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Oie Orekicieen Es war ein seltsames und unheimliches Verhängnis, von welchem die gefeierte Sängerin Martje Ruitersplat so urplötzlich betrossen war. Die Zeitungen Groningens waren voll davon; dennoch tappte man über das eigentliche Geschehnis nach Ur sache und Wirkung völlig im Dunkeln. Man wutzte bis jetzt nur, datz sich unter den vielen Vlumenspenden, welche man der KUnst- lerin bei ihrem Abschiedskonzert überreichte, auch ein Strauss wundervoller schwarzer Orchideen befunden hatte. Dieses kost bare Geschenk eines übrigens anonymen Gönners muhte die ver hängnisvolle Vewuhtlostgkeit der Sängerin, in welcher man sie am nächste» Morgen aufgesunden hatte, und aus welcher sie nicht zu erwecken war, ausgelöst haben. Eine der Blüten lag nämlich vor ihrem Bette, während die übrigen in eine im Nebenraum befindliche Vase gestellt waren. Das sonderbarste aber an der ganzen Geschichte war, das, die Blüten heute nicht mehr schwarz waren, sondern in einem lichten Braun erglänzten. Auch die ein zelne Blüte auf dem Bettvorleger war nicht mehr so tiesschwarz wie am Vorabend, sondern auch schon etwas verblaht. Die herbeigerusenen Aerzte hatten einen tiefen Schlaf zustand, verbunden mit leichten Lähmungserschcinungen kon statiert; Puls und Temperatur hatten die Grenze des Normalen nicht wesentlich unterschritten, aber alle Versuche und Medika mente, sie diesen: Schlaszustand zu entreihcn, waren völlig ge scheitert. Das Sonderbare des Falles, die vermeintliche Ur sache: der geheimnisvolle Orchideenstrauh eines anonym ge bliebenen Spenders, gaben der Angelegenheit einen kriminellen Anstrich, und die sofort verständigte Polizei setzte sich telefonisch mit dem tropenmedizinischen Institut der Hauptstadt in Verbin dung, welches daraus das Erscheinen Dr. van Meulens, der aus eigener Erfahrung als guter Kenner tropischer Gifte galt, zu sagte. Inzwischen hatte die Polizei Erkundigungen über das Privatleben der Sängerin eingezogen, um irgendwelche Anhalts- überhaupt nichts mehr festzustellen, und an der einzelnen, die übrigens inzwischen auch die lichtbraunc Farbe der übrigen an zunehmen begann, waren nur noch geringe Spuren eines äthe rischen Oels, durch welches das unbekannte Gift in die Blume gelangt sein muhte, wahrzunehmen. Dr. van Meulen wuhte aus seinem langjährigen Aufenthalt in Niederländisch-Indien, dah zwar die rachsüchtige malayische Rasse sich mit Vorliebe geheim nisvoller Pflanzengifte zur Beseitigung ihrer Feinde bediente, ja er glaubte die meisten — wenn nicht alle — der in Frage kommenden Gifte zu kennen; trotzdem hielt er die Anwendung eines derselben in diesem Falle für ausgeschlossen. Zu dieser Annahme bewog ihn die Erwägung, daß alle diese Gifte doch schliehlich im Lause der Zeit — es waren ja immerhin schon mehr als 24 Stunden vergangen — irgendeine Veränderung im Be finden der Kranken, sei cs zum Guten oder sei es zum Bösen, hätten herbeisühren müssen. Aber davon war hier nichts zu be merken; die Sängerin schlies nach wie vor weiter und war durch kein Mittel auszuweckcn. Als auch der nächste Tag vorüberging, ohne dah sich das ge ringste im Zustand der Kranken geändert hatte, stand es sür den Forscher und Arzt sest, dah dieser merkwürdige Schlaszustand weniger aus den Einsluh der in der Blüte zwar sicher enthal ten gewesenen schlaserzeugendcn Droge, als vielmehr aus eine mit dieser irgendwie verketteten hypnotischen Fernwirkung zu- rückzuführen sein muhte. Er erwirkte durch die Polizei die Be schlagnahme der Korrespondenz der Künstlerin und — das er schien ihm fast noch aufschlußreicher — derjenigen ihrer Kammer frau. Diese Maßregel führte denn auch bald zu einer Klärung der Angelegenheit, die sich übrigens als harmloser entpuppte, als es von Anfang an den Anschein gehabt hatte. Es bandelte sich nämlich nicht um einen Racheakt, sondern um den letzten Versuch, das Vabauque-Spiel ciucs abzewieienen Liebhabers. Dieser war in der Tat Vesendouck, der, wie aus der Korrespon denz hcrvorging, am dritten Tage ihres Dauerschlases auftauchen wollte, um die Erweckung seiner Angebeter-.i aus der Hypnose vorzunehmen und sür seine Rettung dann Herz und Hand der Künstlerin zu erriugeu hasste. Dieser Plan war übrigens an sich gar nicht so dumm; denn durch seine bereits früher erfolgten hypnotischen Experimente mit der sensiblen Künstlerin war die Möglichkeit eines Gelingens des Planes durchaus gegeben. Mit der einschläfernden Droge waren nicht nur die Blumen, sondern auch der in denselben versteckte Begleitbrief getränkt. Dieser enthielt den suggestiven Befehl an die Künstlerin, sofort einzu- schlafen und solange zu schlafen, bis sie von ihm erweckt würde, wodurch sie von einem nervösen Leiden, das ihr in letzter Zeit zu schassen machte, befreit werden würde. Dortje aber hatte jenen Bries, den sie auftragsgemäh nach Einschlafen der Sängerin ver nichten sollte, an sich genommen und ihn, sowie einen zweiten von Bcseudonck an sic gerichteten, behalten, vermutlich um beide Briese als belastende Dokumente zu eventuellen Erpressungen jpäer benutzen zu könne» In dem an sie gerichteten Vries waren ihr übrigens wegen der jchlaserzeugcudcn Droge gewisse Borsichtsmahregeln ausgegeben; denn Martje durste natürlich keine Ahnung haben, dah eine solche mit im Spiel war. Diese Vorsichtsmahregeln hatte sie aber auhcr acht gelassen; hatte aber dann bei dem anfangs bedenklich erscheinenden Zustand der Künstlerin Gewissensbisse bekommen und schliehlich ärztliche Hilse hcrbeigeholt. Dadurch war daun die ganze Angelegenheit an die Oessentlichkeir gelangt. Nach dieser Ausklärung war es Dr. van Meulen ein leichtes, die Sängerin aus ihrer Hypnose zu erwecken. Veseudonck aber hatte gründlich va banque gespielt und wurde, als er am nächsten Tage programmäßig in Groningen eintras, sofort ver haftet und bald daraus zu einer empfindlichen Geldstrafe ver urteilt. k'ilrristsrs unä Lkre Verehrer kukm nack 6ezv!ckt — LIsrk 6ab!e aus 6er Vogelperspektive punkte bezüglich des Urhebers dieses Racheaktes — denn um einen solchen konnte es sich ja nach Ansicht der Polizei nur han deln — zu gewinnen. Von der Kammerfrau, der Dortje, welche die Sängerin schon seit Jahren auf ihren Konzertreisen beglei tete, erfuhr die Polizei, das Martje ihre Jungmädchenjahre aus Java verbracht habe, ohne aber jetzt noch Beziehungen zu jemand auf der Insel zu unterhalten. Aus die weitere Frage, ob Martje irgendwelche Freunde oder Feinde habe, gab Dortje, wenn auch zögernd, die Auskunft, dah die Sängerin immer sehr zurück gezogen gelebt und sich wenig aus den Männern gemacht habe. Der einzig» Bekannte, der so etwas wie ihr Freund gewesen sei, und mit dem sie einen ständigen Briefwechsel unterhalten habe, sei der Kaufmann Vesendonck aus Tilburg, der aber fast immer auf Reisen sei, und dessen derzeitigen Aufenthalt sie auch nicht wisse. Ueber die Herkunft der Blumen, ihren Spende», bzw. ihren Ueberbringer war so gut wie nichts in Erfahrung zu brin ge». Die Möglichkeit, daß sie durch ein Blumengeschäft oder eine Gärtnerei der Stadt besorgt sein konnten, traf, wie vor- auszuschen war, nicht zu, und an die Person, die dem Saaldiener das ausfallende Arrangement überreicht hatte, konnte oder wollte dieser sich nicht mehr erinnern, was ja auch bei der Fülle der Vlumengeschenke durchaus im Bereich der Möglichkeit lag. So konnte eine weitere Klärung des Falles erst durch Dr. van Meulen erfolgen, der auch noch am selben Abend in Groningen eintras. Zunächst untersuchte er die Patientin, deren Zustand immer noch unverändert war, genau. Auch sür ihn stand es nach der Untersuchung sofort fest, daß die Sängerin irgendwie vergiftet sein mußte. Es kam nun vor allem darauf an, die Art des Giftes sestzustellen und das richtige Gegenmittel zu ergreifen. Da in dem Befinden der Kranken keine Verschlech terung eingetreten war, hielt er den Fall nicht für hoffnungs los und begab sich sofort an die Untersuchung der verdächtigen Blumen. Aber das Ergebnis dieser Untersuchung war wenig be- Iriediaend. An den Blumen, die sich in der Vase befanden, war Nur den Wenigsten dürfte es bekannt sein, daß drüben in Amerika die Höhe der Gage, die die männlichen und weiblichen Stars beim Film beziehen, von dem Gewicht der Poft abhängt, die täglich einläuft. Wehe demjenigen, der aus irgendeinem Grunde plötzlich nicht mehr so viele Briese von Verehrern mit Bitten um Autogramme und Photographien erhält — er kann sich unweigerlich darauf gefaßt machen, daß ihm bei der nächsten Gelegenheit die Gage entsprechend gekürzt wird. Viele ameri kanische Filmgesellschaften sollen sogar eigens Beamte dafür haben, die nichts anderes zu tun haben, als zu prüfen und zu kontrollieren, ob der bei ihnen beschäftigte Lieblingsdarsteller in der Gunst des Publikums gestiegen oder gefallen ist. Berücksichtigt man diese Umstände, dann wird auch uns Europäern klar, warum um diese amerikanischen Filmstars von ihren Managern soviel Reklame und Propaganda gemacht wird. Diese Reklame darf in der Tat nie erlahmen, andernfalls nimmt eben der Umfang der täglichen Post ab, was wiederum für die Gage von entscheidender Bedeutung ist und bleibt Um diese Popularität der Stars wachzuhalten, müssen dau ernd rührende und komische Geschichten erfunden werden. Manch mal entsprech« diese Geschichten aber trotz aller Unwahrschein lichkeit auch der Wahrheit. Von dein beliebten Clark Gable wird nachstehende Ge schichte erzählt, die ganz echt sei» soll. Gable erhielt eines Ta ges einige Dutzend Photographien, die ihn aus der Vogelperspek tive darstcllteu, wie er gerade bei seiner Morgengymnrstil war, die Zeitung las oder sich mit einem Freund lebhaft stritt. Es war ihm selbst unverständlich, wie diese Bilder entstanden sein mochten. Ein später etnlaufender Brief brachte dann die Aust klärung. Einer seiner begeisterten Verehrer hatte sich in den Park des Künstlers eingeschlichen und sich mit einer Kamera in der Krone eines Baumes versteckt. Dort hat es dieser ganz Verrückte dann drei Tage und drei Nächte lang ausgehalten^ ohne sich zu rühren und nur darauf lauernd, daß Clark Gabi« ihm vor die Linse komme und sich, ohne es zu wissen, photogra phieren lasse. Erst nachdem dieses Ziel erreicht war, klettert« der Enthusiast wieder hinunter und verließ das Grundstück. Ein anderer ist aus lauter Verehrung sür „seine" Madg« Evans einmal zu Fuß von Nennork quer durch den ganzen amerikanischen Kontinent nach Nollywood gepilgert gekommen. Immerhin eine erstaunliche Leistung, die höchstens von jenem Begeisterten noch übertroffen worden ist, der sogar aus Nom« in A laska nach Hollywood aufbrach, um ..seiner geliebten" Jean Parker eine Bärenhaut zu schenken. Umgekehrt schenkte ein junger Bursche, der Wallace Beery besonders hoch schützte, diesem eines Tages sein Bild, das stolz „Ihr Lieb ling" unterschrieben war. „Warum wollen wir das nicht ein mal umgekehrt mache». Mr. Beern?", meinte der junge Mann treuherzig. Er lud Wallace Beery auch gleich noch zu eine» Segeltour um die Welt ein. Allerdings müsse Mr. Beery dann schon selbst für das Boot und die Ausrüstung sorgen, denn er selbst besitze kein Geld. Er war ganz entrüstet, als Wallace Beery diesen Vorschlag nicht akzeptierte. Dabei mar der Star noch so höflich, die Ablehnung damit zu begründen, daß ihn sein Kontrakt an Hollywood binde. llebrigens brauchen diese Geschichten um die Filmstar« Oie letzte k'erienMoeke beginnt PIsuäerei sm >Vockenen6e Von sNsrsbu. Ob wir in diesem Sommer noch einmal richtig warmes Wetter belrommen? Sommer — was sage ich da! Mutete das Wetter der letzten Wochen uns nicht schon an wie im Herbst? Seit die Schulferien begonnen haben, hat es Wetter „Marke gemischtes Eis" gegeben: etwas Regen, etwas Sonne, und immer ein wenig kühl. Nun, wir wissen es nicht, ob die Sonne sich uns noch ein mal gnädiger .zeigen wird, ehe die Blätter von den Bäu men fallen. Aber datz die Großen Ferien in acht Tagen zu Ende gehen, das wissen wir. Leider . . . In irgend einem Ort, der mit Wiesen und Wald, mit nahem See und nahen Bergen die Scharen der Er holung Suchenden anzieht, treffen sich an jedem Mitt woch und Sonnabend ein paar Herren, die einander als Feriengäste kennen gelernt haben. Manche von ihnen kommen schon gar viele Fahre regelmäßig zur Ferien erholung in diesen stillen Winkel der bayrischen Berge. Sic sitzen da an ihrem Stammtisch, ziehen, an ihren Zi garren, trinken bedächtig ihr Bier und wenn es not wendig ist, werden auch ein paar Worte geredet. Aber es ist nicht oft notwendig; man versteht sich auch so. An diesem ersten Sonnabend im August tut doch einer den Mund auf. „Alsdann", sagt er, „das wäre also die letzte Ferien woche. die jetzt beginnt." Tie andern nicken bedächtig. „Da mutz man sich also dazuhalten", fügt ein an derer hin:». wenn man noch etwas von seinem Urlaub haben will." Die Herren nicken abermals und passen mächtige Rauchwolken vor sich hin. Sie reden dann lange Zeit nichts mehr, aber jeder denkt sich sein Teil . . . „Noäz einmal werde ich mir in dieser Woche alle meine Leibspeisen bestellen", denkt unser Freund Kilian, den wir in dieser Stammtischrunde entdecken. „Die Küche hier ist so recht nach meinem Geschmack. Also was haben wir da alles: Kalbshaxe mit Kartoffelsalat. Ge selchtes mit Knödeln. Kaiserschmarren mit Kompott. Le- berknödel in der Suppe. Dampfnudeln — ja, Dampf nudeln könnte man auch noch einmal bestelle». Dazu das gute bayrische Bier. Schmeckt doch hier zulande viel besser als das Exportbier, das wir zu Hause trinken müssen. Davon kann uw» drei Matz vertragen, ohne datz sie einem etwas tun. Richtig: Drei Matz! Bis her habe ich jeden Abend nach der -weiten Matz Schlutz gemacht. Das bört in der letzten Ferienwoche auf. Da gibt cs jeden Abend drei Matz! So hat man am längsten von seinen Ferien etwas. Denn wenn mein Kopf auch all das Schöne vergessen sollte, was man hier gesehen und erlebt hat — »nein Magen wird sich desto besser erinnern . . ." „Noch einmal eine Woche auf dem See", denkt der Sportsmann, dem in dieser bierseligen Runde sein Ski- umsser am besten schmeckt. „Noch acht herrliche Tage! Jeden Morgen in aller Frühe heraus mit dem Segel boot, wenn frischer Wind von den Bergen her weht. Noch ist das Wasser ohne lichten Schimmer, Nebelschwaden ziehen über die matte Fläche. Aber die Sonne kommt... Wir kreuzen auf dem See. Die Ufer erscheinen nur wie ferne Wolken. Wir legen uns vor den Wind und fühlen uns frei wie die Bögel in der Luft. Daun zerreitzen die Wolken des Morgens, und das Gestirn des Tages tritt in vollem Glanze hervor. Wie geschliffenes Kristall leuchtet das Wasser auf. Wir setzen alles Leinen, das wir haben; mit leuchtenden Segeln fliegt das Boot über den blauen Abgrund dahin . . ." * „Noch einmal all die Erinnerungen aufsrischen", nimmt sich der alle Herr vor, dessen weißer Bart aus der Ecke leuchtet. „So voll süßen Gedenkens ist für mich dieser Ort. Hier habe ich schon als Student schöne Tage erlebt. Tage, deren holde Bilder mich immer begleiten werden. So bin ich auch immer wieder in späteren Fahren hierher zurückgekehrt. Den wievielten Sommer sitze ich nun eigentlich schon an diesem Tisch oder draußen lkntcr der Linde? Fch weiß es garnicht und will cs auch nicht wissen . . . In dieser letzten Ferienwoche will ich noch einmal all die lieben Wege gehen, die wir damals zusammen gegangen sind. Den stillen Pfad durch den Wald zum Schloß empor. Wo im Hof am Brunnen das Bild Unserer lieben Frau mit dem herrlichen blauen Mantel die Wand ziert. Den Mantel hat der König, für den dieses Werk geschaffen wurde, siebenmal ummalen lassen, ehe das Blau die rechte Innigkeit hatte. O süßes Gedenken der ersten Liebe! Der Himmel, der uns damals umgab — in der Erinnerung leuchtet er in einem Blau, das von nichts auf Erden zu übertreffen ist . . ." „Noch einmal eine Woche ohne Schule", sagt sich der treffliche Lehrer, der sich an diesen Kreis angeschlossen hat. „Da wird es Zeit, datz ich langsam für das, was kommen soll, trainiere.