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Das Samgebiei am AbfliinmunMag Wahlbeteiligung bis zu 100 Prozent - Oie Bekanntgabe -es Ergebnisses Dienstag vormittag Dienstag Arbeitsruhe im Gaargebiet Der schicksalhafte Tag der Saarabstimmung, der hi- storisch« 13. Januar 1935, liegt nun hinter uns. Mit groher Anteilnahme hat das ganze deutsche Bolk diesen Tag mit seinen Gedanken, Wiinschen und Gebeten für einen guten Ausgang der Abstimmung begleitet. Freude erfüllt uns heute, daß sich der bedeutsame Abstimmungs akt allenthalben im Saargebiet in vorbildlicher Ruhe und beispielgebender Disziplin abgewickelt hat. Mit innerer Ruhe und des Sieges gewiß, sehen nunmehr alle guten Deutschen der Bekanntgabe des Ergebnisses entgegen. Der deutsch« Rundfunk und die ihm angeschlofsenen Sender der Welt übertragen am Dienstagmorgen um S Uhr au» Saarbrücken da» Avmmmungsergebnis ve» is. Mannar. Unmittelbar im Anschluß an die Verkündung des Abstim mungsergebnisses spricht der Saarbevollmächtigte des Füh rer» und Reichskanzler» und wird dem deutschen Volk und seinem Führer das Ergebnis melden. Angesichts des gro ßen geschichtlichen Augenblicks versammelt sich das deutsche Volk zum Gemeinschastsempsang an den Lautsprechern. Damit alle Saardeutschen unmittelbar das Ergebnis der Abstimmung in ihrer Behausung in Empfang nehmen können, haben die Deutsche Gewerkschastsfront Saar und der Gesamtverband Deutscher Arbeitnehmer alle saar deutschen Volksgenossen ausgesordert, am Dienstag der Arbeit sernzubleiben. Die ganze Gaarbevölkerung unterwegs Saarbrücken, 14. Ian. Der Wahltag prägte dem Saargebiet schon in den aller- sriihesten Morgenstunden sein Gesicht aus. Uederall in den Or ten sah man Ordner der Deutschen Front und große Mengen von Automobilen. Schon um 8 Uhr standen in den meisten Orten vor dem Wahllokal große Mengen von Aiensci)en, die recht schnell abstimmen wollten, insbesondere Tterusstätige, denen daran lag, schnellstens wieder an ihren Wohnort zu kommen. Die Abstammungsbestimmungen salzen nämlich vor, daß jeder an dem Ort abstimmen mußte, a» dem er am Stiä)- tag im Jahre 1V1S wohnte. Und so erlebte man es, daß ganze Familien nach den verschiedensten Orten unterwegs waren. Eigenartig war das Wahlsystem in Saarbrücken. Tort wurde alphabetisch abgestimmt. So mußten sämtliche Muller aus Saarbrücken säst guer durch die ganze Stadt zu einem in einem Vorort gelegenen Wahllokal sahren. Im Rat haus stimmten billigerwcise die Einwohner von Adam bis Lohn Ä, in einem Wahllokal sämtliche Schmidt, und Verwechslun gen konnten bei dieser großen Fülle gleichlautender Ramen natürlich nicht ausblcrben. Im Kreise St. Wendel machte die Zahl der Wahllokale einen besonders umsangreichen Schlepper dienst erjorderlich. 20 000 Leute muhten hier besördert werden. Sämtliä)« Orte waren geradezu überwältigend schon ge schmückt. Ob Warndt, ob Gau, ob Blie-, ob Prinstal, ob St- Wendel, ob Merzig, überall zogen sich vom Ortseingang zum Orlsansgang links und rechts der Straße ununterbrochen Tauiiengirlanden, die entweder die Bäume der Dorsstrahe mit einander verbanden oder an besonderen Psählen angebracht waren. Die Gottesdienste waren geradezu überfüllt. So standen z. B. In Wehrden, wo der bekannte Pfarrer Wilhelm predigte, die 'Menschen bis vor die Kiräzentüre. Auch sämtliche Sanitätskolonnen des Saargebietes hatten mobil gemacht, um Tausende von Alten und Kranken in Autos und Krankenwagen zu ihrem Wahllokal zu sahren. Es war rührend anzusehen, daß selbst schiverkrauke Mensä-en sich aus Tragbaren in die Wahllokale tragen ließen, um dort ihre Stimme abzugeben. Die sremden Truppen hielten sich überall zurück; lediglich in Saarlouis standen zwei Lastautos mit Italienern im Stahlhelm alarmbereit, und in St. Wendel sah inan zwei englische Panzenvagen aus der Straße; sonst war wenig von den Truppen zu bemerken. Ihre Ausgabe fehle erst dann ein, als die Urnen gesammelt nach Saarbrücken transportiert wur den. Eine Reihe von ausländischen Journalisten, di« gemeinsam mit deutsrlzen eine Rundfahrt durch das Saargebiet unternommen hatten, war geradezu überrascht und verblüfft von der außerordentlichen Disziplin. Es mar von der Deutsäzen Front angeordnet worden, daß sich niemand aus den Straßen zeigen sollte, daß jeder still seiner Wahlpflicht ge nüge uird sich wieder nach Hause begebe, und in allen den Or ten, in denen mittags der Wahlvorgang säst beendet war, sah inan auch die Straßen wieder menschenleer. Ueberrascht waren die auslündiselzen Journalisten, als sie Gelegenl-eit hatteir, mit einem katholischen Geistlichen zu spreä-en uird dieser ihnen sirgle: „Der deutsäze Saarländer entscheidet so wie sein Herz und sein Gemüt es ihm eingebe». Er stellt keine knisjlict-en Fragen. Der Saarländer ist aus seinem Herzen und seinem Gemüt heraus fromm und gvtt« gläubig; und genau so ist er auch gut deutsch Es gibt kein Status-quo-Herz und kein Status-quo-Gemüt, und so kann »r auch nur für Deutschland entscheiden." Aus der naheliegenden Psalz lraseu am Sonntag noch Sonderziige mit Abstimmungsberechtigten ein, die beschleunigt nach ihren Abstimmungsorten weitergeleitel wurden. Aach der Abstimmung Um 19 Uhr war der Ansturm in den Wahllokalen fast vollkommen abgeslaut. Im Abstimmungslokal I im Rat haus Saarbrücken fand sich kurz von 20 Uhr eine Reih« von Journalisten und Bildberichterstattern ein, um dem denkwürdigen Augenblick des Schlusses der Wahl beizuwoh nen. Der Wahlvorsißende Johann Peter Martin, Gerichts sekretär in Luxemburg, betonte, daß die Abstimmendei« mustergültige Ruhe gehalten hätten, kein Murren habe man gehört, obwohl manche bis zu einer Stunde Kütten warten müssen. Von den 629 Wahlberechtigten in seinem Bezirk hätten nur 17 nicht abgestimmt. Die Zahl der ungültige» Stimmen sei ebenfalls außerordentlich gering. Auch die Beobachtungen in allen anderen Bezirken berechtigten zu der Feststellung, daß die ganze Saar bevölkerung re st los ihre Pflicht getan hat. Nachdem gegen 19 Uhr der Verkehr in der Stadt etwas abgeflaut war, seßte er erst um 20 Uhr, als die Wahl ge schlossen wurde, mit großer Kraft wieder ein. Vor dem Rathaus, wo sich die ersten drei Abstimmungslokale befin den, sammelte sich eine große Menschenmenge. Ein Film wagen fuhr vor, um den Augenblick des Herausbrinaens der Urnen zu filmen. Kommunistischer Bombenanschlag Die Kommunisten und Separatisten haben im Laufe des Sonntagabend, nachdem ihnen klar geworden war, daß sie nichts mehr zu gewinnen haben, versucht, durch Terror «in« Art Katastrophenstimmuna zu entfesseln und noch Oer riesige Andrang vor -en Gtimmlokalen Kranke Abstimmungsberechtigte im Nollsiuhl. Auch sie ließ es sich nicht nehmen, ihrer Stimmpslieht nachzu kommen. irgendetwas für sich zu erreichen. Schon am '.nachmittag herrschte vor der Wohnung Hcimburgers, des Direktors des Innern, ein ziemlich reger Verkehr. In der Dämmerung kamen die Kommunisten aus ihren Lchlupswinkeln heraus, um zu versuchen, irgendwie Unruhe zu stiften. Es wurde dann in den Abendstunden gegen das Verkehrsbüro der Deutschen Front In Neunkirchen eine Bombe geworfen, wodurch aber niemand verlebt wurde. An Saarbrücken versuchten die Kommunisten, nach 21 Uhr abends einen Demonstrationczug zuslandezubringen, der aber infolge der zahlenmäßigen Unbedeutendheit der Separatisten scheiterte. Bor der „Wartburg" in Laarbrüüen Die Abstimmungsurnen treffen unter scharfer Bewachung ein. Saarbrücken, l I. Ian. Zur mitternächtlichen Stunde trafen die ersten Urnen in der „Wartburg" m Saaroramen ein. dem Ort, ivo Montag nachmittag 5 Uhr die Auszahlung der Summen be ginnt. Lastwagen auf Lastwagen rolli Heroen Urnen um Urnen, zunächst hauptsächlich aus den 110 Wahllokalen Saarbrückens, werden herangebracht, schars bewacht von Militär. Tie „Wart burg" ist hell erleuchtet, bereit zur Ausnahme von 8»>u grau grünen Büchsen, die als Inhalt die Entscheidung des Saarge biets bergen. Umfangreiche Absperrmaßnaonien sind getroffen, um die Reugierigen von der „Wartbiua' sernzuhalten; nur. mit besonderem Ausweis dars man sich an das Zahllokal her anwagen. Die englischen Soldaten bewachen mil aufgepflanz tem Seitengeivehr den Eingang und machen nur Platz wenn ein neuer Lastwagen in den Hof rollen will. Hochgestellten Mitgliedern der AbsUmmungskommission und dem 'Militär kann gleichfalls nicht der Eintritt verwehrt werden. In dem Saal der „Wartburg" ist alles schon zur Stimmzählung vorbereitet. Tie llO Tische stehen verlassen da, aus jedem befinden sich drei Behälter, um die Stimmen der Urnen zu sortieren. Tie Galerien siir die Zuschauer und die Presse sowie die Tribüne siir die AbsUm mungskommission sind eingerichtet. Tie Tonsilmapporale sind schon ausgcbaut. Tic Urnen werden vorläufig im Keller der „Wartburg" ausbewahrt und dort unter ganz besonders strengen polizeilichen Schulz gestellt. Uebcrall im Gebäude der „Wart burg" sieht man starke Bedeckungen von Militär und Polizei. Die ganze Nacht hindurch werden die Urnen erwartet; Polizei und 'Militär dürfen nicht ruhen, sondern müssen sich ganz in den Dienst der Abstimmung stellen, der mehr einen Ordnungs dienst als eine militärische Bewachung darstellt. Ein unvergeßlicher Eindruck, in den Sonntagnachmiltag- und Abendstunden das Saartal von Saarbrücken bis zur deutschen Grenze in Mettlaä;, dieses pulsierende Industriegebiet, hinabzusahren. In allen Ortschaften herrschte Sonntag nachmittag wenig Betrieb. Von feiten der neutralen Wahlinstanzen wurde befriedigt versichert, daß fast überall das Wahlgeschäft schon um 5,80 Uhr als er ledigt betrachtet werden konnte Die Zahl der ungültig erklärten Stimmen ist verhält nismäßig gering. Die Ueberführung der Urnen in die Bürgermeistereien konnte überall reibungslos bewerkstelligt werden. Sehr geheimnisvoll gestaltete sich der weitere Transport nach Saarbrücken. Polizei und Militär ließen es sich sehr angelegen sein, die Absahrts- stunde der Sonderzüge geheimzuhalten, um einen unnötigen Auflauf von Schaulustigen zu verhindern. Allgemein ist der S«nntag sehr ruhig verlaufen. Das Bild auf der Straße von Mettlach nach Saarbrücken weicht kaum von dem eines gewöhnlichen Sonntags ab. Die koarbeutsche Bevölkerung weiß zu genau, daß cs nicht nur in der Wahlzelle Disziplin zu halten hieß, sondern daß gerade die Disziplin der Stunden und Tage nach dem Wahlakt doppelt zählt, ihr« Stellung stärkt und zum Siege de» Bekenntnisse» von Steg der Selbstbeherrsok-ung fügt. Taghell sind die Straßen von Merzig. Mettlach, Dillingen, Saarlouis und Völklingen, den MitelpunKien der Eisenindustrie im Saargebiet, erleuchtet; aber auch dieser festliche Schmuck hitlt die Bewohner nicht davon ab, der Parole der Deutschen Front folgend, Sonntag abend so viel wie möglich zu Hause zu bleiben. Lastwagen mit Urnen durchrollen die Straßen. Von Merzig kommen die Schweden mit ihren Lastwagen, von Til- Itngen und Saarlouis die Italiener — Maschinengewehre als Äich«rhett»mabnahMe »»gen eine nicht vorhandene Menge ge-