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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.11.1916
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1916-11-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19161104018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1916110401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1916110401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-11
- Tag 1916-11-04
-
Monat
1916-11
-
Jahr
1916
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Marge« - Ausgabe DerrlasLrei«' D.r»r- ,«*,»«« «^k» t„« K»»t Ebrach, »w»-tUch «. l^v. »t»r1«II»drUch M. <L0; für 4ldhol«r monatlich M. llS; »nrch „s«r« a»«»Lrti,«n Filialen in« -an« ««bracht monatlich M. I^S, »t«rt«l- MtzrU» M. L-: dnrch dt. Post Inn.rhalb D.allchtnnd« »mm». Uch W. U74 »iert.llLdrlich M. L2S <ao«schlt«blich Vostda».»««!»). SchrifUriin», nnd Sesch^sttp,»«: 2»ha»ni«gaß« Ar. > Nr 5«2 handels-IeUung -Urrtsblatt des Rates und des poUzettmttes -er Stadt tetpri- uv. Jahrgang s , «. umg«d. »>« ««ns,»» P.Mj«,l««Vf,,.,»«w.RPf.,-Anj«ig«M n. A«d»«d— t» nm«. k«a »t« Vntttj«,!« 70 Pf.. ». aa«m. 7S Pf.; klrlM bl« P«Str«L« rs Pf.; SefchSstlanzrigen ml» PlatzoorschrtfloO I« Preis« «rhöbt. : Srsnmtnnflai« M. 7.— ba« lansend a,Ischl. Poflgrdli«, Li»,!i,m«»«r >« Ps^ — Sonn- «» Festtag« lb Pf» F.r»^r«ch-Ba,chl»b «r.,«««. I4SS» oab I4SS4 Sonnabend, den 4. November ISIS Ein neuer Baralong-Fall Das Molffsche Bureau meldet: BerNn, 3. November. Noch hat sich die Empörung über die Scheußlich keit des .Baralong'-Mordes nicht gelegt, und schon wieder muß dem deutschen Volke Nachricht von einem ähn lichen Verbrechen gegeben werden, dessen sich England und seine Seestreitkräfte schuldig gemacht haben. Ein deutscher, aus England in die Schweiz übergeführter Offizier hat folgendes be richtet: Das deutsche Unterseeboot .U.41» hak am 24. Septem ber 1V15 in der Nähe derScilly-Iaseln einen Dampferaater amerikanischer Flagge angehalten. Während der Dampfer stopple und anscheinend Anstallen traf, ein Boot za Master zu lasten, lief das U-Boot bis aus eine Entfernung von etwa 300 Meter an den Dampfer heran. In diesem Augenblick klappte der Dampfer plötzlich an zwei Stellen die Reeling herunter, eröffnete auS Schiffs geschützen das Feuer auf das U-Boot und beschoh es außerdem aus zahlreichen Gewehre». Das alles ge schah bei wehender amerikanischer Flagge! Das U-Boot, das schwer ge troffen worden war, ging zunächst unter, jedoch gelang es ihm noch kurzer Zeit, wieder an die Oberfläche zu kommen. Dnrch eiu seht geöffnetes Luk konnten gerade »och der Oberleutnant zur See Lromptoa und der Steuermann Godau aus dem Boot herauskommen, als es zum zweiten Male und nun für immer la der See versank. Trotz schwerer Verwundung des ersteren gelang es ihm sowohl als auch dem Steuermann, pchschwi«me»dza halte», auch nach einiger Zelt ein leer in der Nähe treibendes Boot z» erreichen und z» besteige«. Der Dampfer, der dies bemerkt hatte, kehrte nun zurück and hielt mit hoher Fahrt recht- auf das Book zu, aber nicht etwa, wie man hätte annehmen sollen, pm die beide» hilflosen Schiffbrüchigen zu retten, sondern um das Boot zu ram me». Z» diese« Zweck war sogar »or» a»f der Back ck» Ma»» mrs- gestellt, der die nötigen Anweisungen für das Steuer» zur Kommando brück« hinaufrief. Kurz bevor das Boot getroffen wurde, spraagea die Schiffbrüchige» in dl« Bugwelle» des rammeadeu Schlffes, und es gelang lhne», sich später au de« Trümmer» des Bootes festzvhalten. Erst »achdem pe wieder über eine halbe Stunde lm Master gelegen hatten, kehrte der Dampfer in ihre Nähe zurück und nahm fle nunmehr auf. An Deck lleß sich aber kein Offizier blicken. Anstatt dem verwundeten Oberleutnant, der einen doppelten Kieferbruch, einen Schuß a» der linken Schläfe, eine fingerbreite Wund« mit drei Splittern in Rafe und Backe sowie eia zerschossenes Auge bei der Beschießung des U-Bootes davongetragen hatte, Hilfe zu leisten, wurden tte beiden Gerettete» erbarmungslos la einen Deckverschlag elugefperrt, der etwa 1 Meter hoch und 2 Meter lang und vorne mit Eisenstäbeu abgeschlossen war. Hier mußten sie verbleiben bis zu ihrer Ankunst in Falmouth am 25. Sep tember 1915. Erst dort wurde dem Verwunderen die erste ärztliche Hilfe zuteil. Soweit zunächst der Bericht. Als seinerzeit die englische Re gierung durch Gegenmaßnahmen der deutschen Regierung ge zwungen war, den in englische Hände gefallenen deutschen Ü-Bootsbesatzungen eine einigermaßen menschliche Behandlung angedeihen zu lassen, wußten bald darauf die Zeitungen zu be richten, daß die englische Regierung, um diesem Zwang aus dem Wege zu gehen, den Befehl gegeben hatte, keine deutschen A-Bookäleutemehrzu retten, sondern fle in ihrem ver senkten Boote so lange auf dem Grund des Meeres zu lasten, bis man annehmen könnte, daß sie tot seien. Damals sträubte sich noch jedes menschliche Gefühl dagegen, an den Erlaß eines solchen Befehls zu glauben. Als dann aber die englische Regierung sich unter Ausflüchten schützend vor die .Baralong'-Mörder stellte und sich weigerte, sie vor Gericht zu ziehen, wurde unwill kürlich der Gedanke an die Zeitungsmeldungen und den angeb lichen englischen Befehl wieder wach. Man fragte sich, weigert sich die englische Regierung etwa deshalb, weil die .Bara- long'-Mörder nur auf Befehl gehandelt hakten und daher auch nichtvon der englischenRegierung bestraft werden konnten? Aber auch damals noch wies man diesen Verdacht von sich, obgleich Kühle Ueberlegung uns hätte sagen müssen, daß solche Befehle von feiten eines Eng land durchaus nicht unmöglich sind, das im Burenkriege Zehn tausende von Frauen und Kindern erbarmungslos zu Tode ge lungert und das in diesem Kriege in unseren Kolonien den Schwarzen Kopfpreise für deutsche Staatsangehörige gezahlt hat. Der «Baralong'-Mord und das eben mikgeteilke neue Verbrechen liegen kaum einen Monat auseinander. Beide Untaten gleichen einander sehr. Wie schlecht das Gewissen der englischen Regie rung in diesem Falle ist, geht daraus hervor, daß sie das Be- ranntwerden dieser Scheußlichkeit auch mit den verwerflich st en Mitteln zu verbind ern sucht. Dies ist ihr trotzdem nicht gelungen. Der Bericht des deutschen Offiziers sagt dann weiter: Erst am 29. September 1915 wurden di« beiden Geretteten, bekleidet «mr mit Hemd und Unterhose» und unter starker Bedeckung, an Land in ein Hospiz befördert, um am S. Oktober nach Plymouth und am 19. Oktober dorlselbst in ein Hospiz Sbergeführt za werden. Von Ply mouth wieder wurden sie am S. Rovember nach Bork Eastle in dortige Militärgefängni- zusammen in einen Raum gebracht. Am 13. Dezember 1915 wurde schließlich der verwundete Offi zier mit noch offenen Wunden nach Dyffryn Alled über- geführt. De: dortige Lagerarzt schlag später vor, den Offizier wegen der Schwere seiner Verwundung (da- andere Auge war la Gefahr) zur Auslieferung nach der Schweiz zu schicken. Von der ersten untersuchenden Schweizer Aerztekommissioa wurde er auch angenommen, ebenso bei der Hauptuntersuchong von auderen Schweizer Aerzteu. Trotzdem legte der englische Generalarzt ei» Veto eia und der Verwundete mißt« ia E»gla»d Zurückbleiben. Hin- zozufügeu ist noch, daß Oberleutnant zur See Lromptoa verschiedentlich versucht hat, über die amerikanische Botschaft in London an di« deutsche Regierung zu berichte«, daß seiue Be richte aber bei der deutschen Regierung nicht elagelause» find. Nachdem es also der englischen Regierung nicht gelungen ist, -en verwundeten Oberleutnant an seinen Wunden sterben zu lasten, um so -en Hauptzeugen zu beseitigen, sucht fle ibn wenigstens für die Dauer -es Krieges für die OessentlichLeit ohne Rücksicht auf seinen Zustand unschä-lich zu machen. In -lesen Tatsachen ist nicht nur das Eingeständnis der Wahrhe k -es Berichteten zu finden, sondern auch das schlechkeGewi sender angeblich' für Kultur und Menschlichkeit kämpfenden englischen Regierung. Der Kom mandant des Unterseebootes «U 41 * war Kapitänleutnant Han sen, einer -er tapfersten und bewährtesten UnterseebootskomMan danten -er deutschen Marine. * » In demselben Augenblick fast, wo die Vertreter de4 deutschen Vol ke- darüber beraten haben, wie das LoS aller Gefangenen zu ver bessern sei, wo Deutschland -er Welt bewiesen hat, daß es in seinem Garten die Pflanze menschlicher Barmherzigkeit trotz der Unbilden des Kriegswetters hegt und pflegt, wird der neue Fall bekannt, der einen schänden»- erkennen läßt, wie sehr verrohte Leidenschaft die Herzen unserer Feind« verhärtete. Die Männer von .Baralong' und .King Stephen', vor die die englische Regierung schützend die Arm« breitete, und die der Erzbischof von London ob ihrer Tat von der Kanzel rühmte, sollten keine schmähliche Ausnahme bleiben. Das Wort vom .Baralong'^ystem, daS auch wir ans nur zögernd zu eigen machen wollten, ist Wahrheit geworden. ES liegt System in diesen feigen Taten, dt« an die därtschen U-Dooke in harmloser MaSke heran schleichen, um plötzlich aus dem Hinterhalt die Kugel auf ihre Besatzung abzugeben und sich an den Schmerzen der zu Tode Getroffenen zu weiden. Die Leute vom .Baralong' und vom .King Stephen' machten e- wenlgsten- kurz, die Mörder der Helden von «O 41' bereiteten ihrm beiden Opfer» Ovalen, wie fle der Halbwild« aus u«geläuterter Empfin dung dem Feinde ersinnt. Wie ein furchtbare- Kapitel auS der Lhrontk «iueS Kriege- zwischen Naturvölkern in einem fernen Weltteil liest sich der Bericht, in dem der deutsche Offizier das bejammernswerte LoS seiner Kameraden schildert. Bei gerechter Ausübung ihres Berufe- dem Anschläge deS Feinde- erlegen, durch, die Tücke deS Gegners schwer verwundet, wie durch einen Zufall dem Tode entgangen, müssen sie ein Martyrium erleiden, wie es schlimmer da- grausamste Hirn nicht er sinnen kann. Wohl denen dann, die mit ihrem Kapitän zusammen durch die Kugel und daS Geschütz deS verkappten Feindes schnellen Tod gehabt haben! In tiefer Wehmut gedenkt daS Vaterland seiner Söhne, die sterben mußten, weil fle ihrer Pflicht genügen wollten, wie ihre Vorschrift es ihnen anbefahl. Der Dampfer zeigte die amerikanische Flagge. Sie mußten dem Zeichen glauben, mag auch ihr erster Ge danke dem Flaggenschwindel deS Feindes gegolten haben. Das Gegen teil war durch nichts erwiesen, so muhten fle in nächste Nähe heran- fahren, um sich von der Ilnverdächtigkelt deS Schiffes zu überzeugen. Da lieh der Gegner die Maske fallen. Bei wehender amerikanischer Flagge eröffnete er plötzlich das Feuer. Er hatte gut gezielt. .1141' sank und mit ihm die Besatzung, die auf bloßen Verdacht hin ihre Pflicht nicht verletzen wollte. Was sagt Amerika und was sagt sein Präsident dazu? Wilson hat den deutschen U-Booten vorgeworfen, daß sie nicht genügende Sicherheit auf die Besatzung der Schiffe genommen hätten, die sie torpedierten, daß fle nicht alles getan hätten, um die Art des zu versenkenden Schiffes festzustellen. Hier sieht er, wie deutsche U-Boote vorgegangen sind und wie sie ihre Gewissenhaftigkeit mit dem Tode bezahlen muhten. Wird er nun sein Urteil wandeln und wird er nun dieselben Worte gegen England richten, das die amerikanische Flagge besudelte, wie es schlimmer nicht hätte geschehen können? An solche Leistungen Amerikas vermögen wir nicht zu glauben. Von dort ersteht unseren gemordeten U-Boothelden kein Rächer. Der lebt in Deutschland. Der Reichskanzler selber hat ihn genannt, damals, als England die Tat der .Baralong'-Mörder schützte und Deutschland selbst sich Sühne suchen mußte: Zeppelin! „Deutschland" und „A 83" in ständiger drahtloser Verbindung (r.) Köln, 3. November. (Eig. D r a h t b e r i ch t.) Die .Köln. Ztg/ meldet von der Schweizer Grenze: Dem .Matin' wird aus New Vork gedrahtet: Die Ankunft der .Deutschland' in New London erfolgte am Mittwoch morgen um 3 Uhr 33 Minuten und ver ursachte bedeutend weniger Auflehen, als die Ankunft in Balti more im 3uni d. 3. Sofort, nachdem das U-Boot neben dem Dampfer des Norddeutschen Lloyd .Willehad' geankert hatte, wurde die 25 Mann zählende Besatzung gelandet. Sie fand auf dem Schiff das schon für sie bereit gestellte Esten vor. Gleichfalls bereitgehallen wurde eine große Absperrwand, die den am Ufer sehr zahlreich herbeigeeilten Neugierigen die Besichtigung unmöglich machen sollte. Am Mittwoch früh empfing Kapitän König eine Anzahl amerikanischer Berichterstatter. Er berichtete, die .Deutschland' mußte in der Nordsee infolge der zahlreich anwesenden britischen Kriegs schiffe zehn volle Stunden unter Wasser bleiben. Er habe stets in drahtloser Verbindung mit .U 53' gestanden. Die Ladung wurde am Nachmittag schon gelöscht. An Bord des U-Bootes befand sich auch ein größerer Postfack für de» Grafen Bern stör ff. Zum letzten deutschen Torpedovorstoß vtb. Haag, 3. November. (Drahtbericht.) Das Korrespondenz bureau erfährt, daß gleichzeitig mit dem niederländischen Dampfer .Oldampt' durch die Deutschen auch die Damvfer .Rand- wijk', .Brunswijk' und .Noordwijn' angehalten wurden. .Randwijk' wurde sofort wieder freigelassen, .Bruns wijk' und „Noordwijk" wurden nach Zeebrügge aufgebracht und inzwischen auch wieder freigelassen, lieber den Vorfall mit dem Dampfer .Oldampt' wird eine amtliche Untersuchung eingeleitet werden. Die Ablehnung der Wehrpflicht in Australien p. k. Neben Kanada hatten sich der australische Staatenbund unü Neuseeland besonders eifrig in der Werbung von Freiwilligen für die gemeinsame englische Sache gezeigt. Die Australier hatten nicht nur wie die Südafrikaner mit ihren Truppen die Besetzung der in der Nähe ihres Gebietes liegenden deutschen Kolonien durch geführt, sondern auch auf den europäischen Kriegsschauplatz ver hältnismäßig beträchtliche Kontingente abgesandt, die vor allem auf Gallipoli sehr tapfer gekämptt und überaus starke Verluste erlitten hatten. Nachdem England zur Einführung der allgemeinen Wehr pflicht überaegangen war, hatte sich der Premierminister der Commonwealth of Australia, Mr. Hughes, im Frühjahr dieses Jahres in London erboten, auch in Australien das gleiche Gesetz durchzudrücken. Der australische Skaatenbund hakte schon seit etwa 10 Zähren ein auf dem Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht aufgebautes militärisches Milizsystem eingesührt, das jeden taug lichen Mann zwischen 20 und 40 Jahren zur Verteidigung des australischen Bodens verpflichtete. Diese Maßnahme hatte sich in erster Linie gegen Japan gerichtet, dessen Ausbreitungs gelüste, vor allem in Verbindung mit der sehr schwierigen Frage der Einwanderung der Ostasiaten, in Australien mit großer Sorge verfolgt wurden. Minister Hughes hatte nun vor, das australische Gesetz zur allgemeinen Wehrpflicht umzugestalten, um für den augenblicklich tobenden Weltkrieg der Regierung die Möglichkeit zu geben, zwangsweise auch für Kämpfe außerhalb Australiens Mannschaften ausheben zu können, da der Ersatz der entstehenden Lücken durch Freiwillige sich immer schwieriger gestaltete. Dieser Plan des Ministers, der sich seit einiger Zeit dem englischen imperialistischen Gedanken anscheinend mit Haut und Haaren ver schrieben hatte, fand von vornherein im Lande selbst lebhaften Widerspruch. Immerhin glaubte Huhges, daß der Wille der Australier, unbedingt England als Sieger .aus dem Krieg mit Deutschland hervorgehen zu sehen, so stark sein würde, daß bei einem allgemeinen Referendum — an dem in Australien auch die Frauen teilnehmen — die Gegner der Wehrpflicht, denen jede zug kräftige Wahlparole fehlte, überstimmt werden könnten. In ganz England teilte man auf das bestimmteste diese Hoffnung und sah der Volksabstimmung nur deshalb mit besonderen Erwartungen entgegen, weil man aus ihrem Ergebnis den Schluß ziehen zu können hoffte, daß auch die britischen Kolonien bereit wären, für den gemeinsamen Sieg des Reiches den teuersten Besitz des englisch fühlenden Mannes, die persönliche Freiheit, zu opfern. Die Propaganda für die Annahme des Gesches wurde vom Mi nister Hughes, der seine Landsleute sicher mit sich fortzureißen hoffte, mit großem Aufwand von Worten geführt, während seine Gegner sich außerordentlich zurückhaltend verhielten. Der Minister erklärte, wer gegen die Dienstpflicht stimme, stimme gegen die Soldaten des Vaterlandes, die in Europa ihr Blut vergössen, und häufe ewige Schande auf Australien. Aber die Regierung blieb bei diesen scharfen Reden nicht stehen, sondern versuchte, als die wehrpflicht feindliche Stimmung der Bevölkerung immer deutlicher zutage trat, auch durch alle möglichen ungesetzlichen Mittel die Annahme der Bill zu erzwingen. Man unterzog die jungen Leute einem Verhör, ob sie in Uebereinstimmung mit den Erfordernissen der Landes verteidigung stimmten, man verbot die Verteilung von Flug schriften, die zur Stimmabgabe gegen die Wehrpflicht ausfordcrten, kurz, man bemühte sich eifrig nach dem System, wie in romanischen Ländern die Wahlen gemacht werden, das gewünschte Ab stimmungsergebnis herbeizuführen. Diese Machenschaften Hughes' führten zum Rücktritt der Minister Huggs, Gardiner und Rüssel und zu einer ungeheuren Erbitterung gegen den Ministerpräsi denten, die sich in einem mißglückten Mordanschlag auf Hughes Luft machte. Trotz aller bedenklichen Anzeichen glaubte die Regierung — und mit ihr das englische Publikum — bis zuletzt, ihrer Sache sicher zu sein, da man durchgeseht hatte, daß sich an dem Referen dum alle in Europa kämpfenden Männer beteiligen konnten, deren Votum durch Kabeltelegramm nach Australien weitergegeben wurde. Daß die Stimmen der Freiwilligen zugunsten der Wehrpflicht ab gegeben werden würden, war so gut wie sicher, und da annähernd 200 000 Australier unter den Waffen standen, glaubte man, mit deren Hilfe den Sieg in der Tasche zu haben. Trotzdem hat das Abstimmungsergebnis am 28. Oktober zum Siege der Wehrpflichtgegner geführt. Mit etwa 900 000 gegen 800 000 — das genaue Ergebnis der Abstimmung ist noch nickt be kannt — wurde die Erweiterung des Wehrpflicktgesetzes nieder gestimmt. Nach der .Daily Mail" sollen Victoria, Westoustralien und Tasmanien eine geringe Mehrheit für die Bill aufgebracht haben, doch scheint — nach den neuesten Meldungen — auch in diesen Staaken der Regierungsantrag verworfen worden zu sein. Die Beteiligung an der Abstimmung war sehr groß; da Australien im ganzen über 2,3 Millionen Stimmberechtigte verfügt, haben beinahe drei Viertel von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht. Es wird außerordentlich interessant sein. Näheres über die Zusammen setzung der verneinenden Stimmen zu erfahren, vor allem ob die Vermutung liegt ja an sich nahe — die Frauen sich gegen die Wehrpflicht erklärt haben. Auch dürften die Gegner deS eng lischen Bündnisses mit Japan, die in Australien sehr zahlreich sind, gegen die Regierung gestimmt haben. Wie dem aber auch sei: das Volk von Australien hat gesprochen und die Politik seines Ministerpräsidenten scharf mißbilligt, besten Rücktritt dadurch wohl unvermeidlich geworden sein dürste. Die englischen Zeitungen zeigen sich, soweit ihre Aeußerungen hier schon vorliegen, über daS Ergebnis außerordentlich unwillig und schieben es, wie alles, was in England gegen den Wunsch der Regierung geschieht, auf die reichsfein-licken Bestrebungen der
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