdrungenen Daseins. Ob Baldur oder Johannes — dem Lickt und seinem Leben gilt heute wie einst der Sonnwendtag! Menn die Schatten der Nacht einen Tag bedecken, der schon gewesen — wer zweifelt auch nur einen Augenblick, daß hinter der Nacht schon ein junger Tag wieder seiner ersten Stunde harrt! Wenn die Sonnenwende uns daran erinnert, daß nun die Fülle bc4 Lichts sich mindert bis hin in die Dezember-Dämmertage — wer zweifelt, daß senseiks der Dämmerung neue Tage sich bereiten, den Frühling verheißend! Ohne diesen felsenfesten Glauben wäre alles geordnete Schaffen sinnlos, unmöglich. Licht und Leben — an euere unbesiegbare Kraft müssen wir glauben, wenn unser Da sein nicht den Boden unter den Füßen verlieren will. Wieviel mehr gilt das vom Licht und seinem Leben im geistig-sittlichen Sinne! Seid ihr nicht die endlichen Sieger im Wanken und Schwanken, wer rettet uns dann vorm Untergang im wüsten brodelnden Chaos, das nur Toren Geschichte, Einsichtige Wahn sinn nennen müßten! Wir glauben — möge unserem Unglauben geholfen werden. Mir glauben an den Sieg unserer dem Lichte zi'geschworenen deutschen Sachs, auch wenn ans die Fülle der Sommersonnenwende einmal lichtärmere Feiten folgen. Freilich solcher stolze Glaube verpflichtet, wenn er nicht frevelnde An maßung werden soll: verpflichtet den Glaubenden zum Sein und Tun: mußt selber Licht sein, ein Baldur mit reinen Augen und göttlichem Herzen! Das ist die Bußpredigt des Täufers Johannes an seinem Namenstag. Eie ist nicht überflüssig. Lickt und Leben, wir glauben an dich. Als Glaubende wan dern wir heute hinaus an die Gräber der Teuren, deren Sonne sich wandte. Und tausend Gedanken schweben hinüber zu un gesehenen Hügeln im fremden Lande, und tausendfache Sehnsucht taucht hinab, wo deutsche Heldenschaft schläft in der großen, stillen Tiefe des Meeres. Wäret ihr tot, ihr Vielznvielen — wie sollten wir unseres Schmerzes Herr werden! Eure Sonne ging unter und leuchtet dzch noch aus dem Untergang in Trauernächte herauf, wie diese Inninächke sich aufhcllen vom Licht der unkergegangencn Sonne. Und kommt dann die große Verjüngung, die wir ersehnen, Ausgang des neuen Tages üher deutschem Land und Volk, ihr leuchtet mit in dieser lichkcrlosen Sonncnherrlichkeit, ihr Baldur- chAen allzumal. Wie muß die Sonne jenes Sehnsuchtslages aichne-z, wenn soviel lausend heilig-helle Strahlen in ihr mil- ieuchten! Dann stehen wir betend still und strecken unsere Hände in dem Morgen und bekennen dankbar: Das ist der feierliche Nach glanz von versunkenen Gestirnen, ist Leben von den Toten! * Das Eiserne Kreuz 2. Klasse erhielten der Leutnant im 2. Land- sturmAnsantcrie-Bakaillon Leipzig Verlagsbuchhändler Georg .Merseburger und der Unteroffizier d. N. Im Landsturm-Infanlerie- Vaiaillon Schneeberg Kurt Langer, Angestellter im Berlage Wil helm Diebener in Leipzig. * DaS Ehrenkrenz für freiwillige Wohlfahrtspflege wurde den nach gerannten Personen aus Leipzig und Umgegend verliehen: Marga- cka Marka Oerlel in L.-Maricnbrunn, appr. Arzt Erich Back- bau s, Elektrotechniker Alfred Kämper, Handlungsgehilfe Herbert Nai, Lehrer cand. phil. Hugo Stöhner, Sleindrucker Hermann Schmitr, Fabrikdircktor Dr. phil. Schäfer, Korrespondent Konrad Reichel, Ekeindrucker Hermann Beverstedt, Tischler Otto Lie bln g , Schosser Paul Sauerteig, Handarbeiter Gustav Kretzich - mar, Handlungsgehilfe Kurt Pietsch aus Markranstädt und Dentist Adolf Wild aus Eylhra. * Bitte nm Abgabe von Liegestühlen. Einige Genesungs heime hmter der Front ersuchen dringend um Lieferung von L i e g e st ü h l e n. Es wird herzlich gebeten, derartige Stühle, auch >.n > ebrauchtein Zustande, schenkungsweise zur Verfügung zu stellen und sie den Abnahmestcilen für Freiwillige Gaben, XIX. Armeekorps, Lcip- z-Gohlis, Artilleriekaserne, zuzuscnden oder dorthin (Tel. 13 bitt) Aach- nebt zu geben, wo solche abgeholt werden können. Läuternde Flammen Ein Zeitroman von Reinhold Orlmann. (Nachdruck verboten.) .Inwiefern es für mich so besonders erfreulich sein sollte, ist mir nicht recyt klar. Aber wir können das ja auf sich beruhen lassen. Denn ich habe mich nicht entschlossen. Sie aufzusuchcn, um Redensarten zu machen oder um Redensarten zu hören. Ich bin gekommen, weil ich in Verzweiflung bin und weil ich eS einfach nicht mehr aushatte. — Warum sehen Sie mich so er staunt an, als ob Sie keine Ahnung hätten, was ich meine? Eie wissen es ja sehr gut." - .Das ist leider ein Irrtum. Ich habe nicht einmal eine dunkle Vermutung " «Sie sind also davon überzeugt, daß ich mich unmenschlich wohl befinde in meines Vaters Hause und bei dem Leben, das ich dort führe?" .Wie sollte ich etwas anderes annehmen —?' .Damit beweisen Sie nur, wie gering Sie mich einschähen. Denn wie Sie selbst über unser Haus und unser Leben denken, ist mir kein Geheimnis." .Gnädige Frau, ich wüßte doch nicht —' .Cie waren selbstverständlich zu wohlerzogen, es mir gegen über in dürren Worten auszusprechen. Aber Sie waren immerhin aufrichtig genug, sich nicht zu verstellen. Und das ist es, was ich Ihnen von Anfang an so hoch angerechnek habe. Ich habe auf Ihrem Gesicht gelesen, was Sie dachten, als Sie die Bekanntschaft meines Vaters machten. Und daß Sie nicht wiederkamen, war mir B:-!ät!gung genug dafür, daß ich mich nicht getäuscht hatte. Ich habe Sie dann durch meinen Brief gewissermaßen gezwungen, dcnnech zu kommen. Und ich habe Sie, wahrscheinlich ohne daß Sie es ahnten, unausgesetzt beobachtet bis zum Augenblick Ihres Fortgehens. Ich hätte wohl eine Möglichkeit gehabt. Sie zuräck- zuhalten; denn ich befand mich in Ihrer unmittelbaren Nähe. Aber ich habe cs nicht getan. AuS dem einfachen Grunde, weil ich mich darüber freute, daß Sle gingen.' «Eine Aufrichtigkeit, die mix zu meiner Erleichterung jede nochmalige Entschuldigung erspart.' * Zum Begängnis ImmelmannS. Die Leiche ImmelmannS trifft, wie uns ein Drahtbertcht unserer Dresdner Echriftleilung meldet, heute, Sonnabend nachmittag 4 Uhr, von Leipzig über Döbeln kommend, auf dem Bahnhof Dresden-Neustadt ein. Die Armeeverwaltung hat zu der Beförderung einen eigenen Sonderzug gestellt. In der Begleitung des Toten befinden sich nur die nächsten Verwandten, die Mutter und der Bruder. Die irdische Hülle ImmelmannS wird unmittelbar nach dem Eintreffen nach der städtischen Fcuerbestaitungsanstalt in Tolkewitz übergcführt werden, wo die Einäscherung stattfindcn wird. * Iohannisfeier im Völkerschlochtdenkmal. Im Anzeigenteile der vorliegenden Ausgabe ist daS Programm abgedruckt. Da wegen der Schwierigkeit der Verteilung und wegen des Papiermangels (Spar- samkeit ist jetzt auch auf diesem Gebiet eine nationale Pflicht) am Denkmal keine Vortragsfolgen zu haben sind, so wolle man die Ver- öffentlichung beachten. Die Fcicr beginnt um 7 Uhr auf dem be kannten Platz zu Füßen des heiligen Michael. — Auf dein Friedhof zu L. - S ch ö n e s e l d findet heute abend 8 Uhr eine Totengedenk- seier statt, bei der Pfarrer Berger die Ansprache hält. Der frei willige Kirchenchor wird Lieder zum Vortrag bringen. — Bei der An dacht, die morgen, Sonntag, auf dem Gohliser Friedhof sialtfindet, wird Pfarrer Herz die Ansprache halten. Ein Bläser quartett und der Kirchenchoc werden Mitwirken. — Ferner wird mor gen Sonntag, abends 6 Uhr aus dem Friedhof zu L. - M o ck a u eine Iohannisfeier abgehaltcn. Die Ansprache bält Pastor Holstein: der Klrchenchor wird Gesänge dardieten. — Am Johannistage, abends 8!<- Ui» wird im Johannistal der Kir:i'enä,or ,,'.i St. Johannis unter Leitung des Professors Nöthig einige Motetten zu Gehör bringen. * Jubiläum. DoS Jubiläum 23iäbriger ununterbrochener Tätigkeit in einer Stelle begeht heute, am 24. Juni, der Silas,enbahnwagenführer Richard Sommer in L.-Vo!Kmarsdorf im Betriebe der Großen Le.p- ziger Straßenbahn. * Kirchliche Nachrichten. Die erledigte Hilfsgeistiichenstelie in Meinersdorf wurde dem Predigtamtskandidäten Friedrich Martin Lange >n Leipzig übertragen. Seine Einsührnng in das neue Amt findet am Sonntag durch den Superintendentei Hermann aus Stoll- ierg statt. * In der Ausstellung „Kriegergrobma! und Kriegerdenkmal', die bis zum 2. Juli verlängert worden ist, werden im Auftrage des stell vertretenden Generalkommandos auch weiterhin Führungen durch Dr. H. Voß veranstaltet werden, und zwar am Sonnabend, den 24. Juni, um 4 Uhr nachmittags, Montag, den 26., und Donnerstag, den 29. Juni, 11 Uhr vormittags, und Sonnabend, den 1. Juli, um 4 Uhr nachmittags. Der Inhalt der Ausstellung hat auch in den letzten Tagen wieder mehr fache Ergänzungen erhalten. Lin neu angescrtigtes Modell gibt das Grabmal der bri dec Erstürmung von Lille Gefalle nen wicdei. Ver Berliner Bildhauer He saus hat einige Entwürfe sür Kriegerdenkmäler eingcsandt, die sich durch vornehme künstlerische Formcnsprachc auszeichnen. Der zurzeit im Heeresdienst siebende junge Leipziger Architekt Waitsr Gruner zeigt Photographien eines eigenartigen Denkmals der Kämpfe an der Lorcttohöhc, das vor der Kaserne des Ins.-Negts. Nr. UM Aufstellung gefunden hat: ein er beutetes sranzösischcs Maschinengewehr auf einem einfach profilierten Sockel. Wesentliche Bereicherung erfuhr auch die Abteilung der Bücher und illustrierten Schriften über Grabmalkunst. Einzelne Ab handlungen stehen den Besuchern kostenlos zur Verfügung. Die Be ratungsstelle für die Ausstellung von Grabmälern im Felde und in der Heimat bleibt bis Schluß der Ausstellung geöffnet. — Die Zcichenansslcliung im Leipziger Schuimuscum zeigt trotz ihres geringen Umfanges besonders deutlich, welche mrdece Nolle das Zeichnen in der heutigen Schule spielt, als zur Zeit, da die Eltern der jetzigen Schulkinder in die Schule gingen. Es kann darum, so wird uns geschrieben, allen Elicrn nicht genug geraten werden, sich diese kleine Ausstellung anzusehcn, da sie dadurch reiche Anregung dafür erhalten, wie sie selbst kleinen Kindern beim Zeichnen mit Not und Tat zur Seite stehen können. Führungen finden an jedem Mittwoch nachmltag zwischen 4 und 6 Uhr, außerdem an diesem Sonntag vormittag um 11 Uhr statt. Das Schuimuseum ist außerdem an jedem Sonnabend nachmittag von 4—6 Uhr geöffnet: nur an diesem Sonnabend bleibt es dcs IohannissesteS wegen geschlossen. Der Besuch ist zu jeder Zeit voll ständig unentgeltlich. Das Must um befindet sich vorläufig in der 39. Bezirksschule in Dölitz (V-Behn, Station Rathaus Dölitz). — Der nationale Frauendienst bittet unS, nochmals auf die Sammlung alter Zahngebisse hinzuweisen und bemerkt dazu: Das Gold der Gebisse sowie die kleinen Plalinstifte können — in Mengen gesammelt — dem Staatsvermögen namhafte Werte zu führen. Der durch den Verkauf an die Stadt erzielte Betrag fließt der Familiensürsorge deS Nationalen Frauendienstes zu. ES tst dringend zu wünschen, daß diese in zwiefacher Weise nützliche Samm lung allgemeine Unterstützung findet. ES wird gebeten, die Gebisse im Nationalen Frauendienst, Königstraße 18/20, Hörsaal II, vormittags zwischen 10 und ,'^1 Uhr — selbstverständlich ohne Namensnennung — abzugeben. * Der Leipziger Hauptvcrein der Gustav-Adolf-Stiftung wird seine 67. Jahresversammlung am Dienstag, den 4. Juli, vor mittags 'm Evangelischen Vereinshauü abhalten. Nach einem geschäft lichen Teil folgt vormittags 12 Uhr der Vortrag des Geh. Kirchenrats Professor v. Nendtorsf: .Die evangelische Kirche im Befehls bereich deS Generalfcldmarschalis von Hindenburg." * Neue Gritcrstelle. Am 1. Juli dieses Jahres wird der zwischen den Stationen Pörsten und Lützen gelegene Haltepunkt Nöcken, der bis her nur dem Personenverkehr diente, auch für die Abfertigung von G e - päck und Expreßgut eröffnet. Der Haltepunkt wird vom gleichen Tage cb durch einen Eisenbabndcdicnsteten beseht. Der Verkauf von Fahrkarten durch Privatpersonen findet nicht mehr statt. .Nein, Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Aber Sie müssen nun auch verstehen, was ich in dieser Umgebung leide — was ich in ihr seit meiner frühen Jugend gelitten habe. Oder nein — ich will nicht übertreiben. Das Elend begann erst nach dem Tode meiner Mutter. Es ist wahr, auch sie hat sich nicht allzuviel mit mir abgegeben. Denn sie war selbstverständlich in ihrer Ehe nicht glücklich und suchte Vergessen in einem Leben der Vergnügungen und Zerstreuungen. Aber mit dem Augenblick, da mein Vater es über sich gewann, seine ehemalige Freundin —" .Verzeihen Eie, wenn ich mir eine Unterbrechung gestatte, gnädige Frau! Ich weiß das Geschenk Ihres Vertrauens gewiß nach seinem ganzen Werte zu würdigen. Aber ich möchte doch, wenn cs sich vermeiden läßt, nicht gerne Mitteilungen entgegen nehmen, die Sie später gereuen könnten." .O, wie korrekt Sie sind — wie unheimlich korrekt! Aber fürckten Sie nichts. Ich weih, was ich sage — und ich weiß auch, warum ich cs gerade Ihnen sage. Wenn meine Mädchenseele jemals rein war — und es muß doch wohl eine solche Zeit gegeben haben —, dann verdanke ich dem Leben in meinem Vaterhause, daß ich mich dessen kaum noch zu erinnern vermag. Und ich habe niemals Freude an diesem Leben gehabt — niemals — niemals! Von dem Tage an, wo meines Vaters sogenannte Freunde und seine Gäste bemerkten, daß ich nicht mehr ein Kind, sondern ein Weib war — von dem Tage an, da sie begannen, mir zu huldiaen, wie man eben der Tochter eines Herrn Ludwig Kolmsperger hul digt — von dem Tage an. Sie mögen es nun glauben oder be zweifeln, bin ich in Wahrheit nichts anderes gewesen, als ein un glückliches und bedauernswertes Geschöpf.' .Ich bezweifle es nicht, Frau Detlessen, da Sie es sagen. Aber stand es denn nicht in Ihrer Macht, sich diesen — diesen Huldigun gen zu entziehen?" .Ach, es war doch nicht das allein. Meinen Courmachern habe ich das, was mir an ihnen mißfiel, freilich bald genug ab gewohnt. Und ich habe mich an ihnen gerächt damit, daß ich sie alle an der Nase herumsührte, schon zu einer Zeit, als ich noch halb in den Kinderschuhen steckte. Aber die Frechheiten, die man sich unter der Maske der Galanterie gegen mich erlaubte, waren doch nur ein Symptom der Wertschätzung, die man für uns und unser Haus hatte. Verstehen Sie, was ich meine?' Zustimmend neigte Wolffram den Kopf. * Ueber die Einschränkung der Arbeitszeit in Betrieben, in denen Schuhwaren hergesteilt werden, wird im amtlichen Teile der vor liegenden Ausgabe eine Bekanntmachung veröffentlicht, auf die dir Leser besonders hingewiesen werden. H Iohannisfeier an den Soldalengrädern. Die evangelische Darni- songemeinde war gestern, am Vorabend des IohanntsfesteS, mit den An gehörigen gefallener Kämpfer an dem im Vorjahre im Ehrenhain auf dem Südfriedhof errichteten schlichten Denkstein zu stillem Gedenken für die dort ruhenden Krieger vereinigt. Nach dem Verklingen des Cbopinschen Trauermarsches, gespielt von einer Militärkapelle, und nach einem gemeinsam gesungenen Choral hielt Militäroberpfarrer Platz eine eindrucksvolle Gedächtnisrede auf die in heimischer und fremder Erde ruhenden Gefallenen. Der Johannistag, der nnä die Natur in höchster Blüte zeigt, sei den lieben Toten bei uns geweiht. Die Erde in ihrer Pracht, sie mahne uns zugleich an die Vergänglichkeit alles Irdischen, und mit den Blumen schmücken wir die Gräber derjenigen, die vor uns den Weg der Vergänglichkeit gegangen sind. Der Wunsch der tapferen Kämpfer: .Vergiß die treuen Toten nicht, und schmücke auch unsere Urne mit dem Eichenkranz!' soll erfüllt werden, soweit cs möglich sei. Denn viele ruhen im Osten und Westen oder auf dem Meeresgründe. Wir denken an sie. wo sie auch immer ruhen, ob dort, wc, sie den Heldentod gesunden haben, oder ob sie in heimischer Erde ruhen, überall ruhen sie unlcr Gottes Schirm. Herzliche Trostesworte spendete der Geistliche dann den zahlreich erschienenen Angehörigen der im Ehrenhain ruhenden Krieger, deren Gräber reich geschmückt waren. Schwer sei der Schmerz der Trennung. Aber danken wollen wir ihnen, daß sie in heißen Kümpfen auShrelien. Und wir wollen ihnen dadurch danken, daß wir das, war sie mit ihrem Vlule erwarben, nun auch schirmen und schützen. In sein Gebet und seinen Segensspruch schioß dann der Geistliche alle die tapferen Streiter ein, die nun aus ruhen von schwerem Kampfe, und unsere Feldgrauen, die Heimat und Vaterland noch verteidigen. Dann legten Vertreler von Abordnungen sämtlicher Truppenteile der Leipziger Garnison große Kränze a» dem schlichten Denkstein nieder. Mit gemeinsamem Gesang sand die Feier ihren Abschluß. Zur selben Zeit wurde aus dem Friedhöfe zu Möckern an den dortigen Soldatengräbern eine stimmungsvolle Ge dächtnisfeier abgehaltcn, bei der DivisionSpiarrer, Krömer die An sprache kielt. —m. Vortrag über Kriegerdenkmäler. Jin Vortragssaal deS Grassi- muscumü sprach, gestern abend der Vortragende Nat im österreichischen Ministerium deS Innern Dr. Giannoni über Kricgerdcnk- mäle r. Der Vortrag stand in engem Zusammenhang mit der vom Leipziger Kunstgewerbemuseum veranstalteten Ausstellung Kriegergrab und Denkmal. Dr. Giannoni bat zum Studium der Kriegergräber und Kriegerdenkmäler Galizien bereist. Er bat von den dortigen Grab stätten den Eindruck empfangen, daß das Kriegergrab zugleich immer Denkmal scin soll. Während die Gräber der Erinnerung an Menschen gelten, so die Denkmäler der Erinnerung an Ideen: auf dem Kricger- sriedbos findet sich die Vere'nchung beider. In Deutschland und Oesler« reich wollen die künstlerischen Kreise und die Verein.- für Hcimatschutz dahin wirken, daß eine voreilige schablouenhasle Dcukmalssehung ver- wicden wird, und unsere gefallenen Krieger durch würdige Denkmäler geehrt werden. Die Trägerin des Drnirmalsgcdankens ist die Ge meinde: ihre Psiicht ist es, dle Namen ihrer für das Vaterland gefalle nen Söllne zu überliefern: das kann ober erst nach dem Kriege geschehen. Das große Wiener Werk .Soldatcngräber und Kriegerdenkmäler' gibt reiche Anregungen, wie diese Denkmäler ihrem hohen Zweck ent sprechend ausgefnhrt werden können. An der Hand trefflicher Licht bilder zeigte Dr. Giannoni. was sür verschiedene Gedanken, Formen und Anlagen zur Ausführung nomiucn können. Die Verwendung des Baumes als Erinnerungszeichen wird jetzt wieder ausgenommen. Lange- Berlin will Heilige Haine schaffen. Diese Idee begegnet der in heutiger Zeit neuerwachien Naturiiebc. Die Erinnerung an die Denkmäler der FreikeiiS.kriege regt zu klassizistisch cir.scwhen, edlen Formen an. Pläne sür Denkmäler sind in mannigfachster Weise entworfen worden. Da sehen wir Kriegerfricdhöse mit einem Kreuz inmitten, Denksteine auf Hügeln, von Bäumen beschältet, Gedenktafeln, die in Verbindung mit Häusern, Kirchen, Kapellen, ja Werkstätten und Fabriken angebracht werden fallen. Die Idee der ulten Tolenbrelter taucht wieder auf. Bild- stocke werden zwischen Pappeln gcsetzt. Die Hünengräber, diese Denk mäler germanischer Vorzeit, regen zu modernen Ncuschöpfungen an. Vielfach wird an volkstümliche eleberlieserungen angeknüpst. Die Wahrzeichen, die zur Bcnagelung dienen, können als Denkzeichen ver wendet werden. Bildhauer haben bereits Entwürfe von großem künst lerischen Wert geschaffen: vielfach arbeiten sie mit den Architekten zu sammen. Dr. Giannoni zeigte zum Vergüt ich auch Denkmäler aus älterer Zeit, sowie künstlerische Gestaltungen von Hcldengräbern, wie z. B. Böcklins .Hain des Herakles'. Schließlich wles er an dem be deutenden Plan unseres Mitbürgers Mar Wünschmann nach, wie auch dem Städtebau aus der Heldenehrung neue Ausgaben erwachsen; Wünschinann stellt dar, wie die Straße des 18. Oktober zu einem groß- artigen Kriegerdenkmal umgestaltet werden könnte. Sächsische Nachrichten li. Frankcnberg, 23. Juni. Am Sonnabend, den 1. Juli, vormittags wird die Kgl. Sächs. Unterofsi zierschule hier ihren Einzug kalten und von ihrem neuen Heim Besitz nehmen. Am Bahnhof findet Begrüßung durch die Stadlverlretung und die Garnison statt. Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, daß die Unteroffizier v o r schule, die den Nachwuchs für die hiesige Unteroffizierschule liefert, in Marienberg ver- Oeibt. Beide Schulen, die bisher je zwei Kompanien zählten, werden auf eine Stärke von je vier Kompanien gebracht. s" Aue, 22. Juni. Der seit 12 Jahren hier wirkende Pfarrer Temper wurde als Nachfolger des in den Ruhestand tretenden Ober- konsistorialrateS Dr. Kühn als Pfarrer der Iohanniskirche in Dresden gewählt. «Ich verstehe es, gnädige Frau!" .Sehen Sie — wenn meine Mutter eine geborene Meyer oder Müller gewesen wäre — oder wenn ich nur Kolmsperger- sches Blut geerbt hätte, würde ich alle die unaufhörlichen Demüti gungen ja wahrscheinlich ebensowenig empfunden haben, wie mein Papa sie empfindet. Er ist überzeugt, daß er es herrlich weit ge bracht hat und sonnt sich in der Vornehmheit seines Verkehrs. Keine Macht der Ueberredung könnte ihn davon überzeugen, daß er heute noch ebenso wie in der Zett seiner bescheidensten Anfänge weit außerhalb der Gesellschaft steht, in die er sich ausgenommen wähnt. Der freundliche Gruß eines Gardeoffiziers oder der Händedruck einer besternten Exzellenz sind ihm, dem sonst so Klu gen und Menschenkundigcn, bare Münze. Kann ich dafür, daß ich ein feineres Unterscheidungsgcfühl für echt und unecht habe?* Die abweisende Steifheit und Gemessenheit in Wolfframs Haltung begann zu schwinden. Sicherlich hatte er alles andere eher erwartet als derartige herbe Bekenntnisse aus diesem Munde, dessen zwitscherndes Lachen ihm frivol und leichtfertig erschienen war auch in dein Moment, da es ihn trotz feines Sträubens be rauschte. Die Frau, die da im Ton der überzeugendsten Aufrich tigkeit zu ihm sprach, war nicht mehr dieselbe, gegen deren be strickenden Einfluß er sich mit aller Kraft seines Willens zur Wehr gesetzt hatte. Nur ihre körperliche Schönheit hatte keine Ver änderung erfahren. Und die verwirrende Nähe dieser Schönheit legte sich auf ihn wie eine Beklemmung mit dem Augenblick, da das aufkeimende Mitleid ihn irre werden ließ an der Gerechtig keit seines bisherigen Urteils. .Ich begreife, daß Sie sich als junges Mädchen in Ihrer Um gebung nicht wohl fühlten", sagte er unsicher. .Aber mit Ihrer Verheiratung wurden Sie doch aus ihr befreit.' .Um sie mit einer neuen zu vertauschen, in die ich noch weniger hineinpatzte. Man muß in der engen Welt der Offiziers kreise ausgewachsen fein, um sich in ihr zurechtzufindcn, ohne bei jedem zweiten Schritt an eine Mauer oder an eine Kante zu stoßen. Ich Hobe ja gewiß den guten Willen gehabt, mich in Kiel cinzuieben. Aber man hat sich sehr wenig entgegenkommend ge zeigt. Die Herren waren natürlich sehr nett. Aber die Damen haben mick von Anfang an wie einen unerwünschten Eindringling behandelt." (Fortsetzung in der Abend - Ausgabe.)
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