Suche löschen...
Sächsische Volkszeitung : 09.08.1936
- Erscheinungsdatum
- 1936-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193608093
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19360809
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19360809
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1936
-
Monat
1936-08
- Tag 1936-08-09
-
Monat
1936-08
-
Jahr
1936
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 09.08.1936
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nummer 185. Sächsische Dolkszeilung ». August 1S.W. ——SSM« Adalbevt, Apostel der j)rerrszeir Tiefes Dunkel liegt iiber Preußens Geschichte, bis der Martyrcrtod Adalberts die Aufmerksamkeit ganz Europas auf es hinlenkte. „Wie dein Altertum unsere Küste» vornehmlich durch den Bernstein bekannt geworden, so dem Mittelalter durch Adalberts Blut", so meldet ein Bericht. Die Preußen gehörten zur lettischen Völkerfamilie, waren jedoch stark mit germa nischem Blut, vermittelt durch die gotischen Urbewohner des Landes, vermischt, so daß sie sich in Wuchs und Ansehen von den anderen Germanen kaum unterschieden. Wenn man sich die Segnungen der Christianisierung, die wahrhaften Kulturleistungen der christlichen Mission an einem Beispiel vorsühren will, dann soll man die Geschichte der Preu ßen verfolgen. Es wird sich an ihnen zeigen, daß das Wort von der „Nacht des Heidentums" keine bloße Redensart ist. Als Adalbert zu den Preußen kam, da sand er ein Volk, das trotz einiger trefflicher Tugenden — wie Gastfreundschast und Treue — tief in den Niederungen heidnischen Barbarismus' lebte. Die religiösen Vorstellungen der Preußen waren sehr „menschliche". Im Jenseits crwarieten sie gute Speisen und Kleider, süße Getränke, weiche Betten, volle Ge sundheit, schöne Frauen. Die vielen Missionare, die Preußens Boden mit ihrem Blute tränkten, fielen nicht, das ist ganz of fenbar, als Opfer auf dem Schlachtfelde politischer, nationaler Freihcitskämpfe, sondern auf "dem Schlachtfelde, auf dem die Finsternis mit dem Lichte kämpfte, sielen als „Voten Gottes, des Königs der Herrlichkeit", als deren einer Adalbert an den preußischen Gestaden landete: und auch hier,war „das Blut der Märtyrer die Saat der Kirche" (Tertullian). Viel später erst, im Jahre 1230, kam unter dem Hochmeister Hermann von Salza der Deutsche Ritterorden ins Land, der Kreuz und Schwert mit sich führte, während jahrhundertelang vorher die Missionare nur das Kreuz nach Preußen trugen und mit dein Kreuze in der Hand ihr Leben ließen. Und wie man auch die Tätigkeit des Ritterordens beurteilen mag, jedenfalls wuchsen in seinem Ge folge die Städte und Dome, breiteten sich die fruchtbaren Aecker und Wiesen, entfaltete sich Preußens Blüte und Größe. lieber Adalbert besitzen wir zwei alte Lebensbeschreibun gen: die des Mönches Kanaparius, geschrieben zur Heiligspre chung 999, und die des hl. Bruno von Quersurt, des zweiten Apostels der Preußen, der 1000 mit 18 Gefährten den Märtyrer tod in Preußen st.irb, der wie Adalbert in der Kirche den Titel eines Landespatrons Preußens trägt. Der Heilige wurde um 953 in Böhmen geboren In der Taufe erhielt er den Namen Wojtjech, d. h. Hcerestrost. Sein Vater, der Fürst Slawnik von Libitz, mar nicht eben sehr fromm. Der Junge führte ein ziem lich unbändiges Leben, bis er plötzlich aufs gefährlichste er krankte. Die bestürzten Eltern trugen ihn in die Kirche und gelobten, ihn dem Dienst Gottes zu weihen, d. h. ihn dem Prie stertum zu widmen, wenn er gesunde. Mit 15 Jahren kam er in die Schule nach Magdeburg zu neunjährigem Studium. Hier empfing er vom Bischof Adalbert die Firmung und nahm den Namen Adalbert an. Es war dem böhmischen Rittcrbuben keine leichte Sache, auf der Schulbank zu sitzen und sich der Bücher anzunehmen. Jedenfalls berichtet Bruno von Quersurt, daß das Studentlein, wenn es Hiebe bekam, in drei Sprachen, auf sächsisch sdeutsch), böhmisch und lateinisch, um Gnade ge fleht und Besserung gelobt habe. Man konnte aber den jungen böhmischen Edelmann in der Nacht heimlich zu den Kranken und Armen gehen sehen, ihnen brüderliche Hilse zu bringen. Der Bischof schrieb das erfreut an den Vater, der seinem Sohn darauf eigens Gelder für diesen Zweck sandte. gegen den Bischof aufgestachelt, als Feindseligkeiten zwischen den Polen und Böhmen ausbracl)cn. Da Adalberts Familie, die Herren von Libitz, alte Beziehungen zu den Polensürsten unter halten hatte, fürchtete Adalbert, er würde tn der nunmehrigen Situation vollends nichts mehr ausrichten können, ja seine Person könnte nun der Sache der Kirche im Wege stehen. Zu dem war der große Bischof müde und mutlos geworden, und so zog er dann mit seinen« Bruder Gaudcntius nach Rom. dem Papst die Mitra zu Füßen zu legen. Der Papst nahm die Ab dankung indessen nicht an, erlaubte ihm aber, sich für eine Weile von Prag entfernt zu halten. Adalbert pilgerte nach Monte Cassino zu den Benediktinern, zum heiligen Nilus von Nossano — der später erklärte, nie einen Mann gefunden zu haben, der von glühenderer Christusliebe erfüllt war —, und ließ sich dann für drei Jahre im Venediktinerkloster vom hl. Alexius in Nom nieder. Hier lebte er wie ein armer, geringer Mönch, trug Wasser, wusch Teller ab. bediente bei Tisch. Als jedoch in Böhmen eine verheerende Dürre Hungersnot über das Land brachte, da rief das Volk seinen Bischof zurück. Adalbert kam zögernd, überschritt weinend und segnend die Landesgrenze, und alsbald, so erzählt die Legende, rauschte der erste Regen nieder. „Eine solche Perle von ihrem Leibe losrcißen zu lassen, mar hart für die große Roma", so glossiert Bruno die Rückkehr; um so leichter war es für die halsstarrigen Böhmen, ihren hei ligen Bischof nach kurzer Zeit wieder ziehen zu lassen, denn „sie wollten nicht lernen, wo Leben, Licht der Augen und Friede ist". Es bedurfte bald nur noch eines bestimmten An lasses, und der Hirt wurde von neuem von seiner Herde ge trennt. Und der trat nun ein: eine Frau, die einen Ehebruch begangen hatte, flüchtete sich an' den Altar des hl. Georgius. Die Verfolger stürmten nach, um sie, barbarischer Sitte gemäß, dem Tode zu überliefern. Da trat der Bischof hinzu, stellte sich, wie einst der Herr vor die Ehebrecherin, schützend vor das zit ternde Weib, bereit, sein Leben für sie zu opfern. Man stieß ihn zur Seite, zerrte die Frau heraus und tötete sie. Adalbert schleuderte den Bann gegen die Mörder. Doch wer kümmerte sich bei der herrschenden Barbarei um christliches Recht?" (Bruno von Quersurt.) Adalbert begab sich zum Protest gegen die Verstocktheit seines Volkes zum zweiten Male nach Rom. Er nahm den Weg über Ungarn, wo er vordem den Königssohn, Stephan den Heiligen, gelaust hatte, und prägte dem Lande „einen Schatten von Christentum" auf. Und er klagte über „eine Religion mit Heidentum untermischt und befleckt", über „ein krankes und laues Christentum, das schlechter zu werden begänne als die Barbarei". In Rom kam der deutsche Kaiser Otto III., ein Jüngling noch, in seine Zelle und saß zu seinen Füßeit, zu hören, was seine Pflicht und seine Berufung sei. Erzbischof Willigis von Mainz, dem die Prager Diözese unter stand. und andere Bischöfe baten nach einiger Zeit zusammen mit dem Papst, Adalbert möge cs doch wieder in Prag ver suchen. Schweren Herzens brach er auf, nachdem er sich vorher vom Papste die Bollmacht hatte erteilen lassen, im Falle seiner Abweisung in Prag zu den Heiden gehen zu dürfen, ihnen das Evangelium zu predigen. Auf der Heimfahrt weilte er an den Gräbern der großen Heiligen Martinus, Benediktas, Diony sius und Maurus und „rief Helfer zu seinen Kämpfen". Am Rhein besuchte er den Kaiser Otto III. und blieb einige Tage bei ihm Der Kaiser nahm ihn wie einen Freund und Bruder auf. In der Nacht erhob sich der Bischof und reinigte allen, vom Kaiser bis herunter zum Stallknecht, die Schuhe. Inzwischen kam von Prag die Nachricht, daß man Adalbert dort keinesfalls dulden werde. Ja, vier seiner Brüder waren mit ihren Frauen und Kindern aus der väterlichen Burg aus Be treiben der mächtigen Familie der Wrschowetz, die den Bischof schon seit langem heftig befeindete, ermordet morde». Da glaubte Adalbert, es sei der Wille Gottes, daß er diesem Volke den Rücken kehre, und er „erfaßte und umschloß gleichsam mit Armen teurer Sehnsucht das, was immer in seinem Herzen brannte, das herrliche Martyrium" (Bruno von Quersurt). Mit seinem Bruder Gaudentius und einem Benediktiner machte der Bischof sich auf, die Preußen unter das liebliche Joch Christi zu beugen. Der edle polnische König Boleslaw Chrobry, mit dem Adalbert freundschaftlich verbunden war und und der ihn in Gnesen ehrenvoll empfing, brachte dem Missions zuge innige Anteilnahme entgegen und förderte ihn nach besten Kräften. (Adalbert wird bis aus den heutigen Tag in Polen sehr verehrt!) Adalbert kam aus seinem Zuge zunächst m die Gegend von Danzig und predigte hier mit großer Gewalt und guten Erfolgen das Evangelium. Tann eilte er dem Lande der Preußen zu. Er landete an der Küste des Frischen Hasss und wanderte, Psalmen singend, mit seinen Geführten landeinwärts. Bei seiner ersten Predigt schon wurde er von den Heiden zu Boden geschlagen. Am Boden liegend, küßte er die Erde, dank bar in seinem Herzen, für Christus leiden zu dürfen Daraus zog er sich zurück, in heiliger Freude die Worte sprechend: „Geprie sen sei die Barmherzigkeit Gottes; wenn ich auch mehr Schläge für den Gekreuzigten nicht empfangen sollte, so habe ich doch wenigstens einen kostbaren Schlag erhalten." Die zweite Pre digt hielt er auf dem Marktplatz eines Städtchens, vielleicht Königsbergs. Er legte den Heiden dar. daß er gekommen sei, sie aus der Finsternis zum Lichte Christi.aus der Sünde zum Heile zu führen. Vergebens! Er mußte wiederum weichen. Da überlegte er mit seinen Gefährten, warum die Mission so ergebnislos zu verlausen schien, und er nahm sich vor. es auf andere Art zu versuchen, sich landesüblich zu kleiden, unter den Einwohnern zu leben als einer der Ihrigen und den Lebens unterhalt unter ihnen durch seiner Hä 'de Arbeit zu erwerben, so wie ehedem die Apostel. Müde und abgespannt wanderte er der Nehrung zu, als er plötzlich vor dem Rauschen der Wo gen zusammenschreckte. Gaudentius fragte ihn, wie er denn stark sein walle im Martyrium, wenn er jetzt schon vor einem leeren Schalle zusammenzucke. Adalbert aber erwiderte: „Wir sind schwach. Gott allein ist stark. Um so glücklicher, um so herrlicher will ich dich lieben, o Herr, je mehr ich meine Schwäche fühlend erkenne, du seiest meine Stärke." Am Margen des 23. April 997 las er auf einer Wiese !m Walde die heilige Messe und legte sich dann erschöpft einige Stunden rum Schlafe nieder. Dio Heiden setzten ihm nach und banden die Schlafenden Adal bert ermutigte seine Gefährten: .Seid nicht traurig, Brüder, denn wir leiden das alles um des Glaubens willen für unfern Herrn Jesus Christus, dessen Liebe kein Ende hat." Sa fübrten sie ihn auf eine Anhöhe und stachen ihn nieder. Adalbert starb den Martyrertad zu Tenkittcn, wenn auch zitternd und bleich — hat doch selbst der Herr vor seinem Leiden Blut geschwitzt, schreibt Bruno dazu —, so aber doch zugleich in der Helden hasten, unvergleichlichen Kraft des heiligen Glaubens. Als der Kaiser der Deutschen, Otto lll.. sein junger Freund, die Todesnachricht erhielt, betete und fastete er tagelang in den Klöstern, in denen Adalbert gewesen war, und kam im Jahre 1000 gen Gnesen geritten, stieg vor der Stadt vom Pferde und ging demütig barfuß zum Grabe des Heiligen, seine Hilf« anflehend und den Segen des Märtyrers der Preußen über da« Reich der Deutschen herabrufend. So ehrte ein deutscher Kaiser den ersten Märtyrer der Preußen. Nach den neun Jahren des Studiums wurde Adalbert In Prag von dem Sachsen TIetmar, dem ersten Bischof von Prag, zum Priester geweiht, lebte jedoch noch nicht wie ein Heiliger, sondern hatte manches von einem „genußsüchtigen Ritter" (Ka naparius) an sich. Da legte sich Tietmar, der „nach böhmischer Art lau dahinlcbte" (Bruno von Quersurt), im Januar 982 auf das Sterbebett und verschied unter erschütternden Selbst anklagen und furchtbaren Aengsten. Adalbert stand an diesem schlimmen Todeslager, stand tief aufgewühlt und ausgerüttelt. In derselben Nacht noch kleidete er sich in Bußgewänder, streute Alche auf sein Haupt und zog barfuß von Kirche zu Kirche und gab seinen Reichtum an die Armen. Die Wahl des Volkes und des Klerus siel auf ihn: er wurde zweiter Bischof von Prag. In Verona wurde er von dem großen Willigis, Erzbischof von Mainz, in Gegenwart des Kai sers geweiht. Als das Volk und der Klerus sich in Prag ver sammelten, ihren neuen Bischof zu empfangen, da Kani kein yoher Herr in Glanz und Macht, da sprang ein demütiger, arm gekleideter Priester vom Pferde und stieg barfüßig ans den Bischossstuhl, ein Bischof, der es an dem Sterbelager eines Bi schofs erlebt und der cs später zitternd ausgesprochen hatte: „Es ist eine leichte Sache, eine Bischofsmütze und ein Kreuz zu kragen, aber vor dem Richter der Lebendigen und der Toten über ein Bistum Rechenschaft abzulegcn, ist eine fürchterliche Sache". Es heißt, seit dem Tage der Bischofswahl habe man kein Lachen mehr auf dem Gesichte Adalberts gesehen... In Böhmen war damals das Reich Gottes noch fast kleiner als das biblische Senfkorn. Tas Christentum war wohl angenommen, aber mehr mit den L.ppen als mit dem Herzen, mehr in De kreten und Büchern der Kirche, als in der Gesinnung und in der Tot der Menschen. Die Großen lebten dahin wie heidnische Despoten, die Priester boten weithin verderbliche Aergernissc, das Volk war Kanin besser. Vielweiberei, heidnische Gebräuche, Sklavenhandel, ja selbst Verkauf von Christen an Ungläubige waren noch gang und gäbe Es galt für den Bischof, „ein Volk starren Nackens" ein Volk, in dem die Mächte der gefallenen Natur, die Kräfte der Unordnung, des Chaos, der Finsternis, die bösen Gewalten und Herrschaften, von denen der Apostel schreibt, hausten, in der Liebe Christi und in der Kraft des Heiligen Geistes zu bezwingen, die schon Getauften wahrhaft zu taufen mit dem Geiste Christi in Leben und Tat. Adalbert gab dem Volk ein leuchtendes Beispiel von dem neuen Men schentum. das den Herrn Iesum Christum angezogen hat. Nichts nannte er sein eigen als das. was er zur Lebensnoldurst brauchte: sein ganzes Einkommen gab er für die Armen, für den Loskauf der Sklaven und Gefangenen, für die Bedürfnisse der Seelsorge In den Hütten des Elends war er ein Helfer, in den Gefängnissen ein milder Vater, den Witwen und Waisen eine starke Hand, den Bedrängten und entrechteten eine Zu flucht und Wehr. Die verkommenen Großen des Landes sahen hier einen der Ihrigen im Bischossklcide. der hinaus auf den Acker ging und den Pslug führte und die Saat in die Erde warf, die Arbeit der Hände zu ehren. Sie sahen einen adligen Bischof, d.-r einen armen Blinden in sein Haus nahm und ihm als ge ringster Bruder persönlich diente, einen Bischof, der täglich mit zwölf Armen zu Tische saß. einen Bischof, der sein seidenes Bett den Bettlern überließ und selbst auf dem blanken Boden schlief, den Kopf auf einen Stein gebettet. Da kam einst ein Bettler, und Adalbert hatte schier nichts mehr, was er ihm geben konnte. Er ging ins Schlafgcmach, nahm eines der seidenen Kissen, schüttelte die Federn aus und gab dem Bettelmann den Be zug. Bruno von Quersurt schreibt von ihm, daß er nach dem Morte lebte: „Liebe den Pfennig, aber spärlich liebe die Mark!" Es mar ein übermenschlicher Kampf, den der kleine, zarte, enqelglciche Bischof gegen dieses verwilderte Volk zu führen hatte, um seine Seele zu retten. Schließlich mußte er mit blu tendem Herren fcststellen: „Mein Fischzug sängt nichts mehr . Verdorbene Priester hatten die Großen des Landes schon langst Der „Aönig vsn Asrsika" / In diesen Tagen vor zweihundert Jahren hielt der be rühmte deutsche Abenteurer. Baron Theodor von Neuhof, seinen Einzug als König in Korsika. Blutigrot geht die Sonne aus über Korsika, blutigrot wie die Walstatt, aus der in diesen glühenden Sommertagen der Schlachtenlärm tobt und Menschen sterben. Denn es ist Krieg auf der Insel, die Korsen haben sich gegen die seit 1300 hier herrschenden Genuesen erhoben. Um den schmalen Streuen Landes, den sic halten. Kämpfen sie mit dem Mute der Ver zweiflung. Umsonst — Tag um Tag rückt der Feind weiter vor — immer weiter, immer tiefer. Zu Florenz hält Kaiser Karl Vs. Hof. Unter den Bitt stellern, die voraelasscn sein wollen, befinden sich vier korsische Edelleute, vier Patrioten, denen das Unglück ihres Volkes das Herz zerreißt — der Kaiser soll Hellen! Der Kaiser! Wohl empfängt er sie. wohl hört er ihre Klage an wohl bedauert er das Schicksal der Insel— aber ihr seinen mächtigen Beistand leihen, — nein, das kann er nicht verspre chen! Da wissen die vier Korsen, daß ihr Vaterland verlo ren ist... „Nichts ist vevlsven, wenn inan sich nicht selbst ausgibt!" In der prunkvollen Vorhalle des Kaiserpalastes stobt, an eine Säule gelehnt, ein junger Offizier Er sieht die Korsen durch die Halle fchreitcn. Schinerz und Trauer in den Mienen, er hört ihre trauernden Worte. Ein Gedanke blitzt in ihm au?, abenteuerlich, phantastisch, wie das bisherige Leben dickes Mannes. Er tritt vor die Korsen bin und riu't ihnen zu: „Gar nichts ist verloren wenn man sich nicht selbst ausgibt!" Und Theodor von Neuhof, der deutsche Edelmannssohn aus Münster, ehemals Page an dem Hof der Herzogin von Orleans. Ollizier in dem Heere Karls XIl. von Schweden, entwickelt ihnen seinen gigantischen Plan. „Gott hat ihn mir cingeaeben", sagt er. „Und darum wird er gelingen." Die Korsen schütteln den Kopf, halten ihn für einen Scharlatan, kür einen Wichtigtuer und Kindskopf, fragen ein wenig spöttisch, wie er ohne Geld Krieg führen wolle. „Diese Sorgen überlasse man mir!" Noch am alcichen Tage verlassen die korsischen Aristokraten mit einer Botschaft Theodor von Neuhofs Florenz. — 9ln ihr wird dem unglücklichen Korsika verlnrochen: „Ehe vier Wochen ins Land gegangen, erscheint meine Flotte vor der Insel!" Linzug al« Aonig An den Fiirstcnhöfen Europas, in den Häusern der reichen Handelsherren und der Bifckösc taucht ein Offizier in schwe discher Uniform auf, der Mann, der Korsika die Freiheit bringen mist. Der Soldatenkönig in Potsdam wirkt ihn hin aus, der Bischof von Münster, bei dem sein Vater Hauptmann gewesen, meist ihm die Tür, aber der Deutsche ist zähe: nach zwei Wochen hat er das Meld, nach abermals zwei Wochen hat er die Flotte und am 8. August 1736 kreuzen vor Korsika die Kriegsschiffe Theodor von Neuhofs. Die Bevölkerung weint vor Freude, fällt ihm zu Füßen, küßt sein Gewand und noch am selbigen Tage ruft sic den Westfalen zum König von Korsika aus. der fortan über die Insel herrschen soll als ihr Held und Befreier. Seine kühnsten Träume sind in Erfüllung gegangen, das Ziel seines brennenden Ehrgeizes ist erreicht. Es war die einzige Bedingung, die er den Korsen Im Palast zu Florenz ge stellt: Ihr müßt mich als euren König anerkennen... Jahve Schuldturni In unbeschreiblichem Elan werfen seine Truppen die Ge nuesen aus Ajaccio, jener Stadt, über der Jahre später ein größerer Stern, der Stern Bonapartes, aufgehen wird. Der größte Teil der Insel ist frei. Aber der Feind hak sich von der Ue'ocrraschung erholt, leistet jetzt mit Frankreichs Hilke er bitterten Widerstand, wochenlang dauer: das Rinnen schon. Neuhalss Kriegsscbatz schmilzt wie der Schnee in der Sonne. Abermals holt er Geld aus Europa, abermals greist er an, der Genuese weicht nicht, abermals ist die Kaue leer Zum zweiten Mule verläßt der Monarch Korsika, um die In.kel. iem Königtum zu retten! Rubelos i oer-.d durckstrl er Itr'.:en, Deutschland, Holland, niemand leih: um neör eiun Trier, einen Gulden. Der Mann, der auszoa. ein Volk -u bekreum. versiert n m selbst seine Freiheit: in Holland letzen sie ibn, I73-». ins Schuld, gekängnis. das er..nach 17 Jahren erst .morschen. verlsistert, verläßt: ein aller, müder Alaun, der einst st-in Haup: in: Sckoß» seiner Untertanen betten wollte und nun nicht ivenß. wo er e» niederlegen soll... Von der Insel wird der König bald veraeü.n. Als man ihn fragt, wovon er lebt, und was er besitzt, erw.der: er; „Nichts, als mein Königreich Korsika .." Eines Morgens, im Jahre 1756. sinkst man — Snua-r den leblosen Körper eines Greises besten K'.st.d aus > u ' öe» stehl. Es ist der König von Korsika. Der Taaeslauf des greisen Millionärs John D. Rockeseller ist vor einigen Tagen 97 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlaß haben sich die Zeitungen auch wieder dafür interessiert, wie so ein Milliouarsleben. noch da:» des reichsten aller Reichen, täglich verlä-ust. Man ba: dalef sestgeslellt, daß dieser Tagesablauf eigenil.ch kem-ste S.stuo. nen birgt, daß er im Gegenteil so eintönig ist. wie er nur : i kann. Rockesellers Tagesprogramm ist einzig und a.st--darauf abgestellt, sein Leben noch lange zu erkalten S: -e : v:« Nahrung besteht aus Milch und gerösteten Br.stcke - Tas : n:, Fleisch, das der Greis zu sich nimmt, ist m:..a-s .nanas . : Huhn. Süßigkeiten kommen überhaupt noch: - g--. '.la, 7,30 Uhr wird ausgestanden und gestubstuok: A-'m .öenb bringt der Lcibdiener einen Auszug aus dem Von. .aäng an) aus der Zeitungsschau zum Vortrag, wöbe: -:a:u:siä: de M.-> lichkeit einer Erregung des alten Mannes verm .den v ad. Dann wird Rockefciler mit seinem Rollstuhl ans gc :> ren, um sich längere Zeit dem Blick in den Var z g - ö. -edea. Um 10 Uhr beginnt di« Ausfahrt. Rockekeller w ad n n 1 an» gebracht, mit dem er eine Spazierkadrk au' degüäm.-n S - rz.i durch seinen herrlichen Park unternimm: Nach de n M-nag» essen folgt ein Schläfchen, dann ein kle.ne: an» um 6 Uhr das Abendesten. Jeden Abend w ad Nock äst '..'7 von seinem Diener ein Gedicht nörgelest», und wen» n cht müde genug ist, spielt er mit seinem Sekretär noch eine da >c Stunde Karten. Um 8 Udr abends ist er fast st^ts schon » Bett. Täglich wird «r von seinen Serzten untersucht.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)