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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.10.1916
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1916-10-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19161006027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1916100602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1916100602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-10
- Tag 1916-10-06
-
Monat
1916-10
-
Jahr
1916
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Sette L Nr. S10. Nberrd-Lusgade Leipziger Tageblatt Trettag, S. vktober ISlv Steg über E»gland, verbürgt et aach nur erhebltcke Erfolge, ohne bah z»gletch Schäden etntreten, di« für unser Voll* und feine Er- nährnngSwtrtschast diese Erfolge aofwtegen könnten. so werden wir hinfort von dem U-Boot Gebrauch mach««, so ungehemmt und f» rückftchtüloA, wle da» nur irgendein Professor, Kommerzienrat oder Kapikänleutnant a. D. wünschen könnt«. Aber nun «erd«« wir uns am End« auüdMen dürfen, baß Ruhe wird. Jetzt wird es allgemach Zett, datz wir uns zur Mehr setze» und den Herren. die alles besser wissen wollen, bedeut««, datz auch wir noch auf der Welt sind. Wir andern, di« in diesem Volks kriege genau so geopsert und gelitten und, soweit wir und die Unserigen im Felde waren, genau so geblutet haben wie sie. 2m Krieg mit seinen wuchtenden Verantwortungen kann es mir «ine Losung geben: Durch! Nicht nur Durchhalten, sondern über atze Hemmnisse, Widerstände, über allen Wirrwarr der Meinungen hinweg mit unbeugsamer Entschlossenheit sich und das für richtig Erkannte durchsetzen! Bei der bisherigen Methode ist «s dazu ge kommen, daß die Hybris, dos frevelhafte Sichübernehmen, durch alle Gasten flog, und daß -le Monomanen bet uns wild zu wachsen begannen. So konnte eS geschehen, daß ein Mann, den man in unserem »npoltttschen Volk für einen großen Auslandspolttiker hält, weil er von russischen Dingen überhaupt nichts versteht und sür die Fülle drängender Probleme, die in Krieg und Frieden die H^sburger Monarchie für uns etnschließt, kein Herz und keinen Sinn hat, uns elnreden konnte: die Zeit arbeite für uns. Daß der selbe Herr, ohne dem Fluch der Lächerlichkeit zu verfallen, monate lang zweimal täglich in kreischendem Fettdruck versichern konnte: jeder Feind mehr bedeute für uns einen Gewinn. Genug des Spuks, ihr Herren! Wir fange« an, durch Schaden klug zu werden. Run haben wir den Mut, es auch zu sein und ohne uns durch Ramen und Autorität« etnschüchtern zu last«, zk unserer eigenen Meinung uns zu bekennen. Mach« wir uns end- lich klar, daß wir den Krieg nicht allein, daß wir ein« BündniS- krteg führen, der, wie immer die Dinge liegen mögen, unweigerlich gewisse Abhängigkeiten mit sich bringt. Besinnen wir uns darauf, daß nicht das Wünschenswerte, sondern lediglich das Erreichbare unser Ziel fein kann, daß es uns auch nicht beikommen darf, für all« Zett« Vorsehung zu spielen, daß wir der unserigen genug ge- Ian hab«, wenn wir für die nächste Generation vorsorgten. Eines ab«r vor allem tut not: daß wir unseren Kämpfern da draußen Ruhe geb«, die tagaus, tageln und Nacht für Nacht schier Ueder- orenfchliches leisten an Hingabe und Aufopferungsfähigkeit. Die ^fern tägUch und stündlich sich selber; suchen wir so oder so Un- aouämmlichen ihrer würdig zu werd« und wenigstent unsere un leidliche Besterwisserei zum Opfer zu bringen. Stellen wir die Reih« von Krtegsanfam, wteder her. die einmütige Geschlossenheit der Nation, die unser Stolz war, und die auch heute noch jeden, dem ein deutsches Herz im Busen schlägt, erheben muß. Rich! so, -aß nun alle abweichenden Meinungen zu verschwinden hätten; aber die üb«rwieg«de Mehrheit muß über das Unerläßliche sich einig sein, muß sich zusammendrängcn und fest Zusammenhalten. Wer anderen Sinnes ist, soll beileibe nicht verketzert werden; sott aber auch selber keinen verketzern. Und geht das nicht mit dem gebotenen Burgfrieden, so geht es vielleicht bester ohne ihn. Fort mit dem Getuschel der heimlichen Denkschriften. So mancher, der in ihn« sein Gift und seine Torheit verspritzt, wird vor der Ver antwortung zurückschrecken, wenn er gezwungen ist, was er denkt und sinnt, rrank und frei vor der Oessentlichkeit zu vertreten. Es geht ums Ganze. Und jeder, der Einfältigste wle der Gebildeste, soll endlich wist«, wle es um uns steht, und wofür wir Kämpfen. * * Eine angebkche Denkschrift des Admtralstades. Wie die Liberale Korrespondenz' mittetlt, ist jetzt eine angebliche Kenkschrtftd«sAdm1ralstabesüb«rde»U-Boot- Krieg in vielen Exemplar« verbreitet word«. - Sie soll bewei se», daß Herr v. Tirpitz recht und Herr v. Bethmann Hollweg un recht hat. Es stellt sich aber heraus, daß es sich hierbei gar nicht mn eine Denkschrift des Admiralstabes, sondern lediglich um das wirtschaftliche Gutachten eine- Hilfsarbeiters handelt, und datz der Arbeit ein autoritativer Eharakter nicht tnnewohnt. Nliäu. D«r König von Württemberg und die Press«. Für die Glück- wünsche, di« ihm der Landesverband der Presse Württembergs und AohenzollernS zu seinem Regierungsjublläum übermittelte, ließ der König von Württemberg durch den Kabincktschef in einem Schreiben danken, in dem eS heißt: .Der König gedenkt bei diesem Anlaß dankbar der vielfachen Dienste, die P r e s s e und S ch r l f tt u m in den 25 Jahren seiner Negierung geleistet, und ihrer wertvollen Mitarbeit an der fortschreitenden Entwicklung des Landes. ' Seinde «es Weltfriede«» nttd. Stockholm, ü. Oktober. (Drahtbertcht.) Di« bekannt« s-wedUch« Schriftstellert» A»»te Akt«rhj«l» schreibt tz» .Npa Kagtigt Altehanda' im A»schluk u» die lchten Amrtz«». g« Lloyh Ge»r,es und d«s australtschen Premierministers S««tzrs: .Solch« Erklär»»«« beweis«, was d«r von der Enten»« bearbeitet« Lei! dm Welt M »«da»« vermag, sonst müßt« «an doch glaob«, dak ft« genügt««, um klar z» zetO«. auf weste» Sette dl« Schuld nicht gerade am Entsteh« des Krieges — diese Frag« müss«n wir äugen- dkckllch beiseite last« — ab« a»f jede« Fall an der Fortsetzung dies Krieges ,» fache» »st Ma» könnte eb«som»t von V«- hanbllmgM Zwist-«» dem Gut« und Bös« sprechen, sagt A»ghes. Der wirklich Neutral« m»ß detd« Partei« das Nrchl absprechen. für sich das Gitte zu beanspruch« und dem Gegner das Böse zuzuschrelb«. Vies« Phrase »st als» Unsinn, soweit sie ein Urteil darüber enthalt« soll, wo das Gute ono Böse liegt, llebrig bleibt nur der von der Entente aasgesprochen« Grundsatz, baß zwischen d« kämpfenden Parteien die selbe Unversöhnlichkeit herrschen soll, wle zwischen zwei einander aus schließenden Prinzipien. Würde der Friede so, daß das Deutsche Reich und das deutsche Volk nicht aus der Welt vertrieben sind, so hätte Eng land nicht genug an den Ozeanen von Blut und Tränen, die vergossen wurden, an den Millionen Leben, die geopfert sind, an den Millionen gebrochenen Seelen, an all den zerstörten Ländern und verheerten Ge bieten. Kalt all das bedenkend, würde England gleich Vorder et- tungen für einen neuen noch schrecklicheren Krieg treffen, um endlich seinen Rivalen auf dem Meer und auf dem Welt markt vernichten zu können. Das ist der wahre Sinn der Erklärung der Eutentevertreter, der übrigbleidk, wenn man die schönen Phrasen weg schält.' vtd. Notierda», 8. Oktober. (Drahtbertcht.) D« Nleuwe Rol- terdamsch« Courant' meldet aus London, vag der Chef des briti sch« Generalstabes Robertson in einer Versammlung erklärt hat: Das Ende ist noch nicht gekommen. Mir müssen darauf gefaßt sein, daß eine Zeiiperlode, deren Länge sich noch nicht abschätzen läkt, mit dem Krieg sortzusahren. Kampf dis ans Ende! ist die Losung. Wir brauchen jeden Mann, der entbehrt werden kann. ES ist Aufgabe des Reiches, danach zu handeln. Italienische Kritik an Lloyd Georges »Jerschmetterungs^Politik 8» d« n«est«n Aeußerung« Llovd Georges gegenüber dem Vertreter der .United Preß' finden sich in der .2 talt a' (Mal land) folgende Ausführungen: .Llovd Georg« ist sehr zuversichtlich, und ch» kümmert kein« Dauer. Ist ee ab« sicher, daß all« dieser Mel»»na sein werden? Für ein außerordenttlch reiches Volk, das eben di« Wehrpflicht ein geführt hat, kann eS stimmen, daß üvr Krieg eben erst anfängt. Ader nach 28 Monaten schrecklichsten Blutvergießens werden diese An schauung kaum alle teilen. Den Sieg zu wollen und Frieden nur zu wollen nach Wiederherstellung der unterdrückten Länder Belgien, Ser bien und Polen lst schön, ober warum muß man dem Felnd« durch Drohungen mit völliger Zerschmetterung die Kraft der Verzweiflung einflößen? Derartig« Aeußerungen könnten wirklich den Behauptungen Bethmanns in seiner Kanzlerrede über dir Absichten Englands «inen Schatten der Berechtigung ver- leihen. Zu viel ist stets von Uebel. Um «in« Feind völlig zu zerschmet tern, selbst wenn dies wünschenswert erscheint, sollte man nicht Kraft- anstrenaungen verlangen, di« di« eigene Lebenskraft erschöpfen. Dies ist ein Thema, a»s das man bell« nicht allzusehr eingrht — aber d«r tntelügente Les« versteht uns schon . . .l' Wie Jarrrö» über -err Krieg dachte Var» S. Oktober. (Drahtbertcht -er ,B. M.') Wie die aus Frankreich gemeldet wird, hat die französische Regterung avherordentltche Mittel versucht, um zu 2 aurtt' zurückgelassenen Papleren zu gelangen. Sie sind in dessen tn der Schweiz in Sicherheit gebracht worben, Llemencecm hat behauptet, datz die Dokumente geeignet seien, dm glorreiche» 4. August 1V1< für bi« französisch« Negierung tn ein anderes Licht « rücken. Unter dm Briesen befindet sich auch die Kopie eines Briefes, den 2 aurdt am 30. Zoll 1614 an Vandervelde ge schrieben hat: .Hier tn Frankreich arbeitet «an mit allen Mit teln für den Krieg, der ausaefochten werden muh, um die eklen Begierden zu befriedigen, »nd weil di« Paris« »nd Londoner Börse in Petersburg spekuliert haben. Ich muß mich jetzt an die Franzosen wend«, von Versammlung zu Versammlung gehen. Vielleicht muß ich auch zum Generalstreik schreiten, d« die Mobilisation tn Frank reich verbinde« würde. Auch Vie müssen all« Mittel «wenden, um d« Fried« zu erhalt«.' Unverbindliche Irrgestünbniffe des englischen Zensors (r.) New Bork, 25. September. (Funkspruch des Vertreters von W. T. B.) Richard Crawfvrb Code, der Berater der britischen Botschaft, beratschlagt mit großen Bankiers und Ausfuhrleulen über Maßnahmen p» Milderung der britischen Postzensu, Nach acker Depesche aus Washington erklärten Beamt« des Staate- departmwnls, daß all, Besprechungen zwischen der britischen Botschaft »nd amerikanischen Bankiers und Ausfuhrhändlern völlig unverbindlich lein würden, und daß die amerikanisch« Regierung an solchen unver kindlich« Unterhandlung« weder teilnehmen noch davon Kenntnis nehme» werd«. Die Ausbeutung Aegypten» Vie sogar engltschägypltsche Zeitungen zugeben, ist die der- zattige wirtschaftliche Lage tn Aegypten des org- ntterregend. Die Preise für Getreide, Reis und Fletsch steigen bauernd und sind von den Eingeborenen kaum noch zu er- schwingen. Die Baumwollernte lst außerdem weit geringer ausgefallen, als man ursprünglich erhofft hatte. Dazu kommt, daß eln ungewöhnlich hohes Steigen der Nils im vergangenen Monat noch viele Kulturen tn Unter- und Oberägypten vernichtet hat, so baß dadurch die Ernleaussichten auch für das kommende 2ahr von vornherein sehr beeinträchtigt sind. Die so entstandene schwierige Lagr der ägyptischen Bauern hat aber die englischen Baumwoll spekulanten, die jetzt das Feld in Alexandrien und in Kairo allein behaupten, nlchl abhaltcn können, ohne Rücksicht auf das Wohl und Wehe der Eingeborenen ihre eigenen wucherischen Interessen wahrzunehmen. Die maßgebende Baumwollmaklervereinigung in Alexandrien hat nämlich unter völliger Nichtachtung sowohl der ägyptischen als auch der amerikanischen Marktlage einfach dekre tiert, daß bis zum Monat November für Baumwolle nur ein Höchstpreis von 23 Dollar gezahlt werden darf. Die Makler vereinigung weiß dabel ganz genau, daß die unter Lebensmittel teuerung und Geldknappheit schwer leidenden ägyptischen Bauern, um nicht dem Hungertods ausgellefert zu sein, bis dahin um jeden Prels ihre Baumwolle verkaufen müssen. Dieses Vorgehen der englischen Spekulanten hat denn auch eine nicht geringe neue Auf regung unter den Eingeborenen hervorgerufen. Selbst die sonst als englandfreundlich bekannte arabische Zeitung .Ahali' hat es ge wagt, folgende Worte des Protestes auszusprechen: .Wenn brr Makleruusschuh der Börse von Alexandrien so zu- aunsten der Spekulanten gegen die Interessen der Fellachen verfährt, so glauben wir, daß die Negierung, di« di« Schwierigkeiten der Fel- lachen am besten kennt, nicht Zllgeben wird, daß die Rechte von 12 Mil lionen mit Füßen getrelen werden, «tn« Handvoll Spekulanten wegen.' Dieser schwache Appell an di« Gerechtigkeltsliebe und das Wohlwollen der engllsch-Lgvpttschen Regierung Hot natürlich keinerlei t'rfolg gehabt. Die einflußreiche englische Spekulanten gruppe lst Sieger geblieben. Die Regierung hat erklärt, das Vor gehen des Maklerausschusses sei .zwar ungewöhnlich, aber doch völlig gesetzmäßig'. Um englische Beutel zu bereichern, werden also 12 Millionen ägyptischer Fellachen um den wohlverdienten Lohn ihrer Arbeit betrogen und der Hungersnot prelsgegeben. Wir erwähnen diesen an sich uns nicht direkt betreffenden Vorfall nur, um wteder einmal darzutun, was im Gegensatz zu den schön klingenden englischen Tiraden sowohl eingeborene Erzeuger als auch europäische Abnehmer mit Ausnahme natürlich der Engländer zu erwarten hätten, wenn Enaland einmal ln dl« Lage käme, die hauptsächlichsten, koloniale Rohstoffe erzeugenden Länder allein zu beherrsch«. Politische Nachrichten * Kaiser Fra»z Josephs Dank a» dl« öfckvoelchtsch« Industrie. Der Kaiser hat an den MtnisterprSfl-ent« Graf« Stürgkb «in Hand schreiben aerichlet, ck dem « betaut, baß bck tzetmischen Industrien und Gewerbe d« Wehrmacht all« fetndllch« Hemmung«» zum Trotz durch großartig« Leifcknasfäbiakett wertvoll« Unterstützung ck dem harten Kampfe dielen. Der Kats« beauftragt öo» Mtntsteroräsidenten, den Leitungen der Industrie- »nd «ewmkebetrckbe sowie den auch häufig unter den schwersten tzehensbebtngu»«» opserstkftdlg »nd hckgebungS »oll ausharrenden Beamten und b« Arbeiterschaft seinen Dank und sein« Anerkennung auszusprechen. — Aus dem Beirat des KriegseruIhnmesamteck Di« der .Handels stand', die Zeitschrift des Vereins für Hentlvnas-Kommls von 1858 in Hamburg, mitteilt, gehört durch Berufung des Nrtchskanzlers Dr. Curt Köhler, der Vorsitzende des Vereins, als Vertret« der Sozialen Arbeitsgemeinschaft der kaufmännisch« Verbände dem Beirate des Kriegsernährungsamtes an. * Die neue schweizerische Vertret»»« i» Rumänien. Der Schweizer Bundesrat ernannte Gustav Bo isst er-Genf, Bür germeister von Lologny und ehemalige« Legattonsrak der schwei zerischen Gesandtschaft in Paris, zum schweizerisch« Geschäfts träger tn Bukarest. ' Portugal .bezahlt' seine englischen Schuld«. .LempS' meldet aus Lissabon: Am vergangenen Montag wurden 15 beschlag nahmte deutsche Schiff« der englischen Negierung mtelweise übergeben. Ma« braucht nur mit Liebe einer Sache nach- zogehe«, so gesellt sich einem das Glück zu. T r o f a n. Bayrischer Soldalenfriedhof Von Hans Bormann " (Nachdruck verboten.) Richt weil bayerische Soldaten dort begraben liegen, nenne ich ihn bayerisch, unseren Friedhof, auf dem nun schon nahezu 1000 Mann oon den Anstrengungen und Strapazen, den Leiden und Freuden des Krleaslebens ausruhen, sondern weil er mir wie ein Teil det Lande-, der vayertschen Erde selbst erscheint. Das Lied von der Heimal braust wahrlich .wie Orgelton und Elockenklang* durch diesen Krieg. Mit jedem Kanonenschlag schwillt es «ehr an und mit jeder Schlacht jubelt es von neuem auf. Wer bist du, Heimat, daß du solche Macht und solchen Zauder autübst?! Dem «ln« bedeutest du Eltern, Weib oder Kind, dem andern Stube, Schreib- »sch oder Bücher; dem einen etwas Lebendiges, dem andern etwas Lotes, »nb führst doch für beides den gleichen Namen. Weshalb dieser Krieg entbrannte, weiß niemand. SS ist in Grau-, Blau-, Gelb-, Weiß- und Orangebüchern festgclegt, aber wer entwirrt das Knäuel von List, Bosheit, Neid, Habgier, törichter Offenheit und kindlichem Vertrauen, von verblendeter Verräter«! und todesmutiger Treue? Aber der Krieg ist da! Sein« Flammen rasen über jedes Dach, über jedes Haupt. Wir und di« Heimat schmelzen in eins zusammen unter dieser Glut. Heimat ist unser Blut, unser Fühlen und Denken und das unserer Lieben, Heimat ist der Sauerstoff der Luft, den wir zum Atmen brauchen. Unser Gut ist nur das äußere Symbol, das sinnfällige Panier, die Vo kabel, die ollen geläufig ist, und darum ist Heimat auch meine Vater-, stabt: Münch« oder Berlin, meine Hüite am Strande oder mein oder- voyertsches Dorf. Wie bei den lebenden Feinden tn ihren Häusern, Haden wir uns bei den toten auf ihrem Gottesacker etngenistet. Einen Teil, eine Sckc ihres Friedhofes haben sie heraeben müssen, und dort ruhen nun unsere Brav« Seit« an Seite und Reihe hinter Reih«, einträchtig zusammen- a«l«gf, wie sie auch im Leben kameradschaftlich beieinander standen, und das Gedenken der Heimat blüht über ihren Gräbern und hat sich sein« sinnfällige Ausdrucksweis« geschaff-.n! — Der Friedhof der Franzosen ist ein Panoptikum. Fast bei jedem Grad befinden sich groß«, oval« Schachteln, wie Hutschachteln, nur mit einem Glasdeckcl versehen, und drinnen liegen riesige Kränze von Glas perlen mit großen, blechernen Schildern, aut denen .ä notre mdre" oder .^ootre pdre' zu lesen ist. Wie die Schaukasten von Vorstadtmodisttnnen sehen sie auf d« ersten Blick aus! Noch geschmackloser wirken aber di« Glasschränk«. die man mindestens ebenso häufig über den Gräbern Wfgeftellt sieht. Vorzellanfigur« befinden sich darin, Nippes, wie man eß schlechter a»f kelpem Lrödelmarkt ka»ft, Lämmer mit Fahnen, Kre»z«, betende Engel und Vasen mit Blumen — künstliche natürlich. Mitten drin aber prangt dl« Photographie des Verstorbenen in eln« abscheu lichen, provinziellen Ausführung, die jedes Menschenantlitz ein« Afsen- fratze ähnlich macht. Ich denke nicht schlecht genug von diesen Toten, um die Bilder als naturgetreu anzusehen. Keine wirklichen Blumen, kein Baum, keine lebende Hecke umsäumt die Ruhestätte. Grabstein lst an Grabstein geschichtet und das Ganze wirkt wie ein Trümmer feld, wie ein Platz für Gerümpel und unnütze Gegenstände. Mtt wieviel freierem Auge blickt man da über unseren Teil des Friedhofes! Jedes Grab ist sauber von Buchsbaum eingefaßt. KieS- bestreute Wege laufen zwischen den Reihen, Büsche und neugepslanzte Bäumchen grünen. Dazu hat jedcS Grab sein Kreuz. Sie sind alle von gleichem Ausmaß, aber doch ist jedes vom andern verschieden. Nicht Künstler haben sie geschaffen, das will ich nicht sagen, aber Männer mit Sinn für das Gediegene, Echte und Herzen voll von Hei- maiiiebe. Jo, Helmalilebe, und durch dieses »m Vrabschmuck Sinnbild gewordene Gefühl sind die Toten daheim. Da gibt es Kreuze, die naturfarben gebeizt mit einer schlichten schwarzweißroten oder blau- weißen Ouerzeichnung versehen sind: Kreuze, die «in Dach trogen wie ein winierlicheS Fulterhüuüchen für darbend« Vögel; Kreuze, aus deren von dem Ouerlalken gebildeten Ecken Sonnenstrahlen hervorschieß:n. Immer steht in einfacher, ungekünstelter Schrift der Nam« des Helden daraus und wann er fiel, und immer ist bei der Ausschmückung ein volks- tümlicycr Geist, eln liebevoller Heimalsinn am Werke gewesen. Wie Marterl schon dl« Kreuze aus, die herzinnig« Einfalt den Verunglückten scht, und erinnern an die Giebel, Galerien und Türkrdnungen stattlicher Bauernhöfe, an den Zierat von Truhen, Oesen und Gesimsen. Ein« ge- fällige Heiterkeit liegt über dem Ganzen, die keine Verzagtheit, keine unnütze Trübseligkeit auskommen läßt. Sie sind daheim und nicht ver gessen, die Toten. Der Wunsch, sie in Heimaterde übergeführt zu sehen, muh verstummen. lind al- Ich den Friedhof verlast«, habe ich eine Vision: Es Ist Friede! Deutsche Mütter und Väter wandeln die Straßen der kleinen Stadt hinauf. Sie pilgern zu den Gräbern der Söhne, »nd ehrfurchtsvoll blicken ihnen die Franzosen nach. Nun stehen sie am Grabe und schauen auf den kleinen Platz hinab, der so viel Liebe und Hoffnung, Träume und Wünsche für ft« umschließt. Die Brust hebt sich freier, monatelang^ Kummer sinkt von ihnen ab, und «ine tödlich brennend« Wund« schließt sich jäh. Die Schauer des Krieges, der Wahnsinn der Schlacht haben keine Macht mehr über diesen kreuzüberraaten Fleck« Erde. Der Tote ist hcimgeholi! Was noch zu wollen übrigblieb, ist längst geschehen. Zum 80. Geburtstag« Wilhelm Waldeyers am 6. Oktober Ais Waldeyer im Jahre 1858 die Universität Göttingen bezog, lag ihm die Anatomie fern; vielmehr hatte er sich Mathematik und Nalm- wissenschaften zum ötubienfachc gewählt. Allein als er die Vorlesungen Henles hörte, wurde er der Heilkunde und seinem späteren Sonder- gebiete durch diesen großen Anatomen gewonnen. Schon in verhält nismäßig jungen Jahren gatt er als einer der bedeutendst« Vertreter der Anatomie. Als er am 28. Juli 18Si dl, Doktorprüfung, «in Jahr später die Staatsprüfung bestand« und darauf fein« Assistent«,«» in Königsberg und Breslau beendet hatte, habilitiert« « sich in BreSlau, wo er bereits 1885, also als LSjähriaer, «in« Profestur «hielt; 1872 war sein Ruf schon so bedeutend, daß man ihm di« Leitung des nach seinen Angaben errichteten anatomischen Institutes der neueingerich- leten Universität Straßburg übertrug. 2m Jahre 1883 sollt« die Stel lung des Leiters des anatomischen Institutes der Universität Berlin neu beseht werden, und obwohl eine Reihe hervorragender Anatomen wie Koelliker, Gegenbaur und Hiß in Frage kamen, die an Jahren älter waren, zog man ihnen dennoch Waldeyer vor. Nachdem Waldeyer sich der Anatomie zugewandt hatte bearbeitete er eine Zeitlang die pathologische Anatomie als Sondergeoiet. Alles, was er auf diesem Gebiete geleistet hat, zeichnet sich, wie seine sämt lichen Arbeiten, durch Gründllchkett und di« Fülle der Gesichtspunkte aus, die seine Untersuchungen auch für andere Fächer außerordentlich wertvoll machen. Hervorzuheben sind dl« um das Jahr 1870 herum ent standenen Arbeiten über Karzinom«, mtt denen sich Waldeyer In Wider spruch zu den Ansichten Virchows setzt«, indem er die Krebszellen für Epithelzellen und Abkömmling« normaler Epilhelzellen erklärte; vieles au« dieser Arbeit wie aus seinen übrigen Untersuchungen über andere Geschwülste ist zur Grundlage für dl« weitere Forschung auf diesem Gebiete geworden. Von der Zeit seiner Berufung nach Straßburg an kehrte Waldeyer zur normalen Anatomie zurück. Sein« Hauptarbeiten sind hier die über Bau und Entwicklung der Bindesubstanz, besonders über Ossifikation nnd Dentinbildung, ferner die Monographie über Eierstock und Ei, über die Gehirnnerven und über die Gehörschnecke. Aunft rrnd Wissenschaft Die Immatrikulation io sbsenli«, die kürzlich durch einen Erlaß des preußischen Kultusministers auch an den preußischen Universitäten zugelassen wurde, wird, wie wir erfahren, während des Krieges an der sächsischen Landes-Universität Leipzig schon seit längerer Zeit vorgenommen, wenn der die Aufnahme Wün schende durch Dienst im Heere, im Felde oder beim Roten Kreuz ver hindert Ist, persönlich zu erscheinen. Dem Antrag auf Immatrikulation sind die Zeugnisse über di« Vorbildung sowie ein schriftliches Versprechen beizufügen, daß die Verpflichtung vor dem Rektor der Universität so bald wir möglich nachgeholt werben wird. Ein Recht auf Anrechnung der la edeeotj» verbrachten Semester wird mit der Immatrikulaiion nicht erworben. Darüber haben später di» Prüfungsbehörden zu «nl- scheiden. Während des Krieges sind die im Heeres- oder Noten-Kreuz- Dienst stehenden immatrikulierten Studenten von der Universität be urlaubt. Vom 1. Oktober d. I. ab erscheint In Beilin unter Milwirkung von Geh. Reg.-Rat Professor Dr. Hermann Cohen. Alexander Ellas- berg, Dr. Adolf Friedemann, Geh. Justtzrat Dr. E. Fuchs, Dr. Franz Oppenheimer eine neue jüdisch-politische Halbmonatsschrift .Neue Jü dische Monatshefte'. Eine Reihe von hervorragenden jüdischen und nichtjüdischen Schriftstellern hat ihr« Mitarbeit zugesagt. Das erste Heft enthält Beiträge von: Dr. Lagen F»chs, Gothetn. M. R„ Dr. Hirsch, »r. L—we. Dr. H. Eeha«. Dr. Fr«, OgßMMM
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